Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Ich habe schon lange den Verdacht dass das Gerede von "Modernität" nur ein Feigenblatt dafür ist, dass man möglichst wenig Geld ausgeben will. Was ist denn billiger, als ein quadratisches Gebäude aus Stahlbeton, mit Öffnungen für Standardplastikfenster zu fertigen, Styropor draufzukleben und weiß zu verputzen. Viel billiger als jegliche aufwändigere Gestaltung, egal welchen Zeitgeschmacks, und ist es da nicht viel schöner das zu "bewusster Reduziertheit" etc. hochzureden anstatt zu sagen "Ja, für mehr war leider kein Geld im Bauherrenbudget?".


    Hochwertige öffentliche Räume, zumal in Berlin mit dem überdurchschnittlichen Vandalismusproblem, sind einfach sehr sehr sehr teuer im Unterhalt. Wenn man einfach Stein benutzt und am besten, wie in Parks in Berlin zunehmend anzutreffen, gar keine richtigen Bänke mehr als Sitzgelegenheit anbietet sondern nur noch Granitblöcke dann kann man mit dem Kehrauto drüber und das wars. Wenn man mit Blumen bepflanzt muss das gärtnerisch tagtäglich gepflegt werden, Wasserspiele sind ebenso sehr teuer im Unterhalt, ein schöner Rasen muss auch täglich gepflegt werden. Das kostet sicherlich für das Umfeld vom Stadtschloss mehrere Planstellen, wenn man es aufwändig wie z.B. die ganzen englischen Stadtparks gestaltet (beliebiges Beispiel aus einer englischen Kleinstadt: http://commons.wikimedia.org/w…de_Garden,_Bath,_2005.jpg). Denk an mich, wenn du das nächste mal irgend einen kargen Entwurf siehst und die üblichen Floskeln dazu hörst. :D

  • Grundsätzlich ist es wohl nicht verkehrt, wenn in Berlin gespart wird, aber prinzipiell sollte doch für Grünes an den belebtesten Stellen der Stadt etwas Geld übrig sein. Es muss ja nicht gleich ein englischer Rasen sein ;)


    Abgesehen davon würden sich bestimmt einige Schlossfans freiwillig als Paten für Beete oder Grasflächen melden.

  • Es wird ja - das hat Rettig ja angekündigt - eine Überarbeitung des Platzentwurfes geben. Vermutlich im Herbst werden wird das Ergebnis vorgestellt.


    Soweit ich informiert bin wird Retting auch die Rückkehr des Neptunbrunnens verkünden. Das wird aber nicht vor der BT-Wahl sein. Zudem gehe ich davon aus, dass es Grünanteile gibt und die Adlersäule als Reminiszenz an den Münzturm irgendwie noch eine Rolle spielt. Wir werden sehen.

  • 22 Mio € Spenden inzw. zusammen, 11 Geld, 11 Sachleistungen. Allerdings noch lange nicht genug. Notfalls muss vorerst aufs eine oder andere Detail verzichtet werden - z.B. die Laterne der Kuppel...Dachte eigentlich, die Laterne wäre Bestandteil der Kuppel und somit auch der Spende...Naja, ist ja noch ne Weile hin.

  • Der Bund zahlt. Alles ist gesichert. Trotzdem sollten natürlich die Spenden zusammenkommen. Ich will eigentlich auch spenden. Vielleicht zweimal. Einmal in dem Humboldt-Kasten. Und einmal bei Boddien oder so. Bin noch unschlüssig.

  • In einem Interview mit einem Vertreter vom Bund (fragt mich bitte nicht mehr wer es war, sorry) hieß es auch, dass natürlich der Bund erst mal vorlegen würde, wenn die anvisierten 80 Millionen für die Fassaden noch nicht vollständig eingenommen wurden. Man kann ja keinen Rohbau ohne Fassade ewig stehen lassen.


    Die Kuppel, so weit ich weiß, zählt aber zu den Extras, die ursprünglich nicht bei der Rekonstruktion inbegriffen war, so ebenfalls die zwei Portale im schmalen Schlossforum oder das Eckrondell, was ja nun durch Extraspenden realisiert werden wird.
    Ben, die Spende reichte nur für die Grundkonstruktion der Kuppel, samt historischer Verkleidung, nicht aber für die historische Laterne.

  • Es ist ja alle drei Monate das Gleiche wenn der Spendenstand verkündet wird: immer werden Horrorgemeälde von halbfertigen Schlössern gemalt. Dabei wissen wir von der Frauenkirche, dass 80 % der Spenden kommen wenn das Projekt aus der Erde raus ist.


    Aber Berlin ist eben nicht Dresden. Die Schloßkritiker werde noch bis zur Fertigstellung von "Disney" und "Geschichtsfälschung" sprechen - da hilft auch das positive Beispiel aus Potsdam nichts. Also: alles mit etwas Ruhe sehen.


    Der Stufenplan, der von Rettig für das Umfeld eingefordert wird, ist jedoch wichtig. In der Breiten Straße und am MEF geht es ja keinen Millimeter weiter.

  • Treverer
    Ja, das weiß ich jetzt auch ;).


    Hier noch mal die Abendschau mit Filmchen und Interview mit dem Geschäftsführer des Fördervereins. Ach, man wird sehen, wie es kommt...


    Bei Facebook kamen wieder nur Kommentare wie "Das braucht doch keiner" oder "Lieber Geld für Kindergärten"...Die könnens nicht lassen. Langsam kann man sich ja wohl damit abfinden.

  • Es ist ja alle drei Monate das Gleiche, wenn der Spendenstand verkündet wird: Immer werden Horrorgemeälde von halbfertigen Schlössern gemalt. Dabei wissen wir von der Frauenkirche, dass 80 % der Spenden kommen, wenn das Projekt aus der Erde raus ist.


    Aber Berlin ist eben nicht Dresden. Die Schloßkritiker werde noch bis zur Fertigstellung von "Disney" und "Geschichtsfälschung" sprechen - da hilft auch das positive Beispiel aus Potsdam nichts. Also: Alles mit etwas Ruhe sehen.


    Prinzipiell gebe ich dir recht. Aber das Schloß ist keine Vollrekonstruktion und hat längst nicht die Symbolwirkung wie die Frauenkirche. Wobei ein bißchen Symbolik noch hinzukommen könnte, wenn man auf die Sprengung von Ulbricht hinweist und den Schloßbau in dieser Richtung emotional auflädt.


    Es ist also fraglich, ob dieselbe Dynamik wie in Dresden entsteht. Das Problem liegt aber wohl auch in unserem nationalen Komplex. Man ist ein bißchen verlegen, sich freudevoll zu diesem Wiederaufbau zu bekennen und ihn zu zelebrieren.


    Habt Ihr denn schon gespendet? Und wo?

  • 1993 habe ich DM 300,-- für die Umsetzung der "Schloss-Illusion" gespendet und
    2010 einen Schloßbaustein für € 250,-- gekauft.

  • Es ist also fraglich, ob dieselbe Dynamik wie in Dresden entsteht. Das Problem liegt aber wohl auch in unserem nationalen Komplex. Man ist ein bißchen verlegen, sich freudevoll zu diesem Wiederaufbau zu bekennen und ihn zu zelebrieren.


    Wieso? Bisher ist es doch nicht schlechter als in Dresden. Also, mal abwarten und Teetrinken. Unterdessen könnte Berlin mal seine Hausaufgaben machen...

  • Erasmuskapelle

    In einem Artikel der "Sächsischen Zeitung" vom 11.09.2013 über die Fertigstellung des Schlingrippengewölbes in der Dresdner Schlosskapelle
    äußert Ludwig Coulin, der Chef der mit der Wiederherstellung des Dresdner Schlosses beschäftigten Niederlassung im Staatsbetrieb Immobilien und Baumanagement, nebenbei auch seine Überzeugung, dass die Bauleute der Schlosskapelle sich ein Spezialwissen erworben hätten, durch das sie in der Lage wären, auch die Erasmuskapelle im Berliner Stadtschloss originalgetreu zu rekonstruieren.

  • Erasmuskapelle

    ^^
    Das ist ja schön, aber leider befand sich die Erasmuskapelle dort, wo künftig die Stella´sche Lochfassadenzeile stehen wird.
    Dieses Bauteil ist ist zu schmal, als dass es die Kapelle aufnehmen könnte. :(
    Wenn jedoch sich jemand fände, der den "Grünen Hut" samt Anbau spendete, dann wäre, hätte, könnte... ;)

  • Erasmuskapelle (Rekonstruktionsmöglichkeit)

    Im "Berliner Extrablatt", dem Mitteilungsblatt des Fördervereins Berliner Schloss, findet sich in der Ausgabe vom April 2013 ein interessanter Artikel des Bauingenieurs Thomas Bauer und des Archäologen Jörg Lauterbach zum Schlingrippengewölbe der Erasmuskapelle. Neben historischen Aufnahmen finden sich dort auch von den beiden Experten berechnete 3D-Visualisierungen. Abschließend weisen beide auf die grundsätzliche Möglichkeit einer Rekonstruktion im Rahmen der Wiederaufbauplanung Franco Stellas für das Schloss hin: "Zumindest stimmt es hoffnungsvoll, dass die Planung von Franco Stella Architekten die historischen Raummaße wieder aufnimmt, so dass auch künftigen Generationen die Möglichkeit nicht verbaut wird, jederzeit dieses einzigartige Beispiel spätgotischer Wölbkunst zu rekonstruieren."
    Den besagten Artikel kann man hier auf den Seiten 15 und 16 online nachlesen.

  • "Zumindest stimmt es hoffnungsvoll, dass die Planung von Franco Stella Architekten die historischen Raummaße wieder aufnimmt


    Mal abgesehen, dass das auch für den Schlüterbau nicht stimmt, so ist der Aufbau des alten Teil des Schlosses (wo sich die Erasmuskapelle befand) auch von Stella nicht eingeplant... Da entsteht ein unmaßstäblicher moderner Hochbunker.

  • ^
    Ich freue mich schon auf den unmaßstäblichen Hochbunker. :) Eine vierte barocke Fassade finde ich langweilig. Das wird ein absolutes Highlight für Berlin und eine coole Atmosphäre schaffen.


    Gerade wegen der modernen Fassade müßte man aber ein möglichst historisches Umfeld des Schlosses anstreben, damit das historische Gefühl dominant (genug) bleibt und den modernen Kontrast gut auffangen kann. Auch hier sehe ich keinerlei Bewußtsein für Pluralität bei Lüschern. Habe den Eindruck, daß die eine Art Modernismus-Taliban ist. Ich denke nur an den Schinkel-Platz.

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    Weißt Du eigentlich, was Taliban bedeutet, oder warum musst Du diesen unsachlichen Zusammenhang mit Lüscher hertellen?


    Versuch es doch mal mit mehr Sachlichkeit.

  • Ach Jott, immer diese politische Korrektheit, die einem jedes Vergnügen an Polemik nimmt :D...


    Ob/Dass die geplante Ostfassade modern ist, stelle ich jedoch eher infrage. Also, "modern" im Sinne des Bauhaus' etc. auf jeden Fall; quadratisch, praktisch, minimalistisch halt...Wenn man allerdings "modern" als im Sinne von innovativ o.ä. meint - so ist sie einfach nur laaangweilig. Dann hätte ich lieber ne Gehry-Fassade a la Bilbao oder so gehabt. Ok, wäre auch nichts wirklich neues, aber eben etwas interessanter. Meinetwegen auch Chippy, der Schinkel des 21. Jh. Nur nicht Hadid!


    Zwar gehts beim Schloss wohl hauptsächlich um die barocken Fassaden. Anders als beim Westflügel des Schlüterhofes, sieht man die barocken Fassaden vom Ostufer der Spree jedoch eh nicht. So hätte man mMn also auch etwas wagen können, wenns schon nicht die hist. Fassade werden sollte. Daran kann man nicht nur eine gewisse Feigheit, sondern auch die Knauserigkeit D's ablesen.


    Wird denn im Innern nun absolut gar nichts mehr so gebaut, dass mans eines Tages rekonstruieren könnte?

  • Genau, weil "D" so knausrig ist, zahlt der gesamtdeutsche Steuerzahler Berlin ein neues altes Schlösschen (und wenn nicht genug Spenden für die Fassaden reinkommen springt er auch da noch ein). In Demokratien ist es nicht üblich, dass irgend eine Stadt "Extrawürste" erhält. Auch nicht, dass man Schlösser auf Staatskosten baut. Berlin bekommt also sozusagen die dickste Extrawurst die man sich nur vorstellen kann. Und das soll knausrig sein? Aber man redet an der Spree ja auch gerne mit überheblichem Unterton über "die Provinz" wenn man die restliche Bundesrepublik nennt. Das ist Vokabular einer monarchistisch-feudalistischen Zeit, als in der Tat das ganze Land der schillernden jeweiligen Residenz-Hauptstadt und der Herrscherklasse zuzuarbeiten hatte. Dafür, dass Berlin sich immer so gerne als Avantgarde sieht, liebäugelt man ganz schön mit preußischem Mief. Soweit mal meine vergnügliche Polemik.


    Wir leben aber zum Glück im 21. Jahrhundert und Berlin kann froh sein, über die Extramittel, die es unablässig erhält. Dankbarkeit erwartet dabei wohl auch niemand, soviel Realismus ist schon vorhanden. Aber ich denke, man kann dennoch anerkennen was da geleistet wird und zufrieden damit sein. Ich finde diese Rekonstruktion ohnehin komplett überflüssig und hätte das Geld lieber in den Erhalt von "echten" Schlössern und historischen Gebäuden investiert gesehen, die haben es nämlich häufig sehr nötig (in der ganzen Republik).