Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • ^^

    Diese beiden Ausländer können schon allein wegen der Sprachbarriere nicht beurteilen, welche emotionale Bindung die Deutschen zu einem rekonstruierten Gebäude aufbauen können und welche nicht.


    Wenn ich solche Sätze nicht aufs schärfste und völlig zurecht mit herablassendem Ton kritisieren darf, bin ich wirklich im falschen Forum.


    Denn natürlich hängt es nicht davon ab dass sie Ausländer sind, ob sie so etwas beurteilen können oder nicht. Die Bedürfnisse der Menschen sind dahingehend überall gleich und Chipperfield wird solche Diskussionen sicherlich auch in England führen müssen. Ober er das nach unserem Geschmack tut ist doch eine völlig andere Frage.


    Lothar
    Ich ziehe die Berliner Zeitung nicht als Kronzeugen heran. Ich stimme nur mit dem Kommentar überein und wollte nicht seinen ganzen Inhalt wiedergeben müssen. Was du ansonsten von der Berliner Zeitung hälst ist darüberhinaus eher irrelevant und sicher etwas zu pauschalisiert.

  • Und du äußerst dich, weil ... ?
    Das Barock wurde von seinen Vertretern nicht als eigenständige Stilrichtung begriffen, sondern als Fortführung, ja Teil der Renaissance. Das die Renaissance aus nicht viel mehr als dem Kopieren von seit Jahrhunderten vergangenen Herrschaftsgebäuden des alten Roms besteht, muss denke ich nicht erwähnt werden, und das Berlin nicht die die Hauptstadt Roms war hoffe ich weiß hier auch jeder. Das Berliner Stadtschloss wäre daher genauso fehl am Platze, wie das Capitol in Washington.


    Was ist denn nicht fehl am Platze in Berlin? Altslawische Holzhütten?


    Oder war das jetzt ironisch gemeint?

  • Oder war das jetzt ironisch gemeint?


    bingo
    Die These Libeskind dürfe sich nicht zum Schlos äußern, weil in Amerika, das ja nichtmal seine Heimat ist klassizistische Stahlstützen weiß gestrichen wurden, und Graß grün war einfach keinen ernsten Post wert, weil man eben genau die gleiche These auf das Stadtschloss ummünzen kann.

  • Stimmt, Libeskind und Co dürfen sich äußern (obwohl sie oft keiner gefragt hat) aber im Endeffekt ist die Meinung der Berliner doch wichtiger. Nachdem Chippy die Museumsinsel versaut hat, geht er ja eh zurück in seinen Altbau nach London.

  • Dvorak: Vermutlich wird das Stadtschloss tatsächlich nicht dieselbe Qualität erreichen, wie die Frauenkirche. Man stelle sich eine Frauenkirche mit modernern Kuppel und einer modernen und drei klassischen Fassaden vor. Grausig. Fundamente waren vom Schloss nicht mehr zu sehen, auf einem Teil des Geländes stand ja bekanntlich der Palast der Republik, der Rest war Parkplatz. Aber es gab zumindest immer noch den kompletten Balkon, von dem aus Karl Liebknecht die Freie Sozialistische Republik ausgerufen hat, als Portal am Staatsratsgebäude zu sehen. Also ganz weg war das Stadtschloss nie.



    Quelle: Wikipedia


    Zu DDR Zeiten durfte man natürlich nicht laut über einen Wiederaufbau reden. Aber seit der Wende ist doch durchaus Bewegung in der Sache. Und bei Straßenumfragen sind bis zu 70% der Berliner für den Wiederaufbau. Es gibt natürlich immer die Leute, die das ganze Geld lieber für Kindergärten ausgeben wollen. Jetzt wo der Palast der Republik schon weggerissen wurde und die Systemsieg Frage in den Hintergrund tritt, dürfte die Unterstützung kontinuierlich mehr werden. Für einen Neubau in historischen Proportionen gibt es in der Bevölkerung meines Wissens überhaupt keine Unterstützung.


    Wegen Braunschweig, ich meine ja auch - im besten Fall - kann das Humboldt-Forum ein richtig spannender Ort werden. Die Humbodts haben schon richtig tolle Sachen gemacht, wenn man die Geschichte richtig erzählt. Lecker. Aber es kann auch sein, das es nur ein Abstellding für lauter außereuropäischen Krimskrams wird. Ich hab die Sammlung in Dahlem schon mal gesehen und war damals nicht so beeindruckt. Handgeflochtene Schilfboote und bemalte Holzmasken sind nicht so eindrucksvoll wie Nofrete und das Ischtar Tor. Man wird sehen, ob das Humboldt-Forum seinen heeren Ansprüchen gerecht werden kann.


    http://www.humboldt-forum.de


    Ach ja der Schaffensprozess. Gibt es bei einer Rekonstruktion nicht auch noch genug Arbeit. Die ganze Statik, die Innenräume müssen neu entworfen werden. Nur weil der Bauherr eine Fassade vorgibt, soll gleich die ganze Architektur ad absurdum sein. Das ist so eine Architektendenke. Den Bürger interessiert eigentlich nicht, ob der Architekt mit seinem Schaffensprozess zufrieden ist, sondern nur welche Qualität die Rekonstruktion haben wird. Chipperfield selber hat in Berlin eher keinen guten Namen, wegen der Betontreppe im Alten Museum. Und es soll ja auch kein Chipperfield Bau werden. Er sitzt nur in der Jury und entscheidet mit welcher Entwurf der Beste ist. Ich glaub nicht das hier der Name des Architekten ausgenutzt werden soll.

  • Wo war die Außereuropäische Sammlung doch gleich früher untergebracht?


    Da Portal im Staatsratsgebäude ist doch auch nur ne Kopie oder so ähnlich. Und störts jemanden? Nein! Es glauben trotzdem alle, Liebknecht hätte auf genau diesem Balkon gestanden.

  • Jeder darf sich zu allem äußern. Es herrscht ja schliesslich Redefreiheit. Nur kann man ja trotzdem die Kompetenz des Redners im Bezug auf das Gesagte in Frage stellen. Ich selbst benutze zum Beispiel oft unbedacht deutsche Tabuworte wie Autobahn, Duschen und Ausländer. Deshalb geht es auch in Ordnung, wenn mir teebone "ethnonationalistisches Gequatsche" vorwirft. Erstmal, ist die Berliner Zeitung nicht grundsätzlich schlechter als die ganzen Springerblätter aus Westberlin. Und ich bin ja auch Ossi, also wieso sollte eine Ostzeitung perse antirekonstruktivistisch sein? In dem Artikel der Berliner Zeitung stehen aber doch ein paar Sachen, die ich so nicht unkommentiert lassen will.


    Ist die Schlossfassade nun eine Deutsche oder doch nur eine Berliner Herzensangelegenheit? Ich muss dazu sagen, ich habe (wie viele andere auch) nicht für die Dresdner Frauenkirche gespendet und vor deren Fertigstellung auch kaum Notiz von ihr genommen. Kann man deswegen sagen, der nichtsächsische Rest der Republik wäre dem Projekt mit Desinteresse begegnet? Ich denke nicht! Das es außerhalb Berlins blanken Hohn für eine Schlossfassade geben soll, höre ich zum ersten Mal. Aber es gibt natürlich immer Leute, die sowieso alles verhöhnen, was mit Berlin anfängt.


    Aber gerade im Bezug aufs Stadtschloss hört man eigentlich so gut wie nichts. Normalerweise würde jeder Cent, den der Bund in die Berliner Kulturlandschaft steckt, bissig kommentiert. Faule Hauptstadt Säcke lassen sich von der Provinz aushalten usw. usf. Bisher ist an der Front aber alles seltsam ruhig geblieben. Dabei handelt es sich bei dem Projekt fast um eine halbe Milliarde Euro, also eine ganze Milliarde DM, die da investiert wird. Auch wenn die Verhandlungen zwischen Land und Bund zäh waren, letztlich wollte niemand das Projekt wirklich scheitern sehen. Politisch gab es scheinbar nur strarke und weniger starke Befürworter.


    Eigentlich ist die Entscheidung des Bundestags daher sogar eine tolle Bestätigung für Berlin. Hier wird erstmals nicht eine bestehende Kultureinrichtung gerettet oder restauriert, sondern der Staat baut eine völlig neue, was er nicht müsste. Damit bekennt sich der Deutsche Bundestag auch erstmals zu etwas, das man in Deutschland verschämt "die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt" nennt. Schon diese Formulierung steht eigentlich unter verschärftem Berlinbevorzugungsverdacht. Das der Beschluss trotzdem gefasst wurde, dafür kann/muss man als Berliner dem deutschen Steuerzahler mal wirklich dankbar sein.


    Und es gibt auch ganz fleissige Spendensammler in München. Das der Süden keinen Anteil nimmt, stimmt also nicht. Das die Spendenbegeisterung im Vergleich bei der Frauenkirche größer war, hat sicher auch damit zu tun, das Dresden ein Synonym für den Bombenkrieg an sich geworden ist und dadurch bis nach GB und USA gewirkt hat. Während das Stadtschloss "nur" von Ulbricht gesprengt wurde. Daran sind die Deutschen quasi selber schuld. Viele andere Bauten wurden ja trotz Kriegsschäden auch von der DDR restauriert. Das Schloss war vielleicht einfach auch zu groß, so das man sich da nicht rangetraut hat und wurde nicht gänzlich nur aus ideologischen Gründen abgeräumt. Die DDR war ja auch immer knapp bei Kasse.

  • "die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt" durch das Schloss also? Letztendlich ist die Repräsentation des Staates durch die Neuerichtung eines Schlosses politisch mehr als hinterfragbar.
    Ich will damit nicht auch auf das Kindergartenargument aufspringen, aber gerade bei einem Bundesprojekt ist die Situation nochmal etwas anderes, als bei einer privaten Spendenfinanzierung.
    Die alte Bonner Republik hat sich trotz ihrer Bescheidenheit in Richtung Prachtbauten durch Wohlstand und vor allem Qualität des sozialen Netztes äußerst erfolgreich international repräsentiert.


    Was repräsentiert das Schloss also?


    Persönlich interessiert mich die Architektur an sich recht wenig, ich finde das Ding eh hässlich. Dafür aber sind politisch doch einige interessante Veränderungen der letzten Jahre in der Gesellschaft feststellbar.
    Bei allem "neuem" Selbstbewußtsein sollte man die echten nationalen Werte nicht vergessen, die Deutschland dahin geführt haben, wo es jetzt ist. Wenn das Schloss also als nationales Symbol rekonstruiert wird, dann ist die Reko in meinen Augen unmoralisch. Aus städtebaulichen, kunsthistorischen, ästhetischen und sonstwas Gründen kann man hingegen durchaus rekonstruieren was das Zeug hält - dann setzt man ja ein ganz anderes Symbol.
    Deswegen ist es aber generell so kompliziert über etwas so materielles wie Architektur in so schwammigen Kategorien zu diskutieren...

  • Ein Politiker würde sagen: Es ist kein Schloss sondern ein Humboldt-Forum mit Schlossfassade. Der Bund und die Länder repräsentiert sich durch ihre gemeinsame Stiftung Preussischer Kulturbesitz und deren Ausstellung der außereuropäischen Sammlungen als tollerant, weltoffen usw. usf.


    Die alte Bonner Republik und die neue Berliner Republik unterscheiden sich dabei in nichts. Es sind dieselben Hanseln, die da drin sitzen. Und sie sind weder bescheidener noch prunksüchtiger, weder sozialer noch neoliberaler als zuvor. Aber beide Städte liefern natürlich ganz andere Voraussetzungen.


    Man kann das gut am Haus der Geschichte (Bonn) und dem Deutschen Historischen Museum (Berlin) vergleichen. Prinzipiell behandeln beide Einrichtungen genau dasselbe Thema, die deutsche Geschichte. Aber einmal ist es ein Neubau, das andere mal ein von DDR und BRD restaurierter historischer Bau. Einmal sieht man die Turnschuhe von Joschka Fischer, das andere mal einen Hut von Napoleon. Aber Steuergelder, die man auch für Kindergärten hätte ausgeben können, sind beide male verbraten worden.

  • Hier geht es aber nicht um die Sanierung eines historischen Baus, sondern um einen Neubau (In historisierender Verkleidung).


    Ich verstehe zwar, dass ein gewisses Maß an architektonischer Repräsentation nötig ist, meine Frage ist aber dann trotzdem: Warum baut man als demokratisches Land ausgerechnet eine Schlossfassade?
    Das bloße Argument, dass früher da mal ein Schloss stand kann so einfach nicht zählen, denn die Akzeptanz des Verlustes währe historisch bzw. denkmaltechnisch wesentlich bedeutsamer.
    So jung und frisch, wie sich Berlin gerne zeigt und wie sich das ganze Land während der WM gezeigt hat - da passt kein Schloss hin.
    Da passt noch nicht mal ein Chipperfield hin, da könnte ich mir was richtig ausgeflipptes vorstellen :cool:


    Es ist doch am Ende einfach so, dass man einfach gerne einen alten Prachtbau wiederhaben möchte. Die Leute sehnen sich einfach nach dem Idealbild dieser alten Zeit. Gediegen, familiär-traditionsbezogen, geborgen, was weiß ich, was da an positiven Gefühlen mit reinkommt.
    Zumindest vermute ich mal, dass solche Assoziationen der Hauptgrund sind, weshalb viele die Reko wünschen.
    Dann muss es aber auch so rekonstruiert werden. So wie der grausige Kitsch, der rund um die Frauenkirche in Dresden gebaut wird. Sowas kann ich genauso respektieren, wie die Vorhaben in der Frankfurter Altstadt. Aber nicht als nationales Symbol, vor allem, weil gerade dieses Berliner Schloss doch mehr für Kaisertum als für Karl Liebknecht steht.

  • Muss mik da zum Teil zustimmen.
    Aus städtebaulicher Sicht bin ich absolut pro Schloss-Reko, gerne auch inklusive der Spree-Fassade, aber die Argumentation von wegen nationales Symbol und dergleichen finde ich eher schwach und sie zieht bei mir (und ich bezeichne mich schon als Patriot) nicht im geringsten, schon gar nicht sehe ich darin eine nationale Aufgabe für die die Verwendung von Bundesmitteln in Frage kommt. Finde zwar an Monarchie und Kaiserreich nichts per se Verwerfliches, aber als "nationales Symbol" könnte man auch ganz andere Dinge rekonstruieren oder hätte sogar den PdR erhalten können/müssen.


    Großer Widerspruch kommt aber dazu:


    die Akzeptanz des Verlustes währe historisch bzw. denkmaltechnisch wesentlich bedeutsamer


    Diese Sichtweise mag bis zum 2ten Weltkrieg so durchaus ihre Berechtigung gehabt haben, auch wenn eine derartige Argumentation dem Abriss von älterer auch denkmalgeschützter Bausubstanz Tür und Tore öffnen kann. Nach den Zerstörungen durch Krieg und Wiederaufbau die zum unwiederbringlichen Verlust eines unermesslichen Teils des kulturellen Erbes des Landes und der Städte geführt haben, sollte man in der Hinsicht aber mal so langsam umdenken. Diese Diskussion hätte dann aber die nicht mehr zeitgemäße Dehiosche Denkmaltheorie zum Thema und sollte in einem allgemeineren Bereich geführt werden da es ja nicht nur Berlin betrifft.

  • Immer dieses "Demokratisches Land"-Argument...Nur weil man ein Schloss rekonstruiert, brauch man nicht gleich monarchistische Strömungen oder so dahinter vermuten. Wie hier glaube ich schon erwähnt wurde, sind die benachbarten Monarchien um einiges demokratischer, als Deutschland/Berlin. Wenn genau das selbe Gebäude an dieser Stelle ein Rathaus gewesen wär, welches die polit. Macht der Bevölkerung o.ä. widerspiegelt, was wär denn dann dein Gegenargument diesbezüglich?


    Ob die Leute damit ihrer Sehnsucht nach alten Werten Ausdruck verleihen wollen, oder ob sie es einfach nur schöner finden, kann man wohl nur für sich selbst beurteilen. Ich sehe darin kein nationales Symbol, sondern ziehe lediglich eine Barockfassade, durch die das Lustgarten-Ensemble wiederhergestellt wird, einem Bau aus Glas und Stahl vor.

  • @ Rohne
    So allgemein sehe ich das nicht. Es macht einen Unterschied ob ein Bau in einem Bombenkrieg verloren geht oder ob er mehr oder weniger unbeschadet aufgrund Desinteresse und Missachtung nachträglich gesprengt wird oder ideologisch sehr bewusst beseitigt wird.


    Ben
    Ich bin davon überzeugt, dass es moderne, demokratisch überzeugte Menschen sind, die gerne die Reko hätten.
    Sie wollen das Schloss ja weil es einfach nur schön gefunden wird. Aber darin sehe ich eben auch ein Problem. So muss man erstens hinterfragen, warum so ziemlich alles Alte als so schön empfunden wird - und dahinter steckt eine komplizierte Sozialisation die an und für sich natürlich nicht verwerflich ist.
    Nur andererseits geht es nicht um die Menschen, die das gerne hätten - auch wenn ich jetzt sehr arrogant klinge - aber es geht darum, dass man zwangsläufig eben noch eine andere Aussage trifft, als die (im allgemeinen) unschuldigen ästhetischen Wünsche.


    Edit: Gegen eine Reko der Bauakademie hätte ich nichts einzuwenden. Ich würde zwar auch eher sagen "verloren ist verloren" und die letzte Ecke als Erinnerung behalten. Aber ich hätte keine derartigen politischen Einwände. Wenn man heute meinen würde, man müsste Rathäuser rekonstruieren, dann auch nur zu. Ich sag dann vielleicht abwertend "Disneyland", aber hey, auch das verdient sein Geld ;)

  • Das macht bestimmt einen Unterschied.Ähm...Aber was sind nun die Konsequenzen?? Die Gründe für den Abriss beriefen sich ja nun mal auf anti-preußische/-monarchistische Ideale. Deswegen heißt es doch nicht, dass sich die Reko auf restauratorische Ideale beruft...

  • Wieso bedeutet es das nicht zwangsläufig? Die Architektur ist doch eindeutig? und die Funktion eines Schlosses auch?
    Sicherlich ist das einzig restaurative, dass man mit der Reko akzeptieren möchte das ästhetische Ideal der Zeit. Aber kann man den die Ästhetik so ohne weiteres vom Rest lösen? Form, Ornamentik, Geste - alles entsprang ja auch einer gewissen Geisteshaltung.
    Das Wohlgefallen da ein (wie ich bereits sagte) unschuldiger Teilaspekt ist, heißt noch nicht, dass man das ganze Gebäude darauf reduzieren kann.

  • Aus ästhetischer und städtebaulicher Sicht macht die Reko auf jeden Fall Sinn. Die Geisteshaltung die das Gebäude ausdrückt ist zwar eine andere als die heute gültige, aber auch nichts wirklich Verwerfliches. Macht bei drei zu beurteilenden Punkten für die Entscheidung ob Reko ja oder nein also zweimal (Ästhetik, Städtebau) ein Plus und einmal (Geisteshaltung) ein Unentschieden.
    Wenn dann auch noch die anderen Punkte Kosten, Nutzung etc pp eher positiv ausfallen, ist das doch wirklich Grund genug mit gutem Gewissen zu rekonstruieren.

  • Rohne:
    Wieso sind Kosten und Nutzung Pluspunkte? Weder werden die Fassaden besonders billig, noch kann man davon ausgehen, dass der am Schloss orientierte Grundriss besonders gut für Ausstellungen, Archive, Auditorien geeignet wäre.


    Guderian:
    Das Portal am Staatratsgebäude hatte ich ganz aus den Augen verloren.
    Das 70% der Berliner für den Aufbau sind ist klar, zahlen sie doch praktisch nichts. Die wirklichen Umfragen werden in den Brieftaschen der Menschen gemacht und da scheinen die Berliner nicht so eindeutig abzustimmen. Das ist jedenfalls mein letzter Stand.


    Das mit dem "Schaffensprozess" ist so eine Sache. Wenn von vornherein alles klar ist, Baufluchten, sogar Fassaden vorgeschrieben werden, dann merkt man es dem Endergebniss an. Oftmals werden bei Wettbewerben sogar Entwürfe gebaut, die die vorherigen Anforderungen nicht erfüllen, einfach weil die Architekten mal was ausprobiert haben, und so zu besseren Ergebnissen gekommen sind, als man sich das vorher hat ausmalen können. Würgt man von vornherein alle Kreativität ab, und dirigiert lediglich die Innenraumgestaltung (die ja nicht besonders flexibel ist) an den Architekten weiter, dann glaube ich nicht, dass man Ergebnisse bekommt, die der Museumsinsel würdig wären.
    Nimm z.B. die Kuppel. Wenn mir als Architekten nur eine Fassade und die Kuppel quasi als Almosen dargereicht werden, um auch mal ein bischen was schönes und nicht nur Innenräume zu schaffen, dann kannst du sicher sein, werde ich dieses Angebot annehmen. Wenn ich aber mehr Möglichkeiten habe, also die drei Fassaden nicht vorgeschrieben werden, dann kann ich mir besser aussuchen, was ich rekonstruiere, und wo ich modern baue. Vielleicht (sicher) komme ich da zu besseren Ergebnissen, als wenn mir alles vorgeschrieben wird. Ich kann dann Architektur aus einem Guss machen, indem ich eben ein Konzept mache und danach ein Haus baue, und nicht ein Haus bekomme, und mir dazu ein Konzept aus den Fingern pulen muss.


    Die Frauenkirche ist/wird aus noch ganz anderen Gründen wie der modernen Kuppel immer in einer ganz anderen Liga spielen. Nicht nur, dass das Gebäude architektonisch wesentlich wertvoller ist, und ein Symbol für die Verständigung ehemaliger Feinde ist, die Frauenkirche hat den unschätzbaren Vorteil gegenüber dem Stadtschloss, dass sie ein sakrales Gebäude ist. Sakrale Gebäude sind oft gegen die meisten Negativen Aspekte die profanen Rekonstruktionen anhaften Resistent.


    @all:
    Ich muss mik in den meisten Punkten Recht geben, zumal wir ähnliche Diskussionen schon ein paar Seiten vorher hatten.


    Staaten mit Königshäusern sind fürwahr oft demokratischer. Das liegt denke ich daran, dass die Königshäuser die Demokratie fördern wie z.B. besonders in Spanien. Würden sie sich nicht so vehement für Demokratie einsetzen, würden sie auch kein Geld mehr vom Volk bekommen. Win-Win-Situation.


    Weshalb man in D. auch als guter Demokrat für Reko sein kann liegt wohl daran, dass generell alles Schlechte mit der Zeit verblasst. Herzoge, die von ihren Untertanen aus dem Land geworfen wurden, werden als Volksnahe Monarchen betitelt (da gibt es schöne Geschichten aus BS), in der DDR war auch nicht alles schlecht, Altstädte waren nicht schwül, stickig und voller Ratten sondern romantisch, harmonisch und ach so gemütlich. Meist bleiben nur die positiven Aspekte der Vergangenheit zurück.
    Das ist nicht nur beim Symbolgehalt und der politischen Botschaft einiger Gebäude so, sondern ein Phänomen, dass man gernell besonders oft in der Architektur findet. Offensichtliche Städtbauliche Fehler werden wieder begangen, einfach weil es "die historische Situation" ist. Wo man sich bei moderner Architektur noch die Mühe macht, alle Aspekte eines Gebäudes aufzubröseln, es zu analysieren, zu vergleichen, und dann kritisch darüber zu urteielen, fehlt das heute vollkommen, wenn man über historische Gebäude spricht. Ich kenne da einige Beispiele, wo offensichtlich durchschnittliche Architektur zum Baugeschichtlich wichtigen Teil einer Stadt erhoben wird. Beim Stadtschloss kann man über den Wert streiten, generell glaube ich aber, dass auch dieses Gebäude überbewertet wird.
    Da könnte man doch glatt einen guten Vorsatz für 2008 schmieden.



    EDIT:
    500 :stickdance: