Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Gestern fand ein Bürgerforum zur historischen Mitte statt, wobei die Frage nach dem offenen Schloss von einem Bürger an die anwesenden (unter anderem SPD-Chef Jan Stöß und Manfred Rettig, Vorstand der Stiftung Berliner Schloss) allerdings nicht an Herrn Rettig gestellt wurde. Dennoch antwortete Herr Rettig und fand ziemlich deutliche Worte, dass dieser Vorschlag seines Erachtens viel zu spät komme. Es sei eine lange Debatte darüber geführt worden und spätestens nach der Entscheidung für den Entwurf von Franco Stella vor einigen Jahren hätte dieser Gegenvorschlag kommen müssen. Wenn man nun nicht eine Berliner Elbphilharmonie haben wolle, dann sei das definitiv zu spät, wenn sie schon den Beton giessen. Ausserdem meinte Herr Rettig, dass die Ostfassade hochwertig und architektonisch wertvoll sei und dies unter Fachmännern (ausser einem (Anm: Braunfels)) unumstritten sei. Sie ist allerdings auch dafür gemacht, dass auf der gegenüberliegenden Spreeseite eine Bebauung erfolge.
    Auch SPD-Chef Jan Stöß bekräftigte, dass dieser Vorschlag definitiv zu spät erfolge.

  • Offenes Schloss

    Auch die Mopo widmet sich dem Thema und lässt Gegner und Befürworter der Idee des "Offenen Schlosses" zu Wort kommen.


    Das Contra kommt von Stephan Wohanka derr früher Dozent für WiWi an der Humboldt-Uni war. Neben einigen bereits erwähnten Argumenten führt er auch die fehlende Verbindung der beiden Seitenflügel an. Ein Rundgang wäre damit nicht möglich, da die Besucher in den schmalen Seitenflügeln des Schlüterhofs hin- und herlaufen müssten.


    Das Pro kommt von Matthias Dittmer einer der Gründer der BI. Hier hat mich etwas erstaunt, dass seiner Meinung nach ein entgültiges Nutzungskonzept noch nicht feststehe. :confused:


    Mopo Erbitterter Flügelkampf um das Berliner Stadtschloss

  • Gähn, wie oft kommt dieses Thema denn noch in der Presse auf? Die Sache ist durch und fertig. Braunfels ist echt ein schlechter Verlierer, dass er das nicht einsehen will.

  • Kompromisse?

    Welche Möglichkeiten des Kompromiss gibt es denn noch? Was für Änderungen, z.B. eine Arkadierung, Einfräsung von Konturen, oder anderweitige Öffnung oder Fassadengestaltung, sind noch realistisch? Und sollte man nicht einen solchen Kompromiss trotz aller durch Umplanung und Bauverzögerung hervorgerufenen Kosten der pünktlichen Fertigstellung eines ungeliebten und primitiven Kastens bei einem ohnehin schon umstrittenen Bauprojekt vorziehen? Auch wenn laufende Änderungswünsche in anderen Fällen Schaden hervorgerufen haben können sie doch in diesem Fall letztendlich zu deutlich höherer Akzeptanz des Gebäudes führen. Sollte man sich nicht dringend noch zumindest für einen Kompromiss einsetzen, bevor es tatsächlich zu spät ist?

  • Viellicht sollten sich die Aktivisten für Braunfels um die Lüscherschen Hochregallager kümmern, die am Schinkelplatz geplant sind, bevor es da auch ZU SPÄT ist.

  • ^ das wäre z.B. löblich und auch schon höchste Eisenbahn.

    Oder sie beginnen eine Spendeninitiative für die Bauakedemie. Eine BI könnte hier viel bewirken und einer Realisierung möglich machen.


    Auch beim Einheitsdenkmal könnte ich mir sinnvollen Einfluss vorstellen. Das ist doch alles nicht ganz ausgereift und v.a. noch nicht im Bau.

  • Naja - die Bauakademie kommt sowieso irgendwann.


    Lüschers Hochregallager (herrlicher Verriss!) ist aber in der Pipeline und droht ganz konkret.
    Verglichen mit der Vorkriegs-Pracht ist das Geplante nicht zu unterbieten - außer durch ein Fertigteile-Parkhaus oder ein Wellblech verkleidetes Hochregallager.

  • Und sollte man nicht einen solchen Kompromiss trotz aller durch Umplanung und Bauverzögerung hervorgerufenen Kosten der pünktlichen Fertigstellung eines ungeliebten und primitiven Kastens bei einem ohnehin schon umstrittenen Bauprojekt vorziehen?


    Ich möchte hier mal dezent anmerken, daß es auch durchaus Menschen gibt, die sehr zufrieden mit der gegenwärtigen Ausführung sind. Man sollte hier also nicht apodiktisch argumentieren, die jetzige Version gefalle niemandem.


    Sie hat vieles für sich, was ich schon erläutert habe. Der offene Schloßhof an sich wäre natürlich eine ästhetisch gute Angelegenheit. Wir sind hier aber nicht im Disneyland oder Holodeck, wo man sich ein schönes Schloß nach Belieben zusammenbaut.


    Die jetzige Version verbindet meiner Meinung nach gut die Aspekte "historische Genauigkeit/Kontinuität" und "moderner, zeitgenössischer, aktualisierender Beitrag".


    Für mich ist ein offener Schloßhof schlichtweg dekadent, da die alte Anmutung und stadträumliche Wirkung des Schlosses vordergründigen ästhetischen Bedürfnissen geopfert wird. Ich hätte kein gutes Gefühl bei einem solchen Schloß. Diese dämliche Bürgerinitiative soll endlich Ruhe geben. Nicht zuletzt, weil das Vorgehen so dilettantisch und naiv ist, wie hier ja schon genug erörtert wurde.


    Ich freue mich riesig auf die Stella-Fassade. Das wird ein städtebauliches Ausrufezeichen und eine starke Identität aufbauen. Außerdem transportiert es auch ein typisches Berlin-Gefühl. Solch ein Bau ist für die Geschichte Berlins wesentlich authentischer als ein rein barockes Schloß oder ein Pippi-Langstrumpf-Schloß, das man sich mal eben schön zurechtdenkt.

  • Zumal diese BI völlig ignoriert, dass die Stellafassade bereits ein guter und gefundener Kompromiss aus früheren Diskussionen um die Ostfassade darstellt. Es ist ja nicht so, als sei das Weglassen der Ostfassade in irgendeiner Form ein Kompromiss, es ist lediglich eine weitere Einzelmeinung zur Gestaltung dieser Ecke des Schlosses, es vereint aber keine verschiedenen Positionen.

  • Augenblicklich stelle ich mir die Frage, ob an der Südfassade Anleihen oder Anlehnungen an der alten Lampenladen nicht auch versöhnend und vor allen authentisch wären. Denn diese würde einen historischeren Bezug, als die gesichts und geschichtslose Fassade von Stella, haben. Jedoch nur Anlehnungen, würde eine Art geschichtliche Versöhnung darstellen, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

  • ^^ Îch glaube, das wäre zu viel Kuddelmuddel. Dann hätten wir drei "Semantiken". Meiner Meinung nach verdient der Lampenladen keine Reverenz. Ich verstehe nicht, wieso man hier versöhnen soll. Auch angesichts der zutiefst unversöhnlichen Entstehungsgeschichte des Palastes. Ich glaube, solche Anlehnungen würden stark die Würde des neuen Schlosses beeinträchtigen. Was schwebt dir denn da so vor?


    Soweit ich weiß, sollen Requisiten des alten Palasts im Innern des Schlosses wiederverwendet werden, was ich prinzipiell in Ordnung finde.


    Ich glaube, hier schrieb mal jemand, daß Stella mit seiner Ostfassade einen Bezug zur Formsprache der Renaissance herstellen wollte.


    Ich verstehe dieses Hinterhergeheule in bezug auf den Palast nicht, obwohl ich selbst DDR-Bürger bin. Für mich hat dieser Bau keine geschichtliche Relevanz.


    PS: Was der Eiermann für die Gedächtniskirche war oder der Foster für den Reichstag, wird die Stella-Fassade für das Schloß. :)

  • ^da stellt sich natürlich immer die Frage, inwiefern Bezüge und Anleihen an ein Gebäude, das gerade mal 13 Jahre in Benutzung war und in den vergangenen 20 Jahren permanent in seiner Bedeutung überhöht wurde, überhaupt gerechtfertigt wären... der PdR war ganz gewiss kein prägendes Bauwerk in der Nachkriegshistorie. Wenn überhaupt irgendwas die Epoche charakterisierte, dann eher der leere Aufmarsch- bzw. spätere Parkplatz davor. Also der weit größere Teil des alten und neuen Schlossbaus.

  • Wie es Andere oben schon mehrfach getan haben empfehle ich die Webcam der Stiftung Berliner Schloss - Humboldtforum http://cam02.berlinerschloss-webcam.de/ zum Beweis dafür, dass die Diskussion um Braunfels und den Bau des Ostflügels bald vorbei sein sollte. Nach dem Frost rollen stetig die Betonmischer heran und gießen eine Wand nach der Anderen.


    Zurück zu einem meiner Lieblingsthemen: dem Material. Ich finde auf den beiden Stiftungs-Internetseiten keine Aussage über das Material der Fassadenverkleidung.
    Wird das tatsächlich mit Betonplatten verkleidet?
    Oder wird es in Sichtbeton gegossen?
    Wie kann man sich die Optik in etwa vorstellen?

  • Immerhin ist es schön zu erfahren, dass es auch viele leidenschaftliche Verfechter der wohl unausweichlichen Stella-Ostfassade gibt. Kann mir dann nur jemand dabei helfen, mich als Leie mit dieser Optik hier:


    http://berliner-schloss.de/wp-…lin-2019/spreefassade.jpg


    als gelungenes Beispiel moderner Architektur anzufreunden? Ist das wirklich das beste, was sie zu bieten hat? Besticht sie durch schlichte Eleganz? Oder sind des Kaiserschlosses neue Kleider ein nackter Klotz?

  • Echter Berliner


    Also ich finde die Referenz einfach die Tatsache, dass der so zurecht gescholtene Palast der Republik ganz einfach auf diesem Boden, wenn auch nur einen kurzen Zeitraum, stand und somit auch ein Teil der Geschichte darstellt. Ein Freund dieses Baus zu sein ist hier wirklich sekundär, ich mochte ihn auch nicht wirklich. Eine Vollreko des Stadtschlosses würde ich mir auch sehr wünschen, aber die kommt nicht. In dieser Hinsicht finde ich geschichtliche Bezüge schon eminent und die Ostfassade Stellas ist nicht nur minimalistisch, sondern, und das ist finde ich hier die Crux, ganz einfach ahistorisch, und da ist, auch wenn nur 13 Jahre waren der Lampenladen geschichtlich kausaler. Das die Requisiten berücksichtigt werden finde ich schon löblich. Wie ich mir die Reminisenzen vorstelle? Das kann ich dir leider nicht beantworten, dafür finde ich diesen Bau und jenen Boden mit seiner Historie einfach von zu tragender Bedeutung. Jedenfalls hätte man sich da mehr einfallen lassen können, als eine schlichte plane Rasterfassade.


    tel33


    Also hat es der Palast verdient aus der Geschichte eliminiert zu werden? Wenn ich die Wahl zwischen einem Reko Schloss und dem PdR hätte, hat Letztgenannter nicht den Hauch einer Chance, aber es kommt doch bloss der historische Vorhang vor einem modernen Zweckbau und da erscheint mir die, vielleicht auch bloss auf stilistische Elemente beschränkte, Erwähnung legitim und nur folgerichtig.

  • Gordon


    Da hast du eine Commander-Keen-Grafik gewählt. Es gibt weitaus bessere Visualisierungen der Ost-Seite.


    Achilles


    Natürlich ist die Ost-Seite ahistorisch. Das ist ja auch der Sinn des Ganzen. Für mich ist ein reines Barockschloß zu langweilig und hat für mich noch weitaus mehr eine künstliche Anmutung. Zudem gab es nie ein barocke Ost-Seite des Schlosses. Diese Wildwuchsseite bot sich gerade dazu an, ihr einen modernen Ausdruck zu verleihen.

  • Immerhin ist es schön zu erfahren, dass es auch viele leidenschaftliche Verfechter der wohl unausweichlichen Stella-Ostfassade gibt.


    Nein, vermutlich nicht. Aber die war nun mal Teil des Deals und in Anbetracht der restlichen Wettbewerbsbeiträge das weitaus kleinere Übel. Denn der wesentliche Teil des Bauwerks passt bei Stella (3 Fassaden, Schlüterhof, Kuppel) - daran sind alle anderen eben gescheitert.

  • Mir hätte es schon gereicht, wenn man den Apothekerflügel mit rekonstruiert hätte. Das hätte dem Lustgarten östlich besser abgegrenzt, auch wenn das natürlich der aktuellen Diskussion der Öffnung nach Osten widerspräche. Aber man hätte an dem Platz 4 Stile: Renaissance (Apothekerflügel), Barock (Schloss und Zeughaus), Klassizismus (Altes Museum) und schließlich Historismus/Neo-Barock/Wilhelminismus/wie auch immer (Dom). Naja, das Zeitgenössische hätte gefehlt, aber...Der Brunnen des Lustgartens täts vielleicht auch. Zudem auch noch etwas mehr Fläche und die Ostfassade wäre nicht ganz so langweilig. Hätte man ja z.B. als Eingangsgebäude nutzen können...Vielleicht sollte man langfristig lieber darüber nachdenken...

  • Hier übrigens ein m.E. sehr guter und ausgewogener, wenn auch mittlerweile schon zwei Monate alter Kommentar zur Schlossdebatte:


    http://www.art-magazin.de/arch…66919/stadtschloss_berlin


    Der Autor geht mit Braunfels hart ins Gericht, nennt ihn einen "Trotzkopf" und kritisiert seine "penetrant wirkende[n] Mischung aus Sanftmut, Eitelkeit und Rechthaberei", ist aber noch vernichtender in seiner Kritik am Stella-Bauvorhaben des Ostflügels: "Für diese ästhetische Strafmauer mit ihren 115 monoton eingeschnittenen Rasterlöchern ist 'dröge' ein Kompliment. Wem es gelingt, dieses Monstrum vom Schloss rechtzeitg wieder wegzudenken, dem gebührt ein Denkmal an der Spree – und heißt er auch Stephan Braunfels."


    Besser könnte man das meiner Meinung nach nicht ausdrücken. Antipathie gegenüber Braunfels und seinem Gebaren kann auch mit gleichermassen scharfer Kritik der Ostfassade einhergehen. Wenn man sie nur wenigstens irgendwie noch schöner gestalten könnte...


    Moderation: Bitte eine kurze Inhaltsangabe entsprechend unserer Richtlinien (1. DAF-Gebot) dazu schreiben. Danke
    Bato