Reflektion zum Nachtflugverbot
Eine Nachtflugerlaubnis von 00.00 - 24.00 Uhr ist durch den Planfesstellungsbeschluss und dem diesbezüglichen Urteil des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts ausgeschlossen. Es gilt der Planergänzungsbeschluss. Dieser besagt:
- Keine Flüge in der Kernzeit von null bis fünf Uhr (Ausnahmen nur für generell zulässige Notfälle und Postflüge sowie Regierungsflüge)
- 23:30 - 24:00 Uhr sowie 05:00 - 05:30 Uhr: keine planmäßigen Flüge, sondern nur Verspätungen und Verfrühungen, Bereitstellungs- und Überführungsflüge als Leerflüge.
- Begrenzung der Zahl der Flüge zwischen 23:00 und 06:00 Uhr durch ein Flugbewegungskontingent, sofern überhaupt geflogen werden darf.
- generell darf zwischen 22 und sechs Uhr nur mit lärmarmen Flugzeugen geflogen werden
Die Forderung nach einem Nachtflugverbot zwischen 22.00 und 06.00 Uhr, denen sich auch der Herr Woidke angeschlossen hat, seines Zeichens Ministerpräsident von Brandenburg, geht über die Regelung des Ergänzungsbeschlusses hinaus. Meiner Meinung nach mit Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des BER.
Zum Vergleich, in FRA darf von 05.00 - 23.00 Uhr geflogen werden. Die Regelung in MUC ist komplizierter, wie auch im Ergänzungsbeschluss zum BER und ist hier schematisch dargestellt. Sie entspricht aber in etwa der Regelung für den BER.
Meines Erachtens sind folgende Aspekte als Auswirkungen der Nachtflugregelungen und der Wettbewerbsfähigkeit von Belang.
- Ein am BER stationiertes Flugzeug bedeutet, dass die Arbeitsplätze für Wartung, Crew, etc. zum großen Teil vor Ort angesiedelt sind. Ein hier stationiertes Flugzeug wirtschaftlich im Wettbewerb zu betreiben beinhaltet u.a. aber auch, dass es möglichst viele Turn-arounds pro Tag bestreiten kann. Wenn in FRA zwei Stunden mehr Betriebszeit für ein Flugzeug möglich wären, bedeutet das, zwei Stunden länger Zeit um Geld einzunehmen und es entstünde ein Wettbewerbsnachteil für Maschinen, die am BER stationiert sind.
- Viele Destinationen können nur mit Hilfe von Umsteigern von Fluggesellschaften wie z.B. airberlin umgesetzt werden, da das lokale Verkehrsaufkommen nicht groß genug ist. Dies gilt für Langstreckenverbindungen insbesondere (und ein Langstreckenflieger schafft allein, lt. LH, 200 direkte und noch einmal 200 indirekte Arbeitsplätze), aber auch für viele europäische Destinationen, und bei fast allen Zielen hat die Zahl der Umsteiger Auswirkungen auf die Frequenz der Flüge. Die Anzahl und Frequenz angebotener Ziele an einem Airport sind ein wichtiges Standortkriterium für viele Unternehmen.
- Für Geschäftsleute sind Tagesrandverbindungen besonders interessant. Unternehmen lassen ihre Mitarbeiter zwischen verschiedenen Dependancen umherfliegen, z.B. ein Meeting in Moskau am späten Nachmittag und dann noch die Zeitzonendifferenz, da ist es kaum machbar, dass man abends noch nach Berlin käme, wenn um 22.00 Uhr der Airport zu macht. Ein weiteres Standortkriterium im Wettbewerb um Unternehmensstandorte, die Erreichbarkeit.
Persönlich bin ich der Meinung, dass man über ein Nachtflugverbot von 22.00 - 06.00 Uhr nachdenken kann, aber dann als europaweite Regelung, so dass die Wettbewerbsbedingungen nicht zu sehr verzerrt werden. Wer dies allein für den BER fordert, nimmt einen Wettbewerbsnachteil vor Ort in Kauf. Dann würde ich zumindest eine Vision erwarten, die sich damit beschäftigt wie sich Berlin und Brandenburg entwickeln könnten, wenn man sich für ein einseitig strengeres Nachtflugverbot entscheidet.
Und so am Rande, es werden nach dem klärenden Urteil des OVG am BER strengere Regelungen und umfangreichere Maßnahmen zum passiven Schallschutz umgesetzt, als dies z.B. in MUC, FRA, CGN (mit 24 h Betrieb) oder DUS der Fall ist. Die Kosten dafür haben auch Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation zwischen den einzelnenen Airports, da sie sich in den Gebühren niederschlagen. Und dort schlagen sich ja wahrscheinlich auch die Kosten für die Eröffnungsverzögerung und gestiegenen Baukosten am BER nieder. Ein Nachtflugverbot von 22.00 - 06.00 würde als weitere Belastung den Erfolg des BER beeinflußen, oder nicht?
Und eine Alternative Vision, wie die Stadt sich entwickeln kann, sehe ich derzeit nicht. Das wäre aber dann die Verantwortung von Politik, wenn man sich für einen alternativen Weg Berlins und Brandenburgs entscheiden würde. Z.B. als "Slow and Calm Metropole", wo Gemütlichkeit vor Effektivität geht, lebenswertes Leben sich nicht nach Einkommen und Konsum orientiert, ... . Haha!
Meine 2 cents zum Thema.