Streit um das Metropol

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    Die jetzige Hauptfiliale am Hof ist für eine reine Universitätsbuchhandlung etwas zu groß, denke ich. Generell denke ich aber schon, dass man die Filiale, oder exakter, die in Bonn etablierte Marke Bouvier erhalten will.


    Was ich aber meinte ist, dass Thalia der einzige ernsthafte Interessent für das Metropol zu sein scheint und das muss einem zu denken geben. Das Problem, dass man großen Ketten keine Flächen anbieten kann bleibt bestehen. Und gerade das wurde ja unterschwellig immer als Argument für einen Umbau anders dargestellt.



    ACHTUNG: hier kann man sich die neuen Umbaupläne anschauen. Die Eingriffe sind weiterhin erheblich. Interessant auch, was Stadtkonservator Talbot dazu sagt: "nach meiner Auffassung erhalten die neuesten Pläne der Metropol-Eigentümer große Teile dessen, was zu erhalten ist". ;)


    Bleibt die Frage nach dem Rest.

  • (entschuldigt die späte Antwort)


    ZET-101, mit dem Hinweis auf das aktuell eingerichtete, unsägliche Geschäft wollte ich vor allem verdeutlichen, dass man den Eigentümer gerade nicht durch die Hintertür zum Betrieb eines Kinos bzw. zum Verkauf zwingen kann. Mir sind aber durchaus Ladengeschäfte (auch mehretagige) bekannt, die nicht über Rolltreppen verfügen. Man könnte dem Eigentümer daher schon abverlangen, dass er die vorhandenen Treppen nutzt und nur solche hinzufügt die z.B. aus Gründen des Brandschutzes notwendig sind.


    Dass Töpfer in der Stadtverwaltung und in der Politik Fürsprecher hat, deutet in meinen Augen nicht zwingend auf eine Einflussnahme hin. Es gibt auch objektive (witschafts- und finanzpolitische) Gründe, die für die Umnutzung sprechen. Bonn muss sich schon überlegen, ob es lieber Subventionen zahlt oder Gewerbesteuer kassiert. Auch das Ziel des starken Stadtzentrums, lässt sich durch zusätzliche Verkaufsflächen sinnvoller verfolgen, als durch Restriktionen in den Außenbezirken - zumal diese an den Stadtgrenzen ja enden müssen.


    Das Wirtschaftlichkeitsgutachten würde ich mit ähnlicher Vorsicht genießen, wie das Wertgutachten.


    Mit Stümperei und Geschmäckle meinte ich vor allem das plötzliche Entsetzen darüber, dass jmd in Bonns Haupteinkaufsgegend ein Ladengeschäft eröffnen könnte - konnte ja keiner ahnen. Dass ein Kino, dass sich wirtschaftlich nicht hält nicht gekauft wird, um es weiterzubetreiben, sollte jedem einleuchten.


    Bonn fehlt z.T. etwas kapitalistische Chuzpe.

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    Es gibt vor allem den Denkmalschutz, der gegen eine Umnutzung des Metropols spricht. Wenn der Denkmalschutz eine (wirtschaftlich sinnvolle) Einzelhandelsnutzung ausschließt, muss sich der Eigentümer um eine andere Nutzung kümmern oder verkaufen. Die Stadt erleidet daraus keinen Schaden. Im Gegenteil. Es befinden sich mehrere Flächen in der Innenstadt in städtischem Eigentum, die eine großflächige Einzelhandelsnutzung zulassen. Das dilettantische Vorgehen der Stadtverwaltung und Lokalpolitik u.a. in puncto Bahnhofsvorplatz hat bisher verhindert, dass diese Potenziale genutzt wurden.


    Auf der anderen Seite steht die Kultur als weicher Standortfaktor. Und so reichhaltig wie die Stadtverwaltung suggeriert (siehe #59), ist die Kulturlandschaft in Bonn nicht. Das Kino liesse sich u.U. durchaus wirtschaftlich betreiben, denn nicht das Kino ist pleite gegangen, sondern der Kinobetreiber UFA. Gerade in der Koexistenz von Kultur und Gastronomie mit dem Einzelhandel ist die Stärke des Standortes Innenstadt zu sehen. Hier auf ein paar Euro an zusätzlicher Gewerbesteuer zu schielen und davon (möglicherweise rechtswidrige) Entscheidungen abhängig zu machen, wäre aus meiner Sicht jedenfalls zu kurz gedacht.

  • So einfach ist es nicht:
    1. Der Denkmalschutz schließt eine Einzelhandelnutzung gerade nicht aus, sondern nur bestimmte (im Einzelnen zu prüfende) Umbauten - nach meiner Einschätzung bspw. die Rolltreppen.
    2. Der Eigentümer hat das Recht, etwas wirtschaftlich gänzlich sinnloses zu tun.
    3. Auch hat er das Recht, etwas kulturpolitisch gänzlich sinnloses zu tun.


    Natürlich lassen sich auch für den Weiterbetrieb des Kinos gute Argumente finden - für ein Verbot einer Umnutzung reicht es allerdings bei weitem nicht. Das gilt auch für ein "faktisches" Verbot durch alberne Schikanen, wie beim Ausbau der Sitzbänke.


    Deinen Überlegungen im zweiten Absatz würde ich ohne Weiteres folgen, nur kann man sie nicht in Form von Verboten dem Eigentümer entgegenhalten.

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    Okay, stimme dir zu. Die Frage bleibt jedoch, welche Umbauten durch den Denkmalschutz ausgeschlossen werden. Wir wissen es nicht genau. Allerdings scheinen die Einschränkungen erheblich zu sein. Deswegen ja auch der geringe Verkehrswert von nur 1,9 Millionen Euro.

  • 1,9 ist auch bei allen Beschränkungen zu niedrig angesetzt bei diesem Prachtbau in dieser prominenten Lage. Es ist nicht abwegig, was Töpfer letztlich gezahlt hat.


    Ich hoffe man war bei den einzelnen beantragten Umbauten nicht zu nachgiebig. Wenn man es richtig anfasst und nicht gierig auf die letzten qm Verkaufsfläche schielt, erhält man ein traumhaftes Ladengeschäft.

  • Ich hoffe man war bei den einzelnen beantragten Umbauten nicht zu nachgiebig. Wenn man es richtig anfasst und nicht gierig auf die letzten qm Verkaufsfläche schielt, erhält man ein traumhaftes Ladengeschäft.


    Leider muss ich dich hier enttäuschen. Die beantragten Umbauten unterscheiden sich kaum von 2006 und daher ist es aus "fachlicher Sicht eines informierten Laien" (also mir) unverständlich, dass sie jetzt genehmigt werden sollen.


    Von den Eingriffen, die 2006 noch "in der Summe" zur Ablehnung geführt haben, nämlich laut Ratsbeschluss 2006


    Großer Saal:
    - Entfernung der abgetreppten Bestuhlung im Parkett und aufdem Balkon
    - Erstellung eines ebenen Fußbodenniveaus in diesem Bereich
    - Einziehen einer Zwischenebene im jetzigen Bühnenhaus
    - Öffnen des Erdgeschossbodens und Einbau von zwei Rolltreppen im Kellergeschoss
    - Entfernung der Wände zwischen Zuschauerraum und den Zugängen
    - Entfernung der Saalrückwände und der geschwungenen seitlichen Wände in der Balkonzone


    Eingangsbereich
    - Entfernung der beiden seitlichen Treppenaufgänge zum Cafe und zu den Obergeschossen
    Foyer
    - Entfernung sämtlicher gestalteter Umfassungswände einschließlich der Zugangstüren vom Markt und zum Großen Saal
    - Entfernung des Kassenhäuschens
    - Entfernung der geschwungenen Treppenaufgänge zum Garderobenbereich
    - Entfernung von jeweils 2 der seitlichen Stützen


    sind immer noch fast alle geplant.


    Wie man zum Beispiel in der Umbau-Beschlussvorlage "NV2" behaupten kann "die Eingangssituation bliebe vollständig erhalten", ist mir ein Rätsel, da doch die seitlichen Treppen entfernt werden sollen und die 2006 noch vielgerühmte "Halböffentlichkeit des Eingangbereichs" durch eine bündige Schaufensterscheibe wegfallen wird. Vom einst schützenswerten Raumkonzept des Eingangs mit seiner Verteilfunktion bleibt nichts übrig. Aber der Fachmann behauptet jetzt "es wird erhalten", und in der SPD und Teilen der CDU sowie der Mainstreampresse schreibt einer vom anderen ab. Keiner kommt mal auf die Idee, die Expertise des Fachmanns zu überprüfen und auf Widersprüche zu vorherigen Aussagen abzuklopfen.


    Tut man das, so erkennt man in der NV2-Vorlage den Willen, denkmalrechtliche Argumente für einen Umbau zu finden, koste es was es wolle. Fakten sind da nicht mehr wichtig. Der Träger dieses Willens ist erkennbar nicht der Fachmann, von dem das Urteil angeblich stammt.

  • Enzo Molinari,


    ZET-101, mit dem Hinweis auf das aktuell eingerichtete, unsägliche Geschäft wollte ich vor allem verdeutlichen, dass man den Eigentümer gerade nicht durch die Hintertür zum Betrieb eines Kinos bzw. zum Verkauf zwingen kann.
    Ich glaube, Du überbewertest dieses Geschäft. Es ist eine Übergangslösung, die nach Beendigung der Hängepartie um das Metropol - ganz gleich, wie sie ausgeht - keinen Bestand haben wird. Sollte es tatsächlich zu einem Urteil in dem schwebenden Gerichtsverfahren kommen, und solte dies zuungusten der Eigentümer ausfallen, dann kommen die Eigentümer sehr wohl in Zugzwang. Denn es ist nicht Teil ihrer Kalkulation, ad Kalendas Graecas auf einem Bruchteil der Gesamtfläche einen Ramschladen betreiben zu lassen.


    Mir sind aber durchaus Ladengeschäfte (auch mehretagige) bekannt, die nicht über Rolltreppen verfügen. Man könnte dem Eigentümer daher schon abverlangen, dass er die vorhandenen Treppen nutzt und nur solche hinzufügt die z.B. aus Gründen des Brandschutzes notwendig sind.
    Gewiß. Meist beherbergen solche Ladengeschäfte jedoch keine Filialisten. Ich denke, es hat schon seinen Grund, daß bei diesen Bedingungen von den Interessenten letztendlich Thalia übriggeblieben ist. Und selbst Thalia wird bei einer denkmalgerechten Überarbeitung der Umbaupläne das Interesse verlieren.


    Zur Bonner Einzelhandels- und Wirtschaftspolitik wurde hier schon viel geschrieben. Letztendlich läuft auf diesem Bereich fast alles schief. Dieses Unvermögen der Stadtverwaltung nun gegen das Metropol auszuspielen, ist jedoch unredlich. Um zu kaschieren, daß die Bonner Wirtschaftsförderung, falls es so etwas überhaupt gibt, als Ganzes überall versagt hat, hängt man nun alles an diesem einen Fall des Metropols auf und setzt sogar die Untere Denkmalbehörde unter Druck.
    Jede "Bemühung" der Bonner Verwaltung um Einzelhandel im Metropol wird durch zig Verhinderungsmaßnahmen Gewerbetreibenden gegenüber zur gleichen Zeit konterkariert. Das Metropol-Interieur für eine unfähige Stadtführung zu opfern, ist letztendlich keine Zukunftsperspektive für neue Einzelhandelsflächen. Dafür hat Bonn nicht genug leerstehende Kinos.



    Bonn fehlt z.T. etwas kapitalistische Chuzpe.
    Wahrscheinlich deshalb mißlingt der Verwaltung auch gerade der Versuch, am Metropol krampfhaft das Gegenteil zu beweisen.

  • Zum Wertgutachten:
    Das Wertgutachten scheint mir realistisch zu sein. Denn wer zahlte mehr für eine Immobilie, in der nicht einmal die Stühle verrücken darf? :D


    Zum Gutachten über die Wirtschaftlichkeit eines Kulturbetriebes:
    Nachdem die Lokalpresse die städtische Schelte für dieses Gutachten unreflektiert übernommen hatte, hat sich der Gutachter selbst mit einem Leserbrief im Generalanzeiger zu Wort gemeldet.
    http://www.rettet-das-metropol…erbrief_rmc_gutachten.jpg

  • Der Streit um das Metropol scheint ja immer neue Dimensionen anzunehmen. Dabei stimme ich ZET-101 vollumfänglich zu: An diesem Exempel versucht die Verwaltung, die in so vielen anderen Fällen gewerbliche Initiativen unterbindet, auf einmal ihre Wirtschaftsfreundlichkeit unter Beweis zu stellen. In der Sache völlig richtig, aber am falschen Objekt exerziert.


    Mein Tipp: OB Dieckmann wird sich in diesem Streit (wie beim Bahnhofsvorplatz und beim Haus der Bildung) eine blutige Nase holen und sich anschließend beleidigt zurückziehen. Dabei muss hier die Stadt nicht einmal mit eigenen Mitteln einspringen - Asbeck möchte das Haus erwerben, Roncalli es wohl betreiben - die Stadt bliebe pekuniär außen vor.


    Gerade aufgrund der schwierigen Finanzlage wird die Stadt gezwungen, in Zukunft verstärkt mit privaten Investoren zusammenzuarbeiten. Beim Haus der Bildung könnte dies mit neuen Ladenflächen jenseits des Bottlerplatzes geschehen, das Viktoriabad lässt sich vermarkten, der Bahnhofsvorplatz wird ebenfalls von Privaten gebaut werden, etc...


    Die eigentliche Aufgabe einer Stadtverwaltung wäre es, Planungsrecht zu schaffen (durchaus auch vorausschauend, um nicht bei jedem Boom überrascht zu werden) - im Bebauungsplan können die Wünsche der Bürgerschaft einfließen, genauso wie die Abwägung, was ein Investor wohl als Auflage hinnehmen wird. Irgendwie scheint in Bonn jedoch stets ein Investor an die Stadt heranzutreten, diese stellt fest, dass kein Planungsrecht besteht, reagiert hektisch, und die Bürgerinitiativen beginnen (ihr gutgemeintes, manchmal jedoch allzu destruktives) Werk. Ergebnis bekannt.


    Beim Haus der Bildung und beim Bahnhofsvorplatz haben sich diese zum Wohl der Stadt durchgesetzt, beim Metropol wird es wohl ähnlich sein.
    Anders verhält es sich beim Godesberger Rathaus. Wenn hier eine stimmige Planung seitens des Finanziers voegelegt wird, der auch die Redoute für die Öffentlichkeit freihält, kann das Zentrum dort nur gewinnen. Und hier geht es für die Stadt wirklich um richtig Geld, schließlich lassen sich nicht unerhebliche Sanierungskosten einsparen.


    Das Metropol wird spätestens im Jahr 2009 als Kulturzentrum unter privater Leitung glanzvoll wiedereröffnen.

  • Neue Entwicklung: Vier Geschäftsleute wollen das Metropol für 3,125 Millionen Euro erwerben. Für diesen Betrag hatte das Duo Töpfer + Schneider das Metropol vor zwei Jahren ersteigert. Das Metropol soll nach dem Willen der Geschäftsleute weiterhin als Kino genutzt werden, ein Betreiber steht angeblich schon bereit. Weitere Details sind noch nicht bekannt.


    Unterdessen hat die Bezirksregierung Köln den Widerspruch der Metropol-Eigentümer gegen den Ablehnungsbescheid der Stadt Bonn vom 11. September 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Die Stadt Bonn hatte damals die Umbaupläne wegen der baulichen Eingriffe noch als nicht mit dem Denkmalschutz vereinbar abgelehnt.


    Quelle: http://www.general-anzeiger-bo…mid=10490&detailid=347711



    Sehr interessant. Ob das die Politiker nochmal zum Nachdenken bringt, die jetzt mehrheitlich (CDU und SPD) den Umbauplänen zustimmen wollen? Und was sagt die Stadtverwaltung, nach deren Auffassung Kultur im Metropol gänzlich unwirtschaftlich ist?

  • Bouvier will für 10 Jahre ins Metropol

    Nach Informationen des General-Anzeigers vom 25.8. haben die Eigentümer des Metropol am letzten Donnerstag einen Mietvertrag mit einem "Marktführer aus der Buchbranche" abgeschlossen, der eine Laufzeit von mindestens zehn Jahren vorsieht. Der Mieter wolle in "historischem Ambiente" ein "innovatives Buchkonzept mit einem integrierten Café" umsetzen. Für den Innenausbau soll ein Wettbewerb durchgeführt werden.
    Nach Informationen des GA handelt es sich bei dem Mieter um die Buchhandelskette Thalia, zu der seit einiger Zeit auch die Buchhandlung Bouvier in Bonn gehört. Danach will man in Zukunft in den bisherigen Geschäftsräumen einen Schwerpunkt auf Wissenschaftsliteratur setzen, die übrigen Bücher sollen dann schwerpunktmässig in den Räumen des Metropol verkauft werden.


    Abgedruckt ist auch eine Studie, die zeigt, wie eine solche Nutzung aussehen könnte:



    Bild: Interboden / General-Anzeiger Bonn


    http://www.general-anzeiger-bo…mid=10490&detailid=348586

  • ^ Nachtrag zu #71


    bei dem interessierten Kinobetreiber handelt es sich um den ehemaligen Metropol-Betreiber Helmut Brunotte, der heute im Köln-Bonner-Raum mehrere Multiplex-Kinos unterhält. Nach seinen Vorstellungen soll das Metropol mit einer Mischung aus Kino und Kultur geführt werden. Den von den jetzigen Eigentümern geplanten Umbau hält er aufgrund dessen Kollision mit dem Denkmalschutz für zum Scheitern verurteilt.


    Quelle: http://www.rundschau-online.de…tikel/1187348188297.shtml



    @ ponzi/ #72


    Abgedruckt ist auch eine Studie, die zeigt, wie eine solche Nutzung aussehen könnte


    hmm... die Rolltreppen hat man ganz geschickt weggelassen... ;)

  • Stellungnahme der Bezirksregierung Köln

    Man lese die umfangreiche Stellungnahme der Bezirksregierung Köln (Widerspruchsbescheid), welche das Widerspruchsverfahren abschließt - nun wäre der Weg zur Klage offen, das Vorverfahren gem § 68 VwGO ist für den Antragsteller erfolglos verlaufen.
    Ob man sich das nach dem Feuerwerk an Argumenten wohl trauen wird?
    Es dürfte selten einen so formulierten Bescheid einer Behörde gegeben haben...
    Die causa Metropol schreibt in jedem Fall Verwaltungsrechtsgeschichte. An den verschiedenen Konstellationen werden noch Generationen von Jurastudenten ihre Freude haben;)


    Eigentlich krass, dass die Widerspruchsbehörde in ihrer Entscheidung auch Äußerungen von Wikipedia zum Maßstab nimmt - danach sei es "das bundesweit einzige Lichtspieltheater in der Übergangsform von Theater, Variete und Lichtspieltheater, das noch erhalten ist" (S.17aE).
    Nun kann ich diese Äußerung nicht überprüfen, und es spricht einiges für ihren Wahrheitsgehalt (wobei die Redundanz des Ausdruckes schon auf eine Brockhaus-unähnliche Schriftleitung hinweist), aber sollte sich eine staatliche Stelle, die immerhin den gesetzmäßigen Gang des Verwaltungsverfahrens sichert, auf eine so leicht änderbare Quelle zurückgreifen?
    Auch wenn die anderen Gründe wohl ebenfalls ausreichen würden, den Widerspruch gegen die Versagung abzulehnen, sollte die Administration von allzu rheinischen Lösungen Abstand nehmen...


    So oder so lässt dieses Feuerwerk für die jetzigen Eigentümer nichts Gutes erahnen - umgekehrt sieht es für eine kulturelle Lösung wieder besser aus.

  • formschön,

    Irgendwie scheint in Bonn jedoch stets ein Investor an die Stadt heranzutreten, diese stellt fest, dass kein Planungsrecht besteht, reagiert hektisch, und die Bürgerinitiativen beginnen (ihr gutgemeintes, manchmal jedoch allzu destruktives) Werk. Ergebnis bekannt.

    besser kann man es nicht zusammenfassen. Gerade weil die Prognosen für Bonn so günstig sind, schmerzt es sehr, die Stadt von solch einer überforderten Verwaltung geführt zu sehen. Wenn sich hier im Bewußtsein nichts ändert, wird Bonn, so pathetisch es klingen mag, zu einer Stadt der verpaßten Chancen.


    rec,
    indem die Stadtverwaltung und die Fraktionen von CDU und SPD eine kulturelle Nutzung kategorisch als unwirtschaftlich einstufen, ergreifen sie schon lange Partei - ganz unabhängig von dem neuen, zusätzlichen Kaufangebot durch Brunotte. Asbeck, der bereits Kinos in Bonn führt und dessen Pläne nicht zuletzt deshalb kaum als unseriös zurückgewiesen werden können, stand ja bereits früher als Interessent fest. Und selbst im Falle von Roncalli hat die Stadt nicht einmal halbherzig nachgehakt, als die Verhandlungen scheiterten, noch bevor sie richtig begonnen hatten. Durch Unterlassen hat die Stadtführung bereits mehr versagt, als sie vor der Öffentlichkeit verantworten kann. Es wird kein Zufall sein, daß die Oberbürgermeisterin gerade nach den letzten Entwicklungen Wert darauf legt, niemals behauptet zu haben, eine Bühne im Metropol sei unwirtschaftlich:

    Sie [OB Bärbel Dieckmann] widersprach zudem der FDP, die zuvor erklärt hatte, die OB habe den Eindruck vermittelt, es gebe für das Metropol keine wirtschaftlich tragbare Nutzungsmöglichkeit als Kulturstätte. Die OB: "Richtig ist vielmehr, dass es keinen Investor gibt, der dazu ein tragfähiges Konzept vorgelegt hätte."

    http://www.general-anzeiger-bo…mid=10403&detailid=348586
    Eher verlegen als überzeugend wirkt dieser Rechtfertigungsversuch eines Stadtoberhauptes, das mit spitzfindigen Begründungen für die eigene Untätigkeit stärker beschäftigt ist als mit einer Vermittlung im "Fall Metropol".


    Übrigens ist in diesem Zusammenhang genauso interessant, ob die Lokalpresse "ihre" Meinung wieder einmal an die neue Situation anpassen wird. Mit Blick auf den unvermittelten Stimmungsumschwung in diesen beiden Kommentaren scheint nichts unmöglich:

    Das Argument "nicht wirtschaftlich" fällt jetzt weg, wenn es um die Zukunft des Metropols geht.

    http://www.general-anzeiger-bo…mid=10490&detailid=326659 (26.06.07)

    Natürlich wäre eine weitere Nutzung als Kino oder gar als Theater wünschenswert gewesen. Doch niemand - einschließlich Filmstiftung NRW - konnte seriös nachweisen, dass ein derartiges Konzept wirtschaftlich umsetzbar ist.

    http://www.general-anzeiger-bo…mid=10490&detailid=334842 (19.07.07)

  • ZET-101,
    sehr schön, wie Du den Stimmungsumschwung der lokalen Presse herausstellst - vielleicht sind die neuen Formen der bürgerschaftlichen Partizipation wie "rheinraum" ein wichtiges Fanal, um einer selbstbewussten, stark akademisch geprägten Bevölkerung eine Stimme zu verleihen. Dieses Organ hat zumindest immer konsequent argumentiert.
    Es ist jedoch zu hoffen, dass angesichts der finanziellen Lage der Stadt nicht ein heilloses finanzpolitisches "Wünsch-Dir-was" an den Start geht - dafür fehlen die pekuniären Voraussetzungen. Wenn intelligent geplant wird, soll privates Kapital eingesetzt werden, Möglichkeiten gibt es genug.
    Übrigens: Das Metropol würde die Stadt Bonn wohl keinen Cent kosten, sie müsste also nicht einmal finanzielle Einbußen befürchten, sollte sich die Bürgerschaft durchsetzen.
    Es sei denn,...man hat wirklich im Vorfeld der Zwangsversteigerung des Metropol dem späteren Eigentümer Versprechungen gemacht, die dem Denkmalschutz diametral entgegenlaufen. Dann aber sollte sich die Oberbürgermeisterin, die sich um die Stadt in manchem Feld sehr verdient gemacht hat, um ihren Ruf ernsthaft Sorgen machen. Es ist jetzt schon fast erschreckend, wie sich ehemalige Unterstützer abwenden. Liest man die entsprechenden Berichte, wird jedoch schnell klar, warum...


    (Zu Dieckmanns Verhalten im Ausschuss der FDP-Fraktionsvorsitzende, immerhin noch bis vor einem knappen Jahr mit der SPD und den Grünen unter Dieckmann Koalitionspartner) "Während sich CDU/SPD-Vertreter zwar wundern, aber sonst bedeckt halten, redet Hümmrich Klartext: "Wenn sie persönlich angegriffen wird, wird sie zur Furie", sagt er."
    Warum macht sich diese Dame, der die Stadt (wie ihren langjährigen Vorgängern Daniels) so manches zu verdanken hat, so ihren Ruf kaputt? Sehr seltsam, oder tritt nach einiger Zeit an der Spitze einfach eine Art Wagenburgmentalität ein? Oder war die Doppelbelastung als OB und SPD-Vize einfach zu groß? Fragen über Fragen.


    Dabei sind die Zukunftsperspektiven eigentlich glänzend.

  • Zu #74:


    Ich bin auch fast vom Stuhl gefallen, als ich den Hinweis auf Wikipedia gelesen habe. Letztendlich ist er bei aller Angreifbarkeit für die Argumentationsführung ohne Bedeutung, denn es war nicht Aufgabe der Bezirksregierung, die Denkmalwürdigkeit des Metropols neu zu begründen. Das ist bereits vor Jahren abschließend in Münster geschehen.


    Von größerer Bedeutung ist da schon die Feststellung, die Eigentümer hätten erst gar keinen Versuch unternommen, eine wirtschaftliche Kulturnutzung zu finden und, noch entlarvender, auch nichts getan, um eine fehlende Wirtschaftlichkeit bei den zuständigen Stellen überhaupt nachzuweisen.

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    Völlig zutreffend, deshalb auch meine Zweifel, ob man sich nach einer derartigen Klatsche noch einmal rantraut.
    Insgesamt ist das ganze Stück nicht nur juristisch, sondern auch (hobby-)psychologisch von großem Interesse.
    Der Eigentümer und auch die OB haben sich dermaßen in der Sache verrannt, dass es ohne Gesichtsverlust nur ganz, ganz schwer wird, da wieder rauszukommen.
    Würde die Oberbürgermeisterin ihre Fehleinschätzung eingestehen und sich für eine kulturelle Nutzung zumindest öffnen, wäre manche Häme zwar nicht zu vermeiden, andererseits aber auch ein mutiger Schritt menschlicher Größe in der Öffentlichkeit sichtbar. Herr Töpfer würde sie wohl nicht mehr gerne sehen wollen, aber vielleicht könnte ja eine lebenslange Eintrittskarte für ein Kulturzentrum Metropol überzeugen?
    Frau Dieckmann, übernehmen Sie! Die Stadt wird es Ihnen danken.

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    Es geht zwar etwas am Thema vorbei, aber was spricht eigentlich Weltbewegendes dagegen, einen Parkplatz in Duisdorf "Auf der Urdel" zu nennen? :D



    [Hümmrich:] "Die Stadt wird gut repräsentiert, aber nicht geführt", sagt er. Und findet: "Man hat manchmal den Eindruck, man sei bei Hofe."


    Da muß die Uni wohl aufpassen, daß ihr die alte Residenz nicht abspenstig gemacht wird. Sonst feiert Kurköln in Bonna bald sein großes Revival. :D

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    Gekrönte Häupter sind im Rheinland ja inzwischen eigenartigerweise "Prinzen" und haben teils eher wenig royale Vornamen... - da ist doch mindestens eine Kurfürstenstelle unbesetzt. Aber, hmmh, ob die alten Wittelsbacher wohl eine Frau in dieses Amt ließen...?
    Die Herrschaften haben Bavaria über 800 Jahre regiert, und Kurköln hat nicht schlecht gelebt mit den barocken Märchengöttern. Soll ich mal beim Chef des Hauses Wittelsbach vorsprechen, ob man noch ein Nießbrauchsrecht an der alten Bonner Residenz hat;)?
    Aber nur unter der Voraussetzung, dass die Umbauten für die neue Regentin unter Beachtung des Denkmalschutzes vonstatten gehen - eine Rolltreppe in den Senats- alias Thronsaal kommt nicht in die baurechtliche Wundertüte:cool: