Bauakademie - Rekonstruktion und Geschichte

  • Ich widerhole mich, aber ich glaube nicht, dass Schinkel heute seine Bauakademie genau so wieder aufbauen würde. Er wäre wahrscheinlich begeistert von den Möglichkeiten moderner Architektur und Technik, daher würde seine neue Bauakademie bestimmt anders aussehen als 1832.


    Mir selbst würde die äußerliche Rekonstruktion auch gefallen, aber das sollte kein Dogma sein. Es muss schon ein funktionierendes Gebäude entstehen, eine Kulisse weil es am Schinkelplatz steht und früher mal so aussah, brauchen wir nicht.

  • ... aber ich glaube nicht, dass Schinkel heute seine Bauakademie genau so wieder aufbauen würde. Er wäre wahrscheinlich begeistert von den Möglichkeiten moderner Architektur und Technik, daher würde seine neue Bauakademie bestimmt anders aussehen als 1832. ....

    ... aber darum geht es nicht.

    Jeder Architekt würde nach 200 Jahren sein Gebäude ' anders' bauen. Es geht doch darum was hier am stadt- und am stadtbildverträglichsten gebaut werden sollte.

    Und bei all den Reinfällen, was sich da alles in den letzten Jahren direkt neben der Friedrichswerderschen Kirche aufgetürmt hat, habe ich den Glauben daran verloren, dass irgendeine heutige und ich sage bewusst heutige und nicht 'moderne' Architektur auch nur ansatzweise das leisten kann was an diesem emblematischen Ort gefragt ist.

  • Camondo

    Ich denke nicht, dass es auf "moderne Architektur" hinausläuft, aber eben auch nicht auf eine 1:1 Rekonstruktion des Innen- und Außenbereiches.

    Es ist ja eine illustre Truppe von Fachleuten, die die Bundesstiftung berät, bzw. beteiligt ist und eben kein privater Bauträger.


    Ohne die jahrelangen Diskussionen, Wettbewerbe und Auseinandersetzungen vorwegnehmen zu wollen, wird es meiner Meinung nach auf so etwas wie beim Humboldtforum hinauslaufen: 3 original rekonstruierte Fassaden, eine "moderne" Seite (vielleicht der Eingang) und innovative Bautechniken bzw. Haustechnik.


    Aber warten wir ab. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis wir substanzielles wissen und noch länger, bis wir es sehen werden.

  • Baukörper ...der Wiederaufbau der Schlossfassade oder von Teilen der Frankfurter Altstadt nur macht Sinn, wenn man davon überzeugt ist, dass Städte historisch verankerte Orte der Identifikation brauchen. Eine Bauakademie oder einen Marienkirche gibt es in der Verbindung von Steinen und Geschichte nur 1x. Notwendigerweise kann das ein neues Gebäude nicht leisten - selbst wenn man davon ausgeht, dass ein modernes Gebäude an diesem Ort eine einzigartige ästhetische oder funktionale Qualität schafft - was nicht leicht wäre - bzw bezweifelt werden kann. Das Schinkelgebäude hat all das geschafft - eine eigenen ästhetische und funktionale Qualität - plus Historie/Identifikation. Wäre schon ein Geniestreich, wenn es gelänge, das auf "modern" zu wiederholen. Von so einem Geniestreich würde ich gerade in Berlin - mit seiner dysfunktionalen städtebaulichen Debattenkultur - eher nicht ausgehen. Dann schon lieber Historie - von der Berlin nie im Überfluss hatte - und schon gar nicht mehr seit dem 2WK/Abriss nach dem 2WK.

  • Es muss schon ein funktionierendes Gebäude entstehen...

    Bisher konnte noch niemand auch nur annährend plausibel erklären weshalb eine äußere Rekonstruktion einem "funktionierenden Gebäude" anders im Wege stehen sollte als ein modernes Gebäude.


    Mir selbst würde die äußerliche Rekonstruktion auch gefallen, aber das sollte kein Dogma sein. ...eine Kulisse weil es am Schinkelplatz steht und früher mal so aussah, brauchen wir nicht.

    Zu sich so wiedersprechenden Aussagen kann man nur kommen, wenn man den Wert der originalen Schinkelschen Bauakademie als solches, und somit auch den Wert einer Rekonstruktion im Bezug auf Architekturgeschichte nicht erkennen kann.


    Ich widerhole mich, aber ich glaube nicht, dass Schinkel heute seine Bauakademie genau so wieder aufbauen würde. Er wäre wahrscheinlich begeistert von den Möglichkeiten moderner Architektur und Technik, daher würde seine neue Bauakademie bestimmt anders aussehen als 1832.

    Da halte ich mal mit einer ebenso abenteuerlichen Theorie dagegen und würde glauben wollen, daß Schinkel bei einer "Nichtrekonstruktion" sein Werk so beschädigt fände, daß er schockiert vom Denkmalsockel kippen würde.

    Wie Camondo weiter oben schon schrieb... "...aber darum geht es nicht."


    Vielmehr sollte es darum gehen Baudenkmäler (erst recht wenn sie für die Architekturgeschichte so bedeutend sind wie dieses) als solche zu sehen und zu respektieren.

    Und noch eine Ergänzung... Auch eine Rekonstruktion kann ein Baudenkmal sein bzw. werden!



    Gruß, Jockel

  • Jockel, deinen Ausführungen würde voll zustimmen, wenn die Bauakademie noch vorhanden wäre.

    Da das leider nicht der Fall ist, muss das Gebäude voll und ganz den heutigen Ansprüchen, nicht nur seitens des Gesetzgebers, sondern auch des zukünftigen Nutzers, entsprechen.

    Da sehe ich halt ausführlichen Duskussionsbedarf, hinsichtlich der Vereinbarkeit der historischen BA mit modernen Gegebenheiten.

    Und: Ich glaube auch nicht, dass Schinkel, der ja hier vielfach als oberstes Argument für die Rekonstruktion genannt wird, diese befürworten würde.

    Wir machen uns bzw. unsere Zeit und unsere Möglichkeiten klein, wenn wir, weil es vielleicht schöner aussah, heute wieder so bauen wollen wie früher und das ist bestimmt nicht in Schinkels Sinne.


    Auch ich erwarte hier letztendlich eine hybride Lösung. Mein Tipp: zwei Seiten Fassadenrekonstruktion (Nord- und Westseite), die anderen beiden Seiten und das Dach modern gestaltet. Damit könnte ich leben.

  • Da das leider nicht der Fall ist, muss das Gebäude voll und ganz den heutigen Ansprüchen, nicht nur seitens des Gesetzgebers, sondern auch des zukünftigen Nutzers, entsprechen.

    Ansprüche gibt es nicht nur seitens des Gesetzgebers oder des Nutzers. An einem solch zentralen Ort der deutschen Hauptstadt hat auch die Öffentlichkeit einen Anspruch auf Repräsentativität und Eleganz. Und genau deswegen kommt nur eine Rekonstruktion in Frage.

  • ^

    Lass vielleicht mal "die Öffentlichkeit" (die Berliner ? / die Deutsche ??) und deren vermeintlichen "Anspruch" da raus.

    Die hatte und hat im Zweifel ganz andere Sorgen und Prioritäten als die Berliner Eliten-Blasen / - Bläschen, von denen auch das Projekt "Bauakademie" eine ist.

  • Mein Tipp: zwei Seiten Fassadenrekonstruktion (Nord- und Westseite), die anderen beiden Seiten und das Dach modern gestaltet.

    Das Ergebnis wäre, dass neben der rekonstruierten Nord- und Westseite zwei moderne Raster-Fasssaden entstehen würden, die genauso langweilig & uninspiriert aussehen würden wie die Stella-Ostfassade am Humboldt-Forum. Warum sollte ein solches Ergebnis erstrebenswert sein?

  • Baukörper:

    Für dich scheint es überhaupt keinen Unterschied zwischen Baudenkmälern und dem was vielleicht schöner ist bzw. Heute möglich wäre zu geben.

    Nur weil das Original nicht mehr vorhanden ist, bedeutet das nicht, daß die Rekonstruktion nicht den Status des Baudenkmals erneut erfüllen kann.

    Dafür gibt es zig Beispiele weltweit aber auch in Deutschland. (damit meine ich sogar ausschließlich Vollrekonstruktionen)


    Die entscheidende Frage beantwortest du nicht, nämlich welchen heutigen Ansprüchen eine Vollreko wie auch eine Fassadenreko nicht entsprechen könnten.


    Der Einbau von moderner Haustechnik in denkmalgeschützte Gebäude ist unter bestimmten Auflagen weitestgehend möglich, das gilt sogar für in heutiger Zeit errichtete Vollrekos und für Fassadenrekos sowieso.


    Ab hier muß ich mich leider auch wiederholen...

    Man muß sich meiner Ansicht nach schon entscheiden ob man eine Bauakademie haben will die viel Gestaltungspielraum hätte, oder eben die Schinkelsche Bauakademie mit sehr begrenztem bis keinem Gestaltungsspielraum.


    Für erstere Variante sollte man sich einen anderen Bauplatz suchen.

    Bei zweiterer Variante finde ich es äußerst anmaßend am Bau irgendwie interpretieren / zitieren zu wollen, oder gar abenteuerlich zu mutmaßen was Schinkel Heute wollen würde.


    Zu schreiben...

    "Mir selbst würde die äußerliche Rekonstruktion auch gefallen"

    ...und eigentlich zu meinen...

    "Mein Tipp: zwei Seiten Fassadenrekonstruktion (Nord- und Westseite), die anderen beiden Seiten und das Dach modern gestaltet. Damit könnte ich leben."

    ...erschwert ein nachvollziehen für mich persönlich schon, weil ich beides nicht in Einklang bringen kann.



    Gruß, Jockel

  • Lass vielleicht mal "die Öffentlichkeit" ... und deren vermeintlichen "Anspruch" da raus. Die hatte und hat im Zweifel ganz andere Sorgen und Prioritäten als die Berliner Eliten-Blasen ...

    Die "anderen Sorgen und Prioritäten", von denen du sprichst, werden ganz sicher nicht durch den Wiederaufbau der Bauakademie gelöst werden. Ich frage mich, welche Erwartungshaltung du an die Bauakademie hast?


    Soll auf der winzigen Baufläche der Bauakademie die Berliner Wohnungsnot gelindert werden? Oder sollen in der wiedererrichteten Bauakademie die Arbeitsplätze entstehen, die Berlin zukunftsfähig machen?

  • Jockel: Schinkel war Modernist, ihm posthum zu unterstellen, er wäre gegen eine moderne Lösung, bzw. gerade ihn als Argument für eine, am liebsten, Vollrekonstruktion heranzuziehen, ist eher anmaßend.


    Beim Einbau von moderner Haustechnik in bestehende Gebäude gibt es Bestandsschutz, der dann Kompromisse ermöglicht, die es bei Neubauten und das wäre eine neue BA ja, nicht gibt.


    Die Bauakademie wird so oder so ein moderner Neubau, ob mit Rekofassade oder nicht - Schinkel kann so oder so damit geehrt werden.

  • Jockel: Die Bauakademie wird so oder so ein moderner Neubau, ob mit Rekofassade oder nicht - Schinkel kann so oder so damit geehrt werden.

    Es ist immer das Gleiche. In Berlin werden ganze Stadtviertel mit modernen Neubauten errichtet. Berlin ist ganz überwiegend geprägt von modernen Neubauten. Und wenn im historischen Zentrum ein einziges Gebäude rekonstruiert werden soll, dann wollen das die Modernisten unbedingt verhindern.


    Das ist also der "faire" Kompromiss: Die Modernisten bekommen ganze Stadtviertel (Europaviertel) in ihrem modernen Stil, deren Errichtung die Traditionalisten nicht verhindern können. Und im Gegenzug will man den Traditionalisten nicht einmal eine einzelne Voll-Rekonstruktion einräumen.

  • ^Eine Rekonstruktion von Innenbereichen von Gebäuden, finde ich persönlich überzogen. Innen = Nutzung. Außen = Repräsentation. Die Moderne hat bewiesen das sie kaum kostengünstige repräsentative Fassaden leisten kann. Sie ist aber äußerst nutzenorientiert. Daher ist es aus meiner Sicht nur logisch, Innenbereiche modern zu gestalten. außenbereiche jedoch traditionell.

  • [Schinkel] posthum zu unterstellen, er wäre gegen eine moderne Lösung, bzw. gerade ihn als Argument für eine, am liebsten, Vollrekonstruktion heranzuziehen, ist eher anmaßend.


    Ob mit Rekofassade oder nicht - Schinkel kann so oder so damit geehrt werden.


    Die erste Aussage lässt sich so zwar nicht widerlegen, die umgekehrte Vereinnahmung des Verstorbenen ist doch aber ebenso absurd. Und da wir Schinkel nun einmal weder fragen noch gar einen möglichen state/edge of the art-Entwurf von ihm erhalten können, bleibt uns eben nur der Umgang mit seinem Vermächtnis. Die Kirche und das Denkmal stehen bereits vor Ort - dem Ort übrigens, der sogar seinen Namen trägt. Da sollte man mE schon möglichst nah am (programmatischen) Originalentwurf bleiben, ggf. mit Offenheit für dosierte (und dann bitte wirklich durchdachte und stimmige!) moderne Einsprengsel sowie gerne mit einem modernen Innenraum.


    Wie beim Humboldtforum, dem Reichstagsgebäude und so vielen weiteren Bauten ist mE ohnehin entscheidend, dass INNEN zeitgemäße/innovative Gedanken zum Tragen und Gestalten kommen. Die historische bzw. historisierende Hülle kann aber sehr wohl ein gewisses Bewusstsein für die Tradition vermitteln: Wer die Vergangenheit angemessen kennt und reflektiert, versteht umso besser die Gegenwart und kann das Überlieferte wie Bestehende im besten Falle optimal für die Zukunft weiter entwickeln oder auch bewahren.


    Dennoch: Wenn jetzt ein wirklich genialer Entwurf für eine Bauakademie 2.0 um die Ecke biegt, dann bin ich natürlich gerne offen dafür. Leider vermitteln viele der "modernen" Gebäude jedoch gefühlt fast überhaupt keinen Sinn für irgendeinen höheren Anspruch. Ob so ein Kasten jetzt automatisch eine bessere Botschaft an die Gesellschaft vermittelt oder hinter Rasterfassaden automatisch besser gedacht und gearbeitet wird? I doubt it. Ironischerweise ausgerechntet das Museum der Moderne ist zumindest für mich so ein abschreckendes Beispiel, wo man mal ein echtes Statement hätte setzen können/sollen/müssen - und es kläglich vergibt: Weder entsteht so mE eher ein Ensemble als zuvor noch wird zumindest die gestalterische Qualität der bestehenden Solitäre erreicht. Bitte nicht den gleichen Fehler am Schinkelplatz wiederholen, wo es Überbleibsel des Ensembles und einen hervorragenden historischen Referenzentwurf gibt.

    Einmal editiert, zuletzt von jan85 () aus folgendem Grund: Rechtschreibfehler

  • Ich möchte mich ja nicht in eurem Geplänkel einmischen, aber es gibt auch andere, moderne Wohn- und Bürobauten, die durchaus ihre Qualität haben. Warum also immer dieses EV zum Vergleich heranziehen?

  • ^

    Weil das EV der jüngste Beweis dafür ist, dass viele zeitgenössische Architekten es - leider - nicht drauf haben, ästhetische Architektur zu erschaffen.


    Die Bauakademie als Hybrid? Beim Humboldt-Forum kann man doch eindrucksvoll sehen, dass ein Hybrid nicht richtig funktioniert. Stichwort: Stella-Ostfassade. Der Hybrid beim Humboldtforum besteht darin, dass eine anpruchslose Rasterfassade auf der Ostseite das Nievau der drei rekonstruierten Fassaden nach unten zieht. Oder will jemand ernsthaft behaupten, dass die Stella-Ostfassade das gleiche Level besitzt wie die Barockfassaden?


    DerBe: Wie häufig will man den gleichen Fehler wiederholen, bis endlich ein Lerneffekt eintritt? Ein Hybrid, wie Baukörper ihn für die Baukademie fordert, wird letztendlich nur ein Reinfall werden.

  • Steile These. Ich glaube das nicht. Die meisten liefern was bestellt wurde. Aber egal, ich freue mich auf die Fortführung der Komödie: Wie würde Schinkel......

  • Die meisten liefern was bestellt wurde.

    Ich weiß nicht, ob wir beide von der gleichen Stadt reden? In der 4 Millionen-Metropole Berlin wurden in den letzten 30 Jahren mehrere Tausend moderne Neubauten errichtet. Im Gegensatz dazu gab es nicht eine einzige Vollrekonstruktion. (Humboldtforum und Alte Kommandantur sind keine Voll-Rekos)


    Mehrere tausend Male haben Architekten modern gebaut ...... und wo genau sind jetzt die großen Würfe moderner Architektur in Berlin? (Mal von der positiven Ausnahme des Glaskubus am Hbf abgesehen?)

  • In einem Meinungskampf gibt es kein richtig oder falsch, sondern letztlich nur die Notwendigkeit sich auf ein Verfahren der Entscheidungsfindung zu einigen.


    Ein sogenannter innovativer zeitgenössischer Neubau würde sicher mehr oder weniger aussehen wie die Heinrich-Böll-Stiftung. Es gibt haufenweise solche Bauwerke und Bauplätze um weitere davon in Berlin zu errichten aber nur einen für die Rekonstruktion der schinkelschen Bauakademie. Gleich gegenüber hat ThyssenKrupp die Pläne für einen innovativen Würfel fallen lassen. Auch an die Breite Straße könnte man ein paar solcher Würfel stellen, da ist massig Platz.


    Gönnen wir uns also mit der Rekonstruktion der Bauakademie eine wohltuende Ausnahme von der Regel des modernen Würfelhustens.