Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee

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    Das war ja im Westen nicht anders, das komplette Brunnenviertel wurde platt gemacht und durch das ersetzt, was wir heute da vorfinden.

    Man kann nur mit dem Kopf schütteln.

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    Mag wohl auch daran gelegen haben, dass das alte Brunnenviertel direkt an der Mauer lag. Und aus West-Berliner Sicht war so eine Lage ja quasi das Ende der Welt.
    Aber es stimmt schon, dass es wirklich zum Kopf schütteln ist, wenn man sich vor Augen führt, was für tolle Gebäude und Quartiere man in Ost und West damals platt gemacht hat. War halt der damalige Zeitgeist... leider.

  • Die südliche Seite der Allee hat jetzt ihre Abschlussschicht erhalten und wurde markiert. Das sieht sehr ordentlich aus muss ich sagen. Alles wirkt solide und gediegen auch der Mittelstreifen. Ein Beispiel, wie man es machen sollte.


    Noch vor dem Strausberger Platz wurden am Ende der Reihe neuer Laternen interessanterweise zwei wiederhergestellte Leuchter aufgestellt. Ich gehe davon aus, dass man solche dann wohl auch am Strausberger Platz selbst aufstellen wird, was zur Abrundung der Allee als Baudenkmal beitragen würde.





  • Es ist schon faszinierend, dass man tagsüber auf der größten Strasse Berlins fünf Fotos machen kann auf denen man mit Mühe gerade mal vier Menschen entdeckt. Selbst in südlichsten Patagonien sind mir mehr Menschen durchs Bild gelatscht.

  • ^ Nun, zumindest auf meinem Bild täuscht das etwas. Die das Bild dominierende Straße ist gesperrt, was naturgemäß zu einer gewissen Leere führt. Auf der Fußgängerfurt, auf dessen westlichen Rand ich das Foto gemacht habe, waren schon viele Menschen unterwegs. Links hinter den Arkaden war sogar gerade ein kleines Kunstevent mit Stehtischen und Sekt/Wein-Ausschank.

    Aber dennoch gebe ich zu, es waren dort tatsächlich keine Massen unterwegs. 😎

  • Es ist zwar schon eine Weile seit meinem letzten Besuch vor Ort vergangen, ich finde jedoch, die Straße vermittelt eine Menge Flair. Gerade weil sie so deutlich von der klassisch urbanen Vorstellung der westlichen Welt abweicht und der Tatsache zum Trotz, dass ich kommunistischen Städtebau sonst alles andere als attraktiv finde, geschweige denn die damaligen Abrissorgien.

    Stattdessen eine völlig irrationale Weite, architektonische Scheußlichkeiten, geometrische Strenge und in der Gesamtheit daher doch irgendwo mit einer gewissen, fast schon "dystopisch" anmutenden, Ästhetik. Erinnert mich ein wenig an Peking, nur, dass hierzulande weitaus öfter atmosphärische Sonnenuntergänge zu beobachten sein dürften.

    Es mag sich seltsam anhören, doch vor diesem Hintergrund passt der neue dunkle Asphalt in meinen Augen weniger gut ins das Gesamtbild, aber das Verblassen ist zum Glück nur eine Frage der Zeit.

  • Mich überrascht, wie man ein so positives Urteil zu dieser Strasse fällen kann. Die Strasse war ideologisch zweifelsohne gut gemeint. Sie sollte ja mal für's Arbeiterwohnen breiter und prächtiger werden als der Ku'damm der Kapitalisten es war. Die Armut der damaligen DDR hat jedoch dazu geführt, dass eine Vernetzung mit dem angrenzenden "Hinterland" städtebaulich nie gelang. Die Breite führt bis heute dazu, dass die Strasse eher eine trennende als verbindende Wirkung hat. Gewerbemieter, die auf eine hohe Lauffrequenz angewiesen sind, haben dort bis heute kaum Chancen. Zufallskundschaft durch Flaneure gibt es praktisch keine. Alles viel zu weitläufig. Aber auch Mietern, die eher Zielkäufer haben, fällt es nicht leicht, dort zu überleben. Aus meinem Umfeld kenne ich zB eine Reihe von Versuchen, dort von Vermietern quersubventionierte Gallerien zu etablieren. Auch damit ist niemand wirklich glücklich geworden.


    Eine Strasse in dieser Dimension würde mE vielleicht in einer Stadt wie Paris funktionieren - mit doppelter Bevölkerungszahl und - vor allem - doppelter Bevölkerungsdichte. Im dünn besiedelten Berlin ist sie ein trauriges Zeugnis städtebaulichen Grössenwahns des Sozialmus - leider nur wenige Jahre nach dem städtebaulichen Grössenwahn der Nazis. 8 Fahrspuren haben nie Sinn gemacht. Und das Ding war für damalige DDR-Verhältnisse irrwitzig teuer und Verschwendung knapper Resourcen, die dann anderswo im Land fehlten. Gut gelaufen ist die Sache nur für handverlesene und stramm linientreue DDR-Bürger, die dort bis heute hochsubventioniert wohnen.


    Mir kommt das ganze bis heute vor wie eine Puppenstube, eine Fassade mit recht wenig dahinter. Diese Sorte Prachtstrassen gibt es meines Erachtens übrigens in grosser Zahl und mindestens ebenso beindruckend in einer Reihe von Varianten quer durch Osteuropa. Von Moskau bis Minsk. Allerdings funktionieren sie dort städtebaulich teilweise wesentlich besser.

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    Mein Reden. Es ist ein wenig paradox. Dieselben Leute, die für eine "autofreie Innenstadt" eintreten, ihren Kiez-Kaffee im urbanen Kreuberg und Prenzlberg lieben und an Friedensdemos teilnehmen, machen sich für eine ultrabreite, unurbane Autoschneise mitten im Zentrum stark, die als Aufmarschstraße für Militärparaden konzipiert wurde.


    Das moderne Pendant zu der KMA gibt es ja in Frankfurt. Die Europaallee, spöttisch auch Stalinallee gennant.


    1920px-Frankfurt.Europa-Allee_Ost.20150709.jpg

    Bild@ free/wiki media


    Und siehe da, selbst mit nur fast halb so breiter Verkehrsader, ca. 30m hoher Blockrandbebauung und gelegentlichen Hochhäusern kommt dort kein Leben auf (nicht ein Fußgänger zu sehen), auch wenn ich berücksichtige, dass die Europaalle ein kleineres Einzugsgebiet hat (Leute die drum herum wohnen). Einen "grünen" Mittelstreifen hat sie übrigens auch, sogar gepflegte Grünflächen mit Bäumen. Man hat hier quasi alles besser gemacht, es bringt nur alles nichts.

    Wie du richtig bemerkt hast, braucht es ein enormes Einzugsgebiet, um solche Schneisen mit Leben zu füllen. Die KMA ist halt nicht die Sixth Avenue, die Europaallee nicht der Champs Elysees. Das der Geltungsdrang des DDR-Regimes dazu geführt hat, dass man glaubte, hier eine der großen Prachtstraßen der Welt aus den Trümmern Berlins zusammenschustern zu können, ist eine Sache. Das man so viele Jahre später im kleinen Frankfurt ähnliche Wahnvorstellungen hatte, eine andere. Dass man aber diese Art "Dinosaurier-Stadtplanung" zementieren und die KMA in Gänze unter Denkmalschutz stellen möchte, ist ein retrospektiver Eskapismus, der mit den Erfordernissen des Städtebaus im Jahr 2020 und folgend nicht mehr kompatibel ist und der Berlin teuer zu stehen kommt. Statt städtebauliche Innovation, expressive Architektur, Fin-Tech, Startups, Handel, Büro- oder Wohnraum zu entwickeln und anzuregen, geht von der KMA seit Jahren eine quasi 0-Dynamik aus. Statt mit dem Rest Berlins zu wachsen, hängt sie wie ein abgestorbener Arm schlaff herunter am Körper Berlins.

    7 Mal editiert, zuletzt von Berlinier ()

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    "...... Dieselben Leute, die für eine "autofreie Innenstadt" eintreten, ihren Kiez-Kaffee im urbanen Kreuberg und Prenzlberg lieben und an Friedensdemos teilnehmen, machen sich für eine ultrabreite, unurbane Autoschneise mitten im Zentrum stark, die als Aufmarschstraße für Militärparaden konzipiert wurde."


    Sind es wirklich die selben Leute oder ist es einfach nur dummes Berlinierisches Geschwafel? Das ist eine rein rethorische Frage.

  • Zumindest in Frankfurt stimmt, was Berlinier sagt. Es waren die Grünen, welche eine breite Frischluftschneise in die Stadt wollten. Ursprünglich sollte die Europaallee noch deutlich breiter werden.


    Ergängend: auch die offene Bauweise in Riegel und Klotzform hilft nicht bei der Belebung. Auch dies ist in Paris und New York anders.


    Der Vergleich zu ausländischen Prachtstraßen hinkt allerdings an anderer Stelle. Denn sowohl in Berlin als auch in Frankfurt sind die vorstehenden Straßen nicht das Zentrum der Stadt. In Berlin ist der Vergleich eher zum Kurfürstendamm oder zu Unter den Linden zu ziehen. Dort gibt es (nach Abschluss des Umbaus) auch viele Menschen.

  • Mich stören eher die Adjektive und die vermeintlich passende Beschreibung derer, die der KMA etwas abgewinnen können.

    Im Umkehrschluss müsste es nach Berliniers Lesart dann heißen, dass alle die die KMA ablehnen kriegslüsterne, billig Bockwurst essende AfD- Wähler sind.

    Mia San Mia gehört wohl nicht dazu.

  • Wie du richtig bemerkt hast, braucht es ein enormes Einzugsgebiet, um solche Schneisen mit Leben zu füllen. Die KMA ist halt nicht die Sixth Avenue, die Europaallee nicht der Champs Elysees.

    Es braucht vor allem Läden und Gewerbe im EG - die kann man in der Europaallee (zumindest auf deinem Foto, ich bin kein Frankfurt Experte), jedenfalls nicht erkennen. Wenn das kein Mischgebiet ist, sondern ein reines Büro/Wohn Ghetto, muss man sich nicht wundern, wenn kein urbanes Leben aufkommt...

  • ^^^^^^ Berliniers Bild der Europaallee in FFM erinnert mich eher an die Heidestraße in der Europacity oder (aufgrund der anderen Dimensionen nur eingeschränkt) an die Rudower Chaussee in der WISTA als an die KMA.


    Die KMA weist östlich des Strausberger Platzes eine einheitliche, historisierend-repräsentative Bebauung auf und westlich des Strausberger Platzes eine aufgelockerte, zurückgesetzte Bebauung mit Einzelriegeln. Da sehe ich wenig Gemeinsamkeiten mit der Europaallee - es sei denn, man empfindet jede (über)breite und gerade Straße als ähnlich.

  • Was hier indirekt für merkwürdige Forderungen abzuleiten sind.


    Die KMA ist Teil der Bundesstraße 1 Und wie die Bsmarckstr/ Kaiserdamm einer der beiden großen Berliner Boulevards und ist östlich des Strausbergerpkatzes sehr beliebt mit dem nördlichen Grünstreifen, den die Bismarkstrasse halt nicht hat. Die Bebauung ist entsprechend höher.

    Zum Teil kommen hier wirklich Leute zu Wort, die Berlin am liebsten ganz abreißen würden, weil ihnen alles nicht genehm ist.


    Natürlich drückt sich in der ehemaligen Stalinallee ein totalitärer Machtanspruch aus, aber davon muss man doch heute abstrahieren und darf den Denkmalschutz nicht in Frage stellen. An der Allee ist nur zu bemängeln, dass die große Halle nicht mehr steht und dort eine unbefriedigende Situation herrscht, was aber auch nicht zu ändern ist.


    Den Anschluss ans Hinterland herzustellen, durch konsequente Verdichtung gerade am Ostbahnhof, wäre die städtebauliche Aufgabe von Heute.


    Die Europallee in FFM ist hingegen ein sinnloser, missglückter Stummel.

  • Hallo zusammen,


    ich bin gerade auf diese Baunetz-Meldung gestoßen. Offensichtlich ist geplant an der Karl-Marx-Allee fünf weitere Pavillons zu errichten. Dann wären es dort elf Pavillons. Architekten sind Kawahara Krause, mghs mit Mühletahler und AFF. Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa in Zusammenarbeit mit der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte WBM wird zwei Pavillons bauen. Mieter gibt es auch schon: das Museum der Dinge und die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst nGBK.

    Mit dem Bau soll zeitnah begonnen werden. Die Entwürfe kann man sich ab dem 6.10. im Kino International ansehen.

  • Städtebaulich und stadt-ökologisch wäre es viel sinnvoller gewesen, einen so zentralen Ort mit Punkthochhäusern nachzuverdichten. Schade um die vertane Chance. Aber nachdem der Kapitalismus sein Schloss etwas abgewandelt nachbauen durfte, darf jetzt halt der Sozialismus seine DDR-Moderne etwas abgewandelt bauen. Wäre ja auch noch schöner, wenn nicht jeder mal seine Clientèle bedienen dürfte.

  • ^^ Ich war heute in der Ausstellung. Hier einige Eindrücke:


    Von den bestehenden Pavillons gegenüber dem Ort der Ausstellung (Kino International):


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    Von der Ausstellung der geplanten Pavillons:


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    Von der neu hergerichteten Karl-Marx-Allee:


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    Alle Bilder von heute & von mir.

  • Das mag ja alles ganz schön auf Bildern aussehen, aber ich bin doch sehr skeptisch, dass sich die Frequentierung großartig ändert. Für mich ist das wirklich ein auf ganzer Linie gescheiterter Städtebau, imposant und beeindruckend, - rein repräsentativ für die Galerie gebaut - aber letztendlich völlig lebensfremd. Seit 20 Jahren versucht man mit allen Mitteln in diese Ecke Leben zu bringen, aber ein Kino International und eine Mokka Milch Eisbar können es auch nicht richten. Ebenso wenig die Pavillons, die jetzt in einem weiteren verzweifelten Versuch entstehen, Leben in die Bude zu bringen.


    Wer braucht diese zig Meter breiten Rasenstreifen, noch breitere Bürgersteige ohne Bürger und nochmals nen Steifen mit Baum und Busch und in der Mitte noch einer. Man will das Heiligtum auf keinen Fall antasten, also doktert man herum, was es geht. Hinzu kommt, dass anders als ab Straussberger Platz die Architektur - abgesehen von der strahlenden Ausnahme Kino International und mit Einschränkungen dem Cafe Moskau - einfach nur irrelevant ist und durch zusätzliche Bebauung nicht beeinträchtigt werden kann, sondern man eher froh wäre, dass diese weniger wahrgenommen würde.


    Ich könnte mir eine Bebauung in Traufhöhe bis kurz vorm Strausberger Platz an Stelle des Mittelstreifens vorstellen um die ganze erstarrte postsozialistische Ödnis zu verdichten und neue Akzente setzen. Büros, Geschäfte usw wären dann auch eine sinnvolle Fortführung des Alexanderplatzes 2.0

  • Thesaurus. ich gebe dir in vielem Recht. In die Mitte dieser Achse gehört für mich allerdings nichts gebaut. Das wäre ein eigenartiger Bruch in dieser Ausfallstraße, der nur verwirren würde. Doch anstelle von noch mehr kaum genutzten Pavillons, die durch ihre geringe Höhe diesen Raum überhaupt nicht zu definieren vermögen, hätte man die architektonische Fassung dieses Raumes zumindest punktuell durch höhere Körper verstärken können.


    Zudem: Wir alle liebe Bäume. Doch durch deren Höhe erleben wir hier die Plattenbauten am äußeren Rand dieser Schneise gar nicht mehr als eigentliche architektonische Fassung der Straße. Hier ist Stadt abgesehen von den Fahrbahnen der Straße wirklich kaum noch zu lesen, weil man gar nicht klar zu sagen vermag, von was hier der städtische Raum begrenzt wird. Alles wabert von einem zum nächsten und das einzige, was klaren Halt gibt, ist ausgerechnet die straighte Fahrbahn.