Das ist ja ein häufig bekanntes Problem, dass in der Nachkriegszeit insbesondere in der SBZ, noch lange minderwertiges Baumaterial verbaut werden musste. Glaubt man diesem Spiegelartikel aus dem Jahre 1955, war man in den Häusern nicht nur der permanenten Gesinnungskontrolle durch die Partei ausgesetzt, sondern auch von erheblichen Baumängeln betroffen, die bei vielen den Wunsch nach Auszug wachsen ließen.
Zumal für den Bau der Allee aufgrund der aufwendigen Gestaltung die Kosten geradezu explodiert sind. In Zeiten allgemeiner Wohnungsnot schwer vermittelbar. Da kam der architektonische Umschwung aus Moskau laut Spiegel Mitte der 1950er eigentlich recht gelegen.

Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee
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Ich kenne jemand der dort seit wenigen Jahren eine Wohnung bewohnt und der berichtet davon dass, je nachdem wo man gerade ein Loch in die Wand bohrt, sehr verschiedenartig gefärbter Steinstaub herausrieselt bzw. der Bohrer mal viel mal kaum Widerstand hat...
Das oben beschriebene Problem hast du in jedem Altbau, je nachdem in welche Wand man bohrt:
-trangende Wand aus Ziegelmauer - eher rötlicher Staub wenn im Ziegel gebohrt wird
-Fuge zwischen den Ziegeln, geringer Widerstand - eher heller sandfarbener Staub
-Rabitzwand - eher schwarzer Staub usw. usf. -
Das oben beschriebene Problem hast du in jedem Altbau, je nachdem in welche Wand man bohrt:
Ganz genau, man wenn man sich damit etwas beschäftigt ist man über soetwas nicht erstaunt sondern erkennt dadurch schnell, welches das geeignete Mittel zum weiterarbeiten ist. Daraus einen zwangsläufigen Mangel abzuleiten geht mir da zu weit.
Heute werden in Neubauten ebenfalls entweder gegossene Betonwände zu finden sein (Bohrhammer nötig, Pech wenn man auf Armierungsstahl trifft), daneben wahrscheinlich eine aus großformatigen KalkSandsteinen gemauerte Wand (weisses Mehl, weich) oder eine Poroton-Ziegelwand (rotes Mehl, etwas härter) oder man hat den Hauptgewinn, eine Gipskartonwand.
Besonders abenteuerlich wird es, wenn man in einem huschiwuschi sanierten Altbau arbeitet, in dem Originalputz entfernt und aus Zeitgründen nicht neu verputzt, sondern die Gipskartonplatten direkt auf das Mauerwerk geklebt wurden.
Aus dieser Sichtweise ist die gute alte DDR-Platte das hochwertigste, jede Wand und alle Decke aus Beton.
Aber das nur am Rande....
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Besonders abenteuerlich wird es, wenn man in einem huschiwuschi sanierten Altbau arbeitet, in dem Originalputz entfernt und aus Zeitgründen nicht neu verputzt, sondern die Gipskartonplatten direkt auf das Mauerwerk geklebt wurden.Ich habe 10 Jahre in dem Komplex der Alten Lokfabrik in der Chausseestraße gewohnt - da wurde bei der Sanierung gepfuscht wo nur möglich. Sehr gutes und dickes Parkett auf Dielen gelegt das dann aber im Bereich der Fensterstürze brach. Fette Schattenfugen auf der Kipskartonwand. Neue Wände teilweise ebenfalls auf Dielen gestellt, Türrahmen dadurch natürlich über die Zeit verzogen. Der Gipskarton war offensichtlich auf einer Lattung angeschraubt, dahinter war es erstmal hohl ohne jede Dämmung. Als Resultat gab es einen wunderbaren Luftstrom hinter dem Rigips, der sich unter den "in der Luft schwebenden" Zierleisten des inzwischen gesenktem Parkett austobte - als ich Malerfolie über dem Parkett abklebte hob die sich in grossflächigen Blasen ordentlich empor - da braucht man dann auch keine Wärmebildkamera mehr
wunderschön in diesem Film zu sehen: http://www.hessburg.com/zug.mov
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Am 15. April fand die diesjährige Jahrespressekonferenz des Deutschen Nationalkomitees von Icomos statt. Bisher fand die Veranstaltung auf der Museumsinsel statt, in diesem Jahr wurde allerdings die Galerie "Captain Petzel" an der Karl-Marx-Allee ausgewählt. Mit dieser Ortswahl sollte auf die Bewerbung des Hansaviertels und der Karl-Marx-Allee für das UNESCO-Welterbe eingestimmt werden. Während der Veranstaltung wurde dann auch der Welterbeantrag vorgestellt.
Jörg Haspel, der sowohl Berlins Landeskonservator als auch Präsident von Icomos Deutschland ist, äußerte sich während der Veranstaltung optimistisch bezüglich der Chancen des Antrages. Haspel verwies darauf, dass heute europäische Nominierungen nur dann eine Chance hätten, wenn sie Bereiche repräsentieren würden, die bisher kaum in der UNESCO-Welterbeliste vertreten sind. Das Hansaviertel / Karl-Marx-Allee würde diese Bedingungen erfüllen, da die Nachkriegsmoderne bisher klar unterrepräsentiert wäre. Mit einer ersten Vorentscheidung der Kultusministerkonferenz könnte Mitte des Jahres gerechnet werden.
Hier gibt es die Pressemitteilung von Icomos:
http://www.icomos.de/01scripts/01files/f3400075d20add2.pdf
Hier gibt es einen Artikel aus dem Tagesspiegel:
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Im Tagesspiegel gibts dazu auch ne Umfrage, die Mehrheit findet das nicht schutzwürdig. Mir fehlen immer die Hinweise um welchen Teil der KMA es gehen soll? Den Teil in Mitte (potthässlich und viel zu viel Abstand zwischen die Häusern) oder den Friedichshainer Teil der "Stalinallee" mit dem Zuckerbäckerbauten? Letzte ist doch m.W, schon Kulturerbe!
In dem zentralen Teil der Stadt ist die Stadt durch so eine Plattenbausiedlung tot. Wenn Sie schon sowas so schützen wollen, warum machen Sie es nicht mit der Allee der Kosmonauten in Marzahn? Aber doch nicht in Mitte diese potthässliche und agoraphobische Architikektur, wo durch die Weitläufigkeit auch die Entfernung verzerrt wahrgenommen wird! Der Straussberger Platz erscheint am Alex fast wie nebenan obwohl der ganze 2 U-Bahnhöfe weiter ist! -
Mir fehlen immer die Hinweise um welchen Teil der KMA es gehen soll? Den Teil in Mitte (potthässlich und viel zu viel Abstand zwischen die Häusern) oder den Friedichshainer Teil der "Stalinallee" mit dem Zuckerbäckerbauten? Letzte ist doch m.W, schon Kulturerbe!
Es geht um den Plattenbauteil... die Zuckerbaeckerbauten stehen mehrheitlich nicht in der KMA, sondern in der Frankfurter Allee.
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Welterbe?
^ Geht es um genau jene Bauten, über die bereits hier diskutiert wurde, wo schon der Status als einfaches Denkmal bestenfalls umstritten ist? Wie wir belehrt wurden, es ist der Typ QP (nicht WBS 70) - dennoch muss es Tausende der Sorte geben. So stimmt die Behauptung im verlinkten Artikel nicht, Ähnliches gäbe es sonst nirgends in Europa - davon sind alle Städte Osteuropas voll. Falls man die Nachkriegsmoderne für unterrepräsentiert hält (ich tue es nicht), sollten es wenigstens wirklich einmalige Entwürfe sein und nicht irgend so ein Plattenbautyp von der Stange.
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@formatted
War das jetzt Sarkasmus? Die Zuckerbäckerei beginnt am Strausberger Platz und das meiste Zuckergebäck steht somit an der KMA. Nur 3,5 Bauten stehen an FA.Soll man doch einfach die Ganze KMA nehmen und die beiden an der FA. Auch wenn die Platten im Westteil nichts schützenswertes sind, so stehe dort immerhin das Café Moskau und das International. Man wirds verkraften. Abgerissen würde da doch sowieso nichts...
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Bezüglich der Gebiete, die als UNESCO-Welterbe vorgeschlagen werden, will ich noch einmal auf den Welterbeantrag verweisen, der im Netz zu finden ist.
http://netzwerk-baukultur.de/b…n-KMA-IBA1957-subm-dt.pdf
Da es von einigen Nutzern Fragen zur bauhistorischen Bedeutung des Wohngebietes Karl-Marx-Allee 2. Bauabschnitt gegeben hat, will ich dieses Wohngebiet etwas näher vorstellen.
Zunächst etwas Text: Der Wohnkomplex wurde zwischen 1959 und 1971 errichtet. Für die städtebauliche Planung war Werner Dutschke verantwortlich, die Architektur entwarf Josef Kaiser. Das Konzept für den Wohnkomplex entstand vor dem Hintergrund der Konkurrenz zwischen Ost- und Westberlin. In Westberlin wurde ja zur Interbau 1957 das Hansaviertel errichtet, das auch die Ostberliner Bevölkerung beeindruckt hatte, damals waren die Grenzen ja noch offen. Daher suchten der Ostberliner Magistrat und die Regierung der DDR nach Wegen, um das Hansaviertel zu übertreffen. Die Antwort war der Wohnkomplex Karl-Marx-Allee 2. Bauabschnitt. Mit diesem Wohngebiet sollten die Ideen der Moderne in idealtypischer Form verwirklicht werden und neue Maßstäbe in puncto Wohnqualität und Modernität gesetzt werden.
Ein wichtiges Merkmal des Entwurfes war seine funktionale Vielfalt. In dem neuen Wohngebiet sollten nicht nur Wohnungen, sondern auch alle Wohnfolgeeinrichtungen nach einem ganzheitlichen Konzept errichtet werden. Deshalb wurde für dieses Gebiet auch der Begriff "Wohnkomplex" verwendet. Daher entstanden hier rund 5500 Wohnungen, zwei Schulen, fünf Kindertagesstätten, ein Ärztehaus und zwei Nahversorgungszentren. Das südliche Nahversorgungszentrum an der Schillingstraße umfasste eine Kaufhalle, die Gaststätte "Pünktchen", eine Post, eine Apotheke, Geschäfte für Obst und Gemüse sowie Wirtschaftswaren. Das nördliche Nahversorgungszentrum an der Berolinastraße umfasste wiederum eine Kaufhalle, einen Dienstleistungskomplex, die Gaststätte "Sternchen", einen Friseur und ein Fischgeschäft. Diese Einrichtungen sollten den Bewohnern kurze Wege zu den alltäglichen Erledigungen sichern.
Zudem wurde der Wohnkomplex aufgrund seiner innerstädtischen Lage mit Einrichtungen von gesamtstädtischer Bedeutung ausgestattet. Zu diesen zählten das Cafe´ "Moskau", das Hotel "Berolina", das Kino "International", die "Milch-Mokka-Eis-Bar", der Kunstgewerbeladen "Kunst im Heim", der Modesalon "Madeleine", der Blumenladen "Interflor", das Schuhhaus "Zentrum" und der Kosmetiksalon "Babette". Diese Einrichtungen wurden entlang der Karl-Marx-Allee angeordnet. Auf die Einordnung weiterer Arbeitstätten wurde dagegen verzichtet, da in unmittelbarer Nähe, etwa am Alexanderplatz, zahlreiche Arbeitsplätze vorhanden waren.
In städtebaulicher Hinsicht wurde das Wohngebiet im bewussten Kontrast zur Stadt der Gründerzeit gestaltet. Diese Konzeption hängt damit zusammen, dass die damaligen Architekten sehr stark durch das Wohnungselend in den Gründerzeitquartieren geprägt waren. Damals waren gerade die proletarischen Gründerzeitviertel durch enorme Missstände geprägt. Typisch waren Probleme wie eine extrem dichte Bebauung mit zahlreichen Hinterhäusern, eine schlechte Belichtung und Belüftung der Wohnungen, die die Ausbreitung der Tuberkulose förderten, ein Mangel an Grün- und Spielplätzen. Dennoch waren die Wohnungen damals verhältnismäßig teuer, so dass oft ganze Familien in kleinen Einraumwohnungen hausen mussten. Angesichts dieser Probleme waren Architekten im Osten wie im Westen der Überzeugung, dass eine radikale Abkehr von der Gründerzeitstadt unumgänglich wäre.
Diese Abkehr wird auch im Wohnkomplex Karl-Marx-Allee 2. Bauabschnitt inszeniert. Statt der überkommenen Blockrandstrukturen entstanden hier lockere Arrangements aus freistehenden Wohnscheiben, Wohnblöcken, Punkthochhäusern und Flachbauten. Großzügige Gebäudeabstände sorgen dafür, dass alle Wohnungen sehr hell sind. Die Einwohnerdichte wurde gegenüber der Vorkriegsbebauung von 1200 auf 400 Einwohner pro Hektar reduziert. Zwischen den Wohnblöcken wurden großzügige Grün- und Freiflächen angelegt, die gerade Kindern attraktive Spielmöglichkeiten bieten sollten. Diese Gestaltung sollte dem Wohngebiet eine helle, luftige Ausstrahlung verleihen und die Forderung nach "Licht, Luft, Sonne" realisieren.
Gegliedert wird das Gebiet durch zwei städtebauliche Achsen: Eine Achse bildet die in Ost-West-Richtung verlaufende Karl-Marx-Allee, diese wird ergänzt durch einen in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Fußgängerbereich im Zuge der Schillingstraße. Diese Achse führt vom S-Bahnhof Jannowitzbrücke über das Nahversorgungszentrum Süd, den U-Bahnhof Schillingstraße zum Nahversorgungszentrum Nord.
Bei der architektonischen Gestaltung des Gebietes wurde versucht, die angestrebte helle und luftige Atmosphäre zu unterstreichen. Deshalb entstanden Wohnhäuser mit hellen Keramikfassaden und filigranen Balkonen. Dazwischen entstanden luftige Pavillonsbauten, die mit ihren großen Glasfronten ein Stück Leichtigkeit und Eleganz in das Viertel bringen sollten. Auch die Tatsache, dass gleichartige Typenbauten errichtet wurden, hatte nicht nur bautechnologische Gründe. Vielmehr ging es auch darum, dem als chaotisch empfundenen Stadtbild der Gründerzeitviertel eine einheitliche Gestaltung entgegenzusetzen.
Eine weiteres Merkmal des Wohngebietes war die umfassende Anwendung industrieller Bauverfahren. Auch die Forderung nach einer Industrialisierung des Bauens gehört zu den zentralen Ideen der Moderne, beispielsweise hatte Walter Gropius schon 1911 ein Konzept für eine Häuserfabrik erarbeitet.
Das Wohngebiet war in zweierlei Hinsicht bahnbrechend in Sachen industrielles Bauen: Einerseits handelt es sich bei ihm um den ersten Wohnkomplex, der in der Plattenbauweise errichtet worden. Andererseits wurden hier ab 1961 zum ersten Mal acht- und zehngeschossige Plattenbauten erbaut. Der erste Wohnblock der neu entwickelten Serie QP wurde am 20.9.1961 an der Karl-Marx-Allee 47-51 fertiggestellt. Mit dieser Leistung war die DDR damals auch im internationalen Vergleich führend. Allerdings mussten für diesen Erfolg Kräne aus Westdeutschland importiert werden, da weder die DDR noch andere Ostblockländer damals über entsprechende Kräne verfügten.
Und schließlich sollte das Wohngebiet auch in sozialer Hinsicht vorbildlich sein. Daher wurden die Mieten so bemessen, dass die Wohnungen für alle Bevölkerungsschichten bezahlbar waren. Und tatsächlich gab es in dem Wohngebiet eine sehr gute soziale Mischung: Professoren und Pförtner, Chefärzte und Krankenschwestern, Betriebsdirektoren und Sekretärinnen wohnten oft im gleichen Haus.
Alles in allem kann das Wohngebiet Karl-Marx-Allee 2. Bauabschnitt als eine Ikone des modernen Städtebaues und der modernen Architektur betrachtet werden. Hier kann man besonders gut ablesen, welche Ideen die Moderne verfolgt hat. Daher ist es auf jeden Fall welterbewürdig.
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Nach der langen Vorrede will ich ein paar konkrete Aspekte des Wohngebietes detaillierter darstellen.
Ich beginne mit der Karl-Marx-Allee. Die Gestaltung dieses Stadtraumes beruht auf dem Kontrast zwischen Hochbauten und Flachbauten. Ein Beispiel ist der Kontrast zwischen den Wohnscheiben an der Karl-Marx-Allee und den Pavillonbauten. Hier sieht man die Wohnscheibe Karl-Marx-Allee 37-43 und den Pavillon Karl-Marx-Allee 45 (ehemals "Kunst im Heim", heute Galerie "Captain Petzel", dort fand auch die Pressekonferenz statt.) Man kann gut erkennen, dass beide Gebäude zusammengehören.
Die Kontraste werden aber nicht nur durch die unterschiedliche Höhe gebildet, sondern auch durch den Gegensatz zwischen den kräftigeren Farben der Pavillons zund den dezenten Farbtönen der Wohnscheiben.Ähnliche Gestaltungsprinzipien finden sich auch in der "Milch-Mokka-Eis-Bar" Karl-Marx-Allee 35.
Das ist der Pavillon Modesalon "Madeleine" / Blumenhaus "Interflor" Karl-Marx-Allee 32 mit der kontrastierenden Wohnscheibe Karl-Marx-Allee 24-30:
Besonders eindrucksvoll wurde der Kontrast zwischen dem Hochbau des Rathauses Mitte (früher Hotel "Berolina") und dem flacheren Kino "International" inszeniert. Hier wurde das Wechselspiel der Farben allerdings umgekehrt: Das Hochhaus erhielt eine kräftige blaue Fassade, während das Kino mit einer weißen Fassade versehen wurde.
Alle Fotos: Klarenbach -
überflüssige Diskussion
Ich glaube die Diskussion ist recht überflüssig. Berlin hat schon drei Welterbestätten (Museumsinsel, Schlösser und Wohnsiedlungen der Moderne). Gegenüber Gesamtdeutschland schon deutlich überrepräsentiert. Da sich Deutschland jedes Jahr nur mit einem Vorschlag bewerben kann, wird es wohl Jahre wenn nicht Jahrzehnte dauern bis Berlin nach den anderen Bundesländern wieder einmal am Zug wäre Kandidat zu werden. Alleine um auf die aktualisierte nationale Vorschlagsliste (Tentativliste) zu kommen würde es wohl lange dauern. Diese wird nach meiner Info 2015 aktualisiert. Hier mussten die Vorschläge aber schon 2012 eingereicht werden. Ist einer vielleicht vom Fach und kann hier ein paar Infos zu geben, wie realistisch das Unterfangen überhaupt wäre?
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Jetzt will ich ein paar architektonische Details vorstellen.
Das ist die Wohnscheibe Karl-Marx-Allee 19-25, ein Plattenbau des Typs QP, entworfen von Josef Kaiser:
Dieser Block hat leider seine Leuchtschrift verloren (Werbung für Skoda-Autos). Am Wohnblock Karl-Marx-Allee 37-43 ist die Werbung aber noch vorhanden, die früher auf allen Blöcken an der Karl-Marx-Allee zu finden war:Sehr schön ist auch der "Balkancarblock" Karl-Marx-Allee 38-44:
Bemerkenswert sind die filigranen Brüstungsgitter der Fenster und Balkone:Auch die Drempelbereiche wurden sehr sorgfältig gestaltet:
Sehr luftig wurden die Eingangsbereiche ausgeführt. Schillingstraße 27:
Hier gibt es eine Innenansicht:
Alle Fotos: Klarenbach
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Das Konzept für den Wohnkomplex entstand vor dem Hintergrund der Konkurrenz zwischen Ost- und Westberlin.
Da im Osten alles politisch war und bei jeder Gelegenheit es hiess, alles (inkl. Planungen) sei besser als im dekadenten Westen, trifft dies auf genau jede Osteuropa-Neubausiedlung zu.
Ein wichtiges Merkmal des Entwurfes war seine funktionale Vielfalt. In dem neuen Wohngebiet sollten nicht nur Wohnungen, sondern auch alle Wohnfolgeeinrichtungen nach einem ganzheitlichen Konzept errichtet werden.
Ein paar Läden u.a. gab es selbst im Sozialismus an den Hauptstraßen - Vermischung der Wohnblöcke mit Pavillons habe ich in Fülle gesehen. Selbst habe ich in so einem Block gewohnt, neben dem ein eingeschossiger Lebensmittel-SB-Pavillon stand, auf der anderer Seite der zweigeschossige KiTa-Pavillon.
(Wie schon mal hier angesprochen, der Funktionsvermischung gibt es weit weniger, als wir gewohnt sind.)Eine wichtige Besonderheit des Wohngebietes war die umfassende Anwendung industrieller Bauverfahren. Auch die Forderung nach einer Industrialisierung des Bauens gehört zu den zentralen Ideen der Moderne...
Soweit ich mich entsinne, genau jede Platte kam aus einer der sog. Hausfabriken, also diese "Besonderheit" gilt für genau alle Plattenbausiedlungen. Sollen die jetzt alle (Millionen maroder Wohnungen) zum Welterbe werden? Ich fürchte, der Vorschlag kommt genau 22 Tage zu spät.
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Ahja, und das hat damit zu tun, dass die meisten Bewohner dort gerne wohnen oder sich andere Wohnformen kaum leisten können? -
Und schließlich sollte das Wohngebiet auch in sozialer Hinsicht vorbildlich sein. Daher wurden die Mieten so bemessen, dass die Wohnungen für alle Bevölkerungsschichten bezahlbar waren.Das kann doch nur ironisch gemeint sein... die Mieten wurden GRUNDSÄTZLICH so bemessen, dass sie für alle 'bezahlbar' waren. Grundlage war hier nicht etwa eine besonders effiziente Kalkulation, sondern bestenfalls ein Parteitagsbeschluss. Sowas soll als Begründung für die Schutzwürdigkeit des Areals herhalten? Ernsthaft?
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@ Tel33
Vielleicht ist Klarenbach kein DDR-Bürger. In der DDR gab es auch genauso viele Arbeitsplätze, daß tatsächlich niemand arbeitslos war.
Als ich diese Beiträge von Klarenbach gelesen habe, dachte ich mir nur: "Ich hau mich wech." Das ist alles so unfreiwillig komisch. Fast wie zum 40. Jahrestag der DDR.
So, jetzt Schluß mit DDR-Bashing, die DDR hatte auch ihre guten Seiten. Das ist das eigentliche Tabu heute.
@Bato: Gleich im Aufmacher des tschechophilen Plattenartikels im "Spiegel" steht der ganz entlarvende Satz: "40% der Bewohner der Plattenbauten halten selbige für das Optimum der Wohnkultur."
Also noch mal für alle: 40%.
Zu Ostblock-Zeiten war die Zustimmung bestimmt höher. Jedenfalls war das so in der DDR. Damals waren die Platten sehr beliebt.
Nichts gegen Plattenbauten. Man kann schöne Plattenbauviertel am Stadtrand errichten. Hier an der Karl-Marx-Allee sollten sie aber langfristig weg. Die Gegend ist jetzt schon absurd. Das wird sie erst recht, wenn um den Alex die Urbanität tobt. Ich träume auch wieder von einer dicht bebauten Straße wie vor dem Krieg.
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Ahja, und das hat damit zu tun, dass die meisten Bewohner dort gerne wohnen oder sich andere Wohnformen kaum leisten können?Hm,wahrscheinlich beides. In dem Text steht u.a. "Laut einer aktuellen Studie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften halten fast 40 Prozent der Tschechen das Leben im Plattenbau für eine "optimale Wohnform".
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Ich kann mich in der Diskussion Ufologe hier und Bau-Lcfr hier nur anschließen.
In meinen Augen haben wir hier eine Art Plattenbau-Vorstadt mitten in der Innenstadt. Ähnliche Wohnviertel gibt es zahlreiche auf der Welt, von Nordkorea, über China, Russland, Resteuropa bis hin zu Teilen von Lateinamerika.
Sicherlich haben die Bauten z.b. an der Alexanderstraße eine etwas edlere Fassadengestaltung mit den Ziegeln als Verkleidung. Dennoch sehe ich nichts besonders außergewöhnliches in dem Viertel.
Außerdem erscheint mir das ganze Viertel wie eine relativ unurbane und tote Zone zwischen Friedrichshain, PrenzlauerBerg, Luisenstadt und Mitte.
Allein die enorme Weitläufigkeit verleiht der Gegend einen Vorstadtcharakter, wie ich finde. Die Dichte an Geschäften, Gaststätten, Gewerbe generell ist nicht sonderlich hoch. Kino International, Café Moskau und co. sind sicherlich solche Einrichtungen, aber im Verhältnis ist das Viertel unterdurchschnittlich belebt.
Dominiert wird das Viertel von Wohnungsbauten, ähnlich wie eine Wohnsiedlung am Stadtrand hat man hier den Eindruck, dass die Menschen die dort leben, und ich kenne selber welche, meist wo anders arbeiten, einkaufen und ihre Freizeit verbringen.
Allgemein halte ich den Zustand zwischen Alexanderplatz und Strausberger Platz daher für vollkommen unwürdig der zentralen Lage gegenüber. Ob nun Abriss oder ergänzende und nachverdichtende Zusatzbauten, das lass ich mal offen stehen, jedoch gefällt mir der städtebauliche Zustand aus genannten Gründen ganz und gar nicht. Soweit aber nur meine Meinung.