Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee

  • Auch wenn man sich weitere Komplexe der Nachkriegsmoderne betrachtet, dann fällt der enorme Formenreichtum auf. Die Gropiusstadt ist ganz anders als das Sewanviertel


    Das hat schon echt was von Kabarett :lach:. Jeder, auch du, der sich mal mit der Materie ein wenig beschäftigt hat weiß, dass der 'Formenreichtum' des in der DDR praktizierten industriellen Wohnungsbaus sehr stark limitiert war und keinesfalls irgendwelche individuellen architektonischen Ansprüche zu erfüllen hatte - ging ja auch garnicht, schon aus Gründen der Rationalisierung. Du findest in Berlin die gleichen Standardklötze wie in Halle Neustadt, Hoyerswerda oder Limbach-Oberfrohna.
    Da ist es zwar ein netter Versuch, dass du für die vermeintliche Komplexität der Nachkriegsmoderne auch mit Beispielen aus dem Westen argumentierst - um die geht es hier aber in keinster Weise.

  • Den schulmeisterlichen Ton von Klarenbach finde ich nur schwer erträglich. Ich persönlich Weise jeden Ideologievorwurf in Hinblick auf Berliner Architektur zurück. Die Entstehungsgeschichte von Gebäuden finde ich wichtig aber für ihren Wert stehen Ästhetik und Funktion an erster Stelle. Ich habe keine Vorurteile gegen Bauten, weil sie in der DDR errichtet wurden.


    Ich fahre momentan jeden Tag die Frankfurter/ Karl-Marx-Allee mit dem Fahrrad von der Samariterstraße bis zum Alex entlang. Ab dem Strausberger Platz ist sie m.E. scheußlich. Das ist mein subjektives Urteil. Dass die Mieten so günstig sind trotz der Lage und dem Grün, interpretiere ich so, dass diese Meinung landläufig geteilt wird. Dem entspricht auch die geäußerte Meinung der meisten Menschen, die ich persönlich kenne und da sind viele Ostdeutsche dabei. Das genormte Plattenbauten, wie auch andere Großsiedlungen mit Sozialwohnungen der Nachkriegszeit etwas abstoßendes an sich haben, ist im Grunde ein Allgemeinplatz. Die öde Alexanderstraße ist nun wirklich nicht der Markusplatz.


    Wenn Klarenbach nun mit mehr oder weniger guten Argumenten für die Unterschutzstellung all dieser Siedlungen plädiert und mich nebenbei noch mit Informationen über die Variationen des Themas Großsiedlung versorgt, so lese ich das interessiert. Den Schulmeisterton finde ich an dieser Stelle aber daneben. Zur Architektur gehören auch Gefühle und die sind ihm, der bereits über einen Stopp des Wiederaufbaus der Garnisonkirche triumphiert, sicher nicht fremd.

  • Man kann wirklich alles akademisieren und zu den Inkunabeln der Weltkultur hochschreiben. Je banaler der Zeitgeschmack ist umso strahlender erscheint zudem das erst jüngst Vergangene, auch wenn es nur ungleich weniger banal ist.

  • Das hat schon echt was von Kabarett :lach:. Jeder, auch du, der sich mal mit der Materie ein wenig beschäftigt hat weiß, dass der 'Formenreichtum' des in der DDR praktizierten industriellen Wohnungsbaus sehr stark limitiert war und keinesfalls irgendwelche individuellen architektonischen Ansprüche zu erfüllen hatte - ging ja auch garnicht, schon aus Gründen der Rationalisierung. Du findest in Berlin die gleichen Standardklötze wie in Halle Neustadt, Hoyerswerda oder Limbach-Oberfrohna.
    Da ist es zwar ein netter Versuch, dass du für die vermeintliche Komplexität der Nachkriegsmoderne auch mit Beispielen aus dem Westen argumentierst - um die geht es hier aber in keinster Weise.


    tel33: Dies ist so nicht richtig, weshalb ich Klarenbach in diesem Punkt zustimme. Trotz industrieller Bauverfahren gab es auch in der DDR eine gewisse Vielfalt - zumindest wenn man die Entwicklung über mehrere Jahrzehnte betrachtet und den Blick auf die anderen Bezirke ausdehnt. Ein vergleichender vorurteilsfreier Blick auf die Bauten an der Karl-Marx-Allee und auf den Ernst-Thälmann-Park genügt, um grundlegende Unterschiede in der städtebaulichen Konzeption wie auch in der Fassadengestaltung zu erkennen. Ganz zu schweigen vom Nikolaiviertel, ebenfalls ein Produkt des industriellen Wohnungsbaus.


    Aufgabe des Denkmalschutzes ist es übrigens nicht, rein nach ästhetischen Urteilen zu bewerten, sondern den historischen Wert eines Gebäudes zu beurteilen. Und wie mein Vorredner schon schrieb: Denkmalschutz bedeutet auch nicht das totale Veränderungsverbot.

  • ^Genau. Was aber ist ein "historischer Wert"?


    Ausschließlich Zeittypik kann doch kein ausreichender Grund für eine Unterschutzstellung sein. Es müssen weitere Faktoren hinzutreten, so eben auch ein gewisser Gestaltungswille und ästhetischer Anspruch. Ohne Gestaltungswille bekommt man heute nicht einmal Urhebrrecht für sein Digital-Knips-Fotos - wohl aber Denkmalschutz für einen Bau. Das, lieber Klarenbach, ist absurd.


    Wenn die neue Denkmalkarte fertig ist wird sich zeigen, dass eben weite Teile der sozialistischen Hauptstadt Ost-Berlin unter Denkmalschutz stehen. Man kann die z. zt. entstehenden Lüscher-Raster-Kisten für potthäßlich halten, ein Grund das Plattenbausystem WBS 70 großflächig unter Denkmalschutz zu stellen ist das noch lange nicht.

  • Konstantin: Das Berliner Denkmalschutzgesetz verdeutlicht, dass es bei Unterschutzstellungen um weit mehr als ästhetische Gesichtspunkte geht: "Ausschlaggebend für die Einstufung als Baudenkmal ist ein öffentliches Interesse, das Objekt zu erhalten. Dieses Interesse kann geschichtlich, künstlerisch, wissenschaftlich oder städtebaulich begründet sein."
    Ästhetische Beurteilungen unterliegen immer dem Zeitgeschmack (Beispiel Stuckfassade). Wie will man hier objektive, allgemeingültige Kriterien formulieren?


    Deinen Eindruck, dass in Berlin großflächig WBS-70-Bauten unter Schutz gestellt werden, kann ich so nicht teilen. Meines Wissens nach steht bisher sogar kein mustergültiger Bau dieser Serie unter Schutz. Die Bebauung der Karl-Marx-Allee geht auf andere, ältere Serien zurück. Beim Ernst-Thälmann-Park handelt es sich um eigens für diesen Standort entworfene Bauten, die in dieser Form kein zweites Mal in der gesamten DDR entstanden sind (ein Hinweis übrigens auf den Gestaltungswillen).

  • Diese Bauten sind für die Innenstadt denkbar ungeeignet, da es keine belebende Funktionen im EG gibt - pure Wohnsilos. Während die verzierten Bauten der Karl-Marx-Allee der 1950er Jahre mit Läden und Cafes im EG zu meinen und meiner Frau Lieblingsorten Berlins gehören, die gerade mit Denkmalstatus versehenen Blöcke sind eine städtebauliche Fehlentwicklung, die nur jedem Stadtbesucher die Wege länger und unattraktiver macht.

  • Ja, und beim Thälmannpark hat das LDA geschichtliche und städtebauliche Gründe angeführt. Künstlerische oder wissenschaftliche Aspekte sind nicht angeführt.


    Der here Wunsch nach einem objektiven Kriterium ist nachvollziehbar aber nicht mit den Realitäten vereinbar. Ein "geschichtlicher" Grund liesse sich für fast jeden abgängigen Bau konstruieren, immer auf seine Weise.
    - In Sachen WBS70 steht schon die erste je montierte WBS70 in Neubrandenburg unter Denkmalschutz. Angesichts des prägenden Charakters des Bausystems für DDR halte ich das in der Abwägung für angemessen.



    (C) Ronny Krüger, Wikipedia


    - "Geschichtlich" war aber auch, das wird hier immer unterschlagen, die Sprengung des unter Denkmalschutz stehenden Alten Gaswerks. Der TP ist ja nicht - wie weite Teile Marzahns - auf der grünen Wiese entstanden. Nein: ein denkmalgeschützter Industriebau mit nicht nur "geschichtlichen" und "städtebaulichen" sondern auch "künstlerischen" Aspekten musste weichen.


    Dass man hier zeigen möchte, was die WBS70 städtebaulich konnte (oder auch nicht konnte) finde ich schon eher nachvollziehbar. Schliesslich hatte die DDR hier extra Wettbewerbe veranstaltet und es gab auch Alternativlösungen.


    Letztendlich muss man eben ein Qualitätsurteil fällen. Das ist jedoch dasjenge, worum sich das LDA nach Kräften drückt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • Diese Bauten sind für die Innenstadt denkbar ungeeignet, da es keine belebende Funktionen im EG gibt - pure Wohnsilos. Während die verzierten Bauten der Karl-Marx-Allee der 1950er Jahre mit Läden und Cafes im EG zu meinen und meiner Frau Lieblingsorten Berlins gehören, die gerade mit Denkmalstatus versehenen Blöcke sind eine städtebauliche Fehlentwicklung, die nur jedem Stadtbesucher die Wege länger und unattraktiver macht.


    Diese Bauten stehen aber nun mal - auch wenn sie nicht mehr heutigen gängigen städtebaulichen Vorstellungen entsprechen - für eine bestimmte Epoche der Stadtbaugeschichte. Nur weil sich der Geschmack ändert, sollte man nicht gleich Tabula-rasa-Forderungen aufstellen.


    Übrigens wurden die Blöcke im Gebiet der Karl-Marx-Allee, 2. Bauabschnitt nach dem Konzept des Sozialistischen Wohnkomplexes geplant. Dieser sah vor, wie hier auch geschehen, Kindergärten und Schulen in den Blockinnenbereich zu verlegen und Nahversorgungszentren in fußläufiger Nähe zu errichten - für die Bewohner selbst also alles in allem ein fußgängerfreundliches Konzept.

  • Nur weil sich der Geschmack ändert, sollte man nicht gleich Tabula-rasa-Forderungen aufstellen.


    Gleich nicht - bei der ersten passenden Gelegenheit, was natürlich das Unterlassen des Denkmalschutzes beinhaltet. Wie Konstantin gerade schrieb, das System WBS70 wird der Nachwelt bereits in Neubrandenburg ein Musterbeispiel überliefern.


    Es mag sein, dass eine KiTa in der Nähe wie auch ein SB-Laden um zwei Ecken zu Fuß erreichbar etwas Komfort den Bewohnern bringen, als reine Wohnsiedlung. In einer Vorstadt wäre dies OK (dort könnte man sogar den Denkmalschutz versuchen), in der Innenstadt gilt sowas längst als die falsche Nutzung. Denkmalschutz sollte nicht zuletzt die städtebaulichen Belange respektieren, überfällige Korrekturen nicht verhindern. In den westlichen Innenstädten werden auch schon mal überholte (u.a. monofunktionale) Lösungen abgerissen.


    Wie gerne meine Frau und ich während der beiden Berlin-Besuche die ältere Karl-Marx-Allee besucht haben, den letzten Weg zum Alexanderplatz mit etwas neueren DDR-Bauten empfanden wir als Ödnis pur. Schier absurd nur wenige Gehminuten von der Mitte eine Mehrmillionen-Metropole entfernt.


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    Nachtrag - dieses Rote-Laterne-Kommentar (auf normalem Wege argumentieren geht in Berlin nicht?) bestätigt nur meine Aussage:


    auch wenn du es kaum glauben magst, aber diese bauten wurden für ihre bewohner gebaut, und nicht um "dir und deiner frau" touristische latte-macchiato-idyllen zu bieten.


    Eine Innenstadt muss Funktionen für die gesamte Stadt bieten, auch für die Besucher - das ist der Sinn eines Stadtzentrums. Nicht zuletzt nach dem Prinzip der kurzen Wege sollten dort Inseln ohne Funktionsvermischung (mit reichlich zentrumsbildenden Funktionen, nicht bloß Nahversorgung) vermieden werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Im übrigen, Japher, ist die Kritik an der Unterschutzstellung einiger Platterbauten im Stadtzentrums Ost-Berlins keine "Tabula-Rasa-Forderung".


    Selbst wenn man den Thälmannpark und den gesamten 2. Bauabschnitt der KMA abrisse und neu bebaute (wie auch immer) fiele der sozialistische Städtebau weder im allgemeinen noch in Berlin dem Vergessen anheim.


    Im übrigen glaube ich kaum, dass man Selbstverständlichkeiten wie die Nähe von Wohnung zu Schulen, Kitas und Nahversorgung zu Merkmalen des sozialisten Städtebaus erheben kann. Das konnte die Gründerzeit genauso.

  • Bei den Diskussionen um die Erhaltungswürdigkeit neuzeitlicher Wohnbauten hilft vielleicht ein Blick über den Tellerrand hinaus. Ein Denkmalschutz gibt es nur bei Gebäuden bzw. Boden- und Landschaftsstrukturen, jedoch nicht für bewegliche Sachen. Und der Denkmalschutz begründet eine gesetzliche Erhaltungspflicht mit öffentlichem Interesse. Bei beweglichen Sachen, also Antiquitäten, gibt es nichts vergleichbares, will die Öffentlichkeit die Sicherstellung von Kulturgut gewährleisten, muss sie in Form eines öffentlichen Museums oder einer Sammlung oder Stiftung das Objekt erwerben. Tut sie das nicht, ist das Objekt der Aufmerksamkeit und Fürsorge des jeweiligen Besitzers ausgeliefert, der es auch verändern oder vernichten kann wenn er will. Nur für Gebäude kann via Denkmalschutzrecht ein Besitzer gezwungen werden Veränderungen zu unterlassen oder Maßnahmen vorzunehmen.


    In beiden Fällen, also bei beweglichen und auch bei unbeweglichen Dingen lässt sich also trefflich darüber streiten, worin ein öffentliches Interesse an der Erhaltung und Pflege liegen soll, jedoch ohne Denkmalschutz ist alles dem Zeitgeist ausgeliefert.


    Hinsichtlich der hier laufenden Diskussion zu den Plattenbauten kann ich nur Rotes Rathaus zustimmen, er hat erkannt:


    Nun ja, wenn es keinerlei Konsens über wertvolle Architektur gibt, kann man wohl alles oder nichts unter Denkmalschutz stellen.


    Und exakt das passiert auch in der Praxis. Hier in Nürnberg machen wir die Erfahrung, dass die Entscheidungsträger der unteren Denkmalschutzbehörde vorzugweise das unter Schutz stellen, was ihnen gefällt. Man formuliert natürlich mit wissenschaftlich klingenden Argumenten drumherum, sei es eine Ablehnung eines Antrags oder die Zustimmung, aber es sind und bleiben Werturteile, die im Kontext der Bildung und des Geschmacks der Verantwortlichen zum einen, und dem Interesse der Umgebung zum anderen zu sehen sind. Und so kommt es eben auch, dass ein Denkmal abgerissen werden darf oder Dinge, die für die Meisten ganz offensichtlich schutzwürdig sind, keinen Status erhalten. Denkmalschutz ist noch längst keine Ewigkeitsgarantie.


    Und hinsichtlich der Plattenbauten an der Alexanderstraße muss ich sagen finde ich den Denkmalschutzstatus durchaus nachvollziehbar und auch taktisch nicht unklug. Es verhindert, dass aus diesen Häusern gedämmte und lächerlich bunt gestrichene Kisten werden, in die stark investiert wird was deren Bestand auf unbestimmte Zeit festschreibt. Stattdessen müssen die Blöcke nun weitgehend so bleiben wie sie heute sind und behalten ihren Dokumentationswert (welcher Mehrheit auch immer dieser zum jetzigen Zeitpunkt so wichtig ist). Und schlussendlich fragen sich künftige Generationen eh, egal um welches Denkmal es sich handelt, ob ein bestehender Denkmalstatus noch im öffentlichen Interesse liegt oder nicht. Damit wären wir wieder beim Zeitgeschmack.


    Ich hoffe es ist klar geworden was ich sagen wollte, der Denkmalschutz ist nichts weiter als eine Vorschrift, wie hier und heute ein Bauwerk zu behandeln ist. Das sagt aber nichts darüber aus was in 20 oder 50 Jahren damit sein wird.

  • ^Stimmt. Jedoch verbindet sich mit dem Denkmalschutz keinerlei Erhaltungspflicht - sonst wäre die öffentliche Hand schon Pleite.

  • Es gibt für den Denkmalschutz keine objektiven Kriterien, höchstens Anhaltspunkte. Die Debatte ist Nonsens und ein verzweifelter Versuch von akademisch-verschrobenen und der Wirklichkeit entrückten Leuten, diese Bauten zu legitimieren.


    Man kann nämlich die genannten Kategorien wie geschichtlich, ästhetisch etc. ganz unterschiedlich bewerten.


    Und man kann zu dem Schluß kommen, daß das Attibut geschichtlich für moderne Bauten weit weniger Relevanz hat als für Bauten von vor 1940 und erst recht vor 1900.


    Das ist alles Verhandlungsmasse und eine Gewichtungsfrage und dies wiederum ist auch noch zeitabhängig. Mir kommen die Bemühungen hier, die Denkmalswürdigkeit der Karl-Marx-Allee 2 zu rechtfertigen, so vor wie die Bemühungen von Gender-Theoretikern, unsere Zweigeschlechtlichkeit infrage zu stellen. Der normale Mann auf der Straße schüttelt da einfach nur den Kopf und wartet, bis dieser Zeitgeistspuk vorüber ist. :)


    Noch mal: Die Bauten haben ihren Wert und von mir aus sollen sie auch wie das Schimmelpfenghaus :D ihren Denkmalschutz kriegen. In 30 oder 40 Jahren kann dieser monumentale Schrott dann weg.


    Er wird nämlich schlicht und einfach von der restlichen Stadtentwicklung dekontextuiert - also immer häßlicher und unbrauchbarer. Auch das ist Relativität des Denkmalschutzes.


    Wie wär's, wenn die Platten-Fans hier mal zum Schimmelpfenghaus Stellung beziehen und sich einer echten Auseinandersetzung stellen. :cool:


    Ich bin übrigens DDR-Bürger und kann in ein paar Jahrzehnten gut auf diese Platten verzichten. Scheinbar finden besonders Westdeutsche den DDR-Städtebau toll.

  • Trotz industrieller Bauverfahren gab es auch in der DDR eine gewisse Vielfalt


    Es gab für besondere Anlässe und Areale auch Sonderlösungen. Die entsprechen aber keineswegs dem Gros der industriell gefertigten Typen. Selbstverständlich entsprechen 95 Prozent aller in der DDR errichteten Plattenbauten dem Standardkatalog - daran ändern auch die diversen Spezialbauten gerade in Berlin überhaupt nichts. Bei den an der KMA und am Alex unter Denkmalschutz gestellten Blöcken handelt es sich auch um ganz normale QP Einheitskisten.

  • Ich bin ja sehr für eine kontroverse Debatte, und auch denkmalpflegerische Entscheidungen sind natürlich nicht sakrosankt. Was aber nicht geht ist, wenn mit Unterstellungen und Beleidigungen gearbeitet wird, wie es zuletzt von einigen Nutzern praktiziert wurde.


    Konkret: Die Behauptung, dass die Mitarbeiter der Denkmalbehörden "akademisch-verschrobene und der Wirklichkeit entrückte Leute" wären, die ohne Expertise entscheiden würden, ist eine Unterstellung, die durch nichts belegt ist. In der Realität gehen jeder Unterschutzstellung umfangreiche bauhistorische Untersuchungen voraus. Anhand der vorhandenen Dokumente wird genau erforscht, ob z. B. einem Wohngebiet ein anspruchsvolles Konzept zugrundeliegt, ob es eine anspruchsvolle Freiflächengestaltungen, ein bildkünstlerisches Konzept etc. gibt, oder ob nur ein paar Blöcke ohne Anspruch eingeordnet worden sind. Gerade bei Wohngebieten der Nachkriegsmoderne ist die Aktenlage ziemlich gut, so dass sich solche Fragen relativ eindeutig klären lassen. Daher lassen sich denkmalpflegerische Entscheidungen ziemlich gut begründen.


    Weiterhin besuche ich häufiger Veranstaltungen und Kongresse zum Thema Denkmalpflege, und da wird auch von Vertretern anderer Bundesländer eingeschätzt, dass das Berliner Landesdenkmalamt auch im deutschen Vergleich ziemlich gut dasteht und dass das fachliche Niveau des Berliner Landesdenkmalamtes sehr hoch ist. Natürlich hat Berlin auch den Vorteil, dass es hier viel wissenschaftliches Potenzial gibt, wie z.B. an der TU, von dem das Landesdenkmalamt profitiert. Daher denke ich schon, dass wir mit unserer Denkmalpflege ganz gut bedient sind und dass es keinen Grund für ein "Denkmalpflege-Bashing" gibt.


    Last but not least: Ich finde es nicht sehr produktiv, wenn hier einige Nutzer zum gefühlt hundertsten Mal ihre persönlichen Aversionen gegen Plattenbauten im Forum austoben und Beiträge abliefern, die keinerlei Argumente bieten, außer dass sie Plattenbauten total öde finden. Wie umfangreich die Kompetenz einiger Nutzer zu dem Thema ist, zeigt sich schon daran, dass hier über die WBS 70 diskutiert wird, obwohl es sich bei den unter Schutz gestellten Blöcken um Bauten des Typs QP handelt. Solche Beiträge führen nur dazu, dass sich die Debatte im Kreis dreht.


    Jedenfalls hoffe ich, dass unsere Debatte künftig etwas sachlicher wird und dass es uns gelingt, kontrovers, aber auch sachlich über diese Fragen zu diskutieren.

  • Wie umfangreich die Kompetenz einiger Nutzer zu dem Thema ist, zeigt sich schon daran, dass hier über die WBS 70 diskutiert wird, obwohl es sich bei den unter Schutz gestellten Blöcken um Bauten des Typs QP handelt.


    Ich gebe zu, die ganze Plattenbautypen-Tabelle nicht im Kopf zu haben, keinen Teil davon. Da vertraue ich auf Angaben der Vorredner. Ändert die Typbezeichnung etwas an der architektonischen Wirkung der Bauten wie auch städtebaulichen der gesamten Siedlung?


    ihre persönlichen Aversionen gegen Plattenbauten im Forum austoben und Beiträge abliefern, die keinerlei Argumente bieten, außer dass sie Plattenbauten total öde finden.


    Wenn die Leute (viele Leute) ein Ensemble öde finden, ist es ein legitimes Argument. Die ganze Bedeutung der Architektur äüßert sich nur über persönliche Wahrnehmungen, für die es keine objektive Formel gibt. So zentral gelegen ist diese Wirkung besonders schlimm, weil sie das Gesamtbild der ganzen Stadt belastet - und auch wenn in Augen der Besucher, die nach einem Cappuccino unterwegs sein mögen (von den moderne Städte zunehmend leben, Tourismus gehört zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen).


    Die Empfindungen der Einheimischen wie auch der Touristen führten z.B. letztes Jahr dazu, dass in Düsseldorf eine aufgeständerte Schnellstraße (der Tausendfüßler) abgerissen wurde, die zeitweise sogar unter Denkmalschutz stand, aber eine der wichtigsten Einkaufsstraßen zweiteilte.

  • Denkmäler sind wertlos, wenn niemand ihrer gedenken will. Die Platten gehören sicher nicht zu dem Kulturschatz unseres Landes, obwohl sie sicher ein interessantes Zeugnis der DDR-Diktatur sind. Wenn deren letzten Verfechter ihr biologisches Ende gefunden haben, werden die Platten auch bald veschwinden. Etwas anderes anzunehmen wäre m.M. nach wahnhaft.

  • .... sind für die Innenstadt denkbar ungeeignet, da es keine belebende Funktionen im EG gibt ...


    Die KMA liegt zentral, ist aber vom Charakter her eine innerstädtische Durchgangs und Ausfallstraße. Auch mit Blockrandbebauung wäre dies kein Ort zum Verweilen.
    Schöner wäre es, wenn die Häuser eine durchgehende ein bis zweigeschossige Fußbebauung hätten. Besonders schön finde ich diese Bauten auch nicht. Ihre Ausrichtung und Anordnung zum Straßenraum hin finde ich aber gelungen.


    An solchen Orten muss der Bär nicht steppen, die KMA war eher für Großaufmärsche und Verkehrsvolumen geplant .

  • Diese steile These ist durch die Bebauung des 1. BA widerlegt. Da sitzen die Leute trotz Ausfallstraße vor den Lokalen und tun eben dieses: Verweilen.
    Beim 2. BA tun sie das nur in Ausnahmefällen, Alberts, Mokka-Milch-Eisbar (ehem.) und die Bar gegenüber. Frau Lüscher will ja sechs weitere Pavillions dort bauen, dann wird's bunter...