Sorry, aber das Projekt ist eine Totgeburt, und der Entwurf erscheint mir blödsinnig und zwar aus mehreren Gründen, sag ich euch als Mannheimer:
a) Parken soll dort Gebühren kosten, anders als beim Viernheimer Einkaufszentrum, DER traditionellen Shopping-mall der Region. Damit ist schon klar, wo man hinfährt. Denn selbst wenn man mehr Sprit bezahlt, um bis nach Viernheim zu kommen, als das Parken in Ludwigshafen kostet, man kriegts weniger direkt mit. Und hat keine Hektik im Rücken von wegen die Parkuhr läuft. Und Viernheim ist schon alteingesessen, man muss die Leute also erst mal von ihren Gewohnheiten abbringen hin zum Rhein-Center.
b) die Mannheimer, sie sind nur durch zwei Brücken von Ludwigshafen getrennt und Lu/Ma ist eigentlich ein Gebiet, wird man kaum je nach Ludwigshafen locken können, egal für was. Für sie ist Ludwigshafen traditionell eine potthässliche und peinliche Stadt, wo sie nur im äußersten Notfall hinfahren würden, nämlich weil Ludwigshafen hässlich ist wie die Nacht und einen sehr geringen Prestige in Mannheim hat. Und in Lu gibt's nix zu kaufen, was es nicht auch in Mannheim gibt, Sortiment geringer usw.
Mannheim ist auch keine schöne Stadt, aber im Vergleich zu Ludwigshafen ist es die biblische Offenbarung schlechthin, vielleicht daher die Arroganz. Die Mannheimer in ihren alteingesessenen Gewohnheiten da umzuschwenken wird schwer sein, allein schon aus Statusgründen geht kein Mannheimer freiwillig nach Ludwigshafen (in Mannheim wird man mitleidig angeguckt, wenn man sagt, man muss nach Ludwigshafen wegen was auch immer - man meidet Ludwigshafen wie die Pest weil die Stadt total übel geplant ist im wahrsten Sinne des Wortes und noch viel hässlicher ist als Mannheim (und das muss man erst mal schaffen). Aber von lokalen Gegebenheiten kriegt man ja nix mit als Investor weitweg, der sich am Reißbrett ein EKZ irgendwo hin klatschen lässt, von Architekten, denen die örtlichen Gegebenheiten eh nicht klar sind.
Ludwigshafen ist ein Industrie-Baby aus dem 19. Jh., vorher gab's die Stadt nicht, bestand schon immer zur Hälfte aus dem Chemieriesen BASF, also fast reine Arbeiter- und Chemiestadt (wer sichs leiten kann, lebt eh nicht direkt drin, sondern flüchtet in die Vororte im Süden, die zwar größtenteils aus öden Reihen-Neubauten oder Einzelneubauten bestehen, aber noch 10mal besser sind als Ludwigshafen selbst). Also wenig Chancen auf ein hübsches Kind, höchstes Highlight sind die Gründerzeitbauen. Und zu dieser kurzen Geschichte und den massiven Zerstörungen des zweiten Weltkrieges kam noch der Zeitgeist der Moderne von wegen wir reißen den alten sinnloser Plunder ab sowie der Zeitgeist mit der "autogerechten Stadt", wo die meisten der letzten Überreste vom bißchen abgerissen wurden, was Ludwigshafen an Geschichte hatte, für tolle Autobahnen auf Stelzen mitten durch die Stadt bis durch den barocken Schlosspark von Mannheim Yeah!
Dass das besonders schmerzt ist klar: Ludwigshafen hatte nicht viel historisches Gedächtnis zu bieten, und wenn viles sogar kaputtgemacht wird ohne Krieg und Bomben... sondern wegen Architekten- oder Stadtplaner-Willkür... schlägt es sich auf die Stimmung, auf die Atmosphäre der Stadt nieder. Immerhin in der Hinsicht ist Ludwigshafen mundial: ein kleines Los Angeles im übelsten Sinn. Los Angeles war ja auch immer ein Vorbild von Ludwigshafen.
Von deren fast verwaisten, fehlgeplanten Hauptbahnhof fernab des Zentrums, ein Monstrum aus den 60ern (?) red ich jetzt gar nicht erst, findet man in vielen Tatort-Folgen mit Ulrike Folkert, immer wenn jemand in der Einöde überfallen wird, wo kein Mensch weit und breit ist, ist es am Hauptbahnhof. Perfekter Drehort auch für einen Zombiefilm, find ich, mit den vielen verwaisten Unterführungen usw. Müsste man eh kaum jemanden vom Bahnhof fernhalten während der Dreharbeiten. Das Pruitt-Igoe von Ludwigshafen, wenn man so will, der städtebauliche Master-Plan, der damals modernste Bahnhof Europas, der aber nie funktionierte und fast auf Anhieb scheiterte. Autsch.
Die Innenstadt ist von superunattraktiven Autobahnen, teils auf Stelzen durchquert. Ansonsten findet man dort viele superinattraktive, arrogante, klobige, betonmäßige und versiffte Modernismus-Betonbauten der brachialsten ich-fall-auf-um-jeden-preis-Sorte oder irgendwelcher damit verwechselbarer Mist aus verlottertem Beton, welche die ohnehin nicht sooo hübschen, schüchternen aber irgendwie noch ein kleines wenig charmanten Nachkriegsbauten im Stadtbild überschreien und tottreten, plus noch ein so finsteres, verwahrlostes Gründerviertel, dass ich mich frag, ob da Sanierung oder Abriss teurer wäre. Nicht wegen Ghetto-Vandalismus, sondern vom Eindruck her, weil die Fassaden fast schwarz sind vom Chemie-Ruß und schon ewig nichts gemacht. Die Leute dort sind solide Arbeiterklasse und passen insgesamt auf ihre Umgebung auf und haben besseres verdient als in so verrußten Häusern zu leben. Insgesamt kaufen die Ludwigshafener übrigens zur Hälfte in Mannheim ein, trotz Parkplatzroblemen. Weil Mannheim so attraktiv ist im Vergleich zu Ludwigshafen.
Immerhin, in Ludwigshafen Süd haben sie jetzt in den letzten Jahren endlich mal aus dem Kai eine Rheinpromenade gemacht und dadurch die Stadt aufgewertet. Vorher war die Stadt zwar auch durchgängig am Rhein, aber ohne Promenade. Das halte ich auch dem Entwurf zugute, dass die da eine weitere Promenade einrichten wollen, weiter im Norden. Aber so ein Riesengebilde in Form eines Tausendfüßer mit Haube zur Abschirmung als Shopping-Mall wirkt nicht so offen und einladend.... eine Shopping-Mall hätte man auch einladender gestalten können. Die haben auch keine Cafés oder Kneipen vorgesehen in ihrem Entwurf, wo man sich mal draußen hinsetzen kann. Wäre aber echt nett gewesen, um die Stadt aufzuwerten, denn sowas fehlt wirklich in Ludwigshafen. Rheinpromenade mit Café/Kneipe. Herrlich. Kennen die dort sonst gar nicht. Mit Blick auf den Rhein.
Der Blick auf den Rhein ist mir in dem Shopping-Center nicht genug ausgearbeitet. Lu ist sowieso sehr verbaut, von fast nirgends kann man den Rhein sehen, und fast überall ist das nur so ein blöder Kai mit Containern oder ähnlich "attraktives", wenn man denn überhaupt drankommt. Das hätte man celebrieren können/sollen bei der optimalen Lage des Kaufhauses, mit einem offen und einladend wirkenden Entwurf mit zwei Terrassen statt einem Tausendfüßer-förmigen, sterilen Riegel mit einer abschirmenden Haube drüber. Weil der Fluss, die Schiffe fahren sehen usw. wär schon geil gewesen. Die Leute aus Lu sind zwar arm, aber hätte trotzdem klappen können, weil der Rhein echt ein Blickfang ist. Tut mir echt leid um die Ludwigshafener, dass der Entwurf das nicht vorsieht. Umso schlimmer, falls die Membran bei einigen Geschäften usw. den Blick auf den Rhein abschirmt.
Und jetzt sind bereits mehrere Shopping-Center im Zentrum teils auch aus der Zeit, die jeweils nicht gescheit laufen und teilweise leerstehen, alle fast ohne Tageslicht (deshalb so unattraktiv). Die anderen Gebäude sind allerbestenfalls gut in Schuss und ordentlich und keine Beleidigung fürs Auge, aber öde. Allerbestenfalls. Man läuft hier notfalls durch, wenn man was bestimmtes sucht (Fielmann usw.), aber sonst auch nicht. Nix flanieren, man rennt durch die Stadt durch und guckt weg wo man kann. Die Ludwigshafener Altstadt ist halt auch öde wie Sau und Bausünden wohin das Auge blickt, Stadtplanungsfehler hat sich die Stadt zum Markenzeichen erhoben und das merkt man bei jedem Meter. Null Atmosphäre. Ein-Euro-Shops, Handyläden und so. Und alle paar Jahre wird das nächste Shopping-center von der dortigen Politik als die Lösung für das Elent propagiert. Und bis jetzt haben die Leute im Rathauscenter (Rhathaus und eine der tageslichtarmen Shopping Malls bilden eine Einheit, kein Witz - siehe "Rathauscenter Ludwigshafen") nicht geblickt, dass man Leute nicht scharenweise in düstere Shoppingmalls lotsen kann. Merkt man auch am jetzigen Entwurf. Aber mehr zum Tageslichtproblem später.
Solche Eindrücke brennen sich jedem Besucher ein, und sie beeinflussen einen, selbst wenn man sich nur fragt, ob man sich wirklich mal das durch die Haube abgeschottet wirkende EKZ gehen will in Ludwigshafen oder lieber auf die grüne Wiese.
Jede Wette, mit einer gemütlicheren Architektur als 70er-Klötzen überall würde die Stadt besser laufen. Ludwigshafen ist wegen der Architektur usw. einfach als stimmungskillende Anti-Stadt in der Region bekannt, wenn es um Erlebnisse geht (Shopping, Freizeit, Ausgehen...). Die Stadt eignet sich nur als Drehort für Zombiefilme. Die Shoppingcenter sind fast alle ohne Tageslicht (oder fast). Grusel!
Dadurch wird ein guter Teil der Kaufkraft zunächst wegfallen, denn selbst wenn das Rhein-Center anzieht, wird es Jahre brauchen, bis man die Mannheimer über den Rhein locken kann um dort zu kaufen. Die sind in der Region aber eine wichtige Kaufkraft (350.000 Einwohner), sind sehr lokalpatriotisch und kriegen in Mannheim schon genug Auswahl. Die kriegt man mal nach Viernheim ins EKZ, aber kaum nach Ludwigshafen, da sind die zu stolz für.
c) Der Entwurf sieht aus wie ein Tausendfüßler, der von einem Bulldozer plattgewalzt wurde. Bestenfalls wie eine Bahnhofshalle. Es fehlt der "Gemütlichkeitsfaktor". Und erst recht der Bezug zur Region. Das Ding ist ein Fremdkörper und könnte genausogut in Sydney oder Tokyo stehen. Immerhin sieht das Ding ein wenig so aus wie der ebenso sterile, aber helle, freundliche und funktionierende Bahnhof Mitte in der Innenstadt, den Ludwigshafen eingerichtet hat, nachdem deren Hauptbahnhof sowieso seit Jahrzehnten nicht funktioniert und fast nur für den Nahverkehr verwendet wird.
d) Auch fürchte ich, wird das Einkaufszentrum düster und daher unattraktiv. Weil im ursprünglichen Entwurf für die komische und sinnlose Haube über dem Gebäude Glas vorgesehen war (das Gebäude wäre ja auch ohne die Haube dicht). Überall. Jetzt kommt statt dessen eine weiße Membran drüber, außer an wenigen stellen., wo das Licht nach unten durchscheinen soll. Ich weiß ja schon von der Multihalle/Herzogenried in Mannheim, wie beschissen so eine Membran in wenigen Monaten aussehen wird, wenn man nicht ständig saubermacht (Chemie-Industriegebiet und weiße Membran - sind die völlig bekloppt .) Lässt ja auf ein adrettes Äußeres hoffen im Laufe der Zeit, ob das die Ludwigshafener mitmachen? Selbst die haben ihre Schmerzgrenze. Ich hab mir ein paar Baustellenfotos angeguckt, das Licht schimmert nikotinfarben durch und dunkelt wirklich krass ab. Lecker.
Kann aber an den Fotos liegen. Wie auch immer, diese blödsinnige Deko-Membran macht das Gebäude weder heller noch ansprechender. Wird wahrscheinlich als erstes rausfliegen, in ein paar Jahren. Wobei die Ludwigshafener ja Einkaufspassagen (fast) ohne Tageslicht gewöhnt sind - Rathauscenter, Bismarck-Center, Walzmühle... vielleicht stört wenigstens die das nicht, so aus Tradition.
e) Diese komische und teure Membrane wird wohl Licht abschirmen ohne Ende und den Bau dadurch wohl düster machen. Auch abgesehen davon, bin ich mir nicht sicher, ob genug Licht durch die Löcher oben kommt, vom Bauplan her, ist jedenfalls viel enger als ein klassisches Atrium. Ob das so förderlich ist für das "Week-End Feeling"? Das Viernheimer EKZ, der größte Konkurrent, ist jedenfalls lichtdurchflutet. Ganz ohne Zierhaube. Ohne die blödsinnige Einsiffungs-und Abdunkelungshaube hätte es vielleicht funktioniert.
f) Kaufkraft? Ludwigshafen ist eine arme Stadt, war sie schon immer (weil viele Reichen stets in die Provinz oder rüber nach Mannheim geflüchtet sind, weil Ludwigshafen so prollig/hässlich/seelenlos/alles nur eklige Klotzbauten ist und die Stadt total verbaut, auch logistisch). Selbst die vergleichsweise hässliche Fußgängerzone von Mannheim ist viel schöner und zieht die Ludwigshafener ein zum kaufen. Gut, um Ludwigshafen herum, die Vororte und Städte... kriegt man vielleicht ein paar Leute herein, aber die abweisende Architektur (wegen der funktionslosen und bald dreckigen Haube) wird tapfer dagegen kämpfen... plus die Hässlichkeit und der legendäre Ruhm der Stadt als solches (Ludwigshafen ist zwar nicht gefährlich, aber einfach nur deprimierend). Und selbst wenn die Hässlichkeit keinen abhält... gibt immer noch das EKZ Viernheim ohne Parkplatzgebühren. Und lichtdurchflutet.
Also, wer auch immer sich hier für Stadtplanung interessiert: ab nach Ludwigshafen, da könnt ihr lernen, wie man's NICHT macht. Echt schade, Ludwigshafen war mal gar nicht so schlimm vor den Weltkriegen (d. h. 2. WK und Architekten-/Stadtplanerverwüstung im Rahmen der "Modernisierungswelle").
Und abgesehen davon: lernt erst mal die örtlichen Begebenheiten kennen, bevor Ihr ein Projekt einschätzt. Und lasst euch nicht so leicht von netten Renderings beeinflussen