Leipziger-Platz-Thread

  • Was wir heute am Prenzlauer Berg schätzen, war einst renditegetriebene Investorenarchitektur!

    Dem kann ich nur zustimmen.

    Daß Gründerzeitler, zumindest in den ehemaligen Arbeiterbezirken, auch nur billigste Investorenarchitektur mit Rasterfassaden waren sieht man ganz deutlich wo der Stuck bzw. jeglicher Schmuck entfernt wurde.

    Wurden dann noch vormals geteilte Fenster durch "Flächenfenster" ersetzt ist der Eindruck komplett.

    Da bleibt dann nur noch die verhältnismäßige Kleinteiligkeit der Gebäude und deren unterschiedliche Farbgestaltung als kleinstmöglicher Trost.



    Es ist keine Frage des Geldes, sondern der Ideologie ...

    Auch dem würde ich zustimmen. (aber nicht jedem automatisch Ideologie unterstellen, oft ist es einfach nur eine Willensfrage)

    Um z.B. geteilte Fenster zu haben braucht es nicht zwangsläufig eine Einzelanfertigung vom Schreinermeister.

    Geteilte Fenster (ob Holz, Kunststoff oder Metall) lassen sich immer auch industriell (sprich kostengünstig) herstellen.


    Gleiches gilt auch für Fassadenelemente.

    Da spielt es grundsätzlich erstmal keine Rolle ob vorgefertigte Elemente aufgeklebt, angedübelt oder vorgehängt werden müssen.

    Diese Vorgehensweise in der Gestaltung von Fassaden ist schließlich nicht neu und wird vom Einfamilien- bis Hochhaus angewendet.

    Der Punkt bleibt, man muß es nur wollen, oder eben nicht.


    Und bitte nicht falsch verstehen, damit ist nicht zwangläufig die 1:1-Kopie der Gründerzeitfassaden gemeint!


    Auch denke ich, daß ein nicht geringer Anteil der Baukosten von der technischen Gebäudeausstattung bestimmt wird.

    Das galt in der Gründerzeit genauso wie Heute.

    So hatten die Gründerzeitler der Arbeiterviertel eben nur Gemeinschaftstoiletten auf halber Etage, keine Bäder und einen Ofen für jedes Zimmer gab es auch nicht. Diese asozialen Mängel haben erst Sanierungen beseitigt und wirklich liebens-/lebenswerten Wohnraum geschaffen. (Heutige Bauvorschriften lassen derarte kostenreduzierende Einsparungen zum Glück nichtmehr zu)



    Was bleibt jetzt am Leipziger Platz?

    Die Chance mit den Torhäusern an historischer Stelle (ob Reko oder Zitat) hat man ja mit den einfallslosen S-Bahnabgängen erstmal gründlich versemmelt.

    Kurzfristig bleibt nur eine bessere Gestaltung der Platzanlage ansich.

    Man könnte z.B. auf jeder Platzhälfte jeweils einen Brunnen mit Bänken herum aufstellen.

    Man könnte z.B. die Torhäuser (zwar ahistorisch, aber dennoch schmückend) rechts und links an der Platzmitte wieder aufbauen und vielleicht gastronomisch nutzen usw.


    Was bleibt langfristig?

    Irgendwann müssen die Gebäudefassaden ja saniert werden. Vielleicht ist man dann willens einiges neu zu gestalten.

    Das sowas möglich wäre zeigt uns ja die schon praktizierte Umgestaltung der Fassade am Mosse-Palais.



    P.S.: Das Trion empfinde ich (jedenfalls von den Bildern her) als eines der gelungeneren Gebäude am Platz.



    Gruß, Jockel

  • Nun ist es also endlich soweit, die Doppelplatzanlage Potsdamer-/Leipziger ist vollendet. Aus meiner Sicht insgesamt ein mehr als vernünftiges Ergebnis, die Moderne hat zum ersten Male ein Platz-„Ensemble“ geschaffen. Die Staffelungen sind dem Masterplan entsprechend, 22 Meter, dann Sprung auf die 35 Meter (Kranz) am Leipziger Platz, das ist auch die Traufe im Bereich Potsdamer Platz (mit Hinterland), dann doppelte Gebäudehöhe (70 Meter) Piano, Beisheim, und kleiner Kollhoff (ehem. Delbrück) und dann dreifache Höhe (etwas über 100 Meter) großer Kollhoff und Jahn.


    Die Unterschiedlichkeit besteht ja einmal in der Abfolge von Einzelgebäuden (PPlatz) und der Parzellierung (LPlatz). Insgesamt ist hier (wieder aus meiner Sicht) das beste und durchdachteste und auch intellektuell durchdiskutierteste entstanden, in Berlin und Deutschland kenne ich hierzu zumindest seit der Wende nichts Gleichwertiges.


    Am Potsdamer wird ja gerade fast alles verändert von der Mall bis zum Sony-Center bis zum Marlene Dietrich Platz, vielleicht schafft man es diese sonderbaren Feuchtbiotope hin zum Landwehrkanal und den unwirtlichen (gigantischen) Innenhof des Arazaki-Gebäudes zu verwandeln und richtig sinnvoll zugänglich zu machen. Also alles im Fluss.


    Beim Leipziger verstehe ich manche Kritik schon, ich vermute nur was genau zu kritisieren ist, ist nicht jedem ganz klar. Das neue abschließende Gebäude von Leon Wohlhage finde ich ansprechend, da die Fassade für mich doch plastisch wirkt, mal live anschauen bitte!


    Die Probleme am Leipziger Platz sind aus meiner Sicht folgende:

    • Der Kranz mit 35 Meter Höhe (er soll ja zum Potsdamer Platz überleiten). Zur Platzseite hin gibt es das Problem, dass es einmal 3, einmal 4 OG über Traufe gibt, einmal mit Attika, einmal ohne. Das verunklart die Platzfigur. Der Kranz hat jedoch auch eine Rückseite, die städtebauliche Idee war es
      ja, dass dieser quasi über der Friedrichstadt „schwebt“ und den Leipziger Platz sichtbar macht. Ich habe jedoch den Eindruck, dass manche Architekten nicht auf die Rückseite des Kranzes geachtet haben, die somit ebenso wichtig ist. Man vergleiche die Rückseiten zum Potsdamer Platz (die plötzlich Vorderseiten werden) und zum Beispiel die Rückseiten vom Holocaust-Mahnmal aus. Hier fehlt der Schliff.
    • Die 22 Meter Traufe hätten penibel eingehalten werden müssen. Bei den drei Bauteilen der Württembergischen Versicherung hat man diese deutlich überzogen. Somit verrät man jedoch auch, dass es sich um keine Parzelle handelt. Für mich störte das seit Fertigstellung die Platzharmonik. Ursprünglich waren dort 4 OG mit Einhaltung der 22 Meter geplant, wurde leider umgeplant.
    • Als Vorgabe für die Architekten wäre wahrscheinlich die vertikal bzw. horizontale Gliederung der Fassaden sinnvoll gewesen. Gern auch in Abfolge (Kranz anders als Sockel, vielleicht auch je Parzelle anders, etc.). Aber da war wohl Stimmann nach dem Akademie der Künste Hickhack (und für was für ein mickriges Ergebnis) zu wund geschossen.

    P.S. Kann jemand vielleicht den Vorentwurf für das Delbrück-Gebäude (jetzt Kollhoff) von Sievers + Piatschek posten oder verlinken. Das sah kathedralenartig aus, irgenwie sehr 90er und sehr eigenwilig. Ich finde im Internet hierzu leider gar nichts mehr :(

  • ... und wenn ich mich hier wiederhole, ich finde es immer noch sehr bedauerlich, dass die rote Info-Box seinerzeit abgebaut und die Einzelteile bei ebay verscherbelt wurden. Mit ihrer Schrägstellung hätte sie auch das Gefüge des Platzes selbst nicht beeinträchtigt, mit der Farbe und der dekonstruktivistischen Formgebung hätte sie die konstruierte Langeweile des Platzes angenehm gestört. es wäre ein genialer Ort an dem die Geschichte dieses für Berhlin so wichtigen Platzes hätte erzählt werden können, verbunden natürlich mit einem guten Café.

    R.I.P Info-Box

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Infobox

    Einmal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • ^ Lieber Camondo, was die rote Info-Box angeht, habe ich dir damals schon zugestimmt. Und ich stimme dir heute wieder zu. Die rote Info-Box wäre ein cooler Hingucker für den Leipziger Platz gewesen. Darüber hinaus hätte die Info-Box den Vorteil gehabt, authentisch zu sein, weil sie Teil der Entstehungsgeschichte des neuen Potsdamer & Leipziger Platzes gewesen ist.


    Nachtrag:

    Mir hätte aber auch der Koreanische Pavillon auf dem Leipziger Platz gefallen. Mit dem Koreanischen Pavillon hätte ein Hauch von asiatischer Exotik über den Platz geweht. Das wäre auch nicht schlecht gewesen.

  • ....Nachtrag:

    Mir hätte aber auch der Koreanische Pavillon auf dem Leipziger Platz gefallen. Mit dem Koreanischen Pavillon hätte ein Hauch von asiatischer Exotik über den Platz geweht. Das wäre auch nicht schlecht gewesen.

    ... nein, nein, auf keinen Fall! Den hab' ich ja auf sehr diskrete Art und Weise verschwinden lassen. 8)

  • Ich habe mir kürzlich, nach Fertigstellung des "Trion", nun ein Bild vom fertigen Gesamtbild Leipziger/Potsdamerplatz machen können.


    Es ist kein Totalausfall, aber wirklich eine vertane Chance für Berlin an einem solch zentralen Ort. Mein größter Eindruck ist, dass der Potsdamer Platz viel gelungener ist, als der Leipziger Platz und durch diese Nachbarschaft eher abgewertet, als aufgewertet wird.


    Der Potsdamer Platz bietet bei all seinen Mängeln viele interessante Blickwinkel, durch die Höhen-, Form- und Fassadenunterschiede der Hochhäuser. Obwohl ja nun fertig, wirkt er durch die willentlich unausgefüllten Räume wie etwas Fließendes, Werdendes und damit eigentlich sehr passend für Berlin. Aufenthaltsqualität hat er kaum, da es hier bis auf das Sony-Center schlicht nicht viel zu tun gibt, aber durchaus "Vorbeifahrqualität", wenn dieser Begriff denn einen Sinn ergibt. Als Verkehrsknotenpunkt und Bahnhofsvorplatz - nicht mehr, nicht weniger war ja vorgesehen - erfüllt der Potsdamer Platz meines Erachtens seine Rolle.


    Der Leipziger Platz hingegen ist leiderleider zu einem Unort tapeziert worden, in meinen Augen. Man hat sich hier viel zu sehr darauf verlassen, dass die achteckige Form an und für sich eine aufregende Raumwirkung erzeugt, aber das ist leider überhaupt nicht der Fall. Mit "unspektakulär" oder "austauschbar" ist die Architektur eigentlich noch zu großzügig beschrieben: sie mutet abstoßend generisch an. Selbst für Wohnblöcke am Stadtrand wären diese Fassaden eher unterdurchschnittlich: der Blick bleibt an nichts hängen, obwohl man eine ganze Reihe scheinrepräsentativer Neubauten präsentiert bekommt. Dazu trägt das völlige Fehlen von Höhenunterschieden und Farbkontrasten bei. Dann noch durch armselige Begrünung und Einkaufsmöglichkeiten ausbleibende Aufenthaltsqualität -- und fertig ist der moderne Nichtort, mitten in Berlin Mitte. Hätte man auch einfach bleiben lassen können.


    Beim Potsdamer Platz ziehe ich insgesamt eine tröstliche Bilanz; der Leipziger ist nicht einmal mit gutem Willen schönzureden, weil er einfach *nichts* bietet.

  • Fehlende Einkaufsmöglichkeiten am LP? Dort, wo es einen direkten Zugang zu größten Mall Berlins gibt?

    Ich glaube eher, dass Sie den Platz gar nicht betreten haben ;)

  • Das habe ich in de Tat falsch formuliert, beziehungsweise nicht ausreichend ausgeschrieben. Die Einkaufsmöglichkeiten sind nicht armselig, sondern eigentlich sogar sehr gut, ich wollte schreiben: armselige Präsentation der Einkaufsmöglichkeiten. Geht man die Leipziger Straße entlang, nimmt man diese kaum wahr und will den Platz eigentlich nur möglichst bald hinter sich haben.

  • Hallo SeoulSoul,

    vielleicht hilft ihnen mein Post #982 um die Topographie Potsdamer-Leipziger-Platz besser nachvollziehen zu können. Die Schwächen (nach meiner Wahrnehmung) habe ich darin auch deutlich gemacht.

  • ^Ich gebe SeoulSoul recht, dass der mangelnde Zugang zu de Läden von den blockrandbildenden Straßen ein Manko ist. Auch die Einordnung der Einkaufsmöglichkeiten als armselig ist so falsch nicht. Die Flächen sind zwar da, aber man bewegt sich zwischen P&C und SportScheck. Das ist nun nicht abstoßend, erzeugt aber kein Destination-Shopping, gerade nicht bei Städtereisenden. Ne Schippe mehr Luxus und Exklusivität täte dem Standort gut finde ich, aber das mag ja noch kommen.


    Städtebaulich finde ich den LP gelungen. Den PP empfinde ich als rettbar unvollendet.

  • Wer Luxus sucht, kann ein paar Minuten weiter in die Friedrichstraße oder eben gezielt zum mittleren Kudamm und/oder Kadewe. Das Problem ist diese überdiemensionale MoB, in der man sich schnell mal verläuft und die je höher man kommt auch immer leerer wird.


    Meine Meinung und Vorschläge zur Platzgestaltung selbst mal wieder hier.

  • Nochmal ein Bildupdate zu dem Neubau. Unten ums EG bzw. den Sockelbereich stehen noch Bauzäune, aber obenrum ist alles komplett und das Gebäude ist den beleuchteten Fenstern nach zu urteilen zumindest teilweise bezogen:


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    leipzigerplatz02.jpg


    leipzigerplatz03.jpg

  • Ich wollte einfach ein paar aktuelle Eindrücke vom Leipziger Platz teilen - die Atmosphäre die sich dort inzwischen eingestellt hat, finde ich bemerkenswert: Der Entwurf der Landschaftsplanung für die Platzgestaltung geht auf. Ich finde einige Häuser der Randbebauung eher mäßig - aber der Kontrast zwischen der fast landschaftsparkählichen Entspanntheit und dem "harten" Rahmen der Randbebauung finde ich schon sehr reizvoll:


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  • Hat so eine Prise Central Park. Auch wenn es nicht für die Bebauung spricht, dass man sich Bäume davor wünscht, so kann ich dem Ganzen auch was abgewinnen.