Museumsinsel und Erweiterungsbauten (James-Simon-Galerie)

  • Die Pläne liegen seit fast 20 Jahren vor und werden Schritt für Schritt umgesetzt. Die UNESCO hat ihnen zugestimmt und sie genießen die Unterstützung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Aus meiner Sicht sind es hervorragende Pläne, die eine sehr gute Restauration der Bestandsbauten vorsehen (kann man in der Alten Nationalgalerie und im Bodemuseum bereits besichtigen) sowie eine sinnvolle Ergänzung auf höchstem architektonischen Niveau (und für einen entsprechenden Preis, den der Bund zahlt. Insgesamt mehr als 1 Milliarde €). Schaue ich mir die Visus an (die ich natürlich längst genau kenne), so finde ich die Gesamtwirkung der Anlage über alle Maßen grandios. Ich hoffe, dass die Materialien am Ende überzeugen und sehe Sichtbeton auch etwas kritisch.


    Der vierte Flügel des Pergamonmuseums ist notwendig und greift die historischen Kolonnaden auf. Der Hof war nicht offen konzipiert. Die James-Simon-Galerie überzeugt mich in ihrer Form vollkommen. Sie greift die Architektur des griechischen Gymnasions auf und stellt sich in eine Linie mit dem Alten Museum und der Nationalgalerie, die Berlin den romantischen Beinahmen Spreeathen bescherten.


    Ich akzeptiere andere Meinungen und sehe hier viel Potential für eine kontroverse Diskussion, würde mir aber Sachlichkeit dringend wünschen. Kann man auf Schmähungen wie z.B. "Zerstörung des Pergamonmuseum" oder "Kulturfrevel" usw., usw. nicht verzichten?

  • Dass das Bodmuseum mit seinem aseptischen Inneren (zumindest im EG) "auf höchstem architektonischen Niveau" saniert wurde kann man nun wirklich nicht behaupten. Es ist schön, dass die äußere Haut des Kaiser-Friedrich-Museums (Bode war als Direktor ein glühender Monarchist und würde im Grabe rotieren wüsste er, dass das Museum nicht mehr nach Kaiser Friedrich benannt ist) halbwegs historisch geblieben ist. Innen wär' deutlich mehr drin gewesen, vor allem für diesen Etat, aber man soll ja auch so nicht undankbar sein.


    Gegen das Schließen des Hofes hat ja niemand etwas, aber Messel hatte Recht, dass die unterschiedlichen Architekturen der Museumsinsel mit einer gemeinsamen Kolonnade zusammengehalten werden müssen, damit sie dieses burgartige, tempelbergartige nicht verlieren. Jetzt zwanghaft auch noch die Kolonnade neu zu interpretieren zu wollen - aus meiner Sicht Thema verfehlt. Der Messel-Kolonnade hatten seinerzeit auch alle zugestimmt und fanden es toll.


    Ach: im Eingangsbau ein griechisches Gymnasion zu sehen setzt wirklich die Beherrschung verschlungener Assoziationketten in Gang. Die hast Du echt exklusiv.

  • ^ Nun belegt ist diese Assoziation zugegeben nicht. Dennoch: Ich habe viele Ausgrabungen in Griechenland besichtigt und sehe Anlehnungen an altgriechische Architektur. Zumindest die Assoziation einer Stoa, was den Anblick über den Kupfergraben betrifft, ist nicht abwegig. Man müsste Chipperfield natürlich fragen.

  • Aus meiner Sicht sind es hervorragende Pläne, die eine sehr gute Restauration der Bestandsbauten vorsehen (kann man in der Alten Nationalgalerie und im Bodemuseum bereits besichtigen) sowie eine sinnvolle Ergänzung auf höchstem architektonischen Niveau [...]. Schaue ich mir die Visus an (die ich natürlich längst genau kenne), so finde ich die Gesamtwirkung der Anlage über alle Maßen grandios.


    Bis dahin würde ich mich anschließen - und ergänzen, dass gerade das Nebeneinander der unterschiedlichen "Philosophien", die den Rekonstruktionen/Restaurierungen von Alter Nationalgalerie, Bodemuseum und Neuem Museum zugrunde liegen, m. E. reizvoll ist.


    Etwas anderer Meinung bin ich aber hier:


    Der vierte Flügel des Pergamonmuseums ist notwendig und greift die historischen Kolonnaden auf.


    In der vorgesehenen Form ist der vierte Pergamonflügel nach meinem Empfinden ein Fremdkörper. Für eine solch sensible Bauaufgabe ausgerechnet einen Dogmatiker wie O. M. Ungers auszuwählen, war eine fragwürdige Entscheidung.

  • Zumal auch egal ist, wie mal eine Bauplanung aussah, mag ja sein, dass es von Anfang an Pläne für solch einen Flügel gegeben haben mag. Aber das ist die Regel und nicht die Ausnahme, kaum ein historisches Gebäude wurde so verwirklicht, wie es mal vorgestellt wurde, zumeist hat man bei Baukostensteigerungen Teile einfach gestrichen, manchmal sogar noch hier und da nachgelegt (eher selten). Daraus kann man kaum ableiten, dass es quasi jetzt eben "nur endlich fertig gebaut" würde.


    Das ändert zudem nichts daran, dass das Pergamonmuseum so wie es ist über viele Jahrzehnte Berlin geprägt hatte, mit offenem Hof und drei Flügeln "fertig" war und so auch unter Denkmalschutz gestellt wurde.

    Einmal editiert, zuletzt von Eisber ()

  • Wirklich fertig wirkte das Gebäude mit der offenen Hofsituation für mich nie. An den zum Hof zeigenden Wänden der Außenflügel war stets zu erkennen, dass dort ein weiterer Baukörper vorgesehen bzw. vorhanden war und ich habe mich bei meinen ersten Besuchen in den 80er immer gefragt, was dort weggerissen worden war.
    Die Schließung des Hofes gemäß den Ursprungsplanungen würde ich daher auch begrüßen, vor allem da die Kolonnaden die Sicht auf den unpassenden Eingangskubus aus DDR Zeiten nehmen würden. Aber leider ist die Würdigung der Ursprungsarchitekten durch die Herstellung der von ihm beabsichtigten Außenwirkung des Gebäudes aktuell offensichtlich nicht darstellbar. Der nicht zu übersehende Bruch zwischen Neu und Alt bzw. das unsensible Hineinquetschen neuer Bauteile scheint immer häufiger ein "Muss" bei Sanierungen zu sein.

  • Wirklich fertig wirkt auch der Louvre in Paris auf manchen vielleicht auch nicht, wie auch, die aktuelle U-Form hatte dieser Komplex eigentlich auch nicht, bis die Tuilerien abgebrannt sind:


    http://de.wikipedia.org/wiki/P…umier_3_004_Tuileries.jpg


    Trotzdem würde kein Mensch in Frankreich auf die Idee kommen, den Hof des Louvre mit einem zeitgenössischen Neubau zu schließen, schon die vergleichsweise kleine Glaspyramide löste ja heftigste Kontroversen aus. Denkmalschutz heißt so, weil er Baudenkmäler schützt. Nicht nur vor dem Totalabriß.

  • @Eisber


    das ist mal wieder ein Vergleich der vorne und hinten nicht stimmt.


    Der Louvre ist das Pariser Königsschloss dessen Wurzeln bis ins 11. Jahrhundert zurückreichen.
    Weiter wurde ein Teil abgebrannt, das Tuilerien Schloss, und zwar von den Pariser Bürgern 1871 aus Protest gegen die herrschende Monarchie die das Land in die Kriegsniederlage gegen das Deutsche Reich getrieben hatte und weil es der Teil des Louvre war in dem Napoleon III residierte. Aus gutem Grund wurde dieser niedergebrannte Teil also nicht wieder aufgebaut.
    Ausser unserem Forumsmitglied Konstantin der sich für einen Wiederaufbau auch dort engagiert kenne ich nicht allzuviele andere.
    Das jetzt mit einem berliner Museumsbau aus den 20er/30er Jahren des 20. Jahrunderts zu vergleichen der von Anfang an als Museum geplant war halte ich für ziemlich abwegig.
    Auch in diesem Fall empfehle dir ich das Studium der umfangreichen Fachliteratur.
    Es bringt einfach nichts sich die Geschichte so hinzubiegen wie man sie gerne hätte.
    Interessant würde es werden, wenn du dir mal die Frage stellen würdest wie es sich wohl mit dem Berliner Stadtschloss (nur damit kann man die Tuilerien und den Louvre ungefähr vergleichen) und dem Wiederaufbau des Berliner Schlosses verhalten würde, wenn die Berliner Bürger 1918 nach dem verlorenen Krieg, der Abdankung des Kaisers und der Novemberrevolution das Schloss in Schutt und Asche gelegt hätten, wie es die Pariser Bürger 1871 taten. Aber das ist ein anderer thread. ;)


    http://classes.uleth.ca/200103…cs/louvre-long-aerial.jpg

    3 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Ausser unserem Forumsmitglied Konstantin der sich für einen Wiederaufbau auch dort engagiert kenne ich nicht allzuviele andere.


    Genau! Mehr gibt es auf der FB-Seite, wo sich im übrigen mehr als 2.000 andere ebenfalls dafür engagieren.


    Den Protest der Pariser Commune, die die Tuilerien angesteckt haben, als Protest gegen eine Kriegspolitik des 2. Kaiserreiches darzustellen scheint mir jedoch zu kurz gegriffen. Die ideologisch bedingten Zerstörungen von Sozialisten werfen hier ihre Schatten weit voraus.


    Noch mehr Informationen gibt es hier (klickmich)und bei Wiki.


    Back to topic bitte.

  • Camondo


    Es geht hier nicht um Pariser Lokalgeschichte sondern darum, dass keiner vorschlagen würde, diese Hofseite des Louvre hier und heute, egal was wann niedergebrannt wurde, mit einem komplett zeitgenössischen Bau zu schließen. Das macht man am Pergamonmuseum aber. Im Übrigen verbindlichsten Dank für die steten und nicht weiter benannten Buchvorschläge in den Beiträgen.

  • @Eisber
    Dann mache doch nicht solche Vergleiche die man nicht ziehen kann. Wie ich schon sagte, das Pergamonmuseum ist kein Schloss und es braucht Platz. Von daher, was liegt näher als die alten Pläne umzusetzen. Der Ungers Entwurf ist sachlich und uneitel und von daher sehr gut geeignet.

  • Es ist doch keine große Abstraktion nötig, um zu sehen, was ich hier vergleiche. Zwei prominente und eingeführte Museumsbauten, die beide maßgeblich ihr heutiges Erscheinungsbild in der Belle Époque erhielten, die beide unter Denkmalschutz stehen. Frz. Revolution, Königsschloss, usw. sind hier nicht maßgebliche Details.


    Aber Anno 2014 käme kein Pariser auf die Idee, den offenen Hof des U-Baus des Louvre durch ein "sachliches" Gebäude zeitgenössischer Architektur zu schließen (es gibt aber in der Tat eine rege Bewegung, die anstrebt den Komplex durch eine Reko des Tuilerienpalastflügels wieder zu schließen - aber eben eine historische Reko und nicht zeitgenössisch! Die Pariser mögen zeitgenössische Architektur, siehe Centre Pompidou, aber da, wo sie hinpasst!).



    In Berlin wird es umgesetzt. Das ist der Vergleich und der Unterschied, den ich für sich sprechen lasse. Berlin ist und bleibt halt auch im 21. Jh. die Stadt des groben Soldatenkönigs und nicht der feinsinnigen Künste, wie Paris sie ist. Leider. Vom Louvre hätte man auch lernen können, dass man ein Museum modernisieren und erweitern kann ohne das Baudenkmal zu verändern -im Untergrund. Hier im Thema wurden schon mehrere Vorschläge diskutiert, wie man diese Besucherzentrumfunktion auch unterirdisch hätte organisieren können, inkl. einem Rundgang über die gesamte Museumsinsel, bis rüber zum Humboldtforum mit einer zwischengeschalteten, unterirdischen Ausstellungshalle unter dem Lustgarten, a lá Neue Nationalgalerie nur ohne Pavilion obendrauf - das wäre sogar ambitioniert gewesen. Auch ist offenkundig keine Sensibilität dafür vorhanden, dass die alten Bauten der Museumsinsel nicht einfach nur Ausstellungsräume sind, sondern selbst große Skulpturen der bildenden Kunst sind. Der Nofretete macht man ja auch keine zeitgenössischen Piercings als Ergänzung.


    Das Pergamonmuseum ist zudem nicht "sachlich" oder "uneitel" sondern monumental gestaltet, dementsprechend ist ein "sachlicher" Anbau einfach unpassend. Auf diese Geschmacksdebatte will ich mich aber gar nicht erst einlassen, für mich kann es keinen Entwurf geben, der passt - weil das Pergamon einfach gut war, wie es war und unter Denkmalschutz steht. Ich finde erstaunlich, wie dieser ganz entscheidende Punkt immer wieder übergangen wird in dieser Debatte, so als sei Denkmalschutz mehr eine Art Empfehlung.


    "Denkmalschutz verfolgt das Ziel, Denkmale dauerhaft zu erhalten. Dem kulturellen Erbe einer Gesellschaft kann die Funktion zukommen, anhand dinglicher und sinnlich wahrnehmbarer historischer Zeugnisse über die Geschichte der Gesellschaft zu informieren und somit ein lebendiges Bild der Baukunst und Lebensweise vergangener Zeiten zu erhalten." (http://de.wikipedia.org/wiki/Denkmalschutz#Zweck)


    Das ist einfach "weg", wenn der äußerliche Charakter des Pergamonmuseums so erheblich verändert wird. Der Besucher oder vorbeischlendernde Passant macht keine kleine Zeitreise in das großbürgerliche Berlin von 1909 mehr, mehr noch, zuerst springt ihm ein zeitgenössischer "sachlicher" Anbau ins Sichtfeld. Der Hof wird für immer seine Raumwirkung verändern, die Straßenansicht wird sich für immer verändern. Tiefgreifend.

  • Du hast es immer noch nicht verstanden worin der Unterschied liegt. Der Louvre ist als königliche/kaiserliche Stadtresidenz gebaut worden über Jahrhunderte hinweg. Das Pergamonmuseum ist als Museum gebaut worden und das in der ersten Hälfte des 20ten Jahrunderts. Von daher gibt es auch keine großen ästhetischen Probleme den Entwurf aus dieser Zeit für das Pergamonmuseum umzusetzen.


    Ps Du hast ja keine Ahnung was für ein Kampf es war das Centre Pompidou dort zu errichten. Das Centre ist bestimmt nicht den Parisern zu verdanken sondern einer weitsichtigen Präsidialen Direktive.

  • Für mich ist der Vergleich auch sinnfrei.


    Louvre der mit seinem großen offenen Hof quasi in die Tuilerien übergeht und mit ihnen "verschmilzt" vs Pergamonmuseum mit kleinem Hof, Abschottung durch Spree und Blick auf eine Häuserwand ohne langezogene und interessante Sichtachsen.

  • Dieser Unterschied ist für meine Argumentation vollkommen irrelevant. Es geht ums hier und jetzt und den Umgang mit Baudenkmälern im hier und jetzt. Ich vergleiche nicht "das Gebäude Louvre" mit "dem Gebäude Pergamonmuseum", sondern den Umgang der jeweiligen Kulturöffentlichkeit mit ihren Landmarken und Museumsgebäuden, die längst selbst zu kunsthistorischem Erbe wurden, exemplarisch anhand dieser beiden Gebäude. Motivebene, nicht Objekt.

  • ^
    Naja, wer weiß ob die Franzosen ein Zwischenbau nicht doch in Betracht zögen, stünden die beiden Flügel deutlich näher beinander.
    Andereseits würden die Museumsinselplaner vielleicht auf den Verbindungsbau verzichten, wäre zwischen den beiden Flügeln des PMs eine Lücke von 140m.
    Insofern sollte man m.E. für diesen Vergleich ("Umgang") durchaus auch die Gebäude und deren Beschaffenheit berücksichtigen.

  • ...Es geht ums hier und jetzt und den Umgang mit Baudenkmälern im hier und jetzt.....


    Irgendwie verstehe ich deine Aufgeregtheit jetzt nicht. Die Pläne dafür gibt es seit es das Pergamonmuseum gibt, konkreter wurden sie vor 10 Jahren.
    Und eben weil wir im hier und jetzt leben, das hast du von mir geklaut... ist es doch nur legitim, wenn das Museum auch noch Platz braucht diesen geschickt mit dem Verbindungsbau zu erwirken. Dein Problem hättest du vor 10 Jahren äussern können. Das kommt mir jetzt vor wie in Stuttgart, wo ich bereits 2004 die Entwürfe für den neuen Bahnhof in einer großen Ausstellung bewundern konnte, aber keinen hat's interessiert. Erst wenn's konkret wird bekommen die Leute ihre Angst-Attacken.

  • Die ideologisch bedingten Zerstörungen von Sozialisten werfen hier ihre Schatten weit voraus.


    [Deine Liebe zum Tuilerien-Palast in allen Ehren, aber ganz nebenbei fand damals auch die politisch bedingte 'Zerstörung' von Menschen statt. Am Ende hatten die Regierungstruppen 30.000 Leute niedergemetzelt, die um ihre sozialen und ihre Menschen-Rechte kämpften. Auch wenn Du es nicht wahrhaben willst, lieber Konstantin: Das von Dir so über alles geschätzte Bürgertum verdankt(e) seinen Aufstieg im 19. Jahrhundert weniger humanistischen Argumenten oder gemeinnützigen Bestrebungen, sondern bewaffneter Gewalt und rücksichtsloser Ausbeutung. Ich jedenfalls weiß nicht, ob ich angesichts des Pariser Massakers ernsthaft um ein Gebäude trauern soll, das während der Kämpfe in Flammen aufging. Es war ein schönes Haus, natürlich, aber es war nur ein Haus.]


    So, bitte entschuldigt die eingeklammerte Abschweifung, aber das musste raus. Zum Thema: Mir kam das Pergamonmuseum äußerlich schon immer wie ein architektonischer Schwachpunkt der Museumsinsel vor. Ich sehe es als düsteren, spät-wilhelminischen Kasten, der unangenehme Assoziationen weckt. Von der Eleganz, wie sie das Alte Museum oder die Alte Nationalgalerie ausstrahlen, hat das Ding jedenfalls gar nichts mehr. Die Anmut des vielbeschworenen Spree-Athens erlebt man zwischen den Säulengängen am Neuen Museum und an der Nationalgalerie (keine Frage: traumhaft dort; "et in arcadia ego"), nicht aber am Kupfergraben, die Treppe zum Hof des Pergamon-Museums hinaufblickend.


    Während mir die älteren Museen auf der Insel wie eine liebevolle (wenn auch idealisierende) Verbeugung vor der antiken Klassik erscheinen, sehe ich im Pergamon-Museum vor allem eine auftrumpfend-herrschaftliche Geste: Das antike Vorbild wird zwar (in der Kolossalordnung, etc.) noch zitiert, gleichzeitig aber gewissermaßen "eingemauert". Anders umschrieben: Während das Neue Museum noch Bewunderung für seine Exponate ausdrückt, dokumentiert das Pergamonmuseum die Haltung einer Kolonialmacht: Ganz hübsch, was wir hier zeigen, aber wir haben es erobert, und dass wir es ausstellen können, beweist unseren historischen Sieg.


    Ich finde es nicht nur aus historischen Gründen angemessen, diesen imperialen Gestus aufzubrechen, sondern auch aus ästhetischen. Dazu taugt die geplante Umgestaltung m.E. recht gut: Die James-Simon-Galerie gefällt mir (in ihrer aktuellen Version) durch Rhythmus und Zurückhaltung, und Ungers Querbau finde ich zumindest akzeptabel. Entscheidend finde ich, dass beide zusammen die herrschaftliche Gestik des Pergamon-Museums im besten hegelschen Sinne aufheben – also in einem bewahren (weil sie die Fassaden nicht antasten) wie abschaffen (weil der neue Kontext die alte Wirkung aushebelt).


    Von Vergehen an der Geschichte kann ich bei den aktuellen Ergänzungen jedenfalls nichts erkennen. Vielmehr scheint mir hier durchaus Geschichtsbewusstsein am Werke zu sein – nur dass es eben kein affirmatives Bewusstsein ist, sondern ein kritisches.

    Einmal editiert, zuletzt von Architektenkind ()


  • Während mir die älteren Museen auf der Insel wie eine liebevolle (wenn auch idealisierende) Verbeugung vor der antiken Klassik erscheinen, sehe ich im Pergamon-Museum vor allem eine auftrumpfend-herrschaftliche Geste: Das antike Vorbild wird zwar (in der Kolossalordnung, etc.) noch zitiert, gleichzeitig aber gewissermaßen "eingemauert". Anders umschrieben: Während das Neue Museum noch Bewunderung für seine Exponate ausdrückt, dokumentiert das Pergamonmuseum die Haltung einer Kolonialmacht: Ganz hübsch, was wir hier zeigen, aber wir haben es erobert, und dass wir es ausstellen können, beweist unseren historischen Sieg.


    Aha. Nun ist der Bau aber im wesentlichen erst in republikanischen Zeiten ausgeführt worden und beherbergt Exponate aus dem Mittelmeerraum und Vorderasien. Mir ist nicht bekannt, dass das Kaiserreich dort jemals Kolonien hatte oder etwas erobert hat. Im Gegenteil sind die meisten Exponate völlig legal und korrekt über die wissenschaftliche Arbeit und den entsprechenden Lizenzen dazu aus dem Osmanischen Reich nach Berlin gelangt. Diese Mühe haben sich bspw. die Briten und Franzosen eher selten gemacht.

  • ^^Ich glaube Du erwartest nicht ernsthaft, dass ich in eine Diskussion über diese marxistische Geschichtssicht eintrete - dies sprengte auch den Rahmen dieses Forums.


    Aber selbst wenn die bösen, ausbeuterischen Royalisten um Napoleon III. an allem Schuld gewesen wären: was konnten die Tuilerien dafür? Diese sind nicht einmal von NIII. erbaut? Könige enthaupten, bitte. Aber warum gleich die Schlösser plattmachen. Ich finde Revolutionäre brauchen einfach mehr Bildung!