Altstadtfreunde kaufen weiteres historisches Haus
Die Altstadtfreunde Nürnberg sind wieder aktiv geworden, um ein marodes Haus zu retten. Aus der NN vom 10.05.2003:
Altstadtfreunde erwerben das einstige Gerberhaus Hintere Ledergasse 43: Kein Geld für die aufwendige Sanierung
Verrottete Bude vor dem Einsturz gerettet
Hoffnung auf einen Sponsor — Vorerst nur statische Sicherung — Umlaufende Holzgalerie soll freigelegt werden
Die Altstadtfreunde haben wieder einen neuen Klotz am Bein: Sie erwarben das einsturzgefährdete Haus Hintere Ledergasse 43. Eine umfassende Sanierung ist momentan allerdings finanziell nicht drin, weil der Verein zunächst zwei andere Baudenkmäler in Stand setzen muss. So bleibt es zunächst bei der statischen Sicherung.
Eine Kartusche an der Außenmauer mit der Jahreszahl 1697 verrät das Alter des einstigen Gerberhauses. Die Bausubstanz ist mittlerweile völlig heruntergekommen. Unter dem Putz ist das Fachwerk teilweise verfault, weil das Wasser ungehindert eindringen konnte. Eine Hauswand zum Innenhof war bereits 60 Zentimeter nach außen gewölbt — das vor einem Jahr noch bewohnte Gebäude drohte in sich zusammenzufallen.
Daraufhin zog die städtische Bauordnungsbehörde die Notbremse und machte dem damaligen Eigentümer hohe Auflagen. „Da die Anforderungen immer unerfüllbarer wurden, fassten wir den schweren Entschluss zum Kauf“, erklärt Altstadtfreunde-Chef Erich Mulzer, der sich aber über die Höhe des Kaufpreises ausschweigt. Mindestens eine Million Euro sind notwendig, um die verrottete Bude wieder bewohnbar zu machen. Zunächst war Mulzer über den Neuerwerb wenig begeistert: „Eine langweilige Fassade in einer unattraktiven Straße“, so seine Einschätzung. Beim Kramen im Stadtarchiv fand der passionierte Geschichtsforscher jedoch einen Umbauplan aus dem Jahr 1852. Aus diesem ging hervor, dass das Gebäude offene, umlaufende Holzgalerien in den oberen Stockwerken hatte, die nun zum Teil unter Putz liegen. „Mit dem Freilegen und Sanieren der Balkone wird der Innenhof zum schönsten auf der Lorenzer Seite“, behauptet Mulzer.
Die Dachgeschosse wurden früher zum Trocknen der gegerbten Felle genutzt. Im Erdgeschoss sind noch die originalen, in Sandstein gefassten Gruben zu sehen, in denen die Handwerker des 17. bis 19. Jahrhunderts die Tierhäute in Eichenlohe eingelegt hatten. Unter Heraklitplatten kam im ersten Stock eine massive Bohlenbalkendecke zum Vorschein. „Das Haus gibt allmählich seine Geheimnisse preis“, meint Altstadtfreund und Architekt Michael Taschner.
Erich Mulzer hofft immer noch auf einen finanzstarken Sponsor: „Mich wundert, dass es keine Firma gibt, die uns dauerhaft unterstützt.“ In die oberen Stockwerke der Hinteren Ledergasse 43 sollen Familien einziehen, das Erdgeschoss dürfte als Lager dienen.
Immerhin 200 Baumaßnahmen — von der Marienfigur über Erker und Hauszeichen bis zum nachgebauten Chörlein und zur kompletten Hausrenovierung — hat der Verein in den 30 Jahren seines Bestehens abgeschlossen. Elf Anwesen innerhalb der Stadtmauer sind fertig saniert, zwei weitere (Mostgasse und Weißgerbergasse) werden derzeit hergerichtet.
Beim Altstadtspaziergang am Samstag, 17. Mai, am Fischbach entlang durch die Lorenzer Altstadt kann man das marode Haus besichtigen.
HARTMUT VOIGT
Das Haus in der Hinteren Ledergasse 43, wie es über 150 Jahre lang aussah. Darüber legte unser Fotograf einen Plan von 1852, der das Haus in seinem damaligen, 1697 entstandenen Zustand zeigt, mit offenen, 18 Meter langen Holzbalkonen in den beiden obersten Stockwerken, die später dem Einbau von Wohnungen weichen mussten. Foto: Hagen Gerullis
Das Foto stammt nicht aus der NN, sondern aus dem entsprechenden Beitrag in der NZ.
Eine Frage habe ich dabei noch: gibt es in anderen deutschen Großstädten ähnliche Vereine, die noch dazu so aktiv sind? Im Stadtlexikon Nürnberg steht im Artikel über die Altstadtfreunde: "Daß in einer Halbmillionenstadt ein maßgeblicher Teil der Denkmalpflege allein von bürgerlichem Idealismus getragen wird, ist in der Bundesrepublik einmalig." Allerdings hat diesen Artikel Erich Mulzer selbst geschrieben, so daß ich nicht weiß, inwieweit diese Einschätzung realistisch ist und ob nicht ein bißchen Selbstglorifizierung dabei ist. Man könnte diesen Satz aber auch als Kritik an der staatlichen und kommunalen Denkmalpflege lesen. Ich glaube aber nicht, daß das so gemeint ist.
Mich würde sehr interessieren, wie das in anderen Städten abläuft.