Leipzigs Innenstadt
Hatte endlich mal Zeit ein paar Bilder vom Leipziger Stadtzentrum zu machen.
Leipzigs Innenstadt lässt sich schwer auf einen Nenner bringen, in Teilen beeindruckend, anderswo abgrundtief deprimierend. Kein überzeugendes Ensemble, eher ein kontrastreicher Architekturcocktail: kleine Altstadtreste aus Renaissance und Barock wechseln sich mit gründerzeitlichen Messe- und Handelshäusern, sozialistischen Prunkbauten und „Wohnmaschinen“ und in der Mehrheit anspruchslosen Nachwendemüll ab.
Der zweite Bauboom seit 1990 beschert der Stadt zur Zeit weitere Einkaufszentren und Kaufhäuser, dazu noch einen S-Bahntunnel, der ab 2009 die beiden Kopfbahnhöfe verbinden soll.
Die Meinungen über diese Entwicklung gehen weit auseinander - Shoppingghetto oder „Ostdeutschlands Einkaufsmetropole“, das ist hier die Frage.
Das Gegengewicht zur sich durchsetzenden Nutzungseinfalt bilden vor allem DIE Instanzen der Leipziger Hochkultur (Oper, Gewandhaus, Schauspiel, Thomaskirche) und die altehrwürdige Universität, die bis 2009 völlig umgestaltet werden soll.
Der Blick auf das Zentrum vom Rosental (Norden) aus.
Webers Hof, 1662 erbaut, markiert den Übergang von der Renaissance zum Barock
Barthels Hof, letzter erhaltener Handelshof aus den Zeiten der Warenmesse
Barfußgässchen, die beliebteste Gastro-Meile im Zentrum
Kaffeebaum, seit 1711 wird hier Kaffee ausgeschenkt
Altes Kloster, 1755 fertiggestellter Rokoko-Bau
Alte Börse, ältestes erhaltenes Versammlungsgebäude der Leipziger Kaufmannschaft
Katharinenstraße, nur die Gebäude auf der linken Seite haben den Krieg überstanden
Drei barocke Perlen in der Katharinenstraße/Brühl; das Linke gehört der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft (LWB), die lieber Plattenbauten saniert und dieses wertvolle Haus (wie übrigens auch viele denkmalgeschützte Gründerzeitler) vergammeln lässt; an der Ecke: das 1703 fertiggestellte Romanushaus (nächstes Bild – Innenhof)
Altes Rathaus „von hinten“ (Naschmarkt), das 1556/57 von Hieronymus Lotter errichtete Gebäude zählt zu den herausragenden Bauleistungen der Renaissance in Deutschland; wird seit der Fertigstellung des Neuen Rathauses 1905 als Stadtgeschichtliches Museum genutzt
Neues Rathaus, da auf Teilen der alten mittelalterlichen Pleißenburg errichtet, stellte der Architekt Hugo Licht das Gebäude unter das selbstbewusste Motto „Eine neue Burg hat sich erhoben“, der Turm erreicht eine stattliche Höhe von 114 Metern
Um Baufreiheit für die Tunnelstation Markt zu schaffen, wird zur Zeit das 1924 errichtete Untergrundmessehaus abgerissen.
siehe auch hier:
http://www.fotocommunity.de/pc/pc/cat/2301/display/3999638
oder hier:
http://www.sz-online.de/nachrichten/fotos.asp?artikel=951458
Nikolaistraße, in der einige für Leipzig typische Pelzhandelshäuser erhalten geblieben sind
Nikolaikirchhof:
http://www.fotocommunity.de/pc/pc/cat/3/display/4022835
Petersstraße mit Karstadt-Baustelle
Thomaskirche, Westportal
Heimstätte des Thomanerchors und Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach, dessen Gebeine hier begraben sind
Specks Hof, für mich der schönste Leipziger Messepalast, kleine Passagen und Lichthöfe ermöglichen ein Durchqueren des massigen Blocks
Pleißmühlgraben am westlichen City-Rand, seit den 50er Jahren wurden eine Reihe durch Industrieabwässer stark verschmutzte Fließgewässer unter die Erde verbannt; da die Sanierung der Wölbleitungen sehr teurer ist und die Verschmutzung der Gewässer spürbar nachgelassen hat, entschied man sich Anfang der 90er Jahre den Pleiß- und den Elstermühlgraben schrittweise wieder ans Tageslicht zu holen; bis zur Fertigstellung wird es wohl noch mindestens 10 Jahre dauern
Ein gelungener Neubau aus den 90ern am Burgplatz
Das Ringcafe aus den 50ern im Stile der „nationalen Tradition“
Die ehemalige Hauptpost, 1961-1964 errichtet, steht für die ersten Versuche in der DDR, Anschluss an die internationale Moderne zu finden, mittlerweile unter Denkmalschutz gestellt
die „Blechbüchse“ (ehem. Konsument-Warenhaus), kein Neubau sondern ein Umbau des im zweiten Weltkrieg ausgebrannten Kaufhaus Brühl, hinter der Aluminiumfassade von 1968 versteckt sich noch die alte Sand(?)steinfassade
die 3 Wohnscheiben am Brühl, ursprünglich sollten sie saniert werden, doch mittlerweile sind sie leergezogen, der Abriss soll bald erfolgen; hoffentlich setzt man auf eine kleinteilige Neubebauung…
Das Marx-Relief schmückt das Hauptgebäude der Uni, eine Erläuterung habe ich hier gefunden: http://www.portalkunstgeschich…uebersicht/leipzig_13.php
„Das Karl-Marx-Relief entstand in Zusammenhang mit der Neugestaltung des Universitätsgeländes in den 60er Jahren. […] Das vorgegebene Thema “Leninismus - der Marxismus unserer Epoche†setzten die Künstler (Frank Ruddigkeit, Rolf Kuhrt, Klaus Schwabe) in drei Jahren um. Es entstand ein 14,4 x 6 x 3 m großes Bildwerk, welches auf der linken Seite dominant den Bildniskopf Karl Marx` darstellt, der die Idee des Marxismus-Leninismus repräsentiert. Eine demonstrierende, vorwärtsdrängende Personengruppe in der Mitte gleicht kompositorisch die Gruppe der Diskutierenden aller Nationen auf der rechten Seite aus, eine männliche Figur schließt sich dem Zug der Marschierenden an, der von einer großen Frauengestalt angeführt wird. Links, fast mit dem Portraitkopf verschmelzend, eine weitere Gruppe, die sich zur Mitte hinwendet und nach oben durch einen Rufenden abgeschlossen wird. […] Ideologischer Gesamtsinn ist die Vorstellung, dass die erreichten Ergebnisse durch den Kampf der Arbeiter, die Zukunft und Gegenwart durch die vorwärtsstrebende Jugend und durch die Kommunikation der Völker gesichert wird. Das Relief ersetzt nach der Sprengung der völlig unversehrten Paulinerkirche 1968, die natürlich ideologisch und propagandistisch gerechtfertigt wurde, demonstrativ den Kirchenbau mit der allegorischen Darstellung der Staatsphilosophie und der höheren Ziele, deretwegen “das Alte†weichen musste. […]“
Das neue Gewandhaus, 1981 anstelle der 1968 gesprengten Kriegsruine des Museums der bildenden Künste errichtet. Ein wie ich finde gelungener Bau, dessen Großzügigkeit eigentlich gar nicht zur Finanzsituation des damaligen DDR-Staatshaushaltes passte, schließlich war die DDR Anfang der 80er Jahre bereits pleite. Der große Konzertsaal erinnert stark an Scharouns Berliner Philharmonie.
Krochhochhaus, das 1927/28 errichtete Gebäude war das erste Hochhaus der Stadt, der Architekt lehnte sich in der Gestaltung an den Uhrturm am Markusplatz in Venedig an
Das Europahaus, ein Ergebnis der Stadtplanung der 20er Jahre, die vorsah die Ringstraße um das Zentrum zur „Ring-City“ auszubauen und mit Hochhausdominanten zu versehen.
Der Uni-Riese, bis 1972 nach Plänen von Hermann Henselmann (Berliner Fernsehturm, Jenaer Uni-Turm) errichtet, das mit 142 Meter größte Hochhaus der DDR sollte als ein gigantisches aufgeschlagenes Buch gedeutet werden, die geschwungene Dachspitze konnte das Bild einer wehenden Fahne assoziieren, 2001 erfolgte der Umbau zum Bürohaus (Peter Kulka)
Wohnhochhaus Wintergartenstraße
1969 bis 1974 errichtet, mit 95 m dritthöchstes Gebäude der Stadt, folgt der Idee der „Ring-City“, auf dem Dach ist das Signet der Leipziger MusterMesse angebracht
Der Hauptbahnhof verdankt seine gigantischen Ausmaße vor allem der Kleinstaaterei und dem Fehlen einer einheitlichen Eisenbahnverwaltung im deutschen Kaiserreich. Alle Anlagen wurden doppelt ausgeführt: es gibt sowohl eine Ost- als auch eine Westeingangshalle, einen sächsischen und einen preußischen Wartesaal und 26 Gleise, die jeweils zur Hälfte unter sächsischer bzw. preußischer Verwaltung standen.
Der Querbahnsteig – mit 270 m Länge, 33 m Breite und 27 m Höhe nicht gerade klein geraten
Zum Abschluss noch zwei Bilder des KPMG-Verwaltungsgebäudes ein paar hundert Meter südlich des Leipziger Zentrums. Wie ich finde der alles in Allem gelungenste Neubau in Leipzig nach 1990 (Architektur: schneider+schumacher).