Rekonstruktionen

  • Ich kann den Sinn dieser Diskussion nicht mehr erkennen. Von London bis Brügge reichen hier die Referenzen. Jede Stadt hat eine eigene Geschichte. Brügge z.B., einst eine florierende Hafenstadt, starb schon im späten Mittelalter aus, weil der Hafenzufluss versandete. Bis ins 19 Jahrhundert hinein herrschte Stillstand. Die Stadt hat sich bis in Neuzeit überhaupt nicht mehr entwickelt und wurde dann als Kulturstadt wiederentdeckt.
    Auch Köln wurde durch die Festungsmauern lange Zeit konserviert, blieb dabei aber immer lebendige Handelsstadt.


    Soviel zur Historie. Aber mal praktisch gedacht. Wer bevorzugt denn das Wohnen in mittelalterlichen Wohnungen? Mit wenig Licht, kleinen Räumen, beengten Gassen, dunklen Brandmauern und schlechter Energiebilanz? Dazu mit notdürftig angebauten Badezimmern? Oder geht es hier nur um die Kulisse und dahinter alles schön mit modernem Wohnkomfort?
    Köln ist eine Industrie- und Handelsstadt. Tourismus spielt eine untergeordnete Rolle. Daher sehe ich da keinen Bedarf, über das Martins-Viertel hinaus zu rekonstruieren, wenn keine Substanz vorhanden ist. Wer sollte das auch bezahlen?

  • ^ "Kulisse" ist ein schlechtes Wort - es geht um die Gestaltung des Stadtraums. Für Wohnungen auf dem Frankfurter Dom-Römer-Areal mit vielen Rekonstruktionen gab es vor ein paar Monaten weit mehr Interessenten als verfügbare Einheiten. Dass sie moderne Klos, Energiestandards usw. aufweisen werden, kann man ruhig annehmen (Baufotos).


    Mir wäre neu, Tourismus spiele in Köln kaum eine Rolle - zumal diese Rolle überall weltweit wächst. Für den Handel ist es aber auch besser, wenn die Innenstadt weit mehr als nur sterile Handelsflächen bieten kann - heute wird das persönliche Einkaufen möglichst mit Besichtigungserlebnis verbunden, sonst kann man gleich im Internet bestellen.

  • Als Restaurants,Bars,Kneipen etc. kann man die mittelalterlichen Räume schon gut nutzen.Dort wohnen,naja eher nicht,außer wenn es jemand als Zweitwohnung nutzt.


    Ansonsten braucht man in Köln eigentlich keine Rekonstruktionen.
    Das ist vielleicht anders in Frankfurt,wo es schon viel Urbanität und modernes gibt und so gut wie keine Altstadt.Dann können ein paar Gassen und Fußgängerzonen nicht schaden.


    Auch in Köln sollte man lieber nach vorne gucken und nicht zurück und eine Millionstadt kann schon einiges an Urbanität vertragen.Sie haben ja bereits eine Altstadt wie einige hundert andere Städte in Deutschland und einige zehntausende in Europa.


    Aber das ist halt die Faszination Mittelalter,wie man es in vielen bereichen der Welt sieht,man stellt sich das als irgendetwas vor,was es nie wirklich war.

  • Diese Historismus- und Rekonstruktionsdebatte nervt mich allmählich. Wir sollten aufpassen, dass wir in Deutschland, mit dieser rückwärtsgewandten Diskussion, nicht ein modernes Disneyland schaffen. Für mich ist es selbstverständlich, dass bedeutsame Gebäude erhalten und geschützt werden sollten, aber Rekonstruktion? Das brauchen wir wir sicher nicht. Wir können uns gern über die Frage streiten, was qualitätvolles und ästhetisches bauen ist und ob dass, was heute z. T. geschaffen wird, qualitätvoll und ästhetisch ist, aber eine Diskussion, die Innenstädte von gestern wieder herzustellen? Das kann doch nicht die Frage sein, mit der wir uns in Zukunft beschäftigen wollen.

  • Dass es nicht ganze Innenstädte sein können, sondern Teile davon, wurde bereits oft genug geschrieben - wie auch dass die anderen Länder Europas das Problem nicht haben, weil die Städte dort im WKII weit weniger zerstört wurden (mit Ausnahmen wie Rotterdam vielleicht). Zerstörungen um 90-100% gab es sonst nur in Polen, wo in Warschau, Breslau, Danzig u.a. viel wiederaufgebaut wurde - und gut ist, heute kann sich niemand diese Städte anders vorstellen.
    So oft ist vom Verbinden von Alt und Neu die Rede, doch dafür braucht man nicht nur das Neue, sondern genügend von Altem (oder alt wirkendem), wovon deutsche Metropolen verglichen mit jenen im EU-Ausland recht wenig haben.


    Rückwärtsgewandt ist vor allem dieses ständige Zelebrieren der Moderne mit Ansätzen, die durch irgendwas irgendwem in den 1920er Jahren wichtiges begründet werden - was noch 100 Jahre später für immergleiche Kopien der Nachahmungen der Kopien herhalten soll. Ich kenne keine einzige Person am Leben, die in 1920ern wenigstens als Kind existierte.


    Das Zurückgreifen auf frühere Gestaltungen - wenn diese den Leuten zusagen - ist hingegen zeitlos und wurde schon öfters praktiziert. Etwa die Architektur der Antike wieder im Renaissance, dann im Klassizismus und im Historismus noch einmal - stets mit aktuellen Bauverfahren und Ausstattungsstandards. Natürlich sollte außer den paar Rekonstruktionen die Ästhetik des Rests deutlich verbessert werden, wieso diese jedoch (in Köln wohl eher theoretische, da keine solche Projekte laufen?) ein Riesenproblem darstellen sollten, ist mir ein Rätsel. Selbst bei 1-2 Rekos pro Jahr in Köln wäre es vielleicht ein Prozent der gesamten Bautätigkeit.

  • unwissen

    lieber bau-lcfr. mit dir kann man gar nicht "reden" und daher wird das auch mein letzter post sein, der sich auf einen deiner beiträge bezieht. denn du wiederholst einfach dein immergleiches mantra - fast schon autistisch -, obwohl dir hier mehrere teilnehmer mit eindeutigen fakten immer wieder aufzeigen, dass deine argumentation, mit verlaub, einfach falsch ist. da könnte man auch mal drauf eingehen und seine argumentation modifizieren.


    1. die von dir gewünschten rekos betreffen gebäude, die NICHT ALT WAREN (die blütezeit des historismus war mitte 19. bis Anfang 20. Jhs) - die zerstörten historismus-gebäude waren zum zeitpunkt ihrer zerstörung oftmals nicht älter als 50 jahre (!!!) - insofern gibt es da nichts mehr ALTES zum wiederaufbauen; besonders nicht nach 70 jahren... - dafür muss man wirklich kein genie sein, um zu verstehen, wie absurd das ist.


    2. köln hatte in der ehemaligen altstadt vor dem krieg nur noch wenige ECHTE ALTE gebäude - also gebäude mit mehreren hundert jahren alter - da diese vom historismus mitte/ende des 19. und anfang des 20. jhs komplett verdrängt worden sind, was ja auch ok ist, denn die leute wollten natürlich einen gewissen wohn-standard (denkmalschutz ist ein modernes phänomen).


    3. zur klarstellung: der historismus ZITIERT DAS ALTE NUR - vielleicht weißt du ja auch einfach nur nicht, dass der historismus nicht mit den zitierten epochen übereinstimmt - aber dann informiere dich bitte vorher erstmal.


    4. tatsächlich wurden in köln nach dem krieg die meisten ECHTEN ALTEN SEHENSWÜRDIGKEITEN AUS 2000 JAHREN GESCHICHTE gerettet, wiederaufgebaut, dargestellt etc. - das kann man sehen, wenn man sich bspw. reiseführer der dreißiger jahre anschaut und diese mit heute vergleicht. das ist sehr erstaunlich, wenn man sich die furchtbare ausgangssituation 1945 ansieht. ich fange jetzt nicht an, diese sehenswürdigkeiten aufzuzählen.


    5. fazit: mit deiner meinung, köln hätte im vergleich zu anderen europ. städten kein bauliches zeugnis seiner historie, stellst du dich einfach mal über jeglichen und allgemein unbestrittenen, in jedem reiseführer etc. dokumentierten, fachlichen common sense - die traute resp. torheit muss man erstmal besitzen.


    6. ich setze noch einen oben drauf: hätte köln bspw. auch nur eine einzige seiner zwölf romanischen kirchen weniger als heute und dafür sämtlichen historismus der vorkriegszeit, dann würden das zwar die meisten wohl schöner finden - fakt ist aber: kunsthistorisch wäre der verlust größer, als wie wenn es den ganzen historismus nicht gäbe, und dafür diese eine kirche.


    du kannst gerne persönlich finden, dass die bebauung vor dem krieg dir besser gefallen hat; das finde ich an vielen stellen ja auch - aber hör doch bitte mit diesen hanebüchenen fehlern bezüglich des alters und damit verbunden des wertes der historismus bebauung und der sehenswürdigkeiten in köln auf, das ist einfach, wie soll ich sagen... peinlich. danke.

  • ^ "Kulisse" ist ein schlechtes Wort - es geht um die Gestaltung des Stadtraums. Für Wohnungen auf dem Frankfurter Dom-Römer-Areal mit vielen Rekonstruktionen gab es vor ein paar Monaten weit mehr Interessenten als verfügbare Einheiten. Dass sie moderne Klos, Energiestandards usw. aufweisen werden, kann man ruhig annehmen (Baufotos).


    Es tut mir leid, aber wenn Architektur von ihren inneren Bezügen befreit wird und ausschließlich nach ihrer Wirkung für den Stadtraum konzipiert und bewertet wird, dann resultiert das zwangsläufig in einer Kulisse. Es mag sein, dass ich dafür zu sehr aus der Position eines Architekten denke, aber das ist für mich einfach nicht erstrebenswert!


    Das Zurückgreifen auf frühere Gestaltungen - wenn diese den Leuten zusagen - ist hingegen zeitlos und wurde schon öfters praktiziert. Etwa die Architektur der Antike wieder im Renaissance, dann im Klassizismus und im Historismus noch einmal - stets mit aktuellen Bauverfahren und Ausstattungsstandards.


    Römische Antike und Renaissance stellten eine architektonische (!) Auseinandersetzung mit den Vorläufern dar, die in einer Weiterentwicklung resultierte. Moderne Energiestandards und Toiletten sind eine technische, keine architektonische Weiterentwicklung, noch weniger eine Auseinandersetzung.


    Das beste Beispiel hier in Köln ist das Dominion (wurde ja auch schon angesprochen), wo sich hinter hochwertigen, kleinteiligen Fassaden ein etagenweise vermieteter, brachial-riesiger Investorenbau "versteckt".
    Diese Arbeitsweise, bei der sich (sogar prominente) Architekten fast nur noch mit der Fassade beschäftigen, ist in ihrer architektonischen Relevanz keinen Deut höher zu bewerten als all die anderen viel kritisierten, zeitgenössischen Investorenbauten. Es würde mich wundern, wenn aus dieser Ecke mit einer Weiterentwicklung zu erwarten wäre.

  • Hallo!


    Ich finde es auch sehr schade, dass es in Köln offensichtlich nicht möglich ist, ein par Bausünden der vergangenheit wieder rückgängig zu machen.


    Ich denke da in erster Linie an den Bahnhof und die alte Oper. Gerade bei dem Bahnhof gab es in den 60ern ja wirlich keinen Grund diesen abzureißen. Wenn ich mir vorstelle, dass wir die Bahnhofshalle nur behalten haben, weil während des Abrisses des alten Empfangsgebäudes das Geld ausgegangen ist, bekomme ich das kalte grausen.


    Aber eigentlich wollte ich mal diesen Denkanstoß, gerade an die Architekten, bzw. an die mit Architektur besser als ich vertrauten als ich selber bin, geben:


    Fällt in diesen Kreisen eigentlich nicht auf, dass sanierte Gründerzeitbauten im Miet- und Käufermakrt extrem nachgefragt sind und absolute Höchstpreise erzielen? Ich als Laie interpretiere das so, dass 'die' Leute dieser Architektur der 'modernen' klar den Vorzug geben :-).

  • ^ Es ist doch mühselig immer wieder über Dinge zu klagen, die vor 2 - 3 Generationen passiert sind, auch wenn der Abriss aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar ist.


    Wie kommst du darauf, dass Altbauwohnungen teurer sind als Neubauwohnungen? Schaut man sich den Immobilenmarkt an, erzielen neu errichtete Wohnhäuser viel höhere Preise. Die Höchstpreise in Köln erzielen z.B. die Wohnungen in den Kranhäusern (Neubau), im Gerlingviertel (Neubauten und sanierte Nachkriegsmoderne), Reiterstaffel (Neubauten) etc. Ich bin vielleicht auch nur ein Laie, aber ich interpretiere das so, dass die Leute moderne Architektur klar den Vorzug geben!

  • D.T.68, Du hast natürlich vollkomen Recht, dass es eigentlich sehr müßig ist, über den Abriss von Gebäuden zu klagen, wenn das schon ein, zwei Generationen her ist. Andererseits aber auch wieder nicht, denn interessanterweise, wird man als Freund von Rekos und der Bauweise der 1880er-1930er Jahre leider immer recht schnell in eine rechte, bräunliche Ecke gestellt, und das ist numal noch sehr viel länger her als der bedauernswerte Abriss z.B. des Bahnhofs.
    Aber davon mal abgesehen, dass das schon eine Weile her ist, ist das ja eigentlich kein Argument welches gegen eine Reko spricht. Man sehe sich nur das Berliner Stadtschloß an. Ok, Bundesmittel, aber die Frankfurter Altstadt? Mehr Interessenten als Bauwerke? Die wiederaufgebauten und rekonstruierten Polnischen Städte, die _nach_ der Reko in die Weltkulturliste kamen? Tolle Beispiele finde ich! :-).


    Nun ja, ich habe pauschalisiert, und das geht natürlich nicht, Asche auf mein Haupt.


    Zu den von Dir genannten Projekten: Die (alten) Gerlingbauten eines gewissen Herrn Speers, sind(waren) IMHO eines der wenigen herausragenden Architektonischen Leistungen, die IMHO etwas von 'Weltqualität' hatten. Die Kranhäuser können mit einer wahnsinnigen Lage wuchern, und die Reiterstaffel kenne ich nicht.


    Ok, ich hatte ja auch pauschalisiert. Ich werde etwas genauer und pauschalisiere gleichzeitig weiter :-).


    Was ich mit 'normaler', 'moderner' Architektur gemeint habe, bezog sich auf gefühlte ca 95 der neu gebauten, und im bau befindlichen Wohnhäuser (Du hast ein par von den gefühlten wenigen Prozent des Restes genannt). Hier werden _nur_ immer gleiche Schuhkartongs gebaut. Letztes Geschoss etwas zurückversetzt, um durch die *bel. Marketingspruch einsetzen* dann 1k Euro mehr pro Quadratmeter nehmen zu können. Dann haben wir als einzige Variation die Fenstergröße und den Versatz der Balkone. Egal ob grüner Weg, *bel. ehemalige Kaserne*, oder einzelne Baulücke, hier wird immer der gleiche Investorendreck gebaut, um einen maximalen Profit abgreifen zu können.


    Nein, ich habe ehrlich nichts gegen Profit, aber da es so einen Zuzugsdruck nach Köln gibt, sollte die Stadt dieses Pfund mal dazu verwenden umd die Investoren zu zwingen mal was 'anständiges' zu bauen (<- Disskussionsbedarf, ich weiß :-)).


    Ich habe das Gefühl, das passiert nicht weil, und anders traue ich mich das nicht öffentlich zu schreiben, hier in Kölle der Klüngel so viel Spaß macht. :-).


    In meinem gesamten(!) Freundes- u. Bekanntenkreis werden Altbauten gesucht, und wer etwas findet, kauft sich da ein. Ja, die meisten von denen landen in den Neubauschuhkartons, weil sie irgentwann aufgegeben haben eine Altbauwohnung zu ergattern, und nicht, weil sie die aktuellen Konzepte des Kölner Wohnungsbaues so toll finden.


    Muss aber auch hier gleich relativieren, in einem anderen Architekturforum hat jemand mal Bilder aktueller Bauprojekte ein par deutscher Großstädte gepostet (köln, München, Berlin, Hamburg). Sahen alle gleich aus, keine Chance zu erkennen wo das war, also kein rein kölsches Problem :).


    Ja, der Hafen und Gerling (zumindest die alten, aber das sind in meinen Augen auch keine Neubauten), sind seltene, herausragende moderne Bauten, aber die Masse der aktuell neugebauten Häuser sind IMHO *zensiert* und fallen gegenüber Gründerzeitbauten extrem ab.


    Finde es auch immer sehr entlarfend, wenn (habe ich in Berliner Annoncen mal gesehen :)), ein Neubauprojekt mit den tollen Gründerzeitlern um die Baustelle herum wirbt, die die Interessenten ja dann aus den eigenen Fenstern sehen können, aber selber wird wieder nur ein Schuhkarton gebaut, mehr Etagen, mehr Fläche, mehr Profit und mehr Hässlichkeit als irgent möglich.


    Wobei Berlin im Gegensatz zu Köln einige sehr erfreuliche Bauprojekte hat, wo an Gründerzeitlern wieder der Stuck auf die glatten Fassaden kommt, und der Ursprungszustand wieder hergestellt wird.


    Hier hätten wir in Köln auch sehr viel Potential, denn es es gibt viele in den 50ern und 60ern vergeXXX Altbauten, bei denen der Stuck durch Putz oder Fliesen ersetzt wurde.


    Und die Dachgeschichte des Domhotels lässt mich persönlich nur resignieren. Eine einmalige Chance da das alte Haus wieder herzustellen, und da das Dombaumeisterwohnhaus ja auch zur Disposition steht, eine einmalige Chance vertan den Bereich mal so richtig aufzuwerten. Es ist mir auch unbegreiflich, warum die Kölner Denkmalpflege das gutheißt, und den ganzen Flachdachdriss so verteidigt.


    Und dann noch diese Autohörigkeit (ich fahre selber Auto). Die Domumgebung, die jetzt neu gestaltet wird, IMHO auch wieder eine Chance für die nächsten 50 Jahre vertan, die Autostraße zwischen Dom und Bahnhof gleich ganz wegzulassen.


    Jo, viel Angriffsfläche, legt los :-).

  • Die Gerlingbauten sind nicht von Speer erbaut!
    Lediglich ein Gebäudeteil an der von Werth Straße ist vor dem Krieg erbaut (Architekt H.O. Pflaume), nahezu der gesamte Komplex wurde in den 1950-ern errichtet (50-er Jahre Architektur).


    Wer stellt denn Anhänger von Rekos in die rechte Ecke? Zeige mir 2-3 Beispiele bzw. Kommentare auf DAF, wo ein Gegner von Rekos deren Befürworter als rechtslastig betitelt. Das man Anhänger von Rekos angeblich in die rechte Ecke schiebt wird immer wieder behauptet! Und zwar von den Anhängern der Rekos selbst. Andersrum hingegen gibt es viele Kommentare von Reko-Befürwortern, in denen Gegner von Rekos in die linke Schublade gesteckt werden! Wie oft wurde ich hier schon als linker Gutmensch, Kommunist o.ä. beleidigt!


    Aber davon mal abgesehen, dass das schon eine Weile her ist, ist das ja eigentlich kein Argument welches gegen eine Reko spricht. Man sehe sich nur das Berliner Stadtschloß an. Ok, Bundesmittel, aber die Frankfurter Altstadt? Mehr Interessenten als Bauwerke? Die wiederaufgebauten und rekonstruierten Polnischen Städte, die _nach_ der Reko in die Weltkulturliste kamen? Tolle Beispiele finde ich!


    Die Rekos sind in der Regel keine Gebäude aus der Gründerzeit, sondern meistens zerstörte Gebäude aus dem Barock, Gotik etc.


    Zum Thema Weltkulturerbe:
    Im Mittelalter gehörte Köln zu den bedeutensten Städte Europas. Die Stadtmauer war die größte Stadtbefestigung des Mittelalters, ihre Gesamtlänge betrug 7.500 Meter. Sie bestand aus 12 Torbögen, 52 Wehrtürmen und 12 weiteren Toren zum Rheinufer.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Koeln1886Scheiner.jpg
    http://www.bilderbuch-koeln.de…ch_gerhards_stiche_312847
    Der Altstadtkern war nahezu komplett erhalten, ebenso zahlreiche Gebäude aus der Romanik, Gotik, Barock etc.
    http://de.wikipedia.org/wiki/D…ha_%2B1812,_1799,_RBA.jpg
    Wenn dies heute noch stehen würde,wäre der gesamte Altstadtbereich und natürlich die größte und besterhaltene mittelalterliche Stadtmauer Weltkulturerbe! Doch leider wurde fast die gesamte Stadtmauer, inkl. fast aller Wehrtürme zerstört; ebenso fast die gesamte Altstadtstrukturen!
    Und wann wurde dies europaweit einmalige Ensemble zerstört? Im Weltkrieg? In der Nachkriegszeit? Durch die Nachkriegsmoderne? NEIN!
    http://www.ksta.de/image/view/…d-slw_71-52342092.JPG.jpg
    http://commons.wikimedia.org/w…_Stadtmauer_1882,_RBA.jpg
    Die Zerstörung erfolgte im Historismus und in der Gründerzeit!
    http://de.wikipedia.org/wiki/D…uperstich_um_1795_RBA.jpg
    Die hintere schöne Häuserzeile aus der Barockzeit z.B. wurde für den Klotz des Domhotels im Historismus abgebrochen. 100-200 Jahre alte Gebäude! Für den Historismus wurde mit der Zerstörung der Stadtmauer 500-600 (!) Jahre alte Geschichte vernichtet!

    Einmal editiert, zuletzt von D.T.68 ()

  • Die Rekos sind in der Regel keine Gebäude aus der Gründerzeit, sondern meistens zerstörte Gebäude aus dem Barock, Gotik etc.


    Ich finde die Einstellung gegenüber Gründerzeitbauten manchmal der Epoche gegenüber nicht gerecht. Sie liegt mittlerweile auch über 100 Jahre zurück und hat vielen Großstädten den Metropolcharakter verliehen, den man in sämtlichen Filmen über die 20-er und 30-er Jahre sieht. Es ist durchaus richtig, dass es im ein oder anderen Fall zu Überteibungen kam, aber meiner Meinung nach hat keine Epoche danach mehr einen fürs Stadtbild derart positiven Effekt gehabt.


    Natürlich wurden für einige Gründerzeitbauten Vorgängerbauten abgerissen, die man heute sicher nicht mehr opfern würde.


    Allerdings ist dieser teils sehr progressiver Umgang mit Bestandbauten nicht einzig und allein ein Thema der Gründerzeit. Es hat nie einen stärkeren Exzess von Zerstörung von Bestandsbauten gegeben wie nach dem zweiten Weltkrieg und das nicht nur bei beschädigten Bauten, sondern generell.


    Wie sich Bewertungen allerdings auch ändern können zeigt sich aber im Moment. Die Gründerzeitbauten gewinnen massiv an Zuspruch, in ersten Städten werden die abgeschlagenen Fassaden wiederhergestellt. Auch Köln hat hier noch viel Substanz, die gar nicht rekonstruiert werden müsste im eigentlichen Sinne, sondern nur wieder komplettiert werden müsste.


    Ich denke, dass die europäische Stadt immer das organische Wachstum ausgemacht hat. Mit jeder Epoche wurden einige der vorherigen geopfert und so bleiben meist von jeder Epoche die Perlen übrig. Diese Jahrhunderte andauernden Selektionsprozesse wurden mit den Zerstörungen des 2. WK und dem anschließenden Abrisswahn durchbrochen und führten zu den teils absurden heutigen Stadtbildern. Die Rekonstruktionen sind eigentlich nichts anderes als Teile dieses Prozesses zu korrigieren und den ursprünglichen Geist der europäischen Stadt wiederherzustellen.


    Denn die europäische Stadt war immer ein Nebeneinander von Epochen, in den seltesten Fällen eine Epoche allein.

  • Es hat nie einen stärkeren Exzess von Zerstörung von Bestandsbauten gegeben wie nach dem zweiten Weltkrieg und das nicht nur bei beschädigten Bauten, sondern generell.


    Das ist definitiv falsch! Meine obige Erklärungen zum mittelalterlichen Kölner Altstadtkern sind nicht von mir erfunden sondern geben TATSACHEN wieder! Guck dir doch mal die Bilder vom im Krieg zerstörten Köln an! Wieviele Gebäude, die den Krieg überstanden, wurden tatsächlich NACH dem Krieg zerstört? Viele können es wahrlich nicht sein, da Köln zu 90 % zerstört wurde! Durch den Historismus wurden jedoch fast die gesamte Altstadt inkl. die europaweit einmalige Stadtmauer dem Erdboden gleich gemacht. Und schaue dir doch mal das belgische Viertel, Südstadt, Nippes etc. an! Hier stehen sehr viele Gründerzeithäuser, die mittlerweile auch vorbildlich saniert wurden.
    Wenn man sich die Kriegsbilder anschaut, und heute durch die Straßen geht, kann man sehr gut sehen, dass die MEISTEN der im Krieg nicht zerstörten Gründerzeithäuser noch heute stehen!
    Wie gesagt: Das ist nicht von mir erfunden, das entspricht der Wahrheit!
    Es stimmt jedoch, dass VEREINZELTE Gründerzeithäuser nach dem Krieg abgebrochen wurden, jedoch gebe ich zu bedenken, dass die Gründerzeithäuser zu diesem Zeitpunkt einfach keine Altbauten waren, sie waren höchstens 50 - 60 Jahre alt! Die meisten Nachkriegsbauten sind doch heute schon älter!


    Ich finde die Einstellung gegenüber Gründerzeitbauten manchmal der Epoche gegenüber nicht gerecht


    Du kritisierst, dass man für den neuen (mittlerweile 60 Jahre alten) Bahnhof ein 50 Jahre altes Gebäude abgerissen hast. Für den Historismus (ich wiederhole mich) hat man bis zu 500-600 (!) Jahre alte einmalige Ensembles zerstört!


    Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass ich die Gebäude des Historismus schön und erhaltenswert finde. Ich freue mich über jeden Altbau der denkmalschutzgerecht saniert wird! Und davon gibt es hier in Köln jede Menge!
    Ich wehre mich jedoch gegen die oft vertretene Meinung, dass nach dem Krieg viele Altbauten durch die Nachkriegsmoderne zerstört wurden (s.o.)!

  • Ich wehre mich jedoch gegen die oft vertretene Meinung, dass nach dem Krieg viele Altbauten durch die Nachkriegsmoderne zerstört wurden (s.o.)!


    Wenn du dich auf im Krieg nicht beschädigte, bewohnbare Altbauten beziehst, hast du bestimmt recht. Es gab ja auch nicht mehr viel unversehrte Bausubstanz.
    Ich denke, Odysseus bezieht sich auf die Gebäude, die im Krieg zwar beschädigt wurden, aber durchaus im reparablen Zustand geblieben, doch später abgetragen worden sind.
    Dem schließ ich mich, gerade an den Ringen waren viele Bauten reparabel, mussten aber Neuem weichen (was unter den damaligen Umständen in einigen Fällen sicherlich effizienter war).

  • Wenn du dich auf im Krieg nicht beschädigte, bewohnbare Altbauten beziehst, hast du bestimmt recht. Es gab ja auch nicht mehr viel unversehrte Bausubstanz.
    Ich denke, Odysseus bezieht sich auf die Gebäude, die im Krieg zwar beschädigt wurden, aber durchaus im reparablen Zustand geblieben, doch später abgetragen worden sind.
    Dem schließ ich mich, gerade an den Ringen waren viele Bauten reparabel, mussten aber Neuem weichen (was unter den damaligen Umständen in einigen Fällen sicherlich effizienter war).


    ^ Richtig! Es gab nicht mehr viel unversehrte Bausybstanz nach dem WK 2. Umso schöner und erstaunlicher ist doch, dass in Köln über tausend Gebäude des Historismus, die wunderschönenen Romanischen Kirchen, der Gürzenich usw. wiederaufgebaut bzw. rekonstruiert wurden. Zwar bin ich erst 1968 geboren und habe den Krieg und die Nachkriegszeit nicht erlebt, jedoch kenne ich die Zerstörungen durch Fotos und Erzählungen meiner Eltern und Großeltern, die in Köln wohnten. Daher bleibe ich bei der Behauptung, dass die Zahl der nachträglich zerstörten Gründerzeithäuser gegenüber den "geretteten" um einiges niedriger ist! Das die größte Zerstörung von Bestandsbauten nach dem Krieg erfolgte ist einfach falsch! Sicherlich gab es vereinzelte Zerstörungen von Altbausubstanzen, wie z.B. das alte Opernhaus, der Bahnhof etc. dies sind jedoch Einzelfälle, die Zahl der Rekonstruktionen ist einfach höher. Durch den Historismus wurde (ich wiederhole mich zum letzten mal :)) mehr Altbausubstanz (die zudem viel älter war) zerstört als nach dem Krieg!

  • Ich möchte euch fragen, was ihr allgemein von Fassadenrekonstruktionen haltet. Fährt man durch Köln, sieht man allenthalben Gebäude, die anhand ihrer Zimmer- bzw. Fensterhöhe vor den 1. Weltkrieg respektive 2. Weltkrieg datiert werden können, aber ihre schmucken Fassaden verloren haben.


    Ich habe vor kurzem einen Artikel in der Welt gelesen, in dem es hieß, dass mittlerweile in München und Berlin einige dieser Gebäude wiederbestuckt werden.
    http://www.welt.de/finanzen/im…-den-Schmuck-zurueck.html



    Im Gegensatz zu komplett rekonstruierten Gebäuden (s. Humboldt-Forum etc.) sehe ich in der Wiederherstellung des Äußeren bloß eine Reparatur des originären Zustandes und nicht die Missachtung der Geschichte, die diesen Häusern widerfahren ist.
    Daher begrüße ich diesen Ansatz, wobei es mir zuvorderst um dessen ästhetischen Aspekte geht.


    Was seht ihr diese Sache? Fändet ihr es gut, wenn auch in Köln derartige Rekonstruktionen durchgeführt würden?

  • Interessanter Artikel. Ich war gaaaanz früher mal - neben meiner ausgeprägten Zuneigung zu moderner Baukunst - selber ein Verfechter von Rekos auch vollständig untergegangener Bauten (die alten Beispiele: Oper, Bahnhof usw.).
    Davon bin ich vollkommen weg, und sehe das auch mittlerweile sehr, sehr kritisch - auch inhaltlich, und über das reine architektur-ästhetische Empfinden hinaus!


    Aber eine Wiederbestuckung von Gründerzeitbauten befürworte ich dennoch:


    • zum einen ist es ja, wie hier schon erwähnt, eher eine Vervollständigung denn eine Rekonstruktion; die historische Bausubstanz also solche - das Gebäude - ist ja erhalten.
    • außerdem kann so in vielen Straßenzügen - z.B. Agnesviertel, Friesenviertel Radialen an den Ringen usw. - auch die Homogenität des Erscheinungsbildes wieder hergestellt werden.
  • Fährt man durch Köln, sieht man allenthalben Gebäude, die anhand ihrer Zimmer- bzw. Fensterhöhe vor den 1. Weltkrieg respektive 2. Weltkrieg datiert werden können, aber ihre schmucken Fassaden verloren haben.


    Wir sollten mal zusammen durch Köln laufen und mal die Zahl der betreffenden Häuser zählen, die - wie du schon richtig geschrieben hast - anhand ihrer Geschossigkeit vor dem Krieg entstanden sind. Wenn man deine und einige andere Kommentare liest, könnte man nämlich annehmen, dass viele Häuser betroffen sind. Tatsächlich sind es jedoch leider nur schätzungsweise 1-2 %.
    Grundsätzlich bin ich auf dafür, die betreffenden Gründerzeithäuser mit Stuck zu versehen, jedoch ist eine wirklich gute Stuckarbeit heute viel zu teuer. Stattdessen würde der Stuck mit Kunststoffriemchen und Styroporattrappen nachempfunden.

  • D.T.68: Ich habe nie behauptet, dass es hier in diesem Forum Kommentarte bzgl. einer braunen Gesinnung gäbe, wenn man den Historismuss als Baustiel mag, desswegen weiß ich nicht, warum ich hier in diesem Forum danach suchen sollte!? Es kommt ja auch viel mehr unterschwellig in Disskussionen herüber, als geschrieben wird. Aber ein Beispiel welches in die Richtung geht: die Leserkommentare zu Diez Artikel über das Stadtschloss, und das obwohl da schon der Besenwagen mal rüber ist.


    Dann schreibst Du, dass Du Dich über jeden Altbau freust, der denkmalschutzgerecht saniert wird, gleichzeitig sprichst Du vom Dom-Hotel abwertend als Klotz, wobei Du bzgl. des Domhotels Deine erste Antwort ja auch noch mal geändert hast ;). ICH sehe hier einen Wiederspruch ;).


    Aber um dennoch auf die ürsprüngliche Frage einzugehen: "warum das Dom-Hotel?" Einfach weil es in wesentlichenn noch steht, und desswegen vergleichsweise einfach wiederherzustellen gewesen wäre. Hauptpost war auch noch so ein Kandidat.



    Dooo?: unbedingt! Ich bin da auch ganz neidisch auf die Berliner, da gibt es ein par herausragende Beispiele. Und D.T.68 hat natürlich Recht was die Kosten anbelangt, aber trotz der Kosten haben wir bei unserem alten Haus das Erdgeschoss soweit als möglich wiederhergestellt, die Fliesen sahen einfach nur scheußlich aus :).

  • D.T.68: Ich habe nie behauptet, dass es hier in diesem Forum Kommentarte bzgl. einer braunen Gesinnung gäbe, wenn man den Historismuss als Baustiel mag, desswegen weiß ich nicht, warum ich hier in diesem Forum danach suchen sollte!?.


    Äh..und warum schreibst du dann in diesem Forum folgendes?:

    ..wird man als Freund von Rekos und der Bauweise der 1880er-1930er Jahre leider immer recht schnell in eine rechte, bräunliche Ecke gestellt,


    Hier ein weiterer Kommentar in diesem Forum, der in die selbe Richtung geht:

    Der Antisemitismusvorwurf oder der Vorwurf, "rechts" zu sein, ist eine Art Diskursknüppel linker Gutmenschen, die alles denunzieren, das ihr Lügensystem erschüttert. In dieser Atmosphäre des Gesinnungsterrors und der Meinungspolizei ist solch eine Teilrekonstruktion natürlich schwer vorstellbar.


    ....

    Dann schreibst Du, dass Du Dich über jeden Altbau freust, der denkmalschutzgerecht saniert wird, gleichzeitig sprichst Du vom Dom-Hotel abwertend als Klotz, wobei Du bzgl. des Domhotels Deine erste Antwort ja auch noch mal geändert hast ;). ICH sehe hier einen Wiederspruch


    Grundsätzlich stehe ich jeder Restaurierung (egal ob Altbau oder Nachkriegsmoderne) positiv gegenüber. Aber es gibt Dinge, die müssen etwas differenzierter betrachtet werden! Alles nur Schwarz-Weiß zu sehen, ist in der Architektur m.E. falsch. Meinungsänderungen bzw. geänderte Sichtweisen müssen sogar möglich sein, ansonsten hätten Foren wie diese keinen Sinn! Die Kommentare "andersdenkender" sollten neue Denkanstöße zulassen und einen ermöglichen, die Sichtweise ggf. zu ändern. Widersprüche bleiben da nicht aus! Das Dom Hotel ist für mich ein solcher Bau. Das Dom Hotel ist einfach ein Klotz, wenn man bedenkt, welche kleinteilige Bebauung dafür abgerissen wurden. Bis heute weiß ich nicht, was ich von diesem Gebäude halten soll. Und diese "Unsicherheit" sollte m.E. nicht als Widerspruch gesehen werden.