Rekonstruktionen

  • Rekonstruktionen

    Bei der Diskussion um Opernhaus und Bahnhofsvorplatz kam immer wieder das Thema Reko der alten Bauten auf. Grundsätzlich, wie ich finde, ein schwieriges Thema, weil der Begriff "Historismus" negativ besetzt ist (warum auch immer) und so etwas oft mit Rückschritt verbunden wird. Es gibt in Köln jedoch einige Fälle, wo repräsentative Bauten lange Zeit nach Kriegsende abgerissen wurden, obwohl sie noch gut erhalten und sogar in Benutzung waren. Durch die Frauenkirche ist das in Deutschland natürlich wieder eine aktuelle Diskussion. Wann sind Rekonstruktionen berechtigt bzw. wünschenswert ? Da ich kürzlich in London war, und die Innenstadt dort wieder liebevoll rekonstruiert wurde, obwohl schwerstens zerstört, sehe ich einen Ansatz auch für Köln. Wie argumentiert man so etwas am besten ? (wenn es wirklich mal auf die Tapete käme...)


    Bahnhof: correct me if I'm wrong, aber das alte Empfangsgebäude stand satte 70 Jahre, bevor es Mitte der 50er (!) abgerissen wurde. Letzte Woche war ich in Leipzig, und der Bahnhof hat mich schlichtweg umgehauen. Mit dem alten Wartesaal steht noch ein vertretbarer "Rest" der alten Architektur, was eine Reko rechtfertigen würde. Die "neue" Bahnhofshalle (an und für sich auch gelungen) könnte man ja am Breslauer Platz wieder aufbauen - hey, in Berlin haben sie ein ganzes Hotel verschoben... :)
    Der "Stumpf" der Frauenkirche reichte ja auch, um einen Neubau zu begründen.... wobei ich mir natürlich bewußt bin, dass die symbolische Bedeutung der Frauenkirche weitaus größer als die des Kölner Bahnhofs ist. Aber der Gedanke ist reizvoll.


    Opernhaus: natürlich bis in die Keller GARNIX mehr da. Aber im Thread zum Opernhaus wurde erwähnt, dass die Stadt gerüchteweise schon an die Leitung des Crowne Plaza herangetreten ist, um den Standort zurückzugewinnen. Kann das jemand bitte nochmal konkretisieren ? Jedenfalls wenn man in Berlin ein Stadtschloß evtl. auch aus dem NICHTS wieder aufbaut, geht das auch mit der alten Oper (und der Riphahn-Bau als Musical-Dome-Ersatz... perfekt !)


    Am Ende des Tages rettet man sich als Kölner ganz gut mit dem durchaus vorhandenen Reiz, dass Köln ALLE Epochen aus 2000 Jahren Stadtgeschichte repräsentiert, und nicht ein reines Gründerzeit- oder Mittelalter-Disneyland ist. Sondern eine pulsierende Metropole mit einem mitunter interessanten, oft auch seltsamen und bisweilen durchaus hässlichen Mix an Architektur. Aber eben nie langweilig. Und es gibt tatsächlich sehr gute Beispiele für gelungene Neuzeitarchi. Immer Geschmacksabhängig, aber den Ideenreichtum und die positive Kontroverse kann man einem Museum Ludwig oder Wallraf-Richartz über Geschmacksgrenzen hinaus nicht absprechen.


    Was für eine Reko wäre noch vorstellbar ? Ideen, Meinungen ?

  • Köln repräsentiert keine 2000 Jahre Stadtgeschichte sondern heruntergekommene Nachkriegsbauten und verstreut bedeutende Baudenkmale. Außerdem werden noch oft Gründerzeitbauten abgerissen wie vor kurzem das historische, wenn auch umgebaute, Hauptpostamt oder die Bahngebäude in der Trankgasse (diese nur für einen Busparkplatz).


    Köln war mal eine der schönsten europäischen Städte, besonders die Ringe waren Prachtstraßen ersten Ranges. Vielleicht sollte man hier ansetzen indem man - wo möglich (Ebertplatz, Theodor-Heuss-Ring) die Parkanlagen rekonstruiert und größtenteils auch die Bebauung. Da gehören vor allem Gebäude wie das Hohenstauffenbad oder auch das Opernhaus.
    Riphahn-Bau hin oder her, das historistische Operngebäude war - zusammen mit der Frankfurter und der Dresdener Oper, das wohl prachtvollste Opernhaus Deutschlands und eine Zierde des Platzes, das nun vom betongrauen Crowne Plaza dominiert wird.
    Ebenso bin ich für eine Rekonstruktion des Hauptbahnhofes - schließlich ist noch ein Rest vorhanden.
    Die provinziell anmutende Nachkriegsbahnhofshalle hat jedoch ihre eigene Ästhetik und würde sich gut in einem Eisenbahnmuseum o.ä. machen, aber auf dem Bahnhofsplatz gehört sie nicht.


    Das wichtigste ist in meinen Augen allerdings eine Rekonstruktion vieler verstümmelter Einzelbauten wie z.B. dem Stollwerckhaus samt Passage, dem Dom-Hotel, dem Rathaus (eine Reko des Vorkriegszustandes wäre hier wahrlich perfekt, der Weiße und der Muschelsaal aus den 50ern sollte in einem Neubau für diverse Stadtämter unterkommen. Auch eine Rekonstruktion des Rathausplatzes und des Spanischen Baus wäre wünschenswert, wobei jedoch der hintere Teil des Spanischen Baus, der den Großen Sitzungssaal beherbergt, als einer von wenigen erhaltenswerten Beispielen der Nachkriegsarchitektur stehen bleiben sollte. Aber insgesamt ist das Rathaus momentan eine unbefriedigende Lösung, weil bis auf Turm, Gerichtslaube und zwei oder drei rekonstruierten Räumen nichts mehr dem Originalzustand entspricht.
    ... naja, und ein wahrer Traum wäre ein Rückbau des WDR-Funkhauses in das Hotel Monopol, dessen Ruine damals zum Funkhaus umgebaut wurde. Wird aber wohl auf immer ein Traum bleiben.

  • Zum Thema hässliches, unsortiertes, unplaziertes Architekturpotpurri:


    Schonmal in New York gewesen?! Ich finde das hat auch seinen Charme. Klar muss man an einigen Ecken der Innenstadt würgen, aber diese ist im Krieg zu über 80% zerstört worden. Wer hätte denn eine Reko bezahlen sollen?! London ist kein so guter Vergleich, schliesslich standen die Siegermächte ja in einer etwas anderen Position.


    Ich empfehle die Anfg. des Jahres erschienene DVD "Köln nach Kriegsende", da erlebt man die Zeit von den letzten Schlachten in der Stadt bis zu den ersten Wochen nach Kriegsende...die Stadt war ein Schutthaufen und wo sollten die zurückströmenden Bürger wohnen wenn nicht in schnell und einfach aufgebauten Häusern? Ich glaube die hatten andere Sorgen als den Stuck neu zu modellieren...


    Natürlich gibt es auch ganz krasse Fehlentscheidungen in der Stadtplanung bis heute, und sicher hat die ein oder andere Stadt teilweise bessere Entscheidungen getroffen, aber das ist halt Köln und diese Mentalität hat nicht nur Schlechtes gebracht und gehört auch zu dem besonderen Charme. Man darf auch nicht vergessen dass es kaum eine Stadt im Krieg so schwer erwischt hat wie Köln.


    Die ein oder andere Reko ist sicher wünschenswert, aber vielerorts einfach nicht mehr möglich, da sich die Stadt strukturell sehr stark verändert hat.
    Stellt Euch doch mal vor man würde alle Verkehrsführungen zurückbauen, die Innenstadt ist doch so schon total überlastet. Der Autoverkehr ist in den Jahrzehnten nach dem Krieg so stark angestiegen, dass wir heute doch auch mal dankbar sein dürfen, mit dem Auto in die Stadt fahren zu können - mit der damaligen Verkehrsführung wären Büros und Geschäfte kaum so gut zu erreichen gewesen, geschweigedenn wäre der Einkaufs-, Büro- und Wohnbezirk "Innenstadt" zu dem geworden was er heute ist.


    Also, lasst uns doch mal den Blick nach vorn richten und nicht immer nur Meckern dass man Fehler gemacht hat, es gibt auch viele zukunftsträchtige Projekte und nach und nach bessert man ja die schäbigsten Fehler aus.

  • Zitat von colonius

    Also, lasst uns doch mal den Blick nach vorn richten und nicht immer nur Meckern dass man Fehler gemacht hat, es gibt auch viele zukunftsträchtige Projekte und nach und nach bessert man ja die schäbigsten Fehler aus.


    Das sehe ich nicht so... die häßlichen Betonnachkriegskisten werden durch Glasbauten ersetzt, die wir in 30 oder 40 Jahren mindestens genauso häßlich finden, die historischen Messehallen werden mit Hochhäusern umbaut, die Ringe ebenfalls verglast... vielleicht gefällt das vielen hier, mir allerdings überhaupt nicht.
    Und die Verkehrsachsen muss man auch gar nicht umbauen. Meine obigen Vorschläge sind alle auch ohne infrastrukturelle Änderungen machbar (auch wenn man bei den Ringen an manchen Stellen Kompromisse machen muss... aber die waren ja schon vor dem Krieg großzügig ausgebaut).


    Der Hauptbahnhof war übrigens noch wiederaufbaufähig, wenn man sieht was in der Gegend sonst noch alles überlebt hat, kann man sich das auch gut vorstellen: Bahnhofshalle, Dom, Excelsior Hotel Ernst, Deichmannhaus, Kölner Hof (erst in den 80ern abgerissen), Bahncasino (erst vor zwei Jahren abgerissen) usw.

  • Ich bin der Meinung, dass man vor allem das noch Erhaltene schützen und bewahren muss. Wie Booni bereits sagte, gibt es in Köln (wie in allen Städten) viele Gebäude, die verstümmelt oder entstellt wurden. Das beste Beispiel ist vielleicht das Dom-Hotel. Hier könnte man mit relativ geringen Mitteln einen großen Wert erzielen, würde man den ursprünglichen Zustand wieder herstellen. Dann sollte man schauen, welche Ensembles noch weitgehend erhalten sind. Hier könnte man durch Annäherung an den Vorkriegszustand einige "Traditionsinseln" schaffen. Ich denke da an die Gegend um den Dom, den Alter Markt, Teile der Altstadt und einige Plätze wie den Chlodwigplatz. Völlig neue Perspektiven könnten durch eine Tieferlegung der Nord-Süd-Fahrt entstehen. Ansonsten sollte man die eher unansehnliche Nachkriegsbebauung nach und nach durch angenehmere, "moderne" Bebauung ersetzten (gerne auch historisierend). In weiten Teilen ist einfach zu viel weg, als dass man mit Rekonstruktionen noch viel erreichen könnte.

  • Zitat von rec

    ...Das beste Beispiel ist vielleicht das Dom-Hotel. Hier könnte man mit relativ geringen Mitteln einen großen Wert erzielen, würde man den ursprünglichen Zustand wieder herstellen...


    Ähnliches gilt denke ich für folgende Objekte


    - Deichmannhaus am Bahnhofsvorplatz


    - Historisches Rathaus


    - die gesamte Gegend um Groß-Sankt-Martin


    Die "Schwerpunktgebiete" würde ich ebenso wie du definieren, die nominieren aus der geschichte heraus ja fast von selbst. (Umfeld Dom/HBF, Alter Markt, eigentlich das gesamte Gebilde zwischen Heumarkt und historischem Rathaus)


    Die Tieferlegung der Nord-Süd-Fahrt wird wohl bei der gegenwärtigen Kassenlage noch lange auf sich warten lassen. Wäre aber eigentlich das dringlichste Vorhaben mit einer riesigen Schubwirkung für die ganze Innenstadt.
    Bei weitem nicht nur die direkte Umgebung zwischen WDR HH und Weltstadthaus, da EINE in sich geeinte zusammengewachsene Innenstadt entstehen könnte die dann auch real als solche Empfunden wird. Die Krönung wäre natürlich die Gestaltung eines neuen Platzes mit mediterranem Großstadtflair oberhalb des Tunnels. Aber das ist - vorerst - nur Wunschdenken...

  • @ rec: Natürlich hast du recht, aber sollte man nicht die Rekonstruktion einzelner schöner und/oder bedeutender Bauten trotzdem in Erwägung ziehen?


    @ City-Hai: So einfach ist das mit dem Rathaus leider nicht, hab da ein Buch drüber. Bis auf Gerichtslaube und Turm steht so gut wie gar nichts mehr :nono:

  • @ Booni


    Sicher, die Oper wäre so ein Kandidat. Fallen dir da weitere Beispiele ein? Ich kenne das historische Köln nicht (aus Bildbänden etc.).

  • Also die Oper auf jeden Fall, das Schauspielhaus in der Glockengasse war auch nicht ohne. Das kürzlich abgerissene Hauptpostamt wäre sicherlich auch eine schöne Reko, wichtiger wären aber das Hohenstauffenbad und andere Prachtbauten an den Ringen.
    Ein wunderschönes Gebäude war auch die Synagoge, die in der Reichskristallnacht zerstört wurde. Daher verbietet sich hier auch eine Reko, auch wenn meines Wissens in Polen jetzt die erste, in der Reichskristallnacht zerstörte Synagoge rekonstruiert wird.
    Naja... dann gab's noch massig mittelalterliche Bebauung, von denen sicher auch etliche Gebäude rekonstruktionswürdig wären.

  • Das sagt jeder... und hat damit auch Recht.


    Schön wäre es natürlich auch, wenn man das Römisch-Germanische-Museum abreißt und woanders neubaut und dem Roncalliplatz wieder seine historische, parkartige Gestaltung zurückgibt.

  • Anstoß für Rekonstruktionen/Stuckarbeiten

    Grüße,


    machen wir uns nichts vor. Köln ist in seiner Gesamtheit eine hässliche Stadt.
    Das hat viele Gründe. Zum einen wurde fast nichts nach dem Krieg authentisch rekonstruiert, wodurch auch keine Personen mit Geld auf Köln aufmerksam wurden (da 0815 Modernistisches gebaut wurde), wodurch Köln es wiederum geschafft hat sich systematisch in ein mehr als 4 Mrd schweres Defizit zu wirtschaften.


    Um das Stadtbild wirklich aufwerten zu können, besteht die Möglichkeit z.B. Häuserzeilen mit historischen Stuckarbeiten zu errichten die nicht nur alt, sondern auch jung ansprechen.
    Hir etwa ein Beispiel, wie es andere Städte geschafft haben:


    http://maps.google.de/maps?q=5…&resnum=1&ved=0CBkQ8gEwAA

  • @ Schöneres Köln: Mich würde ja mal interessieren, wie du auf das 20Milliarden schwere Defizit kommst - aber das gehört hier wohl nicht ins Forum...
    Meiner Meinung hast du Recht in dem Punkt, dass der Wiederaufbau in Köln nicht immer gut durchdacht gewesen ist - allerdings hilft es auch nichts, wenn man nun immer wieder auf den Fehlern, die damals vor gut 40/50 Jahren begangen worden sind, herumreitet. Die alte Bausubstanz in der Innenstadt (Neustadt ausgeschlossen) ist nun leider einmal größtenteils zerstört und es wird sich in Zukunft auch niemand finden, der sündhaft-teure Stuckgebäude aus dem Boden stampft, um die Innenstadt attraktiver zu machen.
    Warum auch? Es gibt genug Beispiele für gute moderne Architektur in der Innenstadt, die die 50er Jahre-Tristesse, welche momentan noch in vielen Ecken zwischen Dom und Ringen vorherrscht, (wenn auch) langsam verschwinden lässt! Einige Leuchtturmprojekte, die ja jeder kennt, sind z.B. Weltstadthaus, Dominium, Rheinauhafen, Kolumba, Neubauten am Gerling-Quartier. Aber auch etliche kleine überzeugende Bauprojekte leisten ihren Beitrag zur punktuellen Verschönerung der City.
    Von der romantischen und verklärten Sehnsucht nach guter alter Gründerzeitarchitektur, die heute fälschlicherweise von vielen als Non-Plus-Ultra der Baukunst angesehen wird, sollte man sich doch so langsam mal verabschieden...


  • Von der romantischen und verklärten Sehnsucht nach guter alter Gründerzeitarchitektur, sollte man sich doch so langsam mal verabschieden...


    Warum? Warum sollte man sich von einem annerkannt schoen Baustil verabschieden?

  • @ Wahnfried: Nicht, dass du mich falsch verstehst: Man sollte sich meines Erachtens nicht von der Gründerzeitarchitektur bzw. den baulichen Denkmalen dieser Zeit (in Form von Abriss o.Ä.) verabschieden! Gründerzeitgebäude haben natürlich ihre Daseinsberechtigung und sind, wie du schon schreibst, ja meist auch äußerst schön anzusehen.
    Was mich aber ein wenig ärgert, ist die Sehnsucht nach diesem Stil. Denn auch wenn der Historismus oft ansehnliche Architektur hervorgebracht hat und Köln, aber auch viele andere deutsche Städte, mit einer größeren Anzahl an historischer Bausubstanz (das muss ja nicht nur Gründerzeit sein) bestimmt schöner sein würde, ist eine Nachahmung oder gar Kopie dieses Stils einfach zu plump. Gerade für die Reproduktion früherer Stile wurde damals ja auch schon die Gründerzeit-Architektur kritisiert – und dies nicht ganz zu Unrecht. Deshalb ist es – zumindest dann, wenn man die Hintergründe ein wenig kennt – meiner Meinung nach auch nicht ganz verständlich, wenn man Gründerzeit als Non-Plus-Ultra der Architektur ansieht…
    Aber um das noch einmal zu betonen: Der Historismus ist, wie du schon schreibst, ein anerkannter schöner Baustil und hat ohne Frage seine Daseinsberechtigung! Nur die romantische Sehnsucht nach ihm, die wohlmöglich in einer plumpen Nachahmung dieses Stils in Form eines Neo-Historismus mündet, stört mich persönlich eben…
    Das heißt aber natürlich nicht, dass heutige Architektur nicht gerne auch mal einige Elemente der Gründerzeit aufgreifen kann. Ein gelungenes Beispiel dafür, wie sich moderne Architektur einerseits an der Altbausubstanz orientieren kann, sich dabei andererseits aber auch eine eigene Formensprache bewahrt, stellt da ja das Dominium dar.

  • Ich muss Klausfeisel zustimmen. Einen Wiederaufbau der historischen Substanz kann es allein aus Kostengründen gar nicht geben und würde zudem einen Flächenabriss bedeuten. Von den Eigentumsverhältnisse mal abgesehen, wer sollte das organisieren und vor allem finanzieren.


    Es bringt ja auch gar nichts Köln mit Leipzig zu vergleichen. Dort war die Substanz (wenn auch oft sehr herunter gekommen) ja noch vorhanden und nicht komplett zerstört. Ich denke in Köln geht es vielmehr um die Schärfung des Bewusstseins für ansprechende Architektur und attraktive Stadtplanung.


    Das es viele gute Ansätze dazu in der Kölner Stadtgesellschaft gibt, belegen die Bemühungen und Initiativen der letzten Jahre:


    - Masterplan für Köln
    - Gestaltungshandbuch für Köln
    - Werbesatzungen für Haubtgeschäftsstraßen
    - Kölner Grünstiftung
    - Haus der Architektur (Montagsgespräch)
    - Mut zu Kultur
    - Bürgerinitiative Helios-Gelände
    - Kölnarchitektur.de


    Vor allem aber der starke Zuzug von Einwohnern wird dazu beitragen, dass intelligent nachverdichtet und saniert/ergänzt wird. Viele positie Beispiele hat Klausfeisel ja bereits genannt oder finden sich hier im Forum.

  • Leipzig ist mit Köln nicht zu vergleichen: eine relativ kleine Innenstadt, riesige gründerzeitliche Arreale, und historisch gesehen nach der Gründerzeit nur noch sehr wenig Entwicklung. vieles ist der Zerstörung entgangen. zudem gibt es auch in der Innenstadt nur große repräsentative Paläste.


    Köln dagegen eine gigante Innenstadt mit oft sehr kleinen, schmalen Grundstücken, ein schwieriges historisches Straßenraster und einer Mischung aus 2000 Jahren Geschichte.


    nach fast totaler Zerstörung der Innenstadt muss sich diese Stück für Stück gesundwachsen. Die Bebauung/Erneuerung ganzer Quartiere (Mediapark, Rheinauhafen, Arreal Polizeipräsiidium und Gerlin Quartier) kann das ganze lokal forcieren.
    Im Anbetracht der Größe der Innenstadt dürfte das ganze ein paar Jahrhunderte dauern. Besserung ist aberschon in den letzten Jahren spürbar: viele hochwertige Einzelprojekte/Quartiere und selten Abriss historischer Bausubstanz.


    Die gründerzeitlich geprägten Arreale Kölns sind aber oft trotz teilweiser Zerstörung ganz ansehnlich (große Teile der Neustadt, Nippes u.a.)

  • Ich verstehe die ganze Debatte nicht so ganz. Ich glaube man muss zwischen zwei Dingen unterscheiden:


    1. die Rekonstruktion
    d.h. nach meinem Verständnis der Wiederaufbau oder die Restaurierung/Wiederherstellung (noch) bestehender historischer Bausubstanz (z.B. Frauenkirche Dresden) oder


    2. historisierende Neubauten - der schmucken, alten Zeiten Willen komplette Neubauten oder Kopien von ehemals historischen Bauten ohne Restsubstanz (z.B. Berliner Stadtschloss)


    zu 1: Die Rekonstruktuion historischer Gebäude finde ich durchaus akzeptabel, solange noch genügend Originalsubstanz vorhanden ist. Am Beispiel der Frauenkirche fand ich das aber schon grenzwertig. Aber auch im kleine Maßstab wurde in den 60er/70er Jahren viel unsensibler Schindluder mit Altbauten, gerade mit Wohnäusern der Gründerzeit betrieben: Verkleinerung der Fensteröffnungen, Abhängen der Decken, Beseitigung der üppigen Fassaden, z.T. durch Klinkerverblendungen - das ist grauenhaft. Hier ist durchaus zu überlegen, wie man die Originalproportionen des Gebäudes wiederherstellen kann. Die Rekonstruktion einer Originalfassade bleibt jedoch fraglich und i.d.R. kaum finanzierbar. Allerdings gibt es in Köln natürlich aufgrund der zahlreichen Kriegsschäden viele Schlicht- und Notbauten aus den 50er/60er Jahren innerhalb des historischen Stadtgrundrisses, an denen nunmal auch nichts zu rekonstruieren gibt, außer vielleicht eine ansprechende, nachhaltige (?) Fassadengestaltung.


    zu 2: Der Nachbau ehemaliger Gebäude, die nicht mehr vorhanden sind finde ich durchweg absurd. Das beste Beispiel ist das Berliner Stadtschloss. Wobei ich hier verstehen kann, dass bei vielen die Sehnsucht nach einer historischen Fassade besteht. Die Alternative wäre auf dem Gelände ein riesiges Gebäude in den Proportionen des historischen Stadtschlosses mit einer modernen, glatten Fassade, was viele - mich mitunter eingeschlossen - beängstigen könnte. Wie geschmacklich nachhaltig sind moderne Fassaden? Der Umgang mit Gebäuden der 50er-70er Jahre zeigt dies.


    Aber ist das Thema in Köln relevant? Ich glaube hier besteht der Wunsch bei Neubauten, besonders im Wohnungsbau eher historisierende Fassadengestaltung für eine vertraute Maßstäblichkeit aufzugreifen. In Köln ganz klassisch: "Sülz pur". Wer hier durch die Höfe geht denkt er sei beim "Haus am Eaton Place". In Berlin ist dieser Historismus schon viel stärker ausgeprägt. Im Wohnungsbau in gewachsenen Wohnvierteln kann ich das verstehen - ist halt alles Gechmackssache.