Wiederaufbau Berliner Stadtschloss

  • okay, also demokratisch gesehen; mehrheit fürs schloß...aber wenn man sich anguckt, daß es sogar zwei schloßinitiativen gibt die auch noch gegensätzliches wollen...für welche schloßvariante ist denn nun die mehrheit genau? :D


    für die radikale, originalgetreuer Wiederaufbau mit so gut wie allem drum und dran, und dazu noch in seiner Gesamtheit privatfinanziert:
    Stadtschloss Berlin Initiative e.V.


    oder doch lieber die bekanntere Variante mit drei rekonstruierten Fassaden, Wiederaufbau der prägnatesten Räume und Treppenhäuser, den Rest und vor allem die Ostfassade aber modern und den Ansprüchen an ein Humboldtforum angepaßt:
    Förderverein Berliner Schloss e.V.


    mir war bis heute gar nicht bewußt, daß es da unterschiedliche Vereine gibt.

  • Es gibt nicht nur unterschiedliche Vereine, sondern auch unterschiedliche Umfragen und Umfragergebnisse. Darüber ist hier auch schon mehrfach diskutiert worden. Lautet die Frage: "Palast der Republik oder Schloss" oder "Townhouses oder Schloss", kann man hinterher natürlich sagen, es gäbe eine Mehrheit fürs Schloss. Lautet die Umfrage: "unbedingt Schloss" oder "Schloss auf Staatskosten", mag das ganz anders aussehen.


    Im Grunde hätte man auch die Bevölkerung befragen können. Es handelt sich immerhin um mehrere hundert Millionen Steuergeld, die für eine Fassade ausgegeben werden sollen. - Aber die Bevölkerung wird nur dann befragt, wenn das zu erwartende Ergebnis auch erwünscht ist und das scheint hier wohl nicht der Fall zu sein.

  • Und meine Stimme kriegen die nur wenn sie den PdR wiederaufbauen!:D
    Und ein Schloß ohne Ostfassade ist auch kein Schloss, aber das hatten wir auch schon...
    Von der Zwischennutzung halt ich übrigens auch nix, das ist rausgeschmissenes Geld.

  • Der Kölner Stadt-Anzeiger brachte gestern ein Interview mit Schloss-Guru Wilhelm von Boddien (Förderverein Berliner Stadtschloss e.V.:( Dort erfahren wir, dass der Entwurf ohne Kuppel angeblich erledigt ist. Minister Tiefensee hätte sich für die Kuppel ausgesprochen, die mit 13 Millionen Euro zu Buche schlagen soll. Interessant: Das Kostenvolumen wird nun mit 480 Millionen angegeben und 2010 soll es losgehen. :nono:


    Auch interessant: Seine Ablehnung zur Zwischennutzung. - Habe ich doch gesagt, dass die das scheuen, wie der Teufel das Weihwasser. ;)


    Kölner Stadt-Anzeiger vom 19.02.2007


    Escobar: Letzteres kann man ruhig denen überlassen, die das Geld ausgeben wollen. Soll ja privat finanziert werden.

  • Ja da hast du recht. ;)
    Ich bin jedenfalls heilfroh das die "Ohne Kuppel"-Variante vom Tisch ist! :daumen: Allerdings wird die Finanzierung ohne Hotelnutzung (wie es jetzt offenbar geplant ist) wieder erschwert. So langsam sollte man sich doch entgültig auf die zukünftige Nutzung festlegen.

  • Es wird auch dadurch erschwert, dass binnen weniger Tage der frühestmögliche Baubeginn bereits um ein Jahr verschoben und das Volumen schon 100 Millionen teurer geworden ist. Zuletzt war von 2009 und 300 Millionen die Rede!


    Das Schloss mutiert noch zu Hauptbahnhof II. Fertigstellung 2025, zehnfach teurer und bei schlechtem Wetter stürzt der Kasten zusammen. :nono:


    Warum man dieses krankhaft alberne und sinnlose Projekt nicht endlich mal begraben kann...

  • das letzte mal als ich hingeguckt habe stand der hbf noch ;)


    manuel, irgendwie verstehe ich deinen standpunkt nicht so ganz. abgesehen davon wie ernst zu nehmen die stadtschloß berlin initiative nun ist, die wollen das ganze ja auch privat finanzieren. also bist du nun einfach nur für ne vernünftige nutzung, oder sieht dein standpunkt eher so aus "ich will kein schloß, ich will was geiles neues!"?


    es war übrigens nie von 300 millionen die rede, es ging schon die ganze zeit um 480 millionen. die fragwürdige rechnung setzte sich nur so zusammen, 80 millionen kommen durch den förderverein, 100 millionen einsparung, da man die häuser in dahlem nicht sanieren muß, voila 300 millionen euro effektivkosten...was auch immer man davon halten mag.


    ----------------
    Beiträge zusammengeführt, Manuel.

  • Nichts. Was geschieht denn mit den Häusern in Dahlem, wenn man sie nicht renovieren muss? Lässt man die dann verfallen?


    Und Du sagst es selbst: Höchstens 80 Millionen kommen von Privat. Die wollen also nicht das ganze privat finanzieren. Und ob es 300 oder 400 Millionen sind, es kann nicht wahr sein, dass unser Staat mehrere hundert Millionen für den Neubau eines Schlosses ausgibt. Und das, obwohl man sich nicht einmal im Ansatz den Unterhalt der bestehenden Altbauten in Berlin leisten kann. Du siehst es ja: In Dahlem wird dann nicht renoviert, um das Schloss billiger zu rechnen. Das kann doch nicht wahr sein!

  • hmm, also ohne irgendwelche stellungen für oder gegen irgendeine seite beziehen zu wollen, ich finde ernsthaft du liest zu selektiv und du kommst zu schnell zu voreiligen schlüssen.
    diese sparversion wird vom förderverein berliner schloß e.V. propagiert, eine gänzlich privatfinanzierte nicht-spar variante von der stadtschloß berlin initiative.


    irgendwo war auch noch die rede vom veräußern dieser häuser in dahlem für die sparversion, aber das ist egal, mich interessierte eben eher die kaum erwähnte stadtschloß berlin initiative.


    also ich finde ja, wenn dich etwas interessiert und du es kritisierst mußt du dich auch mit den gegebenen informationen befassen, sonst redet man aneinander vorbei und das ganze hat dann eher etwas vom geschickt verpackten ideologischen grabenkampf.

  • Ich rede natürlich vom Entwurf des Bundesbauministeriums. Die würden das Schloss ja auch bauen und nicht einer der beiden Vereine.


    Und wenn Du darin eine ideologische Haltung vermutest, hast Du natürlich Recht. Ich sehe schlicht nicht ein, dass dieser Staat mehrere hundert Millionen (Steuergeld) ausgibt, um ausgerechnet ein Schloss neu zu bauen. Das ist in der Tat rein ideologisch. Das wäre ja auch Etatismus pur.


    Ferner bin ich der Ansicht, dass so etwas rückwärtsgewandt ist. Wir leben in einer anderen Zeit mit einer anderen Architektur. Es macht keinen Sinn, heute in der Sprache von gestern zu sprechen. Deshalb bin ich auch generell gegen historisierende Architektur. Und wenn, müsste man es wenigstens komplett aufbauen und nicht wie im Disneyland nur die Fassade (und dann auch nur 3). Das ist der Unterschied zur Frauenkirche oder den unzähligen Wiederaufbauten nach dem Krieg.


    Edit: Speziell an diesem Ort, die Museumsinsel abschließend und mitten in der Stadt, hat man die Chance, einen spektakulären Entwurf zu entwickeln und jede große Nation der Welt hätte diese Chance genutzt. Nur wir Deutschen sind so mittelmäßig und ängstlich, dass wir lieber das Schloss als Attrappe da wieder hinstellen. German Disease nennt man das.

  • na das war doch mal ein klares wort ;)


    allerdings interessiert mich diese initiative trotzdem noch. vielleicht hat hier jemand ja infos über die. ich finde es witzig, daß es da so ein initiativchen gibt, das sich mit zahllosen gönnern schmückt, von dem man aber sonst überhaupt nichts hört, und das behauptet über aktienverkäufe und investoren das geld für ein originalschloß reinzukriegen.;)


    edit: die "rückwärtsgewandtheit" kann ich allerdings genauso verstehen wie deinen wunsch nach etwas neuem. für die sprengung hätte herr ulbricht von mir auch einen tritt bekommen...wohin verrate ich nicht...


    edit 2: ich warte immer noch auf verwertbare ernstzunehmende entwürfe für den platz. der übergangsentwurf von graft ist zwar nett (jedenfalls das bißchen das davon zu sehen war), aber als ernsthafter bleibender bau viel zu klein für das riesenareal. gegen historisierendes habe ich eigentlich gar nichts einzuwenden. ich finde wir haben jetzt nen punkt erlangt an dem man nicht auf teufel komm raus immer wieder ne neue revolutionäre formensprache entwickeln muß. ich finde wir sollten inzwischen die freiheit haben gebäude passend in ihre städtebauliche situation zu bauen, sei es ein originalgetreues schloß, eine fassadenattrappe mit architektonisch gutgemachtem abschluß zur spree, oder ein spektakulärer neuentwurf der uns alle überrascht.
    allerdings, was heutige formensprache angeht: schön langsam reicht es mit riesigen flächen ohne detail und klaren geometrischen formen in unsauber verarbeitetem sichtbeton und sandsteinimitaten auch wieder.

  • In letzter Zeit leser ich hier ständig, das Schloss dürfe man architektonisch nicht überbewerten, ganz nett, aber viele Schlösser seien bedeutender, das Schloss sei nicht so bedeutetnd wie die Münchner Residenz, das Schloss sei genauso wertvoll wie der PdR, etc... - sehr merkwürdig. Kunsthistorisch war das Schloss (bzw. ist sein Entwurf) einer der wichtigsten Barockbauten nördlich der Alpen, ein Meisterwerk, dessen architektonischer Rang (ohne hier eine Rangliste erstellen zu wollen) außer Frage steht.
    Davon abgesehen war es über 500 Jahre der Mittelpunkt, das Gravitätszentrum der Stadt, das Herz eines Gesamtkunstwerkes - die Bedeutung für Berlin ist riesig - kein Vergleich mit den Bauwerken irgendeiner anderen europäischen Hauptstadt.
    Manuel
    Überleg doch mal, wie Berlin aussähe, wenn du nur die unzerstörten oder exakt an gleicher Stelle rekonstruierten Gebäude stehen ließest - da bliebe im inneren Stadtbereich kaum ein Haus übrig. Übrigens wurden nach dem Krieg viele Schlösser nur in ihrer Fassade rekonstruiert und innen modern aufgebaut, z.B. Münster, Karlsruhe u.a. Trotzdem sollte man das Schloss so bauen, dass man die Räume nach und nach rekonstruieren kann. Ich weiß auch nicht, was daran typisch deutsch ist - jedes andere Land (Diktaturen abgesehen) hat doch seine Hauptsehenswürdigkeiten wieder aufgebaut, wenn sie zerstört waren. So geschichtsvergessen, kulturlos und identätsverachtend waren doch eigentlich nach 1945 nur die Deutschen - eindrucksvoll hingegen, was in Polen geleistet wurde. Vom Charlottenburger Schloss stand auch nicht viel mehr als wir jetzt vom Stadtschloss haben, trotzdem wurde es rekonstruiert (dabei war Deutschland deutlich ärmer).
    Und zum ultimativen Totschlagargument, den Kosten: Es geht hier um das zentrale historische Gebäude der Hauptstadt, das (bei Baukosten von 480 Mio €) nicht teurer wäre als 18 km Autobahn! Ein Autobahnkilometer einfachster Bauart kostet 15 Mio €, wenn man die Verwaltungskosten dazunimmt sind es 27 Mio € pro Kilometer, bei Tunnel- und Brückenbauten können sich die Kosten auf 100 Mio € pro Autobahnkilometer steigern - da zetert komischerweise niemand...

  • naja, ich denke es wird immer ein für und wider, und auch immer ein argument für die eine seite und zwei für die andere geben. ich glaube schlicht, dies ist keine richtig falsch diskussion. jeder scheint da andere prioritäten zu haben. allerdings finde ich die ganze herangehensweise von öffentlicher seite so ziemlich zum kotzen. und genau dieses zögerliche, halbherzige und destruktive verhalten die schloßpläne betreffend bietet erst recht angriffsflächen für schloßgegner, und da kann ich das dann auch nachvollziehen. von werbung für ein projekt dieser größenordnung keine spur, von aktionen wie in dresden (z.b. eine wetten das? stadtwette die nur dem zweck der werbung und der spendeneinahme diente, etc.), von risikofreude und einsatz für beschlossene planungen keine spur. und das ist die eigentliche schande an der ganzen sache.

  • ... gegen historisierendes habe ich eigentlich gar nichts einzuwenden. ich finde wir haben jetzt nen punkt erlangt an dem man nicht auf teufel komm raus immer wieder ne neue revolutionäre formensprache entwickeln muß. ich finde wir sollten inzwischen die freiheit haben gebäude passend in ihre städtebauliche situation zu bauen, ...


    absolute Zustimmung! :daumen:
    Rekonstruktionen oder historisierendes Bauen mit Rückwärtsgewandheit gleichzusetzen wie Manuel es tut, halte ich für sehr bedenklich. Aber was das betrifft kommen wir wohl sowieso auf keinen gemeinsamen Nenner mehr.
    Was mich mal interessieren würde: was macht die Schloss-Reko denn so teuer, dass man auf solche astronomischen Kosten kommt?
    Ehrlich gesagt glaub ich aber auch nicht, dass irgendein spektakulärer moderner Entwurf viel günstiger zu haben wäre. Zudem braucht man dort auch nichts Modernes. Der grauenvolle Chipperfield-Bunker unweit des Schloss-Areals ist schon mehr als genug.

  • allerdings finde ich die ganze herangehensweise von öffentlicher seite so ziemlich zum kotzen. und genau dieses zögerliche, halbherzige und destruktive verhalten die schloßpläne betreffend bietet erst recht angriffsflächen für schloßgegner, und da kann ich das dann auch nachvollziehen. [...]


    Das scheint mir vor allen Dingen ein Berliner Phänomen zu sein: Vieles wird zerredet, am Ende kommt dann nichts oder ein fauler Kompromiss. Auch bei vielen großen Bauprojekten werden jahrelang großartige Entwürfe gehandelt, und dann wird doch irgendein gesichtsloser 08/15-bau errichtet. In anderen Städten ist man nach meinem Gefühl konsequenter in Planung und Umsetzung. Woran mag das liegen? Ist Berlin als Hauptstadt stärker im Focus? Sind die Behörden schwieriger? Fehlen die großen Geldgeber? Oder werden der Stadt Debatten von außen aufgedrückt (weil es der Stadt vielleicht an eingessenem Bürgergeist fehlt)?

  • Ich glaube das siehst du eher subjektiv. Das ist meiner Meinung nach in den meisten Städten so. In Hamburg werden auch alle ehrgeizigen Projekte zerissen und am Ende kommt dann was durchschnittliches raus (von ein paar Projekten abgesehn, z.B, Elbphilharmonie). Hier erklärt man sich das immer mit hanseatischer Bescheidenheit, aber woran das in Berlin liegt kann ich mir auch nicht erklären. Wahrscheinlich eher an der finanziellen Lage.
    Hoffen wir das aus diesem 3-seitigen 08/15-Schloß doch noch eine vollständige Rekonstruktion wird.

  • Ich finde es auch nach wie vor nicht besonders klug bei Kulturausgaben von Kosten zu renden. Sicher, Kultur muß finanziert werden. Dazu muß Geld vorhanden sein. Aber nach Manuels Ansicht (vielleicht irre ich mich auch) scheint Kultur eher so eine Art unbedeutendes Anhängsel einer Gesellschaft zu sein. Meiner Meinung nach kann man sich Kultur durchaus etwas kosten lassen. Zudem funktioniert der Staatshaushalt auch etwas anders als die Kontoführung eines Bürgers und sieht auch anders aus als eine Unternehmensbilanz. Deutschland hat etwa 1,45 Billionen Euro Schulden. Niemand würde deshalb auf die Idee kommen, von Deutschland als einem armen Land zu sprechen. Nein, das Geld ist hier eher zweitrangig. Kultur kann nicht und sollte nicht mit ökonomischen Kriterien belegt werden. Denn sie kann sie schlichtweg nicht erfüllen. Nirgends (bzw. ganz selten) ! Sicher, es wäre ein Prestigebau. Jedoch einer, der im historischen Kontext stünde (deswegen auch sehr gerne mit der PdR-Fassade an der Spreefront). Das Wort Prestige finde ich zudem auch gar nicht abwertend, sondern durchaus passend. Denn im Zentrum darf es ruhig etwas weniger knausrig zugehen als im letzten Winkel des Landes in Neustadt hinterm Berge.


    Zudem: Ein Schloß-Palast vereinigt gleich zwei in meinen Augen wesentliche Dinge miteinander. Es ist natürlich der steingewordene Kompromiß, der die Debatte seit dem Hauptstadtbeschluß begleitet. Hier manifestiert sich auch für spätere Generationen ein tiefer Graben zwischen beiden Parteien. Ich halte das durchaus für sinnvoll, wenn sich eine gesellschaftliche Strömung auch in dem Äußeren eines Gebäudes äußert. Zum zweiten: Beide Gebäude haben einen wesentlichen Platz in der deutschen Geschichte (das eine Sitz des Staatsoberhauptes, das andere Sitz des Parlamentes). Beide Zeiträume in einem Gebäude miteinander zu verbinden, halte ich in einem wiederum veränderten Staatsgebilde (Wiedervereinigung, Regierungsumzug) geradezu für naheliegend. Hier nun aber mit Kosten zu argumentieren halte ich für genauso verfehlt wie für ein modernes Gebäude zu plädieren, das keinen historischen Bezug besitzt, dem noch nicht mal ein bundesrepublikanisches Verständnis innewohnt...

  • PdR-Fassade an der Spreeseite!? Wenn ich das schon höre... :mad2:
    Nichts gegen dich, aber das wäre ja wohl die entsetzlichste Lösung von allen!


    Hab mich gerade nochmal auf der Website der "Stadtschloß Berlin Initiative" umgesehen, weil man in den Medien ja immer nur vom "Förderverein Berliner Schloss" hört.
    Auf der einen Seite finde ich deren Vorhaben wesentlich besser, da sie sämtliche Fassaden (vor allem die Spreeseite mit Apothekerflügel und auch die der Innenhöfe), sowohl die wichtigsten Innenräume rekonstruieren wollen. Und die Privatfinanzierung ist natürlich auch Musik in meinen Ohren...
    Auf der anderen Seite gefällt mir die Idee des Humboldtforums im Schloß sehr, weniger die der kommerzielle Auschlachtung des Gebäudes. (Humboldtforum auf der anderen Spreeseite neubauen, Schloßräumlichkeiten an Investoren verkaufen...)


    Aber was mich wirklich stutzig macht sind die Modelle. Die sehen eine zweite Kuppel auf dem Mittelbau zwischen den beiden Innenhöfen vor. Kann mir einer das erklären? Auf keinem der historischen Fotos ist was von dieser zweiten Kuppel zu sehen. Das haben die sich doch nicht ausgedacht oder?

  • Doch, dass haben sich die Jungs und Mädels ausgedacht!
    Die zweite Kuppel soll eine Anspielung auf das zweite Schloss, und damit die Wiedererrichtung sein! Naja, so schlecht finde ich die zweite Kuppel optisch nicht!

  • Gewisse Personen hier begreifen einfach nicht, dass es keine richtige oder falsche Meinung hinsichtlich der Architekturfrage geben kann. Und wenn Ihr es noch so oft versucht: Mich kann man nicht davon überzeugen, die Architektur von Gestern wiederaufzubauen. Und die gebotene Argumentation dazu ist denn auch nach wie vor viel zu dünn:


    rallekoffskaja möchte gerne mehr Geld für Kultur. - Das Gegenteil wird der Fall sein: Diese 300 oder 400 Millionen müssen erbracht werden. Und zwar (wie sagt man so schön) aufkommensneutral. Von kofi-de erfahren wir, dass man 100 Mio. schon einmal dadurch bekommt, dass man zwei Gebäude in Dahlem nicht renoviert und verfallen lässt. Bleiben noch 300 Mio. übrig. Na ja, nimmt man noch etwas Geld von der Spandauer Zitadelle weg, die ohnehin kaum was bekommt, kürzt man ein bisschen bei der Erhaltung der anderen Berliner Schlösser und streicht eine Oper. - Dann haben wir das Schloss zusammen. Es gibt keine Gewinne, die Mehrausgaben zulassen. Bund und Land sind Pleite. Unser Rathausturm in Spandau darf wegen Baufälligkeit seit Jahrzehnten nicht mehr betreten werden. – Eine Renovierung ist zu teuer. Lassen wir also die vorhandenen Gebäude weiter verwittern und bauen lieber neue Schlösser.


    Und vertigo gräbt just das Argument aus, dass ich zuvor schon abgelehnt habe: Nein, ich lasse die Wiederaufbauten nach dem Krieg nicht als Argument gelten, weil jener 60 Jahre vorbei ist und vom Schloss seit dem praktisch nicht einmal die Grundmauern übrig sind. 60 Jahre danach ist das was anderes.


    Und auch das: Das Stadtschloss ist kein Denkmal, welches erhalten werden muss. – Es ist schlicht nicht da.


    Das Berliner Stadtschloss als eine der wichtigsten Barockbauten nördlich der Alpen zu bezeichnen, halte ich für maßlos übertrieben. Ich würde die drei Fassaden eher als langweilig bezeichnen. Architektonisch eher Mittelmaß (und bin da nicht der einzige). Und defintiv: Es kommt kein Tourist nach Berlin, um sich drei Barockfassaden anzuschauen. Wie viele Menschen kommen jährlich wohl nach Mannheim, um sich die Fassade des dortigen Schlosses anzuschauen? – Die meisten Mannheim-Touristen (wenn es so was denn überhaupt gibt) haben das Schloss höchstens vom Zug aus gesehen.


    Wie Escobar schon sagte: Die meisten kommen, um sich Ost-West und die Reste der Commies zu begucken. Dazu kommen dann noch die Museen, spektakulären Ausstellungen, Events und seltener mal auch Konzerte oder Theater. Aber wegen Fassadengucken kommt wohl kaum einer nach Berlin.


    Es gibt eine Menge Meinungen und Haltungen zur Frage historisierender oder zeitgenössischer Architektur. Geschmäcker über die man kaum streiten kann (zumindest hier nicht).


    Und dann gibt es noch Argumente jenseits der Architektur- und Geschmacksfrage:


    1. Bund und Land können sich mehrere hundert Millionen für ein neues Schloss nicht leisten. Das Schloss erfüllt zudem keine Funktion (wie eine Schule, ein Verwaltungsgebäude oder ein Gefängnis es macht).
    2. Bund und Land können sich nicht einmal den Erhalt der bestehenden Kultur leisten. Wenn man sich den Unterhalt des bestehenden nicht leisten kann, ist es schlicht kriminell, weiteres neu anzuschaffen.
    3. Es gibt Projekte von privaten Investoren, die dort verwirklicht werden können. Und privates Geld ist staatlichem (Steuer-)Geld immer vorzuziehen.