Wiederaufbau Berliner Stadtschloss

  • Wie denn auch? Das geht schon mal gleich gar nicht in der Woche, in der die geplante Mwst.-Erhöhung bekannt gegeben wird. ;)




    Zum Schloss (an sich):


    Bisher gibt es im Wesentlichen 4,5 Varianten:


    1. das "schöne" alte Schloss wieder aufbauen,


    2. den "geschichtsbewußten" Palast d. R. sanieren,


    3. ein Wischi-Waschi-Konglomerat aus 1. und 2.


    4. einen "zeitgemäßen" Neubau


    4,5. (vermutlich dauerhaft) temporäre Zwischennutzungen des Geländes/ der Palast-Ruine.




    Ich hatte es schon mal weiter oben angerissen. Wenn jeder einen "würdigen", städtebaulich sinnvollen Abschluss der Linden haben will, niemand das Hin und Her der Geschichtsvereinnahmung weitertreiben will und alle meinen, es müsse was geschehen, warum kann ein neues "Volkshaus" an dieser Stelle nicht einfach ein wirklich attraktiver Neuentwurf sein, der sich architektonisch und funktional an seiner Umgebung und der künftigen Nutzung orientiert?


    Gebt den Planern die Mittel, das Know How und den juristischen Background, welche auch für einen Schloss(neu)bau erforderlich wären. Das Resultat muss dann beileibe kein mittelmäßiger, vordergründig (und vermutlich doch nur scheinbar) rein funktionaler Kasten werden wie all das, was man sich unter "moderner Architektur" landläufig vorstellt. Denn die ist i. d. R. geprägt von der Industrialisierung, kurzfristigen ökonomischen Interessen und vor allem: von den deutschen Normen, Verordnungen und Gesetzen.


    Was entstünde, könnte beispielsweise viel näher an den klassizistischen oder auch barocken Tradition der Umgebung anknüpfen, als es das ehemalige Schloss je tat. Denn das ist - und das gibt es m. E. zu bedenken - alles andere als ein architektonisches Kleinod gewesen!


    Warum neigen wir dazu, von jeder Fragestellung ein multiple Choise -Verfahren mit vorgegebenen, bequemen Antworten aus dem Bereich des bereits Existenten abzuleiten? Vielleicht, weil die Einfallslosen heutzutage oft mehr Stimmgewalt besitzen, als jene, die befähigt sind? Daswar zu Zeiten der Entstehung dieses Straßenzuges nicht umsonst anders.



    Gruss
    AeG

  • Und noch was:


    Wie verhält sich das eigentlich mit dem Portal IV, das seit 1961 das (ehem.) Staatsratsgebäude von Roland Korn prägt, wenn das Schloss wieder aufgebaut wird?


    Gibt's dann auf engstem Raum zweimal das gleiche Element - gegenüber das Original, am Schloss eine Kopie :lach:? Oder muss dann das Staatsratsgebäude dran glauben? (eher kaum, ist 'ne Elite-Schule drin und steht auch unter Schutz)

  • Gibt's dann auf engstem Raum zweimal das gleiche Element - gegenüber das Original, am Schloss eine Kopie :lach:? Oder muss dann das Staatsratsgebäude dran glauben?
    Genau das habe ich mich auch schon gefragt! Wenn das Gebäude in diesem Zustand nicht unter Denkmalschutz stehten sollte, würde bei einem Schlossneubau, das Portal verfrachtet werden. Wie das Staatsratsgebäude geflickt wird ist mir auch noch nicht ersichtlich.

  • Das Portal IV im Staatsratsgebäude ist angeblich weitgehend selbst eine Kopie. Nur einige Teile (Figürchen?) sollen original sein. Ob diese im Schlossneubau wieder Verwendung finden, steht wohl noch nicht fest.

  • Ich hoffe, die gelungene und allseits gerühmte Rekonstruktion der Drsdener Frauenkirche gibt einen Schub in diese Richtung.


    1. das "schöne" alte Schloss wieder aufbauen,


    Durch das Vorbild Dresden sollten sich dann auch genug private Spender finden lassen - Geld ist ja reichlich vorhanden.


    Zum Staatsratsgebäude: Gleich mit abreißen! :D

  • Hast Recht, rec. Auf der Seite des Fördervereins http://www.berliner-schloss.de findet sich dazu folgendes:


    [...]


    Was passiert mit dem im Staatsratsgebäude eingebauten Portal IV (DDR-Bezeichnung: "Liebknecht-Portal")?


    Das Portal im Staatsratsgebäude ist eine weitgehende Kopie des Originals, wie man an den unversehrten Sandsteinmauern erkennt. Das alte Portal war durch die Kampfhandlungen bei der Eroberung Berlins am 29. April 1945 von MG-Garben und Gewehrfeuer schwer beschädigt worden. Es hatte viele Einschusslöcher, die man im Staatsratsgebäude als Flicken hätte sehen müssen. Aber die skulpturalen Teile des Portals sind dem Original entnommen worden, sie zeigen viele Reparaturstellen.


    Wir denken, dass wir für das Schloss eine weitere Kopie anfertigen sollten, da die Entnahme des Portals aus dem Staatsratsgebäude dieses völlig entstellen und seiner Originalität berauben würde. Lediglich die Skulpturen sollte man entnehmen und durch schlichte Steine ersetzen, damit die alte Originalsubstanz wieder an den alten Ort zurückkehren kann.


    [...]



    Nur ist damit noch immer nicht geklärt, ob es angemessen ist, das quasi gleiche Portal im Abstand von wenigen Metern zwei mal, und zwar an Bauten völlig verschiedenen Types vorzufinden.


    Ich nehme auch an, für einen Großteil der Ostberliner, die das Schloss nicht mehr kennengelernt haben, wird das Portal am Schloss virtuell wie eine Replik wirken und das am Staatsratsgebäude scheinbar wie das Original. Der Bau war einfach sehr markant und wurde als Regierungssitz in der üblichen, penetranten Art permanent abgebildet.

  • "Palast-Abriß billiger: Angebote von vier bis zehn Millionen Euro liegen vor"


    "Die Abrißkosten des Palastes der Republik liegen offenbar deutlich unter den bislang veranschlagten 20 Millionen Euro. Wie der Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau, Wolf Burkhard Wenkel, gestern dieser Zeitung mitteilte, "liegen uns die Ausschreibungsangebote von zehn Baufirmen vor, deren Kostenrahmen zwischen vier bis zehn Millionen Euro liegen"."


    http://www.welt.de/data/2005/11/12/802527.html

  • Die 20 Millionen waren von vornherein eine politische Summe, eine Phantasiezahl, die in der Öffentlichkeit verbreitet wurde um die Entscheidung für den Abriß mit dem Argument, er sei zu teuer, zu verhindern.

  • Der Förderverein Berliner Schloß hat bereits im letzten Jahr - damals war zeitweise sogar von 40 Mio. Kosten die Rede - ein Angebot einer Abrißfirma eingeholt. Ergebnis, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, 7 Mio. Das wurde nicht zuletzt von Vertretern der Senatsverwaltung als "unseriös" beiseitegeschoben. Und bei welchem Kostenniveau sind wir nun gelandet?

  • Ich sehe den Punkt nicht: Selbst bei 40 Mio. (keine Ahnung, ob die Zahl mal als definitiv verbreitet wurde) würde der Abriss wohl jetzt beginnen (die Vorbereitungen liefen ja auch schon, als noch von maximal 20 Mio. Euro die Rede war). Die meisten Abrissgegner bringen auch gar nicht mal die Kosten als ersten Punkt gegen den Abriss.
    Außerdem wurde von so hohen Kosten ausgegangen, weil der Abriss wegen der Betonwanne und der Austarierung mit dem Grundstück gegenüber samt Dom wohl nicht so unproblematisch hätte werden können (genaueres weiß man da auch noch nicht). Daher werden auch die Angebote am unteren Preisende als unseriös betrachtet.

  • Ich sach ma so; das letzte Wort ist hier sicherlich noch nicht gesprochen. Ob es bei den max 10 Mio bleibt muss man wohl erst mal abwarten. In der Regel fallen bei öffentlichen Bauvorhaben, vor allem in Berlin, die Kosten relativ oft höher als erwartet aus.


    We will see

  • @ AeG, du lebst noch ;)
    Spielst du mit deinem Neubauvorschlag auf den Entwurf der Anfang der neunziger mal unter Helmut Kohl verbreitet wurde an?

  • Zitat von Kent of Neapel

    @ AeG, du lebst noch ;)
    Spielst du mit deinem Neubauvorschlag auf den Entwurf der Anfang der neunziger mal unter Helmut Kohl verbreitet wurde an?


    Er hat sicher einen eigenen;)

  • Logisch hab' ich 'nen Eigenen! ;) Aber im Ernst, die Beschäftigung mit klasischen Architekturauffassungen ist sehr aufwändig, soll am Ende etwas Eigenständiges, wirklich Neues entstehen und nicht nur eine bloße Kopie oder gar eine zweifelhafte "Neuinterpretation". Ausserdem stößt die 3D- Modellierung hier an Grenzen. Selbst eine vergleichsweise einfache toskanische Säule ohne Kanneluren beansprucht bei annähernd korrekter Darstellung allein durch ihre Entasis unheimlich viel Speicher- und Rechenperformance. Ein vernünfitges Modell ist so nicht drin. Und für konventionelle Zeichnungen hab' ich im Moment zu wenig Zeit. Abgesehen davon ist das Thema wohl etwas zu gewichtig für mich. Da könnte ich höchstens Denkanstöße geben.



    Kent,


    helf' mir mal auf die Sprünge! Von welchem Kohl-Entwurf redest Du? Der ist wohl an mir vorbeigegangen.



    Gruss
    AeG