Kulturforum

  • Das ist auch alles nichts neues, aber außer um die Museumsgebäude anzugucken, gibt es da für Vorbeikommende keinen Grund zu verweilen und das kann man aus dem Auto oder Bus gut genug.


    Das kann sich durch das neue Museum immerhin dahingehend etwas ändern, dass von der Bundesstraße abgeschottete Plätze entstehen, auf denen eine Aufenthaltsqualität entstehen kann.

  • Rund um die drei Pinakotheken in München verbringen Menschen einfach ihre Freizeit auf einem lichten, grünen Gelände. Warum fürchtet man sich in Berlin nur so davor Beton und Stein durch einen Park zu ersetzen? Achja ich habe vergessen, der Kriminalitätsschwerpunkt, dafür sind die Pinakotheken in München ja auch berüchtigt.



    Es ist dort kaum möglich bei schönem Wetter Fotos auf dem Gelände aufzunehmen ohne dabei Menschen in ihrer Freizeitgestaltung mit zu fotografieren:


    https://www.varta-guide.de/fre…e-pinakothek-in-muenchen/


    In diesem Berlinforum gibt's teilweise ein komisches Verständnis von Stadt. Sehr auf Innenräume fixiert. Außenbereiche höchstens als Hintergrundbild beim Blick aus Kfz.

  • Die Stadtlandschaft rund um die Münchner Pinakotheken ist beispielsweise ein belebter Treffpunkt für Menschen, die sich einfach nur treffen, und kein Museum besuchen, keine Eintrittskarten haben...

    Das Berliner Äquivalent hierzu ist der Lustgarten auf der Museumsinsel.

    Es ist wie in Berlin so häufig einfach auch die "Masse an Möglichkeiten".

    Denn zusätzlich zur Museumsinsel gibt es eben das Kulturforum, es gibt aber noch einen "Museumskluster" am Schloss Charlottenburg (mit großem Park)

    Und den Hamburger Bahnhof mit dem Naturhistorischen Museum, übrigens ebenfalls mit dem Invalidenpark dazwischen.

    Das technische Museum hat einen weitläufigen Aussenbereich.


    Und 50 Meter hinter dem Kulturforum beginnt der Tiergarten.


    Aber hier wird das bisschen gepflasterte Terrasse vor der Gemäldegalerie als Unort dargestellt, über den der eisige Wind pfeift, das ist doch lächerlich!

  • Rund um die drei Pinakotheken in München verbringen Menschen einfach ihre Freizeit auf einem lichten, grünen Gelände. Warum fürchtet man sich in Berlin nur so davor Beton und Stein durch einen Park zu ersetzen?

    In München gibt es 200 Meter nördlich der Pinakotheken auch keinen Tiergarten mit 210 Hektar Größe. Wenn du so begeistert bist von Pakflächen, dann gehe doch einfach in den Tiergarten, der für Fußgänger nur einen Steinwurf entfernt ist.


    Reichen dir die 210 Hektar Größe nicht, die der Tiergarten dir bietet? Wieviel Parkfläche möchtest du denn gerne haben? 300 Hektar? 500 Hektar? 1000 Hektar?

  • ^Es gibt den Englischen Garten. Und der ist, im Gegensatz zum Tiergarten, auch kein Kriminalitätshotspot. Als Exerzierplatz wäre das Forum dagegen geradezu prädestiniert. Hier sind übrigens die neuen Freianlagen für bessere Aufenthaltsqualität. Quelle: https://gruen-berlin.de/presse…es-kulturforums-eroeffnet


    Gibt es in irgendeiner europäischen Großstadt einen noch unattraktiveren Platz?


    Unerlaubt per Hotlink eingebundenes Bild entfernt.

  • Vielleicht mal zur Erinnerung:

    Als der Palast der Republik abgerissen wurde und die Pläne zum Humboldtforum diskutiert wurden, gab es damals Leute, die auf dem damaligen Schlossplatz gar keine Bebauung haben wollten und sich stattdessen für eine unbebaute Parkfläche ausgesprochen haben. Es darf sich jeder mal die Frage stellen, ob es Berlin weitergebracht hätte, wenn man auf das Humboldtforum verzichtet hätte zugunsten einer Parkfläche.


    Zurück zum Kulturforum:

    Die Umsetzung grün-blauer Stadträume ist aus Gründen der Klimaresilienz super wichtig. Aber dieser andauernde Ruf nach Parkflächen ist einfach nur noch infantil.

  • Ich stimme Dir zu, dass das Problem nicht primär mangelnde Grünflächen sind. Die gibt es übrigens auf dem Gebiet. So wie es sie auch in Marzahn-Hellersdorf gibt, was die Gegend trotzdem nicht beliebter macht. Das Problem ist die aggressiv unattraktive Architektur (Scharoun und Mies ausgenommen). Und daran wird auch keine landschaftsarchitektonische Intervention etwas ändern können. Das einzige, was schlechte Architektur erträglich macht, ist gute Architektur. Aber die ist weit und breit nicht in Sicht (vielleicht in der Ferne, ich mag den Potsdamer Platz).

  • Foster Gage Zunächst einmal danke für den Link. Aber leider muss ich schon sagen, dass man sich dann auch selbst etwas fundierter mit den selbst geposteten Dingen auseinander setzen kann. Du zeigst gerade Mal eine Aufnahme - scheinbar von einem grauen Herbst- bzw. Wintertag Mitte Dezember und dafür finde ich es nicht einmal so schlimm. Die Architektur reißt mE schon einiges raus.


    Daneben sind der Quelle zudem zahlreiche weitere Aufnahmen und auch durchaus interessante Ausführungen zu entnehmen. Nur einige Punkte und Aufnahmen:

    - es galt, Freiflächen zu gestalten, die Besucherströme über den Platz zu den verschiedenen Institutionen lenken und auch wartende Massen aufnehmen können (wichtige Stichworte sind hier offene Sichtachsen und hohe Frequentierung)

    - vor den Institutionen wurden zum Teil trotzdem auch gezielt grüne Entrées geschaffen

    - zudem wurde Fahrrädern, Fußgängern, ÖPNV inkl. Taxis und mobilitätsbeschränkten Menschen Vorrang gegeben und der MIV inkl. Parkflächen so weit wie möglich aus dem Forum ausgesperrt

    - fortan sollen "vielfältige Kulturangebote" sowie "ergänzende Gastronomie" das Areal "innen wie außen bespielen" und "stärker beleben"

    - nach Fertigstellung der Großbaustelle wird der Prozess fortgesetzt, wie bereits im Vorfeld der abgeschlossenen Maßnahmen soll auch dann und fortan enger Austausch zu den Institutionen und der Bevölkerung gesucht werden


    Ich finde, man erkennt hier schon, dass man sich Gedanken macht. Zudem muss man nur durch die Galerie klicken, um auch erste Früchte dieser Ansätze zu sehen. Übrigens wird ja inzwischen auch das steinerne Umfeld des Humboldtforums besser angenommen als teilweise dargestellt (das DAF neigt mE etwas zu Zuspitzungen und Übertreibungen). Hier wie dort wird sich dieser Prozess mit der Abnahme von Bauflächen und der Zunahme von Angeboten verstärken. Zugleich werden die (teils durchaus notwendigen) Verkehrsflächen das Potential etwas begrenzen.


    Hier nun ein paar andere Bilder aus der Galerie

    (Bildrechte je bei Grün Berlin/ Andy Rumbal)

    Klar geht da im Detail noch mehr. Aber bei etwas wohlwollenderer und differenzierterer Betrachtung ist das mE vielleicht doch nicht mehr der hässlichste und lebensfeindlichste Ort auf der ganzen weiten Welt. Ich würde erst einmal etwas Geduld investieren - gilt übrigens aber auch identisch für das klassische Pendant an der Museumsinsel: Ich denke, mit etwas Grün sowie ggf. Kunst sowie kulturellen und kulinarischen Angeboten kann es hier wie dort doch ganz nett werden. Nur tut mir nach wie vor weh, das man aus dem Museum der Moderne architektonisch nicht mehr heraus holt - gerade bei den Dimensionen und dem Stellenwert. Aber warten wir auch hier mal noch etwas ab...


    Bitte keine externen Bilder über Hotlinks einbinden. Daher geurlt. Siehe Richtlinien für das Einbinden von Bildern.

  • Also im aktuellen, offiziellen Ranking nach Besuchszahlen der Top 20 Berliner Museen und Gedenkstätten stehen die Neue Nationalgalerie und die Gemäldegalerie nicht so schlecht da:

    Im Grunde ist ja zum Thema Kulturforum schon alles gesagt, aber wenn dann solche Aussagen kommen, muss man sie doch mal geraderücken.


    Die Gemäldegalerie auf Platz 20 der meistbesuchten Museen Berlins ist "gar nicht so schlecht"? Die Neue Nationalgalerie auf Platz 11, hinter DDR-Museum oder Futurium, naja, akzeptabel, aber auch nicht gerade gut.


    Man kann das ja auch mal in absoluten Zahlen betrachten. Nehmen wir mal 2019, das ist die am besten vergleichbare Zahl, weil da weder Corona noch Sanierung etwas verzerrt (Ausnahme Neue Nationalgalerie, Alte Meister Dresden):


    Gemäldegalerie: 310.000 Besuche (1)
    Gemäldegalerie Alte Meister Dresden: 314.953 (Teilschließung) (4); 2012: 578.499 (7)*
    Wien, Kunsthistorisches Museum: 1.839.027 (13)
    München, Alte Pinakothek: 472.745 (14)
    Berliner Philharmoniker: 261.000 (2),
    (Eigenveranstaltungen oder Gesamtbesucherzahl?)
    Gewandhaus Leipzig: 447.314,
    Anteil Konzerte des Gewandhausorchesters: 248 378 (4)

    Dresdner Philharmonie (nur Eigenveranstaltungen): 210.000 (9)
    Wiener Konzerthaus: 577.200 (12)
    Neue Nationalgalerie (2022**):
    165.000 (3)
    Dresden, Albertinum: 115.878 (6)
    Wien, mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig: 289.000 (11)München, Pinakothek der Moderne: 331.114 (14)
    Musikinstrumenten-Museum: 53.000 (1)
    Leipzig, Grassi Museum für Musikinstrumente: 30.014 (5)

    Kunstgewerbemuseum: 51.000 (1)
    Leipzig, Grassi Museum für angewandte Kunst: 90.369 (5)
    Berlin, Bröhan-Museum: 86.300 (8)

    Wien, MAK - Museum für Angewandte Kunst: 219.873 (11)
    Münchner Stadtmuseum: 124.039 (15)
    Kupferstichkabinett: 46.000 (1)
    Dresden, Kupferstichkabinett: 70.036 (6)
    Wien, Albertina: 1.000.000 (10)

    * 2019 zeigte die Gemäldegalerie wegen Sanierung nur einen kleinen Teil von Sammlung und Räumen, hatte davor regelmäßig eine halbe Million Besucher, z. B. 2012, im letzten Jahr vor der Sanierung.

    ** 2022 aufgrund Sanierung und Corona in den Jahren zuvor


    Quellen:

    (1) https://www.smb.museum/nachric…-millionen-besucherinnen/

    (2) https://www.bz-berlin.de/unter…rliner-theatern-und-opern

    (3) https://about.visitberlin.de/w…uerdigkeiten-attraktionen

    (4) https://statistik.leipzig.de/s…jahrbuecher/Kapitel11.pdf

    (5) https://statistik.leipzig.de/s…y/table.aspx?cat=11&rub=1

    (6) https://www.skd.museum/fileadm…resbericht-2021_dtsch.pdf

    (7) https://www.skd.museum/fileadm…KD-Jahresbericht-2013.pdf

    (8) https://www.broehan-museum.de/…her-2019-Ausblick2020.pdf

    (9) http://www.musik-heute.de/2054…uter-bilanz-ins-150-jahr/

    (10) https://www.albertina.at/site/…eschaeftsbericht_2019.pdf

    (11) https://www.kleinezeitung.at/k…-Besucher-in-Bundesmuseen

    (12) https://www.konzerthaus.at/Cus…87e-8bf6-be19417b2508.pdf

    (13) https://www.khm.at/fileadmin/u…HM_Jahresbericht_2019.pdf

    (14) https://staging.pinakothek.de/…hresbericht_19-Web-DS.pdf

    (15) https://stadt.muenchen.de/info…na-kulturundfreizeit.html


    Die Zahlen für die leeren Tabellenfelder sind schwer zu finden, aber bei Bedarf versuche ich das nachzutragen. Auf Wunsch können auch Vergleiche mit anderen Städten herangezogen werden. Klar ist, dass sich Berlin mit Müh und Not mit nach Einwohner- und Touristenzahl wesentlich kleineren Städten messen kann. Wohlgemerkt, was die Besucherzahlen auf dem Kulturforum anbelangt! Die Qualität der Sammlungen ist weltklasse. Gerade, weil Berlin eine große Stadt ist, sollte sie damit auch entsprechende Besucherzahlen generieren können, die mit anderen Millionenstädten mit vergleichbaren Sammlungen mithalten können. Nebenbei, das von einigen mit Gift und Galle bedachte Humboldtforum hat aus dem Stand rund 1,5 Millionen Besucher begrüßt.

  • "Good-Old-Westberlin" hat doch gezeigt wie man Orte völlig verhunzt und zerschneidet. Ja, dass auch die Karl-Marx-Allee überdimensioniert daher kommt, liegt auch an der Ideologie-Vorstellung der "sozialistischen"-Hauptstadt der DDR - zum Glück vorbei - Zum Kulturforum: Westberlin wollte Autogerechte Stadt, okay, war halt seiner Zeit ansprechend, aber warum man ausgerechnet die wichtigsten Gebäude so umbaut, dass ist mir völlig unbegreiflich. Was hätte man für eine Meile schaffen können, aus Kunst, Kultur und Gastronomie etc. und unten durch die Autobahn oder wenigstens drumherum, stattdessen diese Autobahnschneise Links und Rechts von Kulturforum und "Stabi*. 😳 Ich möchte wahrlich nicht unsachlich oder ungerecht daher kommen, aber Orte wie Messe/ICC und Kulturforum/"Stabi" wie auch immer brauchen Reparatur statt einseitiger Nostalgie. Es ist doch faszinierend wie Westberlin damals zwei Orte schaffen könnte, die aus heutiger Sicht zweimal genau gleich errichtet wurden, nämlich zerschnitten und heute unbrauchbar, siehe unattraktives Messeumfeld, was sich Berlin nicht leisten möchte, obwohl immerhin wichtige Zeugnisse der damaligen Zeit dort stehen. Verdichtung zerstört keine Gebäude, sondern repariert und ergänzt und mit Verlaub, diese beiden Orte brauchen dringend ein Update. Berlin verpasst seine Chancen weil ein paar Leute im Vorgestern leben und anscheinend nicht akzeptieren, dass Westberlin Vergangenheit ist. Heutige Aufgabe muss es sein, lebendige Orte zu schaffen, die mit Alt und Neu harmonieren stattdessen dieser Flickenteppich in unserer Stadt... Das ist unwürdig für eine Hauptstadt und ich glaube, dass die meisten Menschen in unserer Stadt keine Lust mehr haben auf Flickenteppich und halbherzige Visionen & Konzepte. Eigentlich schade, dass man hier immer zum negativen getrieben wird (typisch Berlin!) ohne Weitsicht und Pragmatismus. Wir bremsen dort, wo unangemessen und fördern dort, wo es nicht nötig ist.


    LG Minimalist. 😙🤘

  • Im Prinzip stimme ich zu. Die autogerechte Stadt der 1960er-Jahre sollte (es sei denn funktional immer noch wichtig, und bitte nicht vergessen, die berühmt-berüchtigten "herausragenden Vertreter der Zeit" zu schützen) doch mehr oder minder aus den Metropolen und Köpfen verschwinden.


    Speziell beim Kulturforum darf man nicht vergessen, dass es quasi als eine Art kultureller Burggraben direkt an der Zonengrenze gedacht war. Da war nicht viel mit Integrieren und Durchgangsstraßen-Vermeiden. An eine deutsche Wiedervereinigung hat man damals (im Rückblick vielleicht etwas kurzsichtig) nicht gedacht.


    Dennoch kann das KF meiner Meinung nach zu einem kompakten und sogar ikonischen Erlebnis werden, wenn man, ganz im Sinne der überholten Autostadt) an dieser Stelle die Potsdamer Straße verschwinden lässt.


    Gereade weil an dieser Stelle so viele ambitionierte Solitäre stehen (die auch alle erhaltenswert sind), verträgt sie Verkehrsinfrastruktur eigentlich so gar nicht.

  • Ich bin auch dafür, die gefühlten Autobahnen aus der Innenstadt und speziell dem Kulturforum zu verbannen. Das wäre ein städtebaulicher Fortschritt. Es sollte aber niemand denken, dass damit alle Probleme gelöst sind. Und das sind sie auch nicht, wenn man das Kulturforum schön begrünt und bepflanzt, so wünschenswert auch dies ist.


    Und umgekehrt kann ja jeder mal überlegen, ob ihm/ihr nicht auch eine ganze Reihe berühmter und beliebter Orte in Europa einfallen, die vollkommen steinern und unbegrünt sind oder an vielbefahrenen Straßen liegen. Die gibt es nämlich auch.

  • ^ Der Kölner Dom


    Im Ernst, egal wie man die Besuchszahlen vergleichen möchte, das Prinzip ist einfach:


    Ist in der Neuen Nationalgalerie eine sensationelle Ausstellung pilgern 10 Tausende dort hin. Die letzte große Ausstellung der Gemäldegalerie zog ebenfalls viele Besucher.


    Die Philharmonie ist zu den Konzerten der Philharmoniker ausverkauft und zu anderen Konzerten ebenfalls sehr gut besucht.


    Das Kupferstichkabinett... also Kupferstiche sind wahrscheinlich in der heutigen Zeit nicht wahnsinnig sexy und dem Kunsthandwerkmuseum mag es vom Image her ähnlich gehen.


    Die für das neue Museum bestimmte Sammlung dagegen könnte schon allein ein Magnet sein.


    Und vor Allem: Die "Autobahn" der Potsdamer Straße hält im Grunde niemanden ab, der eine bestimmte Ausstellung sehen möchte. Wenn ich mir überlege wie ich mich durch den Verkehrsdschungel in Kairo gekämpft habe um ins Ägyptische Museum dort zu kommen...


    Ein direkter U Bahn oder Tram Bahn Anschluss hingegen könnte schon helfen und da würde ich wirklich sagen, das ist einer solchen Kulturstätte nicht würdig, dass ein solcher Anschluss fehlt.


    [mod]Überflüssiges Zitat des Vorposts gelöscht. [/mod]

  • Ich bin auch dafür, die gefühlten Autobahnen aus der Innenstadt und speziell dem Kulturforum zu verbannen.

    Ich find's interessant, dass so viele hier das Problem der Potsdamer Straße im Autoverkehr sehen. Aus meiner Sicht krankt die Potsdamer Straße nicht am Autoverkehr, sondern am Fehlen von breiten Gehwegen für flaniernde Passanten und Museumsbesucher, am Fehlen von Außengastronomie (Straßencafes) und am Fehlen einer flankierenden Bebauung, die dem Straßenraum eine Fassung gibt. Die Autos sind in der ganzen Betrachtung das kleinste Problem!


    Gehen wir nochmal einen gedanklichen Schritt zurück. Stichwort "Autogerechte Stadt":

    Im Zeitalter der autogerechten Stadt hat man die verschiedenen Verkehrsarten getrennt, indem man insbesondere für den Autoverkehr aufwendige Tunnel- und Rampensysteme angelegt hat. Deswegen geht es bei der heutigen Abkehr von der autogerechten Stadt vor allem darum, die verschiedenen Verkehrsarten wieder zusammenzuführen. Aus der Trennung verschiedener Verkehrsarten wird das Zusammenführen verschiedener Verkehrsarten. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Autoverkehr vollständig aus den Innenstädten verbannt werden wird. Es wird auch zukünftig in den Innenstädten mehrspurige Straßen mit Autoverkehr geben. Aber das Auto wird nicht mehr automatisch die Vorfahrt vor anderen Verkehrsmitteln erhalten. Es wird in Zukunft darum gehen, die Straßen mit Autoverkehr in lebendige Boulevards zu verwandeln. Auf diesen lebendigen Boulevards wird es natürlich auch in Zukunft (temporeduzierten) Autoverkehr geben. Aber zusätzlich auch genügend Straßenraum für Fahradfahrer. Ausreichend Bäume und Grünpflanzen. Und natürlich breite Gehwege für die flanierenden Passanten. Darüber hinaus Gastronomie und eine Bebauung , die dem Straßenraum eine Fassung gibt. Mit anderen Worten. Die Abkehr von der autogerechten Stadt wird am Ende bedeuten, dass die Straßenzüge der Zukunft ähnlich aussehen werden wie die Boulevards des 19. Jahrhunderts, auf denen es keine Fahrbahnmarkierungen für Autos gegeben hat und alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt gewesen sind. Es ist kein Zufall, dass in den letzten Jahren in vielen Innenstädten verstärkt sogenannte Shared Spaces eingerichtet werden, in denen jeder Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt ist. Eine vollständige "Verbannung" des Autoverkehrs wird es zukünftig weder am Kulturforum, noch irgendwo anders in den Innenstädten geben. Erstens, weil es völlig unrealistisch ist. Und zweitens, weil es für die Abkehr von der autogerechten Stadt auch gar nicht notwendig ist, vollständig auf das Auto als Verkehrsmittel zu verzichten.


    Was bedeutet das für die Potsdamer Straße im Kultuforum?:

    Wenn man etwas für die Potsdamer Straße tun will, dann soll man die Gehwege deutlich verbreitern, regelmäßige Baumreihen anlegen und in unmittelbarer Nähe zum Straßenraum Gastronomie ansiedeln. Kleines Problem: die Außengastronomie (Straßencafes) wird sich nur dann freiwillig ansiedeln, wenn die Potsdamer Straße eine flankierende Bebauung erhält. Denn Straßencafes gibt es in aller Regel nur dort, wo Straßen auch eine bauliche Fassung besitzen. ..... Übrigens: Autos dürfen in diesem qualitätvollen Straßenraum zukünftig natürlich auch fahren, aber eben temporeduziert und ohne Vorrechte gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern.

  • Ihr seid mir ein paar Scherzbolde. Das Problem ist die Architektur! Niemand will sich in einer hässlichen Gegend aufhalten. Glaubt ihr etwa, Paris wäre die meistbesuchte Stadt Kontinentaleuropas, wenn die gesamte Stadt von deutschen Nachkriegsarchitekten entworfen worden wäre?


    Zur Erinnerung, einer der größte Plätze Europas: kein Baum, keine shared spaces. Der Inbegriff von Luxus und Urbanität.

    https://dynamic-media-cdn.trip…plaza.jpg?w=1200&h=-1&s=1


    Und dabei sollte man meinen, es handele sich um hier ein Architekturforum...


    Einbindung in Link geändert. Bitte nicht direkt von Quell-Servern einbinden ("Hotlinking"), ansonsten immer Angaben zu den Bildrechten.

  • Von der Mentalität her steckt Berlins Stadtplanung noch in der West-Berliner Provinz.


    Das kann man auch genau umgekehrt sehen. Das hauptsächlich Zuzuggebiet, aus dem In- und Ausland, ist und bleibt (nach allen Prognosen) Bayern, von München bis zu sehr ländlichen Landkreisen.


    Was bayerische Gemeinden als Lebensort attraktiv macht ist das Gegenteil von dem was man in Berlin lange zum Markenkern erklärt hat. Brüche etc. etc. etc. Dieses mia san mia hat eine unheimlich starke Integrations- und Anziehungskraft. Das muss man als Berliner nicht mögen aber man muss es zur Kenntnis nehmen.


    Vielleicht muss Berlin mal wieder etwas werden was durchaus vor einigen Generationen schonmal war. Einfach eine hübsche Metropole mit viel Liebe zum Detail. Alte Filmaufnahmen aus den 1920ern offenbaren ja eine wahre Augenweide soweit das Auge reichte.


    Und mein Gefühl ist schon länger, dass man in Berlin entweder an der Hässlichkeit überall verzweifeln konnte oder es zum "das ist doch Absicht!" schönreden konnte, nach dem Motto love it, leave it or change it. Es ist jetzt mal Zeit das grundsätzlich zu verändern. Vielleicht ist das auch der Geist der die CDU wieder in's rote Rathaus gebracht hat. Immer mehr Berliner sind einfach sick and tired von der "arm aber sexy"-Gebetsmühle. Sie wollen eine Stadt die funktioniert, die sauber ist, die mehr Wert auf Ästhetik und Wohlfühlen legt. Und das muss sie verdammt nochmal auch wenn sie im Kampf um Köpfe nicht nur eine Durchgangsstation zur Selbstfindung in der späten Adoleszenz oder ein hipper Studienort sein soll.


    Das Kulturforum ist Symbol für alle Probleme und auch alle Potentiale dieser Stadt. Hier könnte man einen Anfang machen.

  • Glaubt ihr etwa, Paris wäre die meistbesuchte Stadt Kontinentaleuropas, wenn die gesamte Stadt von deutschen Nachkriegsarchitekten entworfen worden wäre?

    Du erwähnst Paris? Einer der urbansten Orte in Paris sind die Champs Élysées. Auf diesem Boulevard gibt es breite Gehwege, regelmäßige Baumreihen und Außengastronomie. Und in der Mitte des Boulevards fahren sogar Autos, ohne dass der Autoverkehr der Urbanität des Ortes geschadet hätte. (Zumindest war es die letzten Jahrzehnte so.)


    Für die Gestaltung der Potsdamer Straße sollte man sich ein Vorbild an den Champs Élysées nehmen. Dann könnte aus der Potsdamer Straße (und dem Kulturforum) noch was Anständiges werden.

  • Man kann die Gehwege auch mit Marmor pflastern, wie in Prag etwa, oder eine Tramlinie dort entlangführen lassen. Das alles macht das Kulturforum aber nicht attraktiver, sondern lediglich den Weg wieder weg davon.


    Ihr wollt mich alle veralbern. Gute Architektur ist in Deutschland anscheinend so rar, dass man sich ihrer Wirkung gar nicht mehr bewusst ist. Jeder Pariser würde merken, wenn er auf einmal in Frankfurt landet und umgeben ist von, na ja, Nachkriegsarchitektur eben. Den Deutschen beschleicht nach Jahrzehnten zwischen WDVS und Asphalt-Gehwegen beim Flanieren in Paris hingegen lediglich das beunruhigende Gefühl, dass das hier doch irgendwie besser ist als die Zeil... es muss an den Bäumen und dem Gehweg liegen!