Kulturforum

  • ^ Und diese Kubatur, diese Formen und Proportionen sind ja nicht etwa aus einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Ort entstanden, sondern letzlich eine dem Grundstück angepasste Mischung aus zwei Vorgängern von HdM. Man sehe sich nur das Parish Art Museum und das Schaudepot auf dem Vitra Campus an, um zu sehen, dass das einzig Neue an dieser Formensprache ist, dass sie mitten in einer Metropole steht.

  • ^Na passt doch genau ins Bild: Berlin bekommt nun seine eigene HdM-Filiale. Das Discounterkonzept der recycelbaren Normarchitektur lässt sich offenbar auch auf Prestigebauten der Hochkultur übertragen.


    Dunning-Kruger: DAS war jetzt wirklich Polemik. Aber mE lädt diese Visualisierung auch dazu ein.

  • Nicht nur Polemik, sondern inhaltlich Unsinn, da beide Bauwerke doch sehr anders sind. Der Scherz ist ja nicht schlecht, aber eben arm an Substanz, wenn man sich die beiden Beispiele anschaut.


    Vielen Dank im übrigen für diese Beispiele, die ich nicht kannte. Sie sind in Bezug auf das Projekt tatsächlich sehr interessant, weil die Formensprache hier ausprobiert wurde. Natürlich war es für Kenner so kein Problem, den anonymen Entwurf im Wettbewerb dem Büro zuzuordnen, was immerhin auch interessant ist. Die Anonymität ist hier wohl eher Schein als Wahrheit.


    Ich finde es gut, dass man die Form bereits ausprobiert hat, nun aber stark variiert. Gerade das zeichnet gute Architektur aus und nicht der Zwang zur Innovation.


    Die kontroverse Diskussion war bei diesem Bau vorprogrammiert. Das nun aber von Skandal und Barbarei gesprochen wird, finde ich weit übertrieben. Allen muss doch klar sein, dass ein Entwurf, der sich ihren jeweiligen Vorlieben annähert, hier auf ebensoviel Kritik durch die Anderen gestoßen wäre.


    Einen Bungalow fände ich persönlich ebenso unattraktiv, wie einen Inside-Out-Gebäude (siehe OMA). Dass die "Burg", die ich mir hier gewünscht hätte, nicht kommt, damit hatte ich mich bereits abgefunden. Und obwohl ich nicht finde, dass man gegenüber den hochkarätigen Nachbarbauten zurücktreten muss indem man sich duckt, so kann ich diese Meinung zumindest nachvollziehen. Hätte HdM auf Keller verzichtet und den Bau 10-15 Meter weiter angehoben, so hätte er meine Vorstellungen getroffen (aber sicher nicht gewonnen). Die Proportionen des Zeus-Tempels (Athen) hätte er dann natürlich auch besser getroffen. Die Assoziation mit einer Scheune oder einer anderen ebenerdig befahrbaren Halle, liegt so natürlich schon nahe. Aber das es flach werden muss war die quasi Vorgabe. So ist es wenigstens breit. Sonst wäre es in der dortigen Tundra quasi ein Garnichts. Die Ödnis des Bauplatzes könnte eben kaum größer sein und das liegt nicht an der Straße, sondern an der Leere.

  • ^
    Was soll denn daran gut sein eine schon mehrfach verwendete einfache wie alte Formensprache nochmal (nur diesmal in groß) in einem Wettbewerb zu verwenden? Das ist für mich lediglich eine einfache Reproduktion von vorhandenem eigenen Material. Es spart Zeit, man muss sich nicht weiter mit dem Ort befassen und kann sich auf andere Feinheiten konzentrieren.

    Die Anonymität ist hier wohl eher Schein als Wahrheit.


    Du siehst die Problematik ja selbst. Wie kann das in Kombination auch mit dem vorangegangenen 1. Wettbewerb nicht skandalös sein? Wenn es von Beginn an darum ging nur einen großen Namen zu wählen hätte man sich den aufwändigen und teuren Wettbewerb sparen können. Aber der war ja nunmal vorgeschrieben.

    Aber das es flach werden muss war die quasi Vorgabe.


    Das ist korrekt und eine Folge der Zeitnot. Leider kommt es dadurch häufig zu suboptimalen Ergebnissen. Ein städtebaulicher Wettbewerb wäre hier eigentlich ratsam gewesen. Nun wird man zwar in wenigen Jahren das M20 mitsamt der wichtigen Moderne-Sammlung realisieren können, aber die damit einhergehende Verschlechterung der städtebaulichen Situation wird auf sehr lange Zeit Bestand haben.

  • ^ Wer und mit welcher Begründung stellte die Vorgabe, dass der Bau flach werden muss? Selber hast Du einige Postings davor erwähnt, wie problematisch die tiefe Baugrube sein könnte - eher wird man dadurch Zeit verlieren als gewinnen.


    Immer wieder wird erwähnt, wie tot die Umgebung ist - diesen Eindruck hatte ich auch als ich dort zuletzt war. Ein Bau mit Ausblick auf die Skyline könnte seine Umgebung ähnlich beleben wie es die Londoner Tate Modern am Südufer der Themse tat. Bereits nach der Eröffnung boten zwei öffentlich (kostenlos) zugängliche Terrassen und weitere für Förderverein-Mitglieder grandiose Blicke auf die City, die sicherlich für viele Leute der Hauptgrund wurden, überhaupt zu kommen. Manche Räume mit Ausblick kann man sogar für Events mieten. Mit der Erweiterung setzte man noch eins drauf. Ich könnte mir vorstellen, dass auch hier die Aussicht auf die Berliner Skyline zum Besuchermagnet werden könnte - was der Flachbau nicht bieten kann.

  • ^ Wer und mit welcher Begründung stellte die Vorgabe, dass der Bau flach werden muss? Selber hast Du einige Postings davor erwähnt, wie problematisch die tiefe Baugrube sein könnte - eher wird man dadurch Zeit verlieren als gewinnen.


    Der 1. Wettbewerbsdurchgang hat doch gezeigt was vom Auslober gewünscht wurde. Die Ergebnisse sind entsprechend.

    Bereits nach der Eröffnung boten zwei öffentlich (kostenlos) zugängliche Terrassen und weitere für Förderverein-Mitglieder grandiose Blicke auf die City, die sicherlich für viele Leute der Hauptgrund wurden, überhaupt zu kommen.


    Das Kulturforum ist eines DER kulturellen Zentren Berlins. Ich würde mal behaupten, dass die Erweiterung des kulturellen Inhalts und eine Verbesserung der städtebaulichen Situation im Vordergrund stehen sollte. Wenn als Beiwerk ein Aussichtspunkt abfällt von dem man sich die Rückseite des Potsdamer Platz Areals anschauen kann ok.
    Aber unabhängig welcher Entwurf realisiert wird, wird das neue Museum schon aufgrund seines bedeutsamen Inhalts ausreichend Besucher anziehen und entsprechend eine Belebung mit sich bringen.

  • Dennoch sehe ich darin nichts skandalöses. Es ist einfach ein faktischer Schwachpunkt. Mir ist nicht klar, wie eine echte Anonymität bei Stararchitekten, die eine gewisse Handschrift haben, gewährleistet werden soll.


    Ungewünschte Ergebnisse zu skandalisieren finde ich problematisch. Da müssen schon gute Gründe vorliegen. Kritik ist natürlich ok, aber ohne Schaum vor dem Mund.


    Wenn man eine Form mehrfach ausprobiert hat und für gut hält, so kann und sollte man sie variieren. Es geht in diesem Fall um eine postmoderne Gestaltung, die sich weiterhin bewährt. In dem Strang zur Werkbundstadt sind auch Giebelhäuser zu sehen. Ich finde das sehr ansprechend. Auch Mäckler hat ähnliche Gebäude vorgelegt. Es gibt letztlich diverse Beispiele. Ein vergleichbar großes und repräsentatives Bauwerk ist mir allerdings nicht bekannt.


    Das der Bau eher der Postmoderne als der angesagten Neomoderne zuzurechnen ist, empfinde ich grundsätzlich als Plus. Etwas komplett exzentrisches (OMA etc.) oder ein neomoderner Quader wären halt die Alternativen gewesen.

  • Ich denke es zeichnet auch gute Architektur aus, dass man die Handschrift also den Stil des Architekten wiedererkennt. Eben ein typischer ....
    Wie soll man denn das ausschliessen können, gerade wenn man eine gewisse Prominenz unter den Teilnehmern haben möchte.


    Jetzt im Nachhinein das Ergebnis so dermassen zu torpedieren wie es einige tun zeugt meines Erachtens eher von einem großen Unverständnis des Ortes, seiner Geschichte und der immerwährenden willkürlichen Interpretation des Forums-Begriffs. Niemand hat hat je beschlossen, dass das Kulturforum, also die freie Fläche zwischen Kirche, Gemäldegalerie, Kammermusiksaal, StaBi und NNG gemeint ist. Auch Sharoun hatte anstelle des zu bauenden Museums immer einen Gebäuderiegel vorgesehen, also die reine Forumsfläche enger gefasst. Dass dies nun wieder aufgegriffen wird und ja auch Wettbewerbvorgabe war kann man den Architekten schlecht ankreiden.


    ps. Beispiel für Postmoderne Giebelhäuser ”war” muss man ja leider sagen gleich um die Ecke am Lützowplatz die westseitige Bebauung durch Ungers, der in ettlichen Beispielen sich am Thema Giebelhaus abgearbeitet hat.


    https://upload.wikimedia.org/w…owplatz_Berlin_Ungers.jpg

    2 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • ▲▲
    @ Baulcfr: Es tut mir leid aber ich kann mit Ihren Vergleichen wenig anfa gen!
    Die Lagesituation der Tate Modern ist diametral zur Lages des zukünftigen M20, sie liegt an exponentieller Stelle am Ufer der Themse, hier liegt das M20 inmitten eines Gebäudeensembles im "Schatten" der Bauten am Potsdamer Platz.
    Waren Sie mal im Sommer im Open Air Kino auf dem Kulturforum? Da hat man nämlich jetzt schon einen guten Ausblick auf die Skyline zumindest des Potsdamer Platzes...und dann merkt man auch dass der Ort als urbanes Zentrum funktionieren kann!


    Ich konnte mich bisher mit dem Siegerentwurf auch nicht anfreunden, ich hätte die Saana Lösung toll gefunden.


    Die massigkeit und und Ausdehnung in die Breite des Bauwerks erschreckt mich. Dachschindeln und Backstein...wie soll sich das in die Leichtigkeit der Architektur der NNG und der Philharmonie einfügen?


    Und warum lässt man wieder so nah an einer Kirche bauen, das Beispiel der Finkenwerder'schen Kirche reicht offenbar nicht aus...


    Was ich nicht so verstehe ist das Problem dass die Potsdamer Strasse das Forum "durchschneidet". Sie trennt doch lediglich die Staatsbibliothek ab, die doch mutmasslich ganz andere Besuchsströmungen hat als die Museen und die Philharmonie...Dass das Forum an sich keine Einheit bildet und unwirtlich wirkt liegt meiner Empfindung nach an der unübersichtlichen Eingangssituation der einzelnen Gebäude, den Strassen die das ganze Forum durchfurchen und einen fehlenden zentralen Platz der Raum für Begegnung schafft.


    Ich hatte an einen Neubau eher die Anforderung einen zentralen Empfang zu etablieren.


    Zugegebenermaßen lösen HdM die Probleme der "Zerfurchung" weil die Sharounstrasse offenbar einem Sharounplatz weichen soll und es gibt auch einen zentralen Platz...aber das Gebäude an sich ist einfach zu massig und großflächig....was bei dem Pharish Art Museum wundervar funktioniert wirkt hier nur fehlplatziert...

  • ^^^
    Die neopostmoderne Gestaltung der Fassade steht hier auch "noch" gar nicht so in der Kritik sondern der überdimensionierte Baukörper.


    Dass man sich auch mal mit ungewünschten Ergebnisse abfinden muss ist klar. Das heißt aber nicht, dass man sie kritiklos hinnehmen muss.
    Hier nochmal ein paar Punkte weshalb ich den Ablauf des Wettbewerbs für ungenügend erachte:

    • fehlender städtebaulicher Wettbewerb und damit unnötig beschränkte Fokussierung auf das Grundstück an der Potsdamer Straße
    • vorangegangener Wettbewerb aus dem namenhafte Büros ihre Schlüsse ziehen konnten um sich im finalen besser auf die Wünsche der Jury einrichten zu können - dem "Architektennachwuchs" blieb dadurch nur die Rolle als Kanonenfutter
    • die fadenscheinige Begründung und Übernahme der Architektenprosa (achsogenialer Archetypus) seitens der Jury sowie Ausblendung der städtebaulichen Wirkung dieser Großscheune (von wegen zurückhaltende Postition und so)


    Ich denke es zeichnet auch gute Architektur aus, dass man die Handschrift also den Stil des Architekten wiedererkennt.


    Warum soll Architektur per se gut sein nur weil sie die Handschrift eines Architekten trägt und reproduziert wird?

    Auch Sharoun hatte anstelle des zu bauenden Museums immer einen Gebäuderiegel vorgesehen, also die reine Forumsfläche enger gefasst.


    Mit völlig anderer Kubatur und Gestaltung. Darüber hinaus muss das unrealisierte Gästehaus nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Scharouns Idee hätte durchaus weitergedacht werden können.
    BFM zeigen es ja mit ihrem Wettbewerbsbeitrag, dass eine andere Positionierung und Proportionierung für die umstehenden Gebäude wesentlich verträglicher sein kann. Die dadurch entstehenden Plätze erscheinen mir im urbanen Kontext logisch und sinnvoll.

  • Das "Forum" ist - wie die meisten - eine totale Kopfgeburt. Auf diesem Grundstück werden weder öffentliche Reden gehalten noch Entscheidungen, die die allgemeinheit betreffen. Es ist ein reiner Kunstkäfig, nur eben in orts- und typfremder Architektur und maximal mit einer Sahra-Wiener-Kneipe. Ob der Ort deshalb belebt wird? Das ist ja mit dem hamburger Bahnhof auch nicht passiert.

  • Die aktuelle Platzwüste als "offener Platz" ist doch noch viel mehr eine Kopfgeburt. Nebendran ist die Bundesstraße mit 6 Spuren sowie "links und rechts" zweispurige Nebenstraßen jeweils zwischen Kulturforum und "Mies" und "Scharoun". Das ist keine große Geste, das ist keine Weite, das ist keine Großzügigkeit oder Freiheit. Das ist einfach nur Tristesse. Und die bekommt man auch nicht weg, indem ein duckmäuserischer Frischlingsentwurf eines jungen Büros kriecherisch den autistischen Bauten von Mies und Scharoun den Diener macht, sondern indem man soviel von dieser Tristesse zubaut wie nur möglich, dem eigentlichen Monstrum genannt "Potsdamer Straße", eine Bundesstraße!, eine möglichst breite Flanke vorstellt, hinter der vielleicht die Chance besteht, die Freifläche zwischen Mathäuskirche, Piazetta und Scharouns Klangbauten irgendwie mit einem Hauch von Urbanität zu beselen. Die autistische Skulptur der NNG war eh nie dafür gedacht oder geeignet Teil eines Ensembles oder einer Piazza zu sein, also haben HdM da folgerichtig resigniert und die NNG einfach nur per Wegeführung unterirdisch angebunden und ansonsten so "unangetastet" gelassen, wie sie seit Jahrzehnten im Stadtbild zu sehen ist.


    Ich war heute mal wieder vor Ort, selten genug der Fall, denn das Kulturforum ist bisher einfach nur abstoßend. Schaut es euch vor Ort an, nicht nur auf der Visu. Dann wird man sehr schnell geerdet, bzgl. des ach so wertvollen Freiraumes, der hier so vergeudet werde.

  • Das "Forum" ist - wie die meisten - eine totale Kopfgeburt.... Es ist ein reiner Kunstkäfig, nur eben in orts- und typfremder Architektur und maximal mit einer Sahra-Wiener-Kneipe.


    Sorry, aber das ist mir zu destruktiv. Ich finde in dem von Pumpernickel verlinkten Braunfels-Entwurf für ein Gesamtkonzept für das Kulturforum kann man sehr schön erkennen wie es aussehen könnte das Forum. Kollonadenumstellt, auf humane Größe begrenzt. Genau das was der Ort eigentlch braucht. Den menschlichen Faktor.


    http://www.tagesspiegel.de/ima…/8807390/3-format1004.jpg


  • Schaut es euch vor Ort an, nicht nur auf der Visu. Dann wird man sehr schnell geerdet, [...]


    Inwiefern solche unterschwelligen Belehrungen die Diskussion voranbringen ist mir schleierhaft. Seien Sie sicher, Sie sind nicht der einzige, der dort vor Ort war.



    Generell kann ich die Schwarz-Weiß-Argumentation hier nicht nachvollziehen. Sofern ich keinen Beitrag überlesen habe, hat keiner der HdM-Kritiker gefordert, die "Brache" nicht zu bebauen. Die Kritik richtet sich daran "wie" gebaut werden soll, nicht "das" bebaut wird. Auch denke ich nicht, dass jemand die zu bebauende Freifläche als das "Kulturforum" bezeichnet. Für mich besteht das Kulturforum aus sämtlichen Gebäuden und Freiflächen dazwischen. Die Baufläche ist ein Teil davon. Dass der aktuelle Zustand unbefriedigend ist, ist hier im Forum Konsens. "Das" gebaut werden sollte somit auch.


    Zurück zum "wie". Architektur und Städtebau muss sich meiner Meinung nach an den vorhandenen Gegebenheiten ausrichten. Dies kann auf viele, ganz unterschiedliche Arten geschehen. So wird beispielsweise ein Gebiet in gleicher Stilrichtung bebaut, oder aber es wird bewusst mit Bestehendem gebrochen, und radikal anders gebaut. Beides kann je nach Ort angebracht sein. Entscheidend ist doch, welche Qualität der Bestand hat. Ein ehemaliges Industriegebiet kann durch kubische Glasgebäude neu belebt werden, während Glaskuben in einer kleingliedrigen mittelalterlichen Altstadt eher unpassend wirken.


    Welche Situation haben wir am Kulturforum? Diese "Architekturlandschaft" ist geprägt durch Solitäre. Die Neue Nationalgallerie ist zweifelsohne eine der Ikonen der Modernen Architektur, die Philharmonie auch äußerst bedeutend, nicht ohne Grund vielfach nachgeeifert. Aus dieser Epoche auf der Welt einmalige Gebäude von enormer Qualität. Die Museumsinsel ist von den Exponaten zwar bedeutend, architektonisch jedoch nichts außergewöhnliches. Trotzdem fügt sich die James-Simon-Galerie stimmig in das bestehende Ensemble ein, steht bedeutend da, aber dominiert die anderen Bauten nicht in unangebrachter Weise. Das ist hier anders. Vielleicht ist die Architektur noch zu jung, um diese schätzen zu wissen. Nirgendwo sonst gibt es zwei solcher Hochkaräter in räumlicher Nähe. Eine dieser Situation angemessene Bebauung ist mehr als angebracht. Niemand wird zwischen die Pyramiden von Gizeh ein Hochhaus bauen, neben X Y Z ...


    Das Md20.Jhd soll nun auch nicht vor van der Rohe und Scharoun zu Kreuze kriechen. Ein weiterer Solitär, aber maßvoll, den Bestand ergänzend. Wie Bato halte ich BFM von der Kubatur deutlich geeigneter. Im Detail könnte der auch spektakulärer, minimalistischer, roher, oder sonst wie sein. Allein die Größe ist dem Ort angemessen.


    HdM und BFM unterscheiden sich von der Kubatur ja fundamental. Rückblickend hätte ich mir hier klarere Vorgaben im Wettbewerb im Bezug auf die maximal zu bebauende Fläche gewüscht. So war schlichtweg alles möglich, viele Entwürfe gehen in vollkommen unterschiedliche Richtungen mit grundlegend verschiedenen Auswirkungen auf das Umfeld. Es wird eben nicht nur ein Gebäude gebaut, sondern der Stadtraum, die "Architekturlandschaft" grundlegend verändert.

  • Die aktuelle Platzwüste [...] ist keine große Geste, das ist keine Weite, das ist keine Großzügigkeit oder Freiheit.


    Und das bekommen Sie alles, wenn man die Fläche einfach mit einer überdimensionierten Kunst-Mall in Festzelt-Optik bebaut? Nee, is' klar ... .


    Das ist einfach nur Tristesse. Und die bekommt man auch nicht weg, indem ein duckmäuserischer Frischlingsentwurf eines jungen Büros kriecherisch den autistischen Bauten von Mies und Scharoun den Diener macht [...]


    Aha. Sharouns Philharmonie ist "autistisch", aber diese humorlose Satteldach-Banalität von HdM, die mit keinem der Bestandsbauten kommuniziert, sondern sich einfach zwischen ihnen breit macht, nicht?


    Das ist doch nicht ihr Ernst.


    Philharmonie, Musikinstrumentenmuseum und StaBi harmonieren nicht nur gut miteinander, sondern auch mit der Neuen Nationalgalerie und der Matthäuskiche. Das kann Ihnen bei Ihrem Besuch vor Ort unmöglich entgangen sein.


    [...] sondern indem man soviel von dieser Tristesse zubaut wie nur möglich, dem eigentlichen Monstrum genannt "Potsdamer Straße" [...] eine möglichst breite Flanke vorstellt, hinter der [...]


    Lärmschutz bekommen Sie primär duch Höhe, nicht durch Breite. Wenn Sie's mir nicht glauben, suchen Sie sich mal einen Lidl oder Aldi an einer Ausfallstraße und gehen auf die straßenabgewandte Seite. Sie werden sich wundern, wie laut es da immer noch ist. Die lärmmindernde Wirkung von HdM's artgleichem Eineinhalbstöcker wird ähnlich bescheiden sein.

    2 Mal editiert, zuletzt von Carlo ()

  • Rotes Rathaus: Tut mir leid, aber es war nicht einmal als Witz gemeint. Ich bin wirklich so unbedarft und sehe nicht wo "beide Bauwerke doch sehr anders" sind. Der primäre Unterschied für mich ist, dass ein Discounter oder eine riesige Lagerhalle meist nicht so prominent ins Stadtbild gesetzt wird (ich möchte ergänzen: zum Glück), zumindest ersterer nicht ganz so überdimensioniert wirkt (dito) und durch Parkplätze etc in der Regel etwas mehr Abstand zu Nachbarbauten einhält - zumindest relativ betrachtet. Und natürlich werden die - hoffentlich hochwertige und ansprechende - Fassadenstruktur und die Glasöffnungen zumindest aus der Nähe ein klein wenig von der Wucht nehmen und einen Hauch Wertigkeit verströmen. Analog zur schwammigen, kontrastarmen Visualisierung erwarte ich jedoch eine vernichtend plumpe, klobige, schier unsäglich hässliche Fernwirkung und eine katastrophale Ensemblewirkung. Gegen diesen groben Kasten ist die Neue Nationalgalerie extrem filigran und zeitlos elegant. Der Philharmoniekomplex erscheint im Kontrast geradezu skulptural und detailverliebt. Nun werden sie alle dominiert (von wegen Zurückhaltung) und können noch weniger zusammen wirken als je zuvor. Ich hätte mir ein Gebäude oder einen kleinen Gebäudecampus gewünscht, der schon für sich eigenständig überzeugt und moderne Eleganz verströmt. Falls passend auch etwas Extravaganz, da die Bestandsbauten auch einzigartig wirken. Andererseits aber hätte der Bau mE zwischen den Gebäuden einen stimmigen Platz einnehmen und eine harmonische Gesamtwirkung herstellen sollen. Dieser zweite Aspekt wäre mir sogar noch wichtiger als der erste gewesen. Aber im Grunde geht beides Hand in Hand, da nur ein genialer moderner Entwurf das Kulturforum hätte abrunden und zu einem herausragenden modernen Gesamtensemble in Augenhöhe mit der Museumsinsel hätte formen können. Meine Vorfreude über die Entscheidung zum Museumsbau war ebenso extrem groß wie meine Erwartungen an den Entwurf. Jeder Architekt hätte diese herausfordernde Aufgabe als ein Lebensprojekt begreifen sollen und ohne übertriebenen Pathos eine Art Chance auf Unsterblichkeit darin sehen können. Und was machen HdM? Sie recyceln und protzen. Sie stellen alles mit einem gigantischen Klotz zu, dem sie wohl gnädigerweise eine hochwertige Haut und ein paar Sichtschlitze gönnen.


    Und was ich noch unfassbarer finde: HdM selbst schwafeln dabei von einem archetypischen Tempel (never ever - wobei ein solcher hier mE auch nichts zu suchen hätte), die Jury lobt den banalen (und wie gesagt redundanten) Kasten wie einen ganz großen Wurf und auch hier stimmt eine gefühlte Mehrheit in den euphorischen Beifall mit ein. Mehr noch wird ernste Kritik als substanzloser Witz abgetan. Für mich grenzt es übrigens nicht minder an Polemik/ Zynismus etc wenn bspw Pumpernickel schon ausdrücklich lobt, dass nun hoffentlich weniger Straßenlärm durch das Forum dringt. Es hätte viele Möglichkeiten gegeben und selbst ein begrünter Lärmschutzwall hätte mE nicht weniger ästhetisch ansprechend gewirkt. Ebenso wird immer wieder betont, der Bau habe wenig mit banalen Nutzbauten gemein (wo selbst HdM den Verweis auf Scheune oder Lagerhalle nicht völlig abtun, sondern explizit aufgreifen) und bei entsprechenden Verweisen wird die Nase über die Ahnungslosen/ Nichtsehenden gerümpft. Eine wirklich plausible Argumentation wird dann aber auffällig gemieden. Dabei würde ich ganz ehrlich jeden echten Strohhalm greifen, um zu meiner ursprünglichen Euphorie zurück zu finden. Der Versuch, nur lange genug auf diesen Entwurf zu starren und dann endlich selbst eine Offenbarung oder Erleuchtung zu erlangen, liegt schon hinter mir. Ich sehe leider weiter nichts als einen hässlichen plumpen Kasten. Also bitte: Erleuchtet mich! Wo irre ich? Was sehe ich nicht? Und ganz besonders: Wo wirkt das Kulturforum künftig mehr wie ein überzeugendes Forum als bisher?

  • in meiner bayerischen Zeit habe ich die Gelassenheit der Bayern lieben gelernt und sage darum ganz altbairisch, du host Recht und i hob mei Ruah ;)


    wir drehen uns jetzt einfach im Kreis hier im Forum. Wir können aktuell nur abwarten, wie die Detailplanungen aussehen werden. Es wäre, je nachdem, nicht der erste Bau, der seine ärgsten Kritiker in der weiteren Verfeinerung umstimmen kann oder auch umgekehrt. Definitiv ist vieles bisher mehr eine Skizze, denn eine fertige Blaupause. Die Grundzüge, dabei bleibe ich, begeistern mich trotz aller sicherlich nicht vollkommen unberechtigten Kritik. Die Schaffung eines Scharounplatzes an Stelle der Straßeneinmündung zur Bundesstraße, der große Riegel zur Bundesstraße, die großzügigen Passagen und lichten Höhen im Inneren als öffentlicher Treffpunkt. Ich könnte, weil ihr euch so sehr am Dach abarbeitet, zB auch gut mit einem Flachdach leben, unter dem das selbe angelegt wird. Das ist gar nicht mein Punkt. Zu HdM nochmal, du kannst einem Büro seine eigene Handschrift nicht spöttisch als "Recycling" zum Vorwurf machen und du kannst auch nicht erwarten, dass junge Büros die ausreichende Souveränität mitbringen könnten, um sich den Heiligen Mies und Scharoun Tempeln anzunähern. Die Autorität, die HdM in der Fachwelt mitbringen, sorgt einfach auch für die notwendige Durchsetzungskraft die es sicherlich noch brauchen wird jeden, wie auch immer gearteten, Entwurf bis zur Grundsteinlegung durchzusetzen. Das sind halt die Mechanismen von "Politik", hier ist viel Politik im Spiel, das merkst du doch auch an der Diskussion hier. Das Kulturforum gilt als "ganz heißes Eisen". Da brauchst es einfach die Autorität einer Größe wie HdM um ein Projekt zu ankern.

  • Dass so manches eher unbekannte Architektenbüro wohl nicht die Chutzpe hätte, solch einen banalbrachial Entwurf einzureichen, dem würde ich sogar zustimmen. ;)
    Nur sagt dies wenig über dessen Genialität aus. Ich würde mich ja sogar zu der Aussage versteigen, dass eine Auswahljury, würde sie den gleichen Entwurf von einem No-Name-Büro geliefert bekommen, diesen wohl, genau wie in der Kritik von vielen Seiten, als zu platt und uninspiriert abgelehnt hätte. Und bevor ein Einwand kommt - wirklich anonym war die Endrunde dieses Wettbewerbs nicht. Nur weil ein Name teuer ist, muss dies nicht allein schon deswegen hohe künstlerische Qualität verheißen. Reine Label-Architektur brauche ich jedenfalls nicht - anderen, wie etwa so mancher Auswahljury, scheint diese wichtig zu sein.


    Aber irgendwie passt es damit ja auch gut zur Kunst des 20. Jahrhunderts, in der Marketing und die Kunst sich selbst teuer zu verkaufen, immer wichtiger wurden. Im "Erweiterten Kunstbegriff" kann man diese monumentale Kunstscheune also auch auf jeden Fall als "genial" bezeichnen.:D

    Einmal editiert, zuletzt von Kieselgur ()

  • [..] wirklich anonym war die Endrunde dieses Wettbewerbs nicht. Nur weil ein Name teuer ist, muss dies nicht allein schon deswegen hohe künstlerische Qualität verheißen. Reine Label-Architektur brauche ich jedenfalls nicht - anderen, wie etwa so mancher Auswahljury, scheint diese wichtig zu sein.


    Das ist genau der Punkt. Es war sehr absehbar, welcher Entwurf vom berühmtesten Architektenbüro kam. So konnte es sich die Jury leicht machen:


    Mit einem großen Namen bekommt man jedenfalls sehr viel Medienaufmerksamkeit. Dazu schöne Fotos der Jury und Bauherren mit HdM, diverse Fototermine werden folgen. Solche Aufmerksamkeit würde man mit einem "unbekannten" Architekten nicht erhalten. Nun können sich auch diverse "Unbedeutende" für ein paar Fotos und Augenblicke wichtig fühlen. Medien- und aufmerksamkeitstechnisch die richtige Entscheidung.


    Dann kann die Jury noch über die Entscheidung als zukunftsträchtig, modern, Verbesserung, Fortschritt, visionär und ähnlich positiv besetzten Worten reden, schon ist die Katze im Sack.
    Doch ist die Entscheidung wirklich progressiv? Nicht doch viel mehr reaktionär, zumindest konservativ im schlechten Sinne. Bei Entscheidungen für große Namen beruft man sich auf die Vergangenheit, was die Personen früher geleistet haben. Was früher gut war, wird heute auch schon gut sein. Newcomer ohne große Vergangeheit haben dem nur Zukunftspläne entgegenzusetzen. Aber als Jury will man ja auch Sicherheit, darum keine Experimente, etwas Altbewährtes. Strukturkonservatismus par excellence.


    Und wenn der siegreiche Entwurf dann harsch kritisiert wird kann man sich ganz bequem auf die vermeintliche Genialität des berühmten Architekten berufen. Bei einem unbekannten Architekten wäre der Entwurf einfach nur schlecht, somit auch die Jury-Entscheidung, und somit auch die Jury angreifbar. So aber rettet der Genialitäts-Mythos des großen Namens; die Jury ist fein raus aus dem Kritikfeuer.
    Kritiker werden dann zu Kleingeistern, Hinterwäldlern, Konservativen - Spieß umgedreht, Sieg auf ganzer Linie. So einfach macht's der große Name.


    Zusammengefasst sind solche Jury-Entscheidung dann aufmerksamkeitsheischend, strukturkonservativ und feige. Inwiefern das hier zutrifft mag jeder selbst beurteilen.

  • Die Lagesituation der Tate Modern ist diametral zur Lages des zukünftigen M20, sie liegt an exponentieller Stelle am Ufer der Themse, hier liegt das M20 inmitten eines Gebäudeensembles im "Schatten" der Bauten am Potsdamer Platz.


    Wegen den Webzugangsproblemen verspätete Antwort: Gerade weil die Lage hier weniger exponiert ist, umso mehr braucht man ein Gebäude mit einer interessanten Dominante, welches von Weithin sichtbar wäre - und neugierig machen könnte.


    In einigen Postings wurde die Wirkung auf die benachbarte Kirche angesprochen - diese wäre besser, würde man an der südöstlichen Ecke des Areals höher bauen, dafür im westlichen Teil neben der Kirche niedriger.


    Zweimal wurde über Ausblicke auf die "Rückseite" des Potsdamer Platzes geschrieben - ich wüsste nicht, wieso die Südseite der Hochhäuser weniger interessant von den anderen sein sollte. Die Hochhäuser um den Alex könnten hinter jenen am PP verschwinden, doch man müsste auch die der City-West sehen können - und auch einen guten Blick auf Kreuzberg haben.


    Ich glaube, die meisten Berliner Besucher haben kein besonderes Interesse an der Modernen Kunst (das verlinkte Ding habe ich mal tatsächlich in Tate Modern gesehen - neben Kartonstapeln, wie man sie öfters neben Aldi-Filialen findet), doch weit mehr an einem Aussichtspunkt - es dürfte kein Zufall sein, dass die meistbesuchte Pariser Sehenswürdigkeit nichts als Ausblick bietet. Würde man damit in das Museum locken, käme dies auch der Hochkultur zugute.


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    So aber rettet der Genialitäts-Mythos des großen Namens; die Jury ist fein raus aus dem Kritikfeuer.


    Wenn man sich die verbreiteten Reaktionen auf den Entwurf anschaut - der Name rettet gar nichts.