Kulturforum

  • Der Standort Potsdamer Straße ist noch nicht beschlossen.


    Beschlossen ist bisher nur, in den nächsten Jahren 200 Millionen am Kulturforum für das Museum auszugeben, das privatrechtlich gebaut werden soll, nicht von der Bundesbehörde BBR. Mehr nicht. Alles andere muss noch geklärt werden.


    Der Standort ist laut Stiftungspräsident Parzinger noch nicht festgelegt. Aber die Kulturstaatsministerin Frau Grütters versucht den Standort an der Potsdamer Straße festzuzurren. Sie kennt die unendliche jahrzehntelange Diskussion um das Kulturforum und versucht wohl deshalb, das offensiv durchzupowern. Das könnte klappen, da sie vor allem es ja geschafft hat, Finanzministerium und Haushaltsausschuss zur Freigabe der 200 Millionen zu bewegen. Da kann man ihr schlecht in den Rücken fallen.


    Die Sparversion an der Potsdamer Straße war nur eine Wunschvorstellung der Spitze der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Sie ist laut Frau Grütters vom Tisch.


    Ich habe mich am Samstag mal durch die aktuelle Presse gewühlt. Eine Zusammenfassung der Aussagen zum Standort, auch etwas zu Public-Private-Partnership hier:


    http://guelcker.de/3110/200-mi…orum-berlin-aber-wo-dort/

  • Na was spricht denn auch gegen den Standort "Kulturforum"? Damit würde man endgültig einen Gegenpol des, inzwischen ja auch schon historischen, 20. Jahrhunderts zur Museumsinsel schaffen, indem dann eben am Kulturforum Kunst des 20. Jahrhunderts präsentiert wird. Sei es in den Museumsgebäuden aber auch in Form der Museumsgebäude selbst. Letzteres mag dann für das neu zu bauende Gebäude nicht gelten, aber ein spezifischer Architekturstil des 21. Jh. hat sich ja auch noch nicht wirklich herausgebildet, alles ist nach wie vor sehr stark an die Architektur des 20. Jh. angelehnt und einen enstprechenden Entwurf erwarte ich daher auch für das neue Gebäude, speziell auch um den Kontext mit dem Gebäudebestand zu wahren aber auch einfach weil man kaum einem Jungarchitekten solch ein Projekt geben wird und die berufserfahrenen Planer naheliegend selbst noch von der Architektur des 20. Jh. geprägt sind. Ich denke daher, dass es durchaus möglich ist für kommende Generationen am Kulturforum noch ein geschlossenes Bild des 20. Jahrhunderts bzgl. Architektur und Exponaten zu schaffen, ähnlich geschlossen "historisch" wie wir dies heute empfinden, wenn wir auf die Museumsinsel blicken.


    Auch sollte man sich in meinen Augen nicht "verzetteln", sofern es noch weitere attraktive Standorte für Kulturgebäude bestehen - umso besser. Da hat dann langfristig die Kunst des 21. Jh., die sich hoffentlich früher oder später mal vom 20. Jh. emanzipieren wird, eben Raum sich zu entfalten. So schafft man ein berliner Kulturnetzwerk, deren einzelne "Inseln" zwar in Beziehung stehen, aber jeweils durch ihr klares Konzept in der Lage sind, ein umfassendes Bild verschiedener Epochen darzustellen und sich nicht in chaotischen Darstellungen verlieren, die man in Kunstmuseen andernorts, wo man versucht alles in einen Standort und ein Konzept zu pressen, teilweise antrifft. Ich meine man sollte das wirklich bedenken und das Thema "Kunst des 20. Jahrhunderts" nicht räumlich zerfasern.


    So ungern das ältere Jahrgänge hören mögen, das 20. Jahrhundert ist eben schon vergangene Geschichte, stellt gerade durch die Zäsuren der "Wendezeit" sowie der Globalisierung und Digitalisierung, Wandel zur Multikulti-Gesellschaft usw. allesamt am Ende des 20. Jh., auch eine andere Epoche dar. Wenn man den 11. September 2001 als weitere politische Zeitenwende noch zur Zeit der Jahrhundertwende zählt, wird dies umso deutlicher. Mit Abstand werden unsere Nachkommen die Wende vom 20. zum 21. Jh. mit Sicherheit klar als kulturelle Zeitenwende erkennen können, wie wir dies heute unzweifelhaft in der Wende vom 19. zum 20. Jh. erkennen und es seltsam finden würden, Kunst des 19. und des 20. Jh. Seite an Seite zu präsentieren.


    Daher im Hinblick auf die Zukunft: abgerundeter Standort für Architektur und Exponate des 20. Jh. am "Kulturforum", andere potentielle Standorte für Kultur dann als "Reserve" für die Zukunft vorhalten und getrennt entwickeln.

  • Ohne es definitiv zu wissen würde ich stark vermuten, dass dort einfach "ungeklärte Eigentumsverhältnisse" herrschen, die noch auf die Zeit des Deutschen Reiches zurückgehen (zB Vorkriegsbebauung, die es nicht mehr gibt, deren Grundstück aber freilich noch existiert). Es wäre nicht das erste Mal in Berlin. Es müsste sich um die Grünfläche des Mathäikirchplatzes handeln. In der Wikipedia heißt es zur angrenzenden St.-Matthäus-Kirche u. a. "Das Viertel um die Kirche stand den Ausbauplänen für Berlin der Nationalsozialisten im Wege. In Vorbereitung des Ausbaus zur „Welthauptstadt Germania“ wurden für die Nord-Süd-Achse schon vor dem Zweiten Weltkrieg hier viele Häuser abgerissen. Auch das Pfarrhaus wurde abgetragen" (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/S…e_%28Berlin-Tiergarten%29). Spekulativ würde ich hier irgend einen Zusammenhang vermuten, eine Grundstückenteignung für diese "Ausbaupläne" beispielsweise. Da ich keine Netzquelle dazu gefunden habe würde wohl nur ein Blick ins Grundbuch Gewissheit geben.

  • Das stimmt. Auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt heißt es zur Geschichte des heutigen Kulturforums:



    Insbesondere im östlichen, unmittelbar an das barocke Zentrum angrenzenden Teil verlor das Tiergartenviertel ab 1937 mit der Planung der Nord-Süd-Achse des Generalbauinspektors Albert Speer sein ursprüngliches Flair. Hier - im Bereich des späteren Kulturforums - wurde der Stadtgrundriss von einer megalomanen Nord-Süd-Achse (160 m breit) durchkreuzt. Die dafür notwendigen Grundstücke wurden enteignet und wertvolle Bausubstanz vernichtet. Jüdische Familien wurden zur Schaffung von Ersatzwohnraum zwangsweise umgesiedelt und deportiert. Auch die bereits ansässigen Botschaften Italiens und Japans mussten den Neuordnungen weichen. Als Achsenmächte erhielten diese Länder repräsentative Grundstücke an der Tiergartenstraße.


    Quelle: http://stadtentwicklung.berlin…e/stadtplaene/index.shtml

  • Meint SenStadt mit "megalomaner (...) Achse" die Potsdamer Straße am Kulturforum? Die engste Stelle zwischen Philharmonie und Stabi ist 135, die weiteste 230 Meter breit.

  • ^ Man musste halt beweisen, dass man noch breitere Straßen bauen kann als A. Speer. Ist doch klar und nachvollziehbar. ;)


    Dafür ist aber die Bebauung geschrumpft mit dem zu bewundernden Ergebnis: Es erinnert entfernt an eine Wüste mit hohem Verkehrsaufkommen.

  • Jetzt ist der Groschen gefallen! Dann sind ja auch Gebäude mit 333 Metern Länge wie die Stabi (länger als die Breitseite des Göring'schen Luftfahrtministeriums mit 255 Metern) nicht mehr megaloman!


    Ich habe mich auch schon gefragt wie ich meinem Sohn erklären soll, dass der Flughafen Tempelhof und das Bundesfinanzministerium "größenwahnsinnige" und "einschüchternde" Architektur sind, aber das neue Bundesinnenministerium und der BND an der Chaussestraße in bester demokratischer Tradition stehen, nachgerade luftig und leicht...

  • Naja die heutige Industriearbeiterfamilie kocht, sitzt und schläft auch nicht mehr zu siebt in einer einzelnen Wohnstube mit Etagenklo.


    Unser Platzverbrauch ist in den letzten Jahrzehnten insgesamt extrem in die Höhe geschossen. Auch am Arbeitsplatz (Büros). Im Zweifel ist das neueste Einkaufszentrum oder der neue Flughafenterminal eh viel größer als die größten Regierungszentralen.


    Die Wirkung der NS Architektur mag einschüchternd und gigantomanisch gemeint gewesen sein, mag es zu der damaligen Zeit auch gewesen sein, ist es aber in der Tat heutzutage nicht mehr. Und in Saudi Arabien bauen sie gerade ein Gebäude, was über einen Kilometer in die Höhe ragt, da wird eh alles, was man in Berlin sieht, zum Spielzeughäuschen.

  • Was hat das denn damit zu tun? Man könnte ja auch größere Büros in mehreren Gebäuden zusammenfassen oder Fassaden wenigsten gliedern. Und die arabischen Wüstentürme sind völlig themenfremd. Wolltest einfach auch mal was sagen, gell?

  • Was man nicht alles könnte. Es ist halt wie es ist und das üblicherweise aus guten Gründen.


    Themenfremd ist gar nichts daran. Anno 2014 gelten einfach insgesamt ganz andere Maßstäbe beim Bauen, was in den 30ern und 40ern noch was besonderes und aufsehenerregendes war, das wäre es jetzt halt nicht mehr und als "größenwahnsinnig" gilt seit den immer neuen Höhenrekorden im Hochhausbau wohl auch der neue Tower in Jeddah nicht mehr (die meisten würden eher wohlwollend "ambitioniert" dazu sagen). Wir haben heute halt andere Maßstäbe bzgl. der Ausmaße von Gebäuden und Strukturen.

  • Aber der Maßstab ist doch der Mensch und der ist nur marginal größer geworden.


    Und: "ambitioniert" würde ich zum Wüstenturmbau zu Jeddah nicht sagen. Größenwahnsinnig triffts schon eher. Und ein Platzproblem, sonst gern Vorwand für Türme, gibt's da wohl kaum.

  • Kulturpolitiker plädiert für Neubau an der Potsdamer Straße

    Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Bundestag, Siegmund Ehrmann (SPD), hat sich im Inforadio dafür ausgesprochen, das Museum der Moderne auf dem Grundstück an der Potsdamer Straße zu errichten. Beim angestrebten Zeitplan, das neue Haus schon im Jahr 2021 zu eröffnen, äußerte er allerdings Bedenken.


    http://www.rbb-online.de/kultu…r-museum-der-moderne.html


    Über die Frage, wie das künftige Gebäude einmal aussehen soll, damit es sich harmonisch zwischen der gläsernen Neuen Nationalgalerie und der goldglänzenden Berliner Philharmonie einfügt, denken laut einem Bericht des RBB bereits drei Architekten nach.


    http://www.rbb-online.de/kultu…-Kulturforum-Planung.html

  • ^Geile Realsatire, diese "junge Architektin" in der Abendschau.


    Trist und grau, sei das Kulturforum. Die Abendschau behauptet: es gab keine städtebaulichen Pläne (was nicht stimmt, jedes Jahr wurde eine neue Sau durchs Dorf getrieben) - bis jetzt. An diesem Berliner "Unort" soll es jetzt das neue Museum für die Moderne geben. Die Nachrichtensendung: "Die junge Architektin Johanna Meyer-Grohbrügge (der Name passt wie die Faust auf's Auge) hat lange in Japan gearbeitet und sich oft mit solchen Orten beschäftigt (mehr Japan!). Gerade hier, sagt sie, wo bislang nur schiefe Ebenen, Parkplätze und Straßen sind, ist endlich Platz für Visionen. (Es war zu befürchten).


    Aber es geht weiter. Abendschau: "Auf jeden Fall sollte es etwas ganz Neues, Visionäres sein", findet Johanna Meyer-Grohbrügge. Sie stellt sich eine eher organische, gewellte (gaaaanz neu) Form für das neue Gebäude vor - vielleicht auch mit Teilen, die unterirdisch sind (mit Keller? Revolution! Ein Untergeschoß ist echt neu in der Baugeschichte).


    Aber es geht auch anders. Johanna Meyer-Grohbrügge stellt sich einen "performativen Ort vor, wie etwa den Serpentine Pavilion in London, der jeden Sommer neu gebaut wird." schreibt die Abendschau. Und zwar "mit coolen Entwürfen und moderner Kunst", damit die Kunstliebhaber aus aller Welt kommen. Dafür müsse das Gebäude aber offen sein und sich verändern können (ging es nicht um eine dauerhafte Präsenz dem Land Berlin geschenkter Sammlungen). jedenfalls "frei von Berlin-typischen Vorgaben wie Rekonstruktion" (hat ja niemand gefordert - macht nix: druff!) und Blockrandbebauung.


    Puha. Da ist was wirklich Großes im Anzug...

  • ^Was soll denn dieser sinnfreie Post? Vielleicht würde dem Visionär Konstantin ja ein gut abgehangener Patschzke genügen? Ja das wär doch mal richtig geil!
    Noch nix geplant, nur Gedankenspiele und die stockkonservativen Männer springen schon wieder im Dreieck. Herr im Himmel.

  • ^Du wirst in diesem Forum kaum einen lobenden Post von mir über Patzschke finden.


    Wer mit seiner Meinung in die Medien drängt muss sich schon Kritik gefallen lassen, zumal wenn es - wie im Fall von Frau JMG - ausschließelich architektentypische Worthülsen sind. Kein Mensch verlangt, dass sie jetzt schon weiss, was sie will. Dann heisst es aber: Wasser halten.

  • Habs mir angeschaut und das Bild, was da vor meinem geistigen Auge spontan entstand, war kein "Stilbruch" sondern eine Mischung aus Scharouns (nie verwirklichtem) Gästehaus (->Wellendach) und van der Rohes Neue Nationalgalerie (->Nutzfläche als Kellergeschoss). Also mehr 1960er und bezogen auf den heutigen Architekturgeschmack sehr mehrheitsfähig sowie die 50 Jahre alte Konzeption des "Kulturforums" fortfühend und damit im Wortsinne konservativ.


    Aber ich meine, was will man auch machen. Ein Gebäude braucht Boden, Decke, Wände, Fenster und Türen. Alles Variationen dieser Grundbedingungen waren halt schonmal da. Vielleicht sollte man sich einfach gedanklich von dem Zwang befreien, das Rad ständig neu zu erfinden. Und vielleicht ist eine Ergänzung des Kulturforums im Stile der "Moderne" des 20. Jahrhunderts auch genau das richtige für den Ort.

  • Eigentlich ist es doch auch völlig unerheblich, ob da nun irgendwelche Wellen, Schanzen oder Stellwände hinkommen. Der Ort wird dadurch nicht wesentlich verändert - es ist und bleibt ein Mahnmal für eine vollkommen den menschlichen Bedürfnissen entrückte städtebauliche Sackgasse.