So sehr ich den Abriß der Garnisionskirche auch verurteile, sollte man den Ball hier flach halten. Ob in der DDR oder der BRD, das Wüten gegen die historische Bausubstanz war dort wie dort sehr ausgeprägt, wohl motiviert durch eine Mischung aus Schamgefühlen gegenüber der eigenen jüngsten Vergangenheit und blindem Fortschrittsglauben. Es gibt die Faustformel für Deutschland, daß ein Drittel der historischen Bausubstanz im WK II zerstört wurde und ein Drittel in der Nachkriesgzeit. Der einzige Unterschied liegt darin, daß in der DDR Kirchen bevorzugte Abrissobjekte waren, während ebendiese in der BRD grundsätzlich verschont wurden. Die Barberei war trotzdem vielerorts grenzenlos. Im Osten beendet durch ökonomische Realitäten, im Westen endgültig erst durch die IBA 1984 und die glückliche Einflußnahme durch Kleihues, Ungers und Rossi.
Überhaupt hat die ganze Diskussion hier den völlig falschen Weg eingeschlagen. Ob nun Ulbricht persönlich oder irgend ein anderer Funktionär der SED-Diktatur den Abrissbefehl gegeben hat, ist genauso irr- bis halbrelevant wie der Fakt, daß etwa die intakte Leeraner Altstadt im Rahmen bundesrepublikansicher "Demokratie" geschändet wurde.
Entscheidend ist - da der "Souverän" sich heutzutage immerhin bei vergleichsweise (!) belanglosen Themen wie dem Städtebau einbringen darf - doch schlicht die Frage, wie mit der Situation umzugehen ist. Will man die Rekonstruktion (dem Lager schließe ich mich an), muss man sich nur zurücklehnen und ein wenig Schützenhilfe geben. Ist man dagegen, greift man zu den bewährten Instrumenten der Diffamierung und Hysterie (Nazi!). Ehrliche Argumente mag es geben, gesehen hab ich diese indes noch nicht.