Potsdam: Wiederaufbau der Garnisonkirche (Bauthread)

  • Ich hab Klarenbachs Prinzip ja schonmal kommentiert: Wiederholung ist die Grundlage der Agitation. Das ist klassisches Propaganda-Handwerkszeug. Solange also die Mods keinen Bann verhängen (wovon nicht auszugehen ist, da der Auseinandersetzung hier - dankenswerterweise-freier Lauf gelassen wird) wird man jedem Agitationszyklus entgegentreten müssen - solange bis die Kirche gebaut ist. Danach kann man das Gefasel, sofern immer noch vorhanden, getrost ignorieren.

  • Liebe Leute, wir sind hier alle in unserer Freizeit und aus persönlichem Interesse. Ich unterstelle per se jedem hier guten Willen. Im Übrigen sind die Zeiten eh längst vorbei, da sich Menschen so leicht ein X für ein U vormachen lassen. Wikipedia ist nur ein Fingerzeig entfernt, zig andere Quellen ebenso. Wenn jemand seine persönliche Position nachdrücklich vertritt finde ich das uneingeschränkt achtenswert - so sehr ich auch im Einzelnen bedauern mag, wenn neue Aspekte und plausible Gegenargumente sichtlich ungehört "abprallen" und bei manchem Gegenüber kein Wille erkennbar ist, die eigene Position selbstkritisch zur Diskussion zu stellen.


    Ich beispielsweise, mancher hier mag sich erinnern, bin in Rekonstruktionsdebatten durch sehr "preußen-kritische" Kommentare aufgefallen und wollte sicher alles, nur keine Verherrlichung oder gar Restauration des "Preußentums", schon bei der Debatte um das Stadtschloss Berlin. Ich habe mich dann aber davon überzeugen lassen, dass es bei den gegenwärtigen Rekonstruktionsbemühungen nicht um das 19. sondern um das 21. Jahrhundert geht. Darum, Städten gerade in Zeiten der Globalisierung, wo die nationale Ebene zunehmend unwichtig wird, die lokale Verwurzelung des alltäglichen Wirkungs- und Bewegungskreises aber umso bedeutsamer, wieder etwas von verlorener baulicher Identität und Originalität zurück zu geben.


    Es wird kaum ein prachtvolles Gebäude, sei es sakral oder royal, in Europa geben, welches in seiner Geschichte keine dunklen Flecken hat. Die gehören angesprochen, aufgearbeitet und offen kommuniziert. Sie sind aber kein Spezifikum dieser Gebäude, sondern der jeweiligen Zeit, aus der sie stammen (so oder so wäre dem Militär auch sakral gehuldigt worden, ob mit Namen und Deko manifestiert oder nicht). Dann kann man das als das behandeln was es ist, Vergangenheit. Das nimmt all diesen Gebäuden weder ihre Faszination noch ihre kunsthistorische Relevanz. Rekonstruktionen hin oder her, für mich, auch das habe ich dargelegt, liegt die Originalität eines Gebäudes im Entwurf, nicht an der Frage, an welchem Datum Mauerstein XY gesetzt wurde. Eine originalgetreue Fassadenkonstruktion mit originalgetreuem Material, in den alten Techniken bearbeitet, ist daher in meinen Augen auch unzweifelhaft ein Originalzeugnis für uns und unsere Nachfahren von einer Zeit vor Internet, Stahlbeton, Billigreisen um die Welt, offenen Grenzen, ja auch vor sowas wie einem "Deutschland" oder einem "geeinten Europa". Zeugnis aus einer Welt die sehr klein und sehr unstet war, was ja auch erst diese niedrige Auslöseschwelle für Kriege mit sich brachte.


    Eindrücklich und auch bzgl. der Wertschätzung, dessen was wir haben, sind ja nicht Kriege. Kriege sind in der Geschichtswissenschaft sicherlich "Eyecatcher", relevanter ist aber das Alltagsleben der Zivilbevölkerung (sei es in Kriegs- oder Friedenszeiten). Erst darüber bekommt man ein Gefühl für andere Zeiten, andere Verhältnisse, ja auch dafür, dass all das was wir als selbstverständlich erachten, bis hin zu unserem ganzen persönlichen Bildungshorizont, Wertekanon und andere Dinge die wir als untrennbar mit unserer Persönlich internalisiert haben, relativ ist - und wir komplett andere Individuen geworden wären, wären wir zu anderen Zeiten und anderen Umweltbedingungen aufgewachsen. Beispielsweise im königlich-preußischen Potsdam des Barock. Und dazu braucht es natürlich mehr, als Archivalien der offiziellen (d.h. meist auch "geglätteten") Geschichtsschreibung. Es braucht auch Anschaulichkeit. Und Geschichte verkommt zum bezugslosen Schulwissen, wenn wir nicht auch bauliche Anknüpfungspunkte in unserem Alltagsleben haben. Kirchtürmer, die aus den jeweiligen Straßenecken herausragen und weithin das Sichtfeld prägen, waren dafür schon immer ein wichtiger "Leuchtturm".


    Und bzgl. des Militarismus, man darf andere Zeiten nicht mit unseren Maßstäben messen. Das ist für mich sowas wie "zeitlicher Kulturimperialismus", wir mögen diese barocken Preußen als Vorfahren betrachten, aber wir unterscheiden uns von ihnen tatsächlich nicht weniger als von fernen Kulturen, denen die Europäer jahrehundertelang die eigenen, zeitgenössischen und jeweils stets als modern, überlegen usw. empfundenen Maßstäbe aufgezwungen haben. Nur dass uns von diesen Menschen keine geographische Strecke sondern eine zeitliche Strecke trennt. In dieser alten Welt, die in jeglicher Hinsicht nichts mehr mit unserer zu tun hat (sozial, technisch, religiös, wissenschaftlich, etc.), war, man mag das beklagen, ein Menschenleben sehr wenig wert. Krieg galt als normales Mittel der Politik, er war alltäglich. Überall in der Welt. Man muss die Bedeutung des Militärs, die niedrige Gewaltschwelle usw. berücksichtigen und muss dann einfach hinnehmen, dass Militarismus seinerzeit etwas anderes war als heute. Er galt als Banalität - und war mitnichten eine preußische Spezialität. Auch nicht im religiösen Bereich, man denke nur an die Kreuzzüge zu denen der Papst aufrief oder die mittelalterlichen Bischöfe, die häufig auch agressive Feldherren waren.


    Das sind alles unsere Wurzeln, auch ein Kirchenaustritt ("Ich bin Atheist, ich habe damit nichts zu tun") bewahrt einen nicht davor, sich dazu bekennen und sich damit auseinandersetzen zu müssen und mir zeigt diese Debatte, die die militaristische Seite der alten Garnisonskirche recht oberflächlich und nach heutigen Maßstäben beleuchtet, dass die bisherige Auseinandersetzung eine gewisse Ignoranz gegenüber der Geschichte offenbart, die ironischerweise besonders geschichtsbeflißen gekleidet ist (auf geschichtliche Hintergründe hinzuweisen heißt noch lange nicht diesen auch gerecht zu werden). Ignoranz, weil nicht wirklich versucht wird differenziert und im Kontext der jeweiligen Zeit zu beurteilen, sondern heutige Maßstäbe angelegt und danach be- und verurteilt wird. Natürlich würde heute keiner eine zeitgenössische Stahlbetonkirche bauen und an den Glockenturm Patriot 2 Abwehrraketen festklammern als Deko und über dem Altar das Bundeswehrlogo anbringen. Aber gerade weil das im Barock nichts ungewöhnliches war finde ich das erinnernswert, es führt einem sehr plastisch vor Augen was das für andere Zeiten waren.


    Auch dieses doch relativ abstrakte Argument des Militarismus mag daher in Conclusio nicht überzeugen. Und wer unbedingt daran festhalten will, dass die alte Garnisonkirche dem preußischen Militarismus in besonderer Form huldigte - auch den kann man beruhigen, Preußen wurde von den Landkarten getilgt und existiert nicht mehr. Und die heutige Bundesrepublik hätte nicht einmal wenn wir das wollten das entsprechende Kriegsgerät um den Frieden in Europa zu gefährden, geschweigedenn stellen alte Pickelhauben eine Gefahr für den Frieden in Europa dar.

  • Dann werde ich gleich mal auf die Gegenargumente von Luftpost eingehen:
    Entscheidend für die Frage, ob der Krieg gegen Schweden ein Verteidigungskrieg oder ein Eroberungskrieg ist, ist die Frage, ob Schweden preußische Gebiete überfallen hat oder nicht. Das war definitiv nicht der Fall, denn Vorpommern gehörte 1715 nicht zu Preußen, sondern zu Schweden (und das bis 1815). Die Tatsache, dass dieses Gebiet zeitweise von Russland und seinen Verbündeten besetzt war, änderte nichts an seinem völkerrechtlichen Status als Teil Schwedens. Ich will nur daran erinnern, dass während des Siebenjährigen Krieges zeitweise große Teile Preußens durch österreichische und russische Truppen besetzt waren. Sogar Berlin war zeitweise durch Russland und Österreich besetzt. Dennoch würde niemand auf die Idee kommen, diese Gebiete als russische bzw. österreichische Territorien zu betrachten.


    Daher war der Krieg Preußens gegen Schweden von 1715 - 1720 definitiv kein Verteidigungskrieg, sondern ein Eroberungskrieg.


    Was Konstantin betrifft, so warte ich nach wie vor auf Aufklärung, in welchem Politbürobeschluss denn nun der Abriss der Garnisonkirche festgelegt worden wäre. Ich habe Quellen gebracht, die belegen, dass Walter Ulbricht nicht der Urheber des Abrissbeschlusses war. Schließlich soll die Debatte ja produktiv sein, und das gelingt nur, wenn alle Seiten ihre Quellen anbringen. Dann kann man darüber diskutieren.

  • Und wie kamen die Schweden nochmal an Stralsund... freilich, Antideutsche hätten es gern gesehen, wäre Schweden dieses Einfallstor zum Reich erhalten geblieben.

  • Dann werde ich gleich mal auf die Gegenargumente von Luftpost eingehen


    Der Witz des Tages. Du gehst eben nicht ernsthaft auf irgendwelche Argumente ein, sondern wiederholst nur (noch einmal und noch einmal und noch einmal und noch einmal usw. !!!) das was Du bereits geschrieben hattest. Da ist Dein neuester Beitrag nur der neueste Beleg für. Daher ist es mE blanker Hohn (oder gut versteckte Ironie) im gleichem Atemzug noch von einer produktiven Debatte zu sprechen. Die kannst Du offenbar nur mit Dir selbst führen (und andere ohne Dich). Sorry, aber wenn Du das immer noch nicht bemerkt hast, muss man das mal so deutlich schreiben - in der Ahnung dass es wieder verrauchen wird. Den besten Beitrag seit langer Zeit hat mE Eisber geschrieben (wobei es natürlich auch keine völlig neuen Gegenargumente sind - aufgrund der ewig selben Ausschweifungen auch gar nicht sein können - sondern eine brauchbare Zusammenfassung einiger bisherigen zu diesem Aspekt, die alle 10 Seiten mal ganz sinnvoll ist, um die andere Seite nicht völlig aus den Augen zu verlieren).


    Flusskrebs: Guter Einwand, allein es hat wohl keinen Sinn (s.o.). Die Deutschen waren schon immer die Aggressoren, selbst wenn es noch keine Deutschen in diesem Sinne waren. Das einzige Regime auf deutschem Boden von dem er sich noch nicht entsprechend deutlich distanziert hat ist kurioserweise das mit der geringsten zeitlichen Distanz...

  • Klarenbach: Ulbricht nicht Urheber des Sprengungsbeschlusses GK

    Klarenbach, schliesst du auch aus der Tatsache, dass der deutsche Reichskanzler 1939 Polen nicht schriftlich den Krieg erklärte, darauf dass Adolf Hitler an den Plänen zum Angriff auf Polen unbeteiligt war?


    Ähnlich absurd ist die Vorstellung Ulbricht wäre in die Sprengung nicht eingeweiht gewesen oder habe diese nicht angeordnet. Ich bin nicht der Chefarchivar des Bundesarchives aber dass Ulbricht hier federführend war ist durch eine Reihe von Zeitzeugen belegt. U. unternahm vor der Sprengung eine Visitationsreise durch Potsdam um die Austreibung des "potsdämlichen" Geistes im Stadtbild zu kontrollieren. Zudem ging es - rein formal - um den Politbürobeschluß, der für alle Bezirkshauptstädte Aufmarschplätze (inkl. Größenangeben) und Zuwegungsstraßen (inkl. exakter Breitenangaben) für die Massenkundgebungen vorsah. Da stand der Turm der GK nunmal im Weg.


    Darüber hinaus wäre zumindest grobe historische Kenntnis über die Funktionsweise eine spätstalinistischen Systems des "real existierenden Sozialismus" hilfreich, um Entscheidungstrukturen beurteilen zu können. Der erneute Versuch Vorgänge aus der Vergangenheit mit heutigen Massstäben zu beurteilen statt sie aus der Zeit heraus zu verstehen zeigt, dass es K. nicht um Wissenszuwachs, sondern um reine Propaganda geht.


    Insofern ist sowohl der Politbürobeschluß bekannt, der Grundlage der Sprengung, wie auch die Urheberschaft Ulbrichts durch mehrere, voneinander unabhängige Zeitzeugen belegt.

  • Was die Frage nach der Beteiligung Ulbrichts an der Sprengung der Garnisonkirche angeht, so möchte ich noch auf diesen wiss. Text aufmerksam machen:

    "Am 22. Juni 1967 war Walter Ulbricht zu Besuch in der Bezirkshauptstadt, bei dem er mit bemerkenswerten Worten „Kritik“ an der bisherigen Baupolitik in Potsdam übte und sich dabei nicht scheute, seine ganz persönlichen „Vorschläge“ den Genossen vor Ort zu unterbreiten. Folgenschwer waren vor allem seine geäußerten Wünsche zur Beseitigung der Überreste der Garnisonkirche, konnte es doch eine gegen seinen Willen gerichtete Bewahrung des Bauwerkes kaum noch geben. So gesehen, erscheint es als logische Konsequenz, daß im Juni 1968 mit der Sprengung der Ruine der Garnisonkirche – letzte Bedenken der Denkmalbehörde wurden auch hier ignoriert – begonnen wurde. Der konkrete Beschluß zur Sprengung der Garnisonkirche wurde schließlich damit gerechtfertigt, daß an ihrer Stelle ein Rechenzentrum – explizit als Ausdruck der sich zur „Metropole von Wissenschaft, Kunst und Kultur“ entwickelnden Stadt – entstehen sollte, womit die noch im Frühjahr 1968 durchgeführten Instandsetzungsmaßnahmen an der Kirchenruine faktisch längst obsolet geworden waren."
    [Quelle: C. Dippel, 'Wir schaffen einen neuen Geist. Sozialistische Baupolitik in Potsdam', in: Potsdamer Bulletin für Zeithistorische Studien Nr. 30-31/2004, S. 22-34, hier S. 32 (hier online zugänglich).]


    M.a.W.: Es scheint mir nicht notwendig, einen förmlichen Politbürobeschluss zu verlangen, man muss nicht einmal eine direkte Anordnung Ulbrichts nachweisen, um seine maßgebliche (Mit-)Verantwortung für die Sprengung der Ruine der Garnisonskirche zu belegen.


    Gleichzeitig lieferte Ulbricht, wie aus dem gleichen Text (Fußnote 36) hervorgeht, Argumente, die auch für einen Abriss des Mercure-Hotels verwendet werden können. Im Neuen Deutschland wurde er mit den Worten zitiert: „Solche Betonklötze wirken langweilig.“ Sie führten dazu, „daß Potsdam wie irgendeine andere Stadt in der DDR, in Westdeutschland oder in einem anderen Land aussieht“.
    ND, 24.6.1967, S. 3, zit. nach C. Dippel, a.a.O., S. 32.

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  • ^Danke und sehr richtig. Die Potsdamer "Genossen" galten der Zentralregierung als im Schnitt zu vergangenheitsgläubig (mal von der FDJ-Truppe abgesehen, die "spontan" die Bittschriftenlinde als Symbold des Militarismus und Faschismus umgelegt hat).


    Als formale Grundlage diente der Politbürobeschluß zur Errichtung sozialistischer Stadtzentren und Aufmarschplätze (mit bemerkenswerten Parallelen und weiternutzungen der Planungen für "Gauforen" der NS-Zeit).

  • Der Beschluss über den Abriss der Garnisonkirche wurde aber schon am 5.8.1966 durch das Sekretariat der Bezirksleitung Potsdam der SED gefasst. (Quelle: Brandenburgisches Landeshauptarchiv BLHA Rep. 530 Nr. 2576)
    Die Reise von Walter Ulbricht nach Potsdam erfolgte aber erst am 22.6.1967. Demzufolge kann er am 22.6.1967 keinen Beschluss angeordnet haben, der schon am 5.8.1966 gefällt wurde. Ab dem 5.8.1966 begannen auch die konkreten Maßnahmen zur Umsetzung des Abrissbeschlusses: Am 12.8.1966 Beratung mit dem Rat der Stadt Potsdam über das weitere Vorgehen zur Garnisonkirche, Anfang September 1966 Stopp der Sicherungsmaßnahmen und Herstellung eines zweiten Bauzaunes um die Kirche, Oktober 1966 baupolizeiliche Sperrung der Kirche zum 1.11.1966. All diese Dinge können kaum durch Walter Ulbricht am 22.6.1967 angeordnet worden sein.


    Ansonsten würde mich sehr interessieren, wann denn der ominöse Politbürobeschluss gefasst wurde, dann könnte man darüber konkret diskutieren.

  • Ich halte es für reichlich absurd anzunehmen, Ulbricht sei in Sachen Abriss der Garnisonkirche vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Dass weder in der Stadt noch im Bezirk die Genossen große Sympathien für dich Kirche hegten und sie lieber heute als morgen wegsprengen wollten, ist dagegen durchaus plausibel. Zu entscheiden hatten sie das letztlich aber nicht. Insofern kann man die Verantwortung Ulbrichts für die Sprengung der Kirche nun wirklich kaum leugnen.

  • ^^ Von "angeordnet" ist auch keine Rede. Ich benutzte den Ausdruck "Mit-Verantwortung", Dippel spricht von "folgenschweren" Worten und bezeichnet den Abriss als deren logische Konsequenz, da nach dem 22.6.1966 ein Abriss kaum mehr zu verhindern gewesen wäre. Das lässt sich auch dann sagen, wenn das Sekretariat der Bezirksleitung Potsdam, wovon Du offenbar ausgehst, was mir prima facie aber wenig wahrscheinlich erscheint, vollkommen unabhängig vom Politbüro und von Ulbricht seine Entscheidung vom 5.8.1966 getroffen hätte.

  • Der Beschluss über den Abriss der Garnisonkirche wurde aber schon am 5.8.1966 durch das Sekretariat der Bezirksleitung Potsdam der SED gefasst. [...] Die Reise von Walter Ulbricht nach Potsdam erfolgte aber erst am 22.6.1967. Demzufolge kann er am 22.6.1967 keinen Beschluss angeordnet haben, der schon am 5.8.1966 gefällt wurde.


    Wir müssen aus Deinen Worten schließen, dass es in der DDR der Jahre 1966/67 kein Telefon gab.


    Nie genug Toilettenpapier und dann auch noch kein Telefon - kein Wunder, dass die Leute irgendwann nur noch weg wollten.


    Ich halte es für reichlich absurd anzunehmen, Ulbricht sei in Sachen Abriss der Garnisonkirche vor vollendete Tatsachen gestellt worden.


    Es ist auch absurd - nicht umsonst berichtet ja auch JEDER Zeitzeuge, angefangen von der damaligen SED-Oberbürgermeisterin, Brunhilde Hanke, der Abriss sei auf Anordnung Ulbrichts und gegen den Widerstand der Potsdamer Organe erfolgt.


    Nur der werte Genosse K. sieht das naturgemäß anders.


    Mich erinnert das an das, was meine Großeltern aus den 1950er erzählten, als man ihrer Aussage nach auch noch oft hören konnte, "der Adolf" könne "das alles" ja nicht gewusst haben.


    Diesen Verdrängungsmechanismen liegt meiner Meinung nach die Scham über das eigene Mitläufertum bzw. die eigene Mittäterschaft zugrunde. Nicht umsonst haben solche Leute zu allem eine Meinung, aber lassen nicht den Hauch einer Kritik an den Verfehlungen der Regime zu, an die sie selbst einmal geglaubt haben. Manchmal ist konsequente Realitätsverweigerung offenbar der einzige Weg, mit dem eigenen Versagen umzugehen.

  • ^ Man soll argumentativ hart zur Sache gehen können, ich teile sehr selten Klarenbachs Einschätzungen und Wertungen, aber ich finde solche gegen ihn dauernd vorgebrachte Argumente ad hominem ("werter Genosse K.") und (indirekte) Unterstellungen ("Mitläufertum", "Mittäterschaft") unmöglich. Das ist weder fair noch trägt das zu einem produktiven Gesprächsklima bei noch ist es klug, da man dadurch den Eindruck erweckt, man habe argumentativ nichts entgegenzusetzen und müsse daher zu solchen Mitteln greifen.

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  • ^
    Mag sein. Ich stehe aber zu dem, was ich geschrieben habe, sowohl in der Sache, wie auch in der Wortwahl - und ich neige nicht dazu, schnell harte Worte zu wählen.


    Denn erstens ist der werte K. selbst der erste, der jeden (indirekt oder direkt) des "Militarismus" bezichtigt, der anderer Ansicht ist als er (und z. B. den Aufbau der Garnisonkirche befürwortet) und wird es daher aushalten müssen, wenn man seine eigene politische Haltung entsprechend unmissverständlich beurteilt. Auf einen groben Klotz gehört manchmal auch ein grober Keil.


    Und zweitens kann überall dort, wo K. auftaucht, von einem "produktiven Gesprächsklima" keine Rede mehr sein - im Gegenteil wird jede Diskussion durch die für ihn chrakteristische Mischung aus Halbwahrheiten und Insinuationen und vor allem durch die völlige Ablehnung jedes echten Gespräches (das aus Rede und Gegenrede bestünde) abgelehnt. Stattdessen werden wir hier mit reinstem "Agitprop" gelangweilt, wie das ein Vorkommentator treffend beschrieben hat.


    Ich kann empfehlen, einmal einen Blick ins Frankfurter Forum zu werfen, dort wird ausgesprochen zivilisiert diskutiert. Im Berliner Forum ersticken einige Kommentatoren, die hier ihre eigene politische Agenda verfolgen, jede Diskussion, und dagegen wehre ich mich.


  • Ansonsten würde mich sehr interessieren, wann denn der ominöse Politbürobeschluss gefasst wurde, dann könnte man darüber konkret diskutieren.


    Nein, wozu sollte man derlei schwachsinnige Nichtigkeiten hier diskutieren? Es ist völlig unerheblich, wer in der SED-Hierarchie irgendwo irgendwann seinen Stempel raufgedrückt hat. Fakt ist, die Kirche wurde abgerissen und Ulbricht war zu jener Zeit der Oberhirte.
    Mehr gibt es zu diesem Thema garnicht zu sagen - mit Architektur hat es schon mal erst recht nichts mehr zu tun. Mir ist ehrlich gesagt einigermaßen rätselhaft, wieso dein permanentes und sich ständig wiederholendes Getrolle nicht schon längst den Papierkorb füllt.

  • Klarenbach, meinste jetzt mich mit dem "ominösen" Politbürobeschluss. Über die formale Grundlage #1008, wenn du magst wird der auch gern zitiert, wenn meine Kisten hier in in Potsdam ausgepackt sind. Sonst gilt der Rest des Postes #1008 - den lässte ja mal feinsäuberlich beiseite.


    Habe dich übrigens heute abend beim "Filmabend unterm Portal" am Langen Stall vermisst. In den gezeigten Doumentarfilmen hätt'ste was dazulernen können. War dir wahrscheinlich zu nass...


    Sonst gilt natürlich auch hier: don't feed trolls.

  • Konstantin: Berichte mal von gestern. Wie war Euer Filmabend? Okay, Schittwetter, aber ein paar Ultras werden sich schon eingefunden haben. Und bei der Sprengungsszene ertönte dann sicher ein kollektiver Seufzer. Hab Ihr mal rüber auf die gegenüberliegende Straßenseite geschaut? Da kann man das finden:
    https://ohnegarnisonkirche.fil…/2014/09/fensterklein.jpg


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    Hinweis der Moderation: Die Einbindung der Bilddatei wurde in einen Link geändert. Bitte künftig auf die Richtlinien für das Einbinden von Bildern achten! Vielen Dank.
    Bato

  • Ja mei, wie lustig. Da findet sich jemand ganz kreativ. Um so eine Geschmacklosigkeit an prominenter Stelle zu drapieren, muss der Wickeltisch wirklich sehr hoch und der Boden sehr weit gewesen sein.

  • ^de gustibus non est disputandum. Das hängt da schon länger.


    Schön war der Abend: nach anfänglichen Schauern blieb es ja trocken und Störer gab es auch nicht - die sassen offenbar beim Bier im Trockenen. Einige hatten Ihre Feuerkörbe mitgebracht und es gab Wein und Brezeln. Gut 300 Leute bei dem Mistwetter - das ist eine rege Beteiligung bei der Potsdamer Bevölkerungszahl. Wenn ich das mal mit Veranstaltungen in Berlin oder Frankfurt vergleiche kann man da schon von einer aktiven Bürgerschaft sprechen.


    Die Dokumentarfilme waren mir nur zum Teil bekannt. Viele Zeitzeugen kamen im Original zu Wort und es wurde rege diskutiert. Besondenderer Lacher war der Lehrfilm der Volkspolizei zur Sprengung der GK in dem behauptet wurde man habe die Kirche gezielt in zwei Teilen sprengen wollen. Hätte von Klarenbach sein können...