Potsdam: Wiederaufbau der Garnisonkirche (Bauthread)

  • Für Fragen von Architektur, Städtebau oder Kunst hegte Friedrich Wilhelm I. dagegen keinerlei Interesse. Im Gegenteil: Alle Quellen sind sich darin einig, dass er diesen Dingen mit erheblicher Verachtung begegnete, die bis zur kulturellen Barbarei reichten.


    Das hatten wir doch alles schon zigmal. Wenn man die Vergangenheit mit den Augen den Jetztzeit beurteilt ist man a) naiv, b) Unterhaltungsschriftsteller oder c) im Auftrage einer Mission unterwegs. Ich tippe hier auf c, da keine anerkannte Mehrheitsmeinung der Geschichtswissenschaft sicher ist, von Klarenbach angegriffen zu werden. Nicht zufällig unterstellt K. jetzt dem Erbauer der Garnisionkirche dass er Kulturbarbar sei, ein Begriff, der nach der Sprengung der Kirche von vielen Publizisten Ulbricht zugeschrieben wurde. Dass Ulbricht der Urheber der Sprengung der Kirche gewesen ist, versuchte K. schon in einem der letzten Beiträge in Frage zu stellen


    Die Einlassungen K.'s liessen sich einfach durch die Bautätigkeit des Soldatenkönigs und eine historischen Betrachtung aus der Zeit heraus, d.h. im Vergleich mit anderen Monarchen seiner Zeit (wie es wissenschaftlich üblich wäre) entkräften, aber daran ist K. ja gar nicht gelegen.


    Es geht darum vermeindlich positiv konnierte Personen der Geschichte zu diskreditieren und im Anschluß - geht die Debatte um die abwegigen Thesem, die nicht einmal ein Geschichtsproseminar an der Lomonossow-Uni überstünden, erst einmal los - darüber ebenso vermeindlich "objektiv" zu referieren, dass das Projekt des Wiederaufbaus Hass sähe oder die Bevölkerung spalte.


    Da dieses Vorgehen sich stets wiederholt, macht es keinen Sinn darauf zu entgegnen, da man hiermit genau das von K. Gewünschte tut. Ich werde mich deshalb daran nicht mehr beteiligen.

  • Ich denke, dass es bei einer Diskussion über die Garnisonkirche wichtig ist...blabla


    Was genau ist der Grund für dieses Pamphlet? Langeweile und/oder Arbeitslosigkeit?


    Und zweitens steht für mich außer Frage, dass die Garnisonkirche von Anfang an ein Symbol für die militärische Macht Preußens war.


    Ja und? Das ist doch vollkommen in Ordnung. Militär war und ist notwendig.

  • ^ Ich kann mich Konstantin nur anschließen und werde mich zu diesem Thema nicht mehr äußern.


    Die Diskussion ist vergällt, ideologisch und vor allem langweilig. Schade, dass ein gutes Wiederaufbauprojekt so angegriffen wird. Mal sehen, ob es trotzdem durchkommt. Ich drücke der Kirche die Daumen und würde mich freuen dort irgendwann ein Konzert hören oder einem Gottesdienst zu beizuwohnen, oder einfach nur durch ein noch schöneres Potsdam zu wandeln. In Potsdam wird Preußen sowieso immer sehr gegenwärtig - sogar dominierend - sein, was ich sehr schätze, obwohl ich kein Militarist und schon gar kein neuer Nazi bin.


    K. wird sicher schreiben, dass den Befürwortern die Argumente ausgegangen seien, was natürlich Unsinn ist, aber ich möchte die gültigen Argumente nicht immer wieder schreiben. Wenn mir ein komplett neues einfallen sollte, lasse ich es Euch wissen.

  • Dass Friedrich Wilhelm I. keinen Krieg führte, ist falsch. Preußen führte von 1715 bis 1720 Krieg gegen Schweden.


    Zwar hat Preußen den Schweden den Krieg erklärt, aber erst nachdem die Usedom und Stralsund (damals Preußisch) ohne Kriegserklärung eingenommen hatten. Ist für mich eine klare Verteidigungshandlung und damit legitim. Ob das der Schwede Klarenbach auch so sieht, will auch ich bezweifeln.


    Weiterhin war Preußen während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. ungewöhnlich stark militarisiert. Preußen stand 1740 in Bezug auf seine Bevölkerungszahl an 13. Stelle, in Bezug auf seine militärische Stärke aber an 4. Stelle. Natürlich war Preußens Armee schwächer als die von Frankreich oder Russland, aber diese Staaten hatten ja auch viel mehr Einwohner.


    Und warum stand die an 4. Stelle? (Das unterschlägt der alte Schwede schon wieder.) Nicht weil die Preußen zahlenmäßig so stark aufgestellt waren, sondern weil Preußen erkannte, dass eine gute Ausbildung (auch) der Soldaten mehr wiegt, als die zahlenmäßige Anzahl. Was ist daran nun verwerflich? Ihr seit doch so für Bildung. Aber anscheinend nur für das eigene Klientel.


    Was sagt denn der Schwede nun zur Formen- und Figurensprache an der Garnisonkirche? Kein Hinweis darauf, dass diese Formen- und Figurensprache nur eines aussagt: der Friede triumphiert über den Kriege. Aber da bleibt unser Schwede mal wieder stumm. Passt nicht in sein Weltbild. Oder tue ich ihm gerade unrecht und er fängt (ein-)mal an zu reflektieren?


    Luftpost

  • Klarenbachs Erläuterungen sind an sich nichts wirklich Neues. Selbstverständlich hatte die Kirche ein klar vom Militärwesen inspirierten Bilderschmuck. Wie übrigens auch die Austattung der sogenannten Bergmannskirchen u. Dome im Erzgebirge unübersehbar von der prägenden Bergbautätigkeit beeinflusst ist.
    Daher kann ich dieser Wertung:

    Und zweitens steht für mich außer Frage, dass die Garnisonkirche von Anfang an ein Symbol für die militärische Macht Preußens war. Daher kann man keine Trennung zwischen der Kirche und ihrer militärischen Nutzung ziehen, beides war untrennbar miteinander verbunden.


    unumwunden zustimmen. Allerdings sehe ich weder an Preußens Militärmacht noch an ihrer architektonischen Verarbeitung etwas Verwerfliches. Zumal der Versuch diese Verbindung zu negieren meines Wissens auch nie ernsthaft unternommen wurde. Allein der Name "Garnisonkirche" lässt diesbezüglich nicht viel Spielraum.



    Allem in allem würde ich aus diesen Fakten zwei Schlussfolgerungen ziehen: Erstens bin ich nicht der Meinung, dass die Garnisonkirche zu den künstlerisch bedeutendsten Barockkirchen Deutschlands gezählt hat. Mit der baurechnisch innovativen und formenreichen Gestaltung beispielsweise der Frauenkirche in Dresden konnte die Garnisonkirche nie konkurrieren.


    Hier allerdings möchte ich doch aber heftigst intervenieren. Von "den künstlerisch bedeutendsten Barockkirchen Deutschlands" war diesbezüglich nie die Rede. Wenn man sich die katholischen Gegenden in Bayern oder Österreich anschaut, erkennt man auch recht schnell warum. Der kirchliche Barock hat hier doch ganz andere Dimensionen. Selbst in Mitteldeutschland wie Thüringen und Sachsen finden wir einige prächtigere Beispiele.
    Aber die Rede ist eben von Norddeutschland. Das ist ein großer Unterschied. Hier kommen neben dem Luthertum, dass in Sachsen und Thüringen schon mäßigend auf den Barock eingewirkt hat, auch noch andere Faktoren hinzu. Zunächstmal war die Gegend lange Zeit (eigentlich bis 1945) realtiv dünn besiedelt und die Wirtschaft verlor im Zusammenhang mit dem Niedergang der Hanse zu Beginn des 17. Jahrhunderts an Bedeutung. In Mecklenburg, Pommern und Brandenburg hatte zu dem der Dreißigjährige Krieg mit am heftigsten gewütet. In ganz Mecklenburg lebten nach Kriegsende bspw. nur noch ca. 50.000(!) Menschen. Davon hat sich die Gegend erst Mitte des 19. Jahrhunderts wirklich erholt. Dementsprechend wenig und wenn dann recht ärmlich wurde in der Folgezeit auch gebaut.
    Angesichts dessen und der von dir noch erwähnten "Knausrigkeit" des Soldatenkönigs, kann man die Garnisonkirche rein äußerlich schon fast als verschwenderischen Prachtbau von Kirche bezeichnen. Mir fällt als ebenbürtiges Pendant im Norden spontan eigentlich nur der (mehrmals rekonstruierte) Hamburger Michel ein.

  • ^das ist definitiv ein Argument. Es ist nicht "ehrabschneidend", dass die allermeiste Zeit der Geschichte das "Geld" in deutschsprachigen Landen eben entlang der Rheinschiene sowie im Süden (inkl. Österreich und der Schweiz) heimisch war, gerade in der üppigen Barockzeit wird das natürlich augenfällig; aber auch wenn zB die Gebäude der Residenzen Berlin/Potsdam mit Wien vergleicht. Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht, Wien strotzt nur so vor imperialem Glanz, Noblesse, "Größe", dass einem die Augen übergehen. In einem Atemzug mit Paris und London in dieser Hinsicht zu nennen.


    Da sieht man zudem einfach auch, dass die allermeiste Zeit in der "deutschen" Geschichte die Habsburger und somit deren Sitz, Wien, das kulturelle und politische Zentrum des deutschsprachigen Raumes war. Darum ging Mozart, dessen Familie stammt eigentlich aus dem bayerischen Augsburg, oder auch der Bonner Beethoven nach Wien und wurde dort gefördert und von der wiener "Society" in den Himmel gehoben. Zur Vorstellung, was für eine Rolle Wien seinerzeit in Europa als "Schmelzofen" spielte: Berlin hatte um das Jahr 1700 immerhin schon, ca. 50.000 Einwohner, Potsdam nicht ganz 1.500 Einwohner, Wien hatte da bereits ca. 120.000 Einwohner.


    Diesen Glamour und Reichtum gab es im Norden einfach nicht, nicht nur weil er protestantisch war. Man muss sich nur anschauen wo in Europa über lange Jahrhunderte die Bevölkerungsschwerpunkte waren. Je mehr Menschen in einem bestimmten Gebiet leben und wirtschaften, desto mehr kann dieses Gemeinwesen an Gemeinschaftsleistungen stemmen, sei es auf Geheiß von Kirche oder Adel. Auch das war natürlich nicht im Nordosten. Das war die Ausgangslage der Jahre ab ca. 1701 (Neugründung des Königreiches Preußen), wo Preußen dann zum "Sprung" ansetzte. Sicherlich ist respektabel, dass aus der europäischen Randlage, bezogen auf die in Kunst, Kultur und Wirtschaft prosperierenden Zentren, in Preußen ab der sog. "Spätaufklärung" ein rasanter Aufholwettbewerb stattfand. Man denke auch an Gelehrte wie Kant, derlei hätte den groben Preußen wenige Jahre zuvor niemand in Europa zugetraut.


    Das Potsdam aus der Erbauungsphase der Garnisonskirche ist bauliches Zeugnis der absoluten Blüte Preußens, sozusagen die "preußische Klassik". In diesem Kontext ist es ganz sicher ein wichtiges regionalhistorisches Gebäude. Als solches muss man es, denke ich, begreifen. Nicht mehr - aber ganz sicher auch nicht weniger.

  • Allem in allem würde ich aus diesen Fakten zwei Schlussfolgerungen ziehen: Erstens bin ich nicht der Meinung, dass die Garnisonkirche zu den künstlerisch bedeutendsten Barockkirchen Deutschlands gezählt hat.


    Der kardinale Denkfehler in diesem Argument besteht im Übrigen darin, dass es im Barock kein "Deutschland" gab. Deutschland war bis zu Bismarck ein geographischer (kultureller+naturräumlicher) Oberbegriff, vergleichbar vielleicht damit, wenn wir heute von "Skandinavien" und "den Skandinaviern" sprechen. Ich mache die Genese von "Deutschland" in der heutigen Bedeutung, als eine Nation, bewusst nicht an der "Reichsgründung" 1871 fest, Bismarck & Co. haben ja ideologische Vorarbeit geleistet, indem zuerst sowas wie eine "deutsche Nation" beschworen wurde, aber dieses Deutschland ist definitiv ein Kind des 19. Jahrhunderts, also deutlich nach dem Barock. In den Jahren ca. 1570-1770 (europäischer Barock) gab es "Deutschland" in der heutigen Wortbedeutung schlicht nicht. Nur aus heutiger, linearer Geschichtssicht ist das Lokalgeschichte, dementsprechend muss ich mich hier etwas korrigieren. Bezogen auf die preußische Geschichte, bis zur Zäsur 1871, hat dieses Gebäude sicherlich nationalhistorischen Wert. Im ehemaligen Preußen gibt es kaum eine prächtigere Kirche des Barock.

  • Wiederaufbau bekommt immer mehr Unterstützer

    Der Wiederaufbau der Garnisonkirche bekommt immer mehr Unterstützer. Auf der neuen Internetseite der Stiftung setzen sich laut Medienberichten nicht nur das Kulturmagazin Potsdamlife und der Fußballverein Hertha BSC Berlin, sondern auch die Deutsche Post, der Lebensmittelriese Rewe sowie Europas größter Schuhhändler Deichmann für das Rekonstruktionsprojekt ein.


    http://www.pnn.de/potsdam/895698/


    Darüber hinaus unterzeichneten bis zum späten Mittwochnachmittag schon mehr als zweieinhalbtausend Menschen den Aufruf zum Wiederaufbau des vom SED-Regime gesprengten Gotteshauses. Unter ihnen finden sich auch Persönlichkeiten wie der renommierte australische Historiker Christopher Clark und der berühmte Potsdamer Modeschöpfer Wolfgang Joop.


    http://www.maz-online.de/Lokal…Flagge-bei-Garnisonkirche


    Am morgigen Freitag lädt das Bündnis Potsdamer Mitte außerdem zu einem Filmabend mit Dinnerdemo am Portal des Langen Stalls in der Breiten Straße ein. Ab 20:00 Uhr wird dort der Dokumentationsfilm "Garnisonkirche - Protokoll einer Zerstörung" von Regisseur Kurt Tetzlaff gezeigt. Bis Mitternacht wird es Gastronomie und Feuerzauber mit stimmungsvoller Beleuchtung geben. Der Eintritt ist frei.


    http://www.buendnispm.de/2014/…nacht-und-dinnerdemo.html

  • @Architektator: Vielen Dank für den Link. Ich sehe das als Indikator dafür, dass auch andere den Widerstand gegen die Kirche (und deren angebliche negative Symbolkraft) weit geringer einschätzen als unsere besorgten Mitforisten. Denn wo wäre der Witz für ein Wirtschaftsunternehmen ein Projekt zu unterstützen das mehrheitlich abgelehnt wird und in ideologischer Nähe zum Militarismus anzusiedeln ist. Der kleine Aufsatz von Klarenbach über das böse Preussen, den bösen Herrscher und die böse Kirche liest sich ja wie immer sehr eingängig, aber bei der dauernden Wiederholung findet er bei mir ebenso rasch auch wieder den mentalen Ausgang (steter Tropfen höhlt womöglich manchen Stein, aber nervt auch irgendwann und führt zumindest bei mir zu geminderter Aufmerksamkeit)...


    Konstantin und Rotes Rathaus: Ich finde es schon wichtig, dass man zumindest selektive Wiedergabe von Fakten berichtigt, wenn man entsprechendes Wissen hat. Man sieht ja wie der zusätzliche Kontext (wie ihn u.a. auch Luftpost einfügt) die Dinge völlig anders erscheinen lässt als Klarenbach sie erscheinen lassen möchte... Die Diskussion an sich kann man sich aber natürlich sparen!

  • Der kleine Aufsatz von Klarenbach über das böse Preussen, den bösen Herrscher und die böse Kirche liest sich ja wie immer sehr eingängig, aber bei der dauernden Wiederholung findet er bei mir ebenso rasch auch wieder den mentalen Ausgang (steter Tropfen höhlt womöglich manchen Stein, aber nervt auch irgendwann und führt zumindest bei mir zu geminderter Aufmerksamkeit)...


    Das ist so'n bischen wie "Der schwarze Kanal".
    Der Karl-Eduard von Schnitzler war auch immer sowas von überzeugend (lustig). :lach:



    Gruß, Jockel HB

  • Zu Luftpost:
    Die Aussage, dass Stralsund 1715 preußisch gewesen wäre und dass der Krieg gegen Schweden daher ein Verteidigungskrieg gewesen wäre, ist falsch. Stralsund gehörte 1715 nicht zu Preußen, sondern zu Schweden. Erst 1815 wurde Stralsund an Preußen angegliedert. Der Krieg Preußens gegen Schweden war ein ganz ordinärer Eroberungskrieg mit dem Ziel, die Gebiete um Stettin für Preußen zu erobern. Dem Krieg voraus ging ein Bündnisvertrag zwischen Preußen und Russland im Juni 1714, der eine gemeinschaftliche Eroberung schwedischer Gebiete zum Inhalt hatte. Die Mär von der angeblichen Friedlichkeit Friedrich Wilhelms I. ist daher unbegründet.


    Weiterhin waren die Trophäen, mit denen der Turm bestückt wurde, keine Friedenssymbole, sondern Siegessymbole. Diese Trophäen zeigen keine niedergelegten Waffen, sondern erbeutete Waffen. Diese Zurschaustellung erbeuteter Waffen war damals ganz klar ein Siegessymbol. Daher legt der Turm Zeugnis von den militärischen Siegen der Hohenzollern ab. Zusammen mit der Spitze und der Wetterfahne stellte der Turm ein Denkmal für die militärische Macht der Hohenzollern dar.


    Die generelle Einschätzung der norddeutschen Barockarchitektur als eher ärmlich würde ich auch nicht so stehen lassen. Unter dem Vorgänger Friedrich Wilhelms I., Friedrich I. wurden durchaus herausragende Werke der Barockarchitektur geschaffen. Damals wirkten Architekten wie Andreas Schlüter und Eosander von Göthe in Berlin, die ohne Zweifel herausragende Werke schufen. Und auch unter Friedrich II. wurde wieder aufwendiger gebaut. Die Amtszeit Friedrich Wilhelms I. stellte da eher eine Ausnahme als die Regel dar.


  • Weiterhin waren die Trophäen, mit denen der Turm bestückt wurde, keine Friedenssymbole, sondern Siegessymbole. Diese Trophäen zeigen keine niedergelegten Waffen, sondern erbeutete Waffen. Diese Zurschaustellung erbeuteter Waffen war damals ganz klar ein Siegessymbol. Daher legt der Turm Zeugnis von den militärischen Siegen der Hohenzollern ab.


    Ja und?? Was genau ist eigentlich dein Problem? Was meinst du wohl wovon das Schinkelsche Denkmal auf dem Kreuzberg oder die Siegessäule (!) kündet? Warum stehen in den Torhäusern des Brandenburger Tores Minerva und Mars?
    Diese Diskussion und insbesondere die vorgebrachten 'Argumente' werden wirklich immer grotesker.

  • Mein lieber Klarenbach:


    falsch, falsch und nochmals falsch.


    Fangen wir mal an: 1715 bis 1720 Großer Nordischer Krieg. Preußen war neutral. Zitat Wikipedia: "Schwedisch-Pommern war inzwischen bis auf Stralsund und die Enklave Wismar komplett von den verbündeten Dänen, Russen und Sachsen erobert oder von Preußen als neutraler Macht besetzt." ... "Auch in dieser für Schweden äußerst kritischen Lage lehnte Karl XII. mehrere Friedensangebote ab." ... "kehrte Karl im November 1714 in einem fünfzehntägigen Gewaltritt nach Schwedisch-Pommern zurück." ... "Im Januar 1715 besetzte Karl XII. zur Sicherung der Stralsunder Festung die Süd- und Ostküste Rügens. Am 23. Februar nahm er Wolgast ein, das von einem zwanzig Mann starken preußischen Posten besetzt war. ... Am 22. April landeten schwedische Truppen auf der Insel Usedom und überrumpelten eine kleine preußische Abteilung. ... Daraufhin ließ Friedrich Wilhelm I. den schwedischen Gesandten ausweisen und gab Anweisung zum Beginn des geplanten Pommernfeldzugs. Preußen erklärte am 1. Mai 1715 Schweden den Krieg."


    Wer hat hier was erobert?


    Von Ihnen werden die Trophäen, hier Schilder, Speere, Lanzen usw. zu Siegesymbolen erhoben. Welcher Sieg über wen bleibt natürlich wieder offen. Oder sind es doch vielleicht Kriegssymbole? Oder Trophäen, wie es selbst die Garnisonkirchenstiftung schreibt? Warum liegen sie dann am Boden und strecken sich nicht in die Luft? Ach ja, sollen ja Siegessymbole sein. Wahrscheinlich vom Napoleon, als der ca. 100 Jahre später Preußen eroberte...


    Und zur Wetterfahne, dessen Adler der nach oben zur Sonne schaut. Hierzu sagt der Kunstwissenschaftler Dr. Hans-Joachim Kuke sinngemäß: diese Wetterfahne war das kirchliche Symbol im Barock bevor im 18. Jahrhundert das Kreuz auf die Kirchturmspitzen kam. Die Garnisonkirche Potsdam war die letzte Kirche in Preußen, die diese Sybolik des Barock bis in die heutige Zeit hinein trug. Auf allen anderen Kirchen wurden diese Symboliken im 18. und 19. Jahrhundert durch das Kreuz ersetzt.


    Die Sonne stellt eben nicht den Sonnenkönig Frankreichs dar, Gott ist mit der Sonne versinnbildlicht. Und der Adler ist die königliche Macht, die nach den Tugenden Gottes streben soll, aber immer noch unter Gott steht. Der heute so leichtfertig darin gebildete Zusammenhang, mit dem Preußischen Adler als Hoheitszeichen, ist nicht gegeben. Dieser Adler dort schaut gänzlich anders aus und hat auch keine königlichen Insignien.
    Ach ja, die Kanonenkugel, die ist ja wieder Militärisch... Die ist ein Gegengewicht, damit der schwerere Adler auf der einen Seite, das leichtere Medaillon der königlichen Insignien auf der anderen Seite, nicht nach oben kippt und das gesamte Ding sich mit minimaler Reibung immer noch drehen kann. Einfach nur Physik, an die sich auch die damaligen Erbauer halten mussten. Und Preußen war eben sparsam, da hat man als Gegengewicht halt eine Kanonenkugel genommen. Schlimm, schlimm, schlimm...


    Luftpost

    6 Mal editiert, zuletzt von Luftpost ()

  • Zu Luftpost: Die Aussage, dass Stralsund 1715 preußisch gewesen wäre und dass der Krieg gegen Schweden daher ein Verteidigungskrieg gewesen wäre, ist falsch. Stralsund gehörte 1715 nicht zu Preußen, sondern zu Schweden. Erst 1815 wurde Stralsund an Preußen angegliedert. Der Krieg Preußens gegen Schweden war ein ganz ordinärer Eroberungskrieg mit dem Ziel, die Gebiete um Stettin für Preußen zu erobern. Dem Krieg voraus ging ein Bündnisvertrag zwischen Preußen und Russland im Juni 1714, der eine gemeinschaftliche Eroberung schwedischer Gebiete zum Inhalt hatte. Die Mär von der angeblichen Friedlichkeit Friedrich Wilhelms I. ist daher unbegründet.


    Du blendest (mal wieder möchte ich sagen) bewusst die gesamte Vorgeschichte und den entscheidenden Kontext des Ganzen aus:
    vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Nordischer_Krieg


    Wenn man nichts darüber weiß und nur Deine Beiträge liest, müsste man glatt annehmen, Stralsund und umliegende Gebiete seien originär Teil von Schweden gewesen und von diesem Reich wäre keine Gefahr ausgegangen, während Preussen der entscheidende Aggressor war. Wenn man sich hingegen mal reinzieht wie kriegerisch diese Zeit war, relativiert das sehr viel was Du über Preussen schreibst - auch die Siegessymbolik. Tatsächlich war damals auch (auf mehreren Seiten) oft der Glaube verbreitet erst ein entscheidender Sieg könne der Bevölkerung Frieden bringen. Dieses Denken war übrigens damals auch schon nicht neu und ist bis heute recht aktuell (man denke an den Namen Siegfried oder das sowjetische Ehrenmal am Treptower Park). Nur leider nimmt kurioserweise jeder von sich an, dass er der Friedensstifter und die anderen die Bösen seien...


    Edit: Luftpost war schneller.


    P.S.: Willst Du jetzt ewig weiter Geschichts(um)deutung spielen?

  • Ich kann Klarenbach nur empfehlen sich der Gesamtkorrektur der Enzyklopädie Wikipedia nach seinen Vorstellungen zu widmen, Zeit dazu scheint er ja zu haben.


    Uns hier in Ruhe lassen wird er erst, wenn niemand mehr auf den Quatsch eingeht.

  • Uns hier in Ruhe lassen wird er erst, wenn niemand mehr auf den Quatsch eingeht.


    Nee Konstantin, das hilft bei solche Demagogen nicht: erstens fangen die dann an zu denken, sie hätten Recht, weil ja keiner Widerspricht und zweitens denken Mitleser eben auch dieses, wenn sie weniger Hintergrundinformationen haben und nur die Häppchen von diesen Geschichtsverfälschern zum Lesen vorgesetzt bekommen.


    Daher immer schön weiter dagegen halten. Ist halt mühsam und zeitaufwendig, aber auch unterhaltsam...


    Luftpost

  • Ach, einen schönen Link für Lutz Boede: Hertha BSC unterstützt den Wiederaufbau der GK. Ich weiss: alles Scheisswessis, die sich in Potsdamer Dinge einmischen...


    Ich weiß gar nicht, warum Sie immer so persönlich werden. Falls wir uns kennen und ich Ihnen etwas Böses angetan habe, lassen Sie es mich wissen. Vielleicht schenke ich Ihnen einen Spendenziegel mit einem eingeprägten Karl-Marx-Kopf zur Versöhnung.


    Warum ausgerechnet Hertha BSC die Garnisonkirche unterstützt, weiß ich nicht. Ich bezweifle, dass es da große Debatten und Abstimmungen gegeben hat, sondern vermute eher einen Freundschaftsdienst oder eine persönliche Seilschaft. Mal sehen, ob ein Verein, dessen Fans in Babelsberg regelmäßig "Arbeit macht frei - Babelsberg 03" skandieren und gern den Hitlergruß zeigen, dem Garnisonkirchen-Versöhnungs-Projekt weiterhilft.

  • Warum ausgerechnet Hertha BSC die Garnisonkirche unterstützt, weiß ich nicht. Ich bezweifle, dass es da große Debatten und Abstimmungen gegeben hat, sondern vermute eher einen Freundschaftsdienst oder eine persönliche Seilschaft. Mal sehen, ob ein Verein, dessen Fans in Babelsberg regelmäßig "Arbeit macht frei - Babelsberg 03" skandieren und gern den Hitlergruß zeigen, dem Garnisonkirchen-Versöhnungs-Projekt weiterhilft.


    Jawoll! Immer schön diskreditieren. Sicher ist Preetz Freimaurer oder gar im Illuminati-Orden und natürlich ist die komplette Führung mit den dumpfesten aller Fans gleichzusetzen. Wenn man das so mit den politischen Parteien machen würde, wären sie allesamt völlig unwählbar. Wenn Du wirklich Lutz Boede wärst, wüsstest Du das sicher selbst besser! Ich freue mich jedenfalls, dass es auch noch produktive Kräfte in diesem Land gibt, die sich für etwas (außer dem Erhalt des teuren sozialistischen Erbes) einsetzen...

  • Frühneuzeitliche Kabinettskriege waren reine Machtspielchen. Da gab es kein Gut oder Böse sondern lediglich kühle Kalkulation (Wobei Friedrich der Zwote offensichtlich etwas gegen Sachsen hatte :O ). Es wäre eine törichte Dummheit von Friedrich-Wilhelm I. gewesen, hätte er die politische Isolation der seit über hundert Jahren den Ostseeraum dominierenden Großmacht Schweden nicht ausgenutzt und seinen Nachbarn die sichere Beute überlassen. Schließlich konnte man jederzeit in einem Konflikt mit den einstigen Verbündeten stehen. Insofern sehe ich nicht, dass diese Episode dazu dient, Friedrich-Wilhelm Kriegslüsternheit anzuhängen. Fakt ist und bleibt, dass er militärische Auseinandersetzungen scheute bzw. wenn möglich vermied. Das ist im Gegenzug auch kein Beweis für seine besondere Friedliebigkeit. Er war sich wohl eher der komplizierten politischen Gemengelage bewusst, in der angesichts der Beschaffenheit seines Landes eine unprovozierte Aggression schnell in eine Katastrophe hätte führen können.


    Die generelle Einschätzung der norddeutschen Barockarchitektur als eher ärmlich würde ich auch nicht so stehen lassen. Unter dem Vorgänger Friedrich Wilhelms I., Friedrich I. wurden durchaus herausragende Werke der Barockarchitektur geschaffen. Damals wirkten Architekten wie Andreas Schlüter und Eosander von Göthe in Berlin, die ohne Zweifel herausragende Werke schufen. Und auch unter Friedrich II. wurde wieder aufwendiger gebaut. Die Amtszeit Friedrich Wilhelms I. stellte da eher eine Ausnahme als die Regel dar.


    Ja sicher, aber da reden wir in der Mehrzahl über Profanbauten. Die dienten natürlich protestantischen wie katholischen Fürsten der Repräsentation. Ärmlich ist in der Tat übertrieben denn dahinter steckte ja in weiten Teilen auch Absicht. Aber man schaue doch bitte nur mal nach nach Würzburg, München oder Wien um zu erkennen, von welchen Dimensionen wir hier sprechen. Es sei auch auf die Tatsache hingewiesen, dass die Hohenzollern (und gerade F-W streng) calvinistisch waren wohingegen die Bevölkerung lutherisch blieb. Sozusagen das Gegenteil zu Sachsen wo die Landesherren katholisch waren/wurden. Und dafür, ich wiederhole mich, ist die Garnisonkirche meines Erachtens als eine protestantische Kirche des Barock, gebaut unter einem calvinistischen Landesherren, schlichtweg herausragend, wortwörtlich.


    Ansonsten sind sich die Kunsthistoriker in der Wertschätzung der Garnisonkirche ja weitestgehend einig. Ich kenne zumindest keinen, der das Gebäude als Banalität einstuft. Auch dass der kirchliche Barock im protestantischen Europa deutlich zurückhaltender war ist ein Fakt. In England hat man ihn bspw. aus katholischer Perspektive fast ganz "übersprungen" bzw. klassizistisch überformt.