Potsdam: Wiederaufbau der Garnisonkirche (Bauthread)

  • Es wäre möglich allen in diesem Thread beteiligten Diskutanten die Renommee-Funktion vorübergehend zu entziehen. Wenn sich die Lage (hoffentlich) wieder etwas entspannt hat, kann dies wieder rückgängig gemacht werden.


    Zunächst finde ich es toll, dass Du da so schnell drauf reagierst. Aber kann man das nicht evtl. auf die häufigen (und ungerechtfertigten) Rot-Bewerter beschränken? Wenn ich dann nämlich auch keine Beiträge mehr positiv bewerten kann, fände ich das schon etwas blöd. Denn ich bewerte eigentlich nur in Extremfällen mal rot, aber dafür recht häufig grün.


    Eine andere Möglichkeit wäre aber auch, dass man sich freiwillig zurückhält und auf Negativbewertungen verzichtet. Aber einigen scheinen da viel zu sehr die Finger zu kribbeln.


    Ich denke die meisten Nutzer haben das schon im Griff. Da es aber bei Anonymität immer Spinner gibt, die das ausnutzen wird sich das nicht komplett verhindern lassen (es sei denn Rotbewertungen werden komplett abgeschafft oder inflationären Nutzern dieser Option wird diese entzogen).


    Lingster: Was Architektators Vorschlag angeht, stimme ich Dir völlig zu. Ich könnte gut damit leben, bezweifle aber wie Du, dass die härtesten Gegner der Bebauung das auch könnten...

  • Aber kann man das nicht evtl. auf die häufigen (und ungerechtfertigten) Rot-Bewerter beschränken?


    Klar ginge das.


    Schaunmer mal wie es weitergeht wo die Thematik nun angesprochen wurde. Wenn es in ein paar Tagen nicht besser wird können wir das so umsetzen.


    PS Bei eurer Meinung nach ungerechtfertigt gegeben Rotbewertungen bitte an Schmittchen wenden da nur er löschen kann.


    Gute Nacht.

  • Bzgl. "Vergleich" Versöhnungskirche / Garnisonkirche:


    Die Bedeutung der Garnisonkirche aus baugeschichtlicher Sicht und auch als stadtbildprägendes Gebäude ist doch eine andere als die der kaiserzeitlichen "08/15" Versöhnungskirche, die (obwohl sicher ein schönes Bauwerk) doch letzlich nur eine unter Hunderten von historisierenden Backsteinkirchen aus dem Ende des 19. JH war. Ein Wiederaufbau wäre mangels Bedarf und auch mangels baugeschichtlicher Bedeutung wenig sinnvoll gewesen. Zudem ist der Kontext mit der Mauergedenkstätte im ehem. Grenzgebiet zu beachten, hier war die Errichtung einer modernen Kapelle auch als Ort der Information unter Einbeziehung von Resten der alten Kirche eine gute Entscheidung.


    Im Falle der Garnisonkirche kann man das ganz anders bewerten, auch wenn ich (wie bereits gesagt) nicht mit so viel Herzblut an dieser Kirche hänge wie einige andere hier.

  • @ Architektator,


    find ich keine gute Idee, entweder man rekonstruiert richtig oder man lässt es bleiben. Frankensteinlösungen werden letztlich niemandem gerecht. Ich bekomm heute noch mittelschweren Brechreiz, wenn ich die Rückseite der Kommandantur unter den Linden in Berlin sehe.

  • Nun ja, die Kommandantur ist ja auch ein reiner Zweckbau mit aufgeklebter Stuckfassade. So etwas käme für die Garnisonkirche mit Sicherheit nicht in Frage. Man könnte Architektators Idee aber weiterentwickeln: Indem man beispielsweise den Turm wieder aufbaute und die historische Struktur des Gebäudes dann durch eine moderne Ergänzung aufbräche – etwa in der Art, wie es Libeskind mit dem Militärmuseum in Dresden gemacht hat.


    Auf diese Weise könnte man ein Gebäude schaffen, dass die historische Symbolik der alten Garnisonkirche als Militärkirche und Kulisse des "Tages von Potsdam" transzendiert (verzeiht mir die geschwollene Ausdrucksweise). Die Stadt hätte ihre verlorene Landmarke wieder, und es bestünde keine Gefahr, die Vergangenheit zu verherrlichen oder zu verdrängen.


    Ich könnte damit gut leben, sehe aber zwei Probleme: Echte Rekontruktionsfans würden sich kaum darauf einlassen, weil sie die Stadt am liebsten wieder exakt so hätten, wie sie anno 1939 aussah. Und es würde verdammt teuer werden, eine architektonisch wie inhaltlich ansprechende Lösung für ein derartiges Vorhaben umzusetzen. Glaube kaum, dass die ohnehin klamme Stiftung das bewerkstelligen könnte...

  • Die Kommandatur war keinesfalls ein reiner Zweckbau, so etwas wäre Unter den Linden auch nie zugelassen worden. Die "Rekonstruktion" ist ein Zweckbau, eine Stahlbetonkonstruktion mit angepapptem Stuck und Glasverkleidung an der Rückseite. Eine Frankensteinerscheinung eben. Scheußlich. Und nein, ich "verzeihe" deine Ausdrucksweise nicht, weil du die unwürdigste Variante befürwortest, die keine andere Funktion erfüllen kann, als als Störfaktor und Beleidigung in der Gegend rumzustehen.


    Libeskinds Bau in Dresden ist auch nur vollständig verständlich mit in buntem Garn eingetrickten Leopard-Panzer - eine jämmerliche Karrikatur http://www.lvz-online.de/nachr…deutschland-a-174178.html. Da wär mir ein Gewerbegebiet mit McDondald´s drin noch lieber.


    P.S. Vom äußeren Erscheinungsbild her glaube ich nicht, daß es sich um einen Leopard handelt. Hab aber auch keine Lust, da nachzuforschen.

  • Ich habe mich noch einmal mit der Frage beschäftigt, wieviele Gelder für den Wiederaufbau eigentlich zur Verfügung stehen, und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Aussagen von Potsdamer korrekt sind.


    Peter Leinemann von der Stiftung Garnisonkirche hat gegenüber dem Hauptausschuss am 9.4.2014 Bericht erstattet. Demnach rechnet die Stiftung für den Turmbau mit einem Aufwand von 41 Millionen Euro. Bereits ausgegeben wurden 2 Millionen Euro für Planungsleistungen. Für die Baumaßnahmen stehen der Stiftung 12 Millionen Euro an Bundesgeldern (die aber nur gezahlt werden, wenn die Gesamtfinanzierung gesichert ist) und eine Million Euro an Spendengeldern zur Verfügung. Für die restlichen 26 Millionen Euro werden noch Spender gesucht.


    http://egov.potsdam.de/bi/to02…OLFDNR=89445&options=4%20

  • Bei der MAZ steht folgendes:

    ...


    Herr Stolpe ist Kuratoriumsmitglied und ich würde behaupten so integer dass man nicht davon ausgehen kann, dass er die Bevölkerung derart dreist belügt.
    Finanzielle Argumente sind somit nicht mehr ganz up to date.


    Keine Pressezitate einbinden, bitte.
    Bato

  • Okay, es gibt Aussagen, dass mehr Geld zur Verfügung steht. Wieviel? Von wen? Ein Spender oder mehrere? Öffentliches Geld dabei? Sind es wieder die üblichen, wie Militärseelsorge oder Siemenstsiftung oder Denkmalschutz- oder Gedenkstättengelder? Oder ist es jetzt Würth, Springer-Verlagsgruppe oder Thyssen-Krupp?


    Wenn das Geld zur Verfügung stände, warum fängt die Stiftung nicht umgehend an zu bauen? Ein adhoc Antrag einer Handvoll FWG-Mitglieder auf der letzten Vereinssitzung vor wenigen Wochen, mit dem Bau sofort zu beginnen und Fakten zu schaffen, wurde mit dem berechtigten Hinweis Leinewebers abgelehnt, das mit Steuergelder geförderte Projekte vor Baubeginn ausfinanziert sein müssen.


    Also was soll man glauben?
    Kann es sich die Kirche jetzt leisten die Bagger anrücken zu lassen? Jetzt wo sogar der Oberbürgemeister sagt: "... nach dieser Entscheidung [der Annahmen des Begehrens durch die StVV] werden wir bei dem Projekt nicht so weitermachen können wie bisher"


    Die evangelische Kirche hat sich von gewissen Eliten vor den Karren spannen lassen um ein Stadtbild zu heilen. Als dank wurde ihr eine hübsche Kirche für umsonst versprochen. In einer Region mit einen Christenanteil von unter 17% ist aber eigentlich Missionsarbeit angesangt.

  • Kann es sich die Kirche jetzt leisten die Bagger anrücken zu lassen?


    In jedem Fall ist es sinnvoll erstmal die Abrissbirne zu schwingen, denn rechts und links von dem Platz der Garnisonkirche sind sehr hässliche Bausünden, die das Stadtbild stören.
    Wenn die erstmal dem Erdboden gleichgemacht sind, kann man ja immer noch überlegen was man dort hinbaut (schlimmer als vorher kann es ja nicht werden).

  • ^^
    Nein, die üblichen Spender werden das mit Sicherheit nicht sein, ich denke mal auch keine Firmen, denn dann dürften diese nicht anonym bleiben. Das werden ein paar wenige sehr reiche Privatpersonen sein.
    Sie warten zum einen darauf, dass das Rechenzentrum abgerissen wird. Da allerdings hab ich irgendwo gelesen, dass dies für den Turm eventuell nicht nötig sein wird und man gerade so bauen könnte. Das wird sich noch herausstellen.
    Und zum anderen warten sie auf den klaren Startschuss der Politik. Aufgrund der derzeitigen Stimmung wird der sicherlich nicht kommen. Daher wird man jetzt erst die weitere Entwicklung abwarten müssen, bevor man anfangen kann.
    Am finanziellen liegt es sicher nicht.

  • Es gibt drei Dinge, die mir auf der Zunge brennen:


    1. Was den aktuellen Spendenstand angeht, hat man laut Peter Leinemann, dem Verwaltungsvorstand der Stiftung, inzwischen mehr als die Hälfte der für den Wiederaufbau des Turmes benötigten 40 Millionen Euro gesammelt. Darüber hinaus hat Ministerpräsident a. D. und Kuratoriumsmitglied Manfred Stolpe (SPD) erst vor kurzem versichert, dass das Geld für den Wiederaufbau des Turmes ausreicht. Ihm zufolge stehen hierfür potenzielle Großspender bereit, die ihre Bereitschaft jedoch an einen konkreten Termin für den Baubeginn knüpfen.


    2. In Bezug auf meinen Vorschlag aus Beitrag #457 möchte ich ein paar gelungene Beispiele für freistehende Kirchtürme nennen. Zum einen ist dies die ehemalige Hauptkirche St. Nikolai, die während der Bombenangriffe auf Hamburg im Jahr 1943 teilweise zerstört wurde und deren Turm heute als Mahnmal für die Opfer von Krieg und NS-Gewaltherrschaft dient; zum anderen - mit Referenz auf die nicht zu Unrecht auch als "Klein-Venedig an der Havel" bezeichnete Stadt Potsdam - der berühmte Campanile auf dem Markusplatz, der 1514 fertiggestellt und nach seinem Einsturz im Jahr 1902 bis 1912 wiederaufgebaut wurde. Beide Türme bieten eine Aussichtsplattform mit fantastischem Blick über die Stadt.


    3. Unter der Voraussetzung, dass beide Parteien sich kompromissbereit zeigen, kann eine gütliche Einigung erzielt werden. Seitens der Befürworter ist Stolpe ja bereits mit seinem Vorschlag, nur den Turm der ehemaligen Garnisonkirche wiederaufzubauen und ihren Namen in "Heilig-Kreuz-Kirche" zu ändern, einen großen Schritt auf die Kritiker zugegangen. Nun liegt es an den Gegnern, ihren grundsätzlichen Widerstand gegen das Projekt aufzugeben, den Konflikt gemeinsam zu lösen und sich am Konzept für das internationale Friedens- und Versöhnungszentrum im Inneren des Turmes zu beteiligen.



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 170-368 / Max Baur / CC-BY-SA

  • Um abseits der Grundsatzdiskussion zur Zukunft der Garnisonkirche auch mal andere Facetten zu beleuchten und vielleicht etwas Versöhnliches beizutragen, möchte ich auf eine Bildergalerie in der MAZ verweisen.


    Im Nachlass eines Verstorbenen sind ganz neue Bilder der Garnisonkirche wenige Tage vor der Sprengung im Jahr 1968 aufgetaucht. Diese zeigen eindrücklich, in welch gutem Zustand zumindest der Turm noch war, wenn man bedenkt, wie lange die Ruine bis dahin bereits stand.


    http://www.maz-online.de/Lokal…Bilder-der-Garnisonkirche


    Die Fotos wurden nun dem Potsdam Museum übergeben und ergänzen die dortigen Sammlungen.


    Man kann diesen Bau aus geschichtlich-politischer Perspektive ja kritisieren, aus ästhetischer Sicht war der Bau aus meiner Sicht herausragend und er strahlte selbst in diesem desolaten Zustand noch eine bemerkenswerte Würde aus. Einfach eine Tragödie, dass man sich zum Abriss entschlossen hatte.

  • Das eine spricht doch nicht gegen das andere. Die bekannten, heimischen Beispiele setzte ich als Kenntnis voraus. Auch für Berliner *gg*. Man kann ja aber mal über die Landesgrenze schauen, gelle?


    Schön ist zumindest, dass damit einmal die städtebauliche Funktion des Turmes gewürdigt wird. Jedoch ist das Kirchenschiff für den kleinen Platz vor dem Langen Stall städtebaulich auch wichtig, essentiell. Dessen Architektur natürlich nicht zwangsweise.

  • Die Potsdamer Neuesten Nachrichten von heute berichten, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein Werkstattverfahren zur künftigen Gestaltung des Zentrums für Frieden und Versöhnung durchsetzen will. An diesem Verfahren sollen Befürworter und Gegner des Wiederaufbaus der Garnisonkirche beteiligt werden, außerdem soll wissenschaftlicher Sachverstand einbezogen werden. Das Verfahren soll vom Dezember bis zum nächsten Frühjahr stattfinden. Anschließend soll es dann nach Vorstellung der Grünen die Bürgerbefragung geben. Der Antrag soll zur Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 17. September eingereicht werden.
    Der Artikel ist noch nicht im Netz verfügbar.

  • ^Na, das klingt doch ganz gut und als wäre es ein Beitrag zu erstens der Versachlichung der Debatte und zweitens anschließend auch der Konkretisierung eines Konzeptes. Ich vermute nur, dass sich Boede & Co. auf dieses Verfahren nicht einlassen werden.

  • Naja, hoffentlich werden beim Werkstattverfahren keine Bodyguards benötigt.
    Bis ins nächste Frühjahr soll die Befragung hinausgezögert werden? Hmm dann geht’s wohl jetzt nur noch darum welche Gruppe den längeren Atem beweist.

  • So hat's dann doch Hand und Fuß. Man kann nur hoffen, dass überregionale Experten ein Wörtchen mitzureden haben, damit es nicht nur in der Potsdamer Pfanne schmurgelt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die internationale Expertenkomission, die Anfang des vergangenen Jahrzehnts darüber nachgesonnen hat, wie man das Areal des ehemaligen Berliner Stadtschlosses bebauen sollte, und zu dem Ergebnis kam, dass letztlich nur eine Rekonstruktion der stadtbildprägenden Schlossfassaden hier angemessen wäre. Ähnliches dürfte dann auch für die Garnisonkirche herauskommen, zumindestens was den Turm betrifft.