Potsdam: Wiederaufbau der Garnisonkirche (Bauthread)

  • Heute gibt es erste Entspannungssignale. Wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten von heute melden, ist die von Oberbürgermeister Jann Jakobs angeregte Bürgerbefragung zur Garnisonkirche wahrscheinlich, da diese nun auch von Vertretern der Rathauskooperation befürwortet wird.


    http://www.pnn.de/potsdam/878701/


    Ich denke, dass solch eine Bürgerbefragung tatsächlich eine Variante wäre, um die aktuelle Polarisierung zu befrieden.


    Zugleich erhöhen die Gegner der Garnisonkirche den Druck weiter. Gestern hat die Bürgerinitiative "Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche" von der evangelischen Kirche einen sofortigen Stopp der Vorbereitungen für den Wiederaufbau gefordert. Die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch habe gezeigt, dass das Projekt keine Mehrheit habe. Außerdem sei ein Gebäude, das dermaßen polarisiert, denkbar ungeeignet als Zentrum für Frieden und Versöhnung.


    http://www.rbb-online.de/polit…-zu-Projektstopp-auf.html


    Diese Forderung ist für mich nachvollziehbar. Schließlich kann eine Bürgerbefragung nur dann glaubwürdig durchgeführt werden, wenn zuvor keine Tatsachen geschaffen werden.

    2 Mal editiert, zuletzt von Klarenbach ()

  • Heute gibt es erste Entspannungssignale. Wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten von heute melden, ist die von Oberbürgermeister Jann Jakobs angeregte Bürgerbefragung zur Garnisonkirche wahrscheinlich, da diese nun auch von Vertretern der Rathauskooperation befürwortet wird.


    http://www.pnn.de/potsdam/878701/


    Ich denke, dass solch eine Bürgerbefragung tatsächlich eine Variante wäre, um die aktuelle Polarisierung zu befrieden.


    Da sind wir uns sogar mal völlig einig ;)


    Schließlich kann eine Bürgerbefragung nur dann glaubwürdig durchgeführt werden, wenn zuvor keine Tatsachen geschaffen werden.


    Auch das sehe ich im Prinzip völlig genau so - wobei es aber eben auch stark darauf ankommt was genau Inhalt der Bürgerbefragung sein wird. Da der Inhalt des Bürgerbegehrens bereits angenommen wurde, dürfte es nun eher um andere Aspekte gehen (e.g. wie sich die Stadt verhalten soll, falls die Stiftung nicht aufgelöst werden kann - worauf ja juristisch viel hindeutet). Ganz allgemein würde ich mir aber wünschen, dass beide Seiten nun zumindest erst einmal ein paar Gänge runterschalten, sodass wieder sinnvoll nachgedacht und diskutiert werden kann. Die bisherige Entwicklung der Debatte war mE leider in weiten Teilen weder sachlich oder respektvoll noch sonderlich zielführend (was ich eindeutig beiden Seiten ankreiden möchte).

  • Um die Pressemeinung einmal über die regionalen Medien zu erweitern, möchte ich auf einen Artikel in der Welt verweisen:
    http://www.welt.de/politik/deu…gion-spalten-Potsdam.html


    Sehr nachvollziehbar werden hier die aktuellen Konfliktlinien in der Debatte um die Garnisonkirche herausgearbeitet und auf folgende Aspekte fokussiert:


    1. Die Probleme der Religionslosigkeit der Potsdamer und die damit verbundenen Probleme mit Kirche als Institution


    2. Der Missbrauch der Kirche am Tag von Potsdam durch die Nationalsozialisten


    3. Der Konflikt von Alteingesessenen vs. Zugezogenen


    4. Der Konflikt von DDR-Nostalgikern und den neuen, sich in Potsdam ansiedelnden Eliten


    Meiner Meinung nach bringt die Abarbeitung der Konfliktlinien die Probleme um die Garnisonkirche auf den Punkt und greift wesentliche Aspekte auf, die bereits in diesem Forum diskutiert wurden.


    Ferner ist zu loben, dass die Stiftung zum Wiederaufbau der Garnisonkirche kritische Worte zum eigenen Handeln findet und sich eingesteht, dass die bisherige Informationspolitik nicht ausgereicht hat, die Gegner vom Wiederaufbau zu überzeugen.


    Daneben wird aber auch deutlich, dass die Garnisonkirche vielmehr als Symbol für innerstädtische Spannungsprozesse herhalten muss, wie sie oben beschrieben wurden. Für jeden, der sich über die ewig gleichen Artikel in MAZ und PNN hinaus mal überregional informieren will, dem sei der Artikel wärmstens empfohlen.

  • Macht mal was

    Und wenn man die Kirche in gleicher Form wiederaufbaut und sie anders nutzt, z.B. Museum, Ausstellung, Veranstaltungsraum....
    Die Kirche an sich gehört doch scheinbar zu Potsdam und hat viele Epochen überdauert, bis die Abrissbagger kamen.
    Hier sind sich doch dann alle einig und für das Stadtzentrum in Potsdam steht endlich nichts mehr im Wege.
    Es wird immer Kritiker, Nörgler, und Meckerziegen geben, sie sich sperren und alles verhindern wollen. Leider bringt das nur gar nichts weiter...

  • In dem o. g. Welt-Artikel leistet Peter Leinemann, der Verwaltungsvorstand der Stiftung Garnisonkirche Potsdam, einen meines Erachtens sehr wichtigen Beitrag zur Debatte. Er respektiert die Entscheidung des Stadtparlaments und gibt selbstkritisch zu, dass es der Stiftung bisher nicht gelungen sei, ihr Anliegen hinreichend deutlich zu machen und genügend auf die Kritiker einzugehen. Die Stiftung habe ihm zufolge Fehler gemacht und müsse dies eingestehen. Gerade wegen der Kontroverse hält er den Wiederaufbau für geboten. Darin sei sichtbar geworden, wie viele Grundsatzkonflikte es in Potsdam gebe und wie wichtig es sei, diese im offenen Dialog auszutragen. Kein Ort sei hierfür geeigneter als die Kirche, an der sich die Konflikte entzündeten. Leinemann erklärt, dass der Turm eine nutzbare Fläche von 1.200 Quadratmetern bieten würde, auf denen in Ausstellungen, Diskussionen sowie der Kapelle genau das thematisiert werden könne, was die Stadt umtreibe. Man wolle das Projekt in den Dienst an diesen Diskussionen stellen, so der Verwaltungsvorstand der Stiftung.

  • Ich denke, dass die Position von Herrn Leinemann keine Mehrheit finden wird. Die von ihm vorgeschlagene Reihenfolge - zuerst die Garnisonkirche wieder aufbauen, um dann über den Wiederaufbau der Garnisonkirche zu diskutieren - diese Logik ist nicht wirklich überzeugend. Daher denke ich, dass sich Herr Leinemann mit dieser Haltung in die Isolation begibt.


    Ansonsten scheint sich ja selbst hier im Forum ein Konsens darüber abzuzeichnen, dass eine Bürgerbefragung eine gute Sache wäre. Weiterhin bin auch ich der Meinung, dass der bevorstehende Wahlkampf fair und sportlich erfolgen sollte.


    Dann will ich ein paar Bemerkungen zum Zentrum für Frieden und Versöhnung machen. Ich denke, dass die Wiederaufbaugegner sehr gut begründen können, warum die Garnisonkirche für ein solches Zentrum völlig ungeeignet ist. Da stellt sich natürlich zuerst die Frage, was in diesem Zentrum stattfinden soll. Ich denke, man wird davon ausgehen können, dass hier vor allem Veranstaltungen und Ausstellungen stattfinden werden. Folgerichtig werden in solch einem Zentrum mehrere Veranstaltungsräume in verschiedener Größe benötigt, die mit Lautsprecheranlagen, Film- und Videotechnik ausgestattet werden sollten. Weiterhin benötigt werden Ausstellungsräume. Möglicherweise wird in einem Teil der Räume eine Dauerausstellung zu sehen sein, während andere Räume für Wechselausstellungen genutzt werden. Zudem werden noch Räume für Büros, Garderoben und Toiletten benötigt. Schon man wenn man sich dieses Raumprogramm betrachtet, und dann die Räumlichkeiten der Garnisonkirche dagegenhält, dann wird schnell klar, dass die Garnisonkirche als Heimstatt für solch ein Zentrum völlig ungeeignet ist. Die Räume im Turm zum Beispiel, von denen Herr Leinemann spricht, würden maximal 100 Personen fassen, und die müssten dann schon sehr eng sitzen. Dazu kommt noch das Problem, dass solch eine Kirche auf Akzeptanzprobleme bei der großen Mehrheit der Nicht-Christen stoßen dürfte. Das heißt: Selbst wenn man nur die ganz praktischen Dinge betrachtet, spricht alles gegen einen Wiederaufbau der Garnisonkirche.

    2 Mal editiert, zuletzt von Klarenbach ()

  • ... es handelt sich um ein nichtkommerzielles Luxusprojekt eine Kirche ohne Nutzungskontiunität wieder zu errichten. Eine Idee einer kleinen, elitären Gruppe von generösen Spendern, die nebenbei, man möge es ihnen nicht verdenken, noch den ein oder anderen Euro an Steuern sparen wollen. Es kostet der öffentlichen Hand kein Geld, zumindestens nicht direkt. Soweit so gut.


    Ich meine, es bringt jetzt nichts dieses Projekt auf Biegen und brechen verhindern zu wollen. Von Seiten der Gegner sollte man hier etwas mehr Großzügigkeit walten lassen. Leben und leben lassen.

  • Ich kann beim besten Willen nicht verstehen warum ein historischer Kirchenbau, den die Gegner - mit Recht - partout nicht wollen 'gerade der beste Ort sei, diese Diskussionen darüber durchzuführen' wie Herr Leinemann ausführt.
    Das ist einfach nur grenzdebil und zeigt eine Geisteshaltung die überhaupt nicht wahrnimmt, dass eben dieses Gebäude so wie er es sich vorstellt gerade der Grund für die Offenlegung und Entzündung vieler anderer Konflikte ist.
    Es ist doch verrückt, den Anlass, oder zumindest den Hauptstreitpunkt, nämlich den Kirchenbau plötzlich als grossartige Lösung aus dem Hut zu zaubern.

  • Ich frage mich, warum in Deutschland alles immer so verkopft sein muss. Alles wird immer auf Sinn und Unsinn, Zweckmäßigkeit etc. untersucht und so lange an etwas rumgewerkelt, bis man es endgültig zerredet hat. Man kann den Südeuropäern ja vieles vorwerfen, aber eine gewissen Gelassenheit täte vielen in diesem Land mal gut.
    Ich schäme mich übriges nicht, hier klar zu sagen, warum ich die Kirche zurück will:


    Einfach, weil sie schön war und das Stadtbild maßgebeblich bereichert hat.


    Vielen hier wird das natürlich nicht reichen, mir aber schon. Leider hat man in diesem Land verlernt, dass etwas auch mal keinen direkten Zweck haben muss, dass nicht jeder Quadratmeter zwingend verplant werden muss.


    Mir ist es ehrlich völlig egal, was man in dem Gebäude macht. Ob hier das dreitausendste deutsche Selbstgeißelungszentrum einzieht, ob Kunst gezeigt wird, ob Konzerte stattfinden oder ob man ein Hotel draus macht. Wäre doch mal ein toller Ausblick aus dem Kirchturm heraus im Bett liegend auf die Stadt zu blicken. Aber man ist in diesem Land einfach viel zu ernst und viel zu unbeweglich, um auch mal zu unorthodoxen Lösungen zu greifen. Von mir aus kann hier auch die jüdische Gemeinde eine Synagoge draus machen. Wäre doch auch was. Man würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.


    Dass man der schönen Stadt in einem Zeitalter, in dem alles immer noch billiger, noch schneller und noch durchgeplanter sein muss, keinen Wert mehr bemessen kann, ist für eine eigentlich so reiche Kultur einfach nur noch schade. Und noch schlimmer ist, dass man sich für die Verteidigung dieser Werte heutzutage schon fast entschuldigen muss.

  • Sehr richtig! Das Ganze muss man wertneutral betrachten, weil die Kirche seit jeher zum Potsdamer Stadtbild gehörte und wenn sie nicht nächstes Jahr wiedererrichtet wird, dann wahrscheinlich in 5 Jahren. Sie ist einfach zu prägend!

  • Sehr richtig! Das Ganze muss man wertneutral betrachten, weil die Kirche seit jeher zum Potsdamer Stadtbild gehörte und wenn sie nicht nächstes Jahr wiedererrichtet wird, dann wahrscheinlich in 5 Jahren. Sie ist einfach zu prägend!


    Vielleicht darf man auchmal daran erinnern, dass für ungefähr 2/3 aller Potsdamer die Kirche überhaupt nicht Stadtbildprägend ist, da sie zum Zeitpunkt der Sprengung 1968 noch garnicht geboren waren oder garnicht in Potsdam gelebt haben. Es somit also garkeine Kirche gab mit deren Silhouette sie sich hätten identifizieren können. Also bitte die Kirche immer schön im Dorfe lassen bevor solche absurden Thesen aufgestellt werden. :nono:

  • Ein Großteil der Potsdamer hat sicher andere Sorgen, als ob die evang. Kirche den Turm der GK wieder errichtet oder nicht. Erst durch die Suggestion, das Geld des Bundes könne für etwas anderes verwendet werden und/oder der Barockbau sei eine "Nazikirche" (ein Widerspruch in sich) gewesen, kam die Ablehnung von 10 bis 15 % der Potsdamer zustande. Dies sollte nach der erfolgreichen Kampagne der Gruppierung "Die Anderen" nun auch die Kommunisten bei der Landtagswahl beflügeln. Daraus wird nun nichts.


    Deshalb wird man seitens der Stadtspitze sicher etwas Zeit ins Land gehen lassen, bevor man neuerlich über Bürgerbefragungen (zu welcher Fragestellung denn auch, angesichts der Faktenlage um Grundstücksübertragung u Baugenehmigung?) nachdenkt. Da hilft es auch nicht, wenn die PNN zum wiederholten Male versucht Neuigkeiten herbeizuschreiben (und stets zurückrudern muss).


    Dass die GK stadtbildprägend ist steht ausser Frage, auch wenn sie gesprengt wurde. Das Berliner Schloß war auch immer stadtbildprägend, das Potsdamer Stadtschloß auch. Das kollektive Gedächtnis einer Gesellschaft ist nicht an die physische Präsens eines Bauwerkes gebunden, das zeigt doch - vice versa - die erfolgreiche Kampagne der GK-Gegner.


    Letztendlich wird die Existenzpause auch dieses Bauwerkes irgendwann ein Ende haben.

  • Bitte?
    Die Garnisonskirche steht da eigentlich seit 1735 und wenn nicht 1968 die Abrissbagger gekommen wären, würde sie jetzt dort noch stehen ( natürlich vollkommen saniert). Dann wäre einfach gar nicht eine solche unterfangene Diskussion entstanden. Alleine das Wort "Gegner" ist schon ziemlich hart!

  • Die Bürgerinitiative "Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche" macht weiter Druck. Sie hat gestern einen Aufgabenkatalog für den Oberbürgermeister zum Thema Garnisonkirche vorgestellt.


    Bekanntlich wurde ja am Mittwoch von der Stadtverordnetenversammlung ein Beschluss gefasst, nach dem der Oberbürgermeister verpflichtet ist, "alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten" zu nutzen, um auf eine Auflösung der Stiftung Garnisonkirche hinzuwirken. Diese Formulierung erlaubt nun aber eine große Bandbreite von Klagemöglichkeiten, bis hin zur Verfassungsklage. Die Bürgerinitiative fordert nun natürlich die Umsetzung dieses Beschlusses ein, ansonsten droht sie mit einer Beschwerde bei der Kommunalaufsicht.


    http://www.maz-online.de/Lokal…che-OB-weiter-unter-Druck


    Insgesamt sieht es derzeit so aus, dass das Projekt Garnisonkirche in einer schweren Krise steckt. Einerseits gibt es den Beschluss der Stadtverordneten vom Mittwoch, andererseits gibt es den weitverbreiteten Eindruck, dass die Rathauskooperation den Bürgerentscheid nur verhindert hat, weil es keine Mehrheit für die Garnisonkirche gibt.


    Angesichts dieser Lage bin ich eigentlich ganz optimistisch, dass es ziemlich bald zu einer Bürgerbefragung kommt. Die jetzige Situation dürfte auch den Garnisonbefürwortern sehr unangenehm sein. Zudem kann man sich beim Thema Bürgerbefragung nicht mehr mit juristischen Bedenken herausreden. Wenn die Rathauskooperation jetzt auch noch eine Bürgerbefragung verhindern würde, dann wäre endgültig klar, dass auch die Rathauskooperation eine Mehrheit gegen die Garnisonkirche sieht und dass sie Angst vor dieser Mehrheit hat. Das Presseecho dürfte dann noch unangenehmer ausfallen als in den letzten Tagen. Ich glaube kaum, dass solch eine Entwicklung dem Wiederaufbau der Kirche dienlich wäre. Denn welcher seriöse Spender gibt schon Geld für eine Kirche, die die Mehrheit der Bürger nicht will?

  • Bei allem Respekt, aber so langsam glaube ich, dass in Potsdam einige ein sehr problematisches Demokratieverständnis haben.
    Wer gibt der Initiative 2 Tage nach der Abstimmung das Recht, dem Oberbürgermeister einen Aufgabenkatalog vorzulegen, den er dann gefälligst abzuarbeiten hat. Es handelt sich hier immerhin um das gewählte Oberhaupt einer Stadt und nicht den Befehlsempfänger einer Interessensgruppe. Ich finde dies alles sehr bedenklich, was da in Potsdam passiert.
    Hier werden demokratische Partizipationsmodelle in ihrer Zielsetzung nicht nur falsch eingesetzt, ihre Intention wird über die rechtliche Grenze hinaus gedehnt, im Parlament findet ein unwürdiges Schauspiel von allen Seiten statt und jetzt meint eine kleine Lobbygruppe, man könnte dem gewählten Stadtoberhaupt in einer meiner Meinung nach nicht mehr redlichen Weise durch externe Anordnungen vor sich hertreiben.


    Und der Witz bei der ganzen Sache ist, dass es sich hier um ein Projekt handelt, auf das der OB rechtlich gar keinen ausschlaggebenden Einfluss mehr hat. Trotzdem suggeriert die Bürgerinitiative, der OB könnte hier irgendetwas ausrichten.


    Unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten wird hier deutlich, wie sehr man mit einem eigentlich gut gemeinten Instrument der direkten Demokratie derart Schindluder treibt, dass durch solche Aktionen dieses Mittel auf Dauer beschädigt werden kann. Sehr betrüblich.

  • Bei einigen schlägt die Hitze wohl aufs Denkzentrum durch. Klagen bis vors Verfassungsgericht (m.E. wohl eher BVerwG), langsam wird es wirklich lächerlich. Das kostet dann wohl kein Geld oder was? Die Freunde der BI sollten mal überprüfen, ob sie ihr fast schon fanatisches Engagement nicht lieber in sinnvollere Dinge investieren sollten anstatt sich an so einem trotz allem symbolischen Projekt aufzureiben. Man hat in einem taz Interview neulich ja schon zugegeben, dass durch den Kampf gegen die Kirche "klassisch linke Themen" auf der Strecke bleiben. (Nicht, dass das Schade wäre)


    Es ist leider so wie ich befürchtet habe. Man hat seitens der BI das Recht nicht auf seiner Seite und versucht nur über den öffentlichen Druck, also durch Kampagnen, das Projekt zu verhindern.

  • ... über den öffentlichen Druck, also durch Kampagnen, das Projekt zu verhindern.


    Propaganda trifft es wohl eher.... Zumindest was die Berichterstattung über die Berichterstattung hier auf dem Board betrifft. Nach der Entscheidung dachte ich ja, dass sich das zwangsläufig wieder normalisiert. Aber nun erinnert mich alles doch sehr an die Entscheidung zum Weltkulturerbe KMA.... Null Chancen (da juristisch unhaltbar), nix Mehrheit (da null signifikant erhoben), aber Durchhalteparolen, Meinungsmachversuche, Jetzt-erst-Recht und vor allem Ich-hab-Recht-Gespame vor dem Herrn. Können wir mal auch in diesem Thread uns darauf besinnen, dass wir uns hier im DAF Deutsche-Architektur-Forum und nicht das IDF Ideologie-Durchsetzungs-Forum befinden.... das wäre nett.

  • Vgl. auch der Verzerrungseffekt, der dadurch entsteht, dass Bürger die sich in Gegnerschaft zu einer beliebigen Frage befinden sehr aktiv darin sind, diese Meinung zu vertreten, während Befürworter oder auch Gleichgültige (auch diese können die Gegner natürlich nicht für ihr "Lager" reklamieren!) sich kaum zu Wort melden. Schon aus dem formalen Grund, dass Unterschriftenlisten ja (leider?) nicht so gestrickt sind, dass die Bürger in Ja/Nein-Spalten unterschreiben können, sondern es können lediglich Bürger, die für das konkrete Anliegen (eben zB den Wiederaufbau einer Kirche) sind mit ihrer Unterschrift diese Gegnerschaft bekräftigen. Damit ist das einfach einseitig und aus Demokratiegesichtspunkten hätte ich mir, wenn es schon soweit kommt, gewünscht dann auch die Abstimmung zu wagen. Denn ich hätte ziemlich viel darauf verwettet, dass die Gegner in einer allgemeinen Abstimmung letztlich unterlegen wären (vgl. auch der große Aufschrei seinerzeit in Stuttgart, als dann tatsächlich mal abgestimmt wurde, stellte sich heraus dass die Stuttgart 21 Gegner die Minderheit waren - eine laute Minderheit, aber eben die Minderheit). Wenn die Kosten für bedruckte Wahlzettel und die Ausrichtung einer Abstimmung schon zuviel sein sollen bzw. ein eigenständiges Argument dafür sein sollen, solch eine Abstimmung lieber doch nicht abzuhalten, dann muss man das Instrument dieser Bürgerbeteiligung ehrlicherweise einfach wieder abschaffen.

  • @Eisber
    Das System ist so eingerichtet, dass sich die Volks/Bürgerabstimmungen in aller Regel gegen die Regierungsmeinung richten. Deswegen haben die Regierenden in der Regel auch kein Interesse daran, dass sie stattfinden.


    Und wenn sie doch stattfinden müssen hoffen die Regierenden häufig auf eine möglichst geringe Beteiligung so, dass das nötige Quorum nicht erreicht würde. Deswegen wollen sie dann auch eine Zusammenlegung mit regulären Wahlen möglichst vermeiden.


    So läuft eben in der Demokratie das Spiel um die Durchsetzung von Interessen. Mit ganz weißer Weste setzt sich da kaum jemand durch.

  • Das Schöne an den Propagandaparolen von Klarenbach und anderen ist ja, dass im Kern die Rekonstruktion der barocken Altstadt weitergeht. Das Schloß steht, die Palazzi Barberini, Pompei, Chiericati sind im Bau. Der Einsiedler wird im Herbst ausgeschrieben, bald kommen die anderen Leitbauten. Das Stadtkanalprojekt geht weiter, das Wachgebäude am Kellertor kommt. Der Lange Stall, einst eigentlich statt der GK für die Reichstagseröffnung 1933 vorgesehen, wird wahrscheinlich deutlich historischer. FH und Rechenzentrum aus DDR-Zeiten werden fallen.


    Ähnliche Posts wie die obigen haben wir ja auch schon beim Stadtschloß gelesen (da ging die demokratische Welt auch unmittelbar unter und die benagelten Schaftstiefelsohlen knallten wieder hörbar auf dem Kopfsteinpflaster). Und jetzt pilgern alle zum Stadtschloß, auch die ehemaligen Gegner.


    In der letzten Kommunalwahl vor ein paar Wochen haben 25 % Altsozialisten gewählt und 7 Prozent die links davon stehenden "Anderen". Das ist seit 1990 ein stetiges Abnehmen des linken Lagers jenseits der SPD. Dass nun 10 bis 15 % der Wähler für ein Bürgerbegehren gegen ein bürgerliches Projekt stimmen, ist doch keineswegs verwunderlich. Warum soll das denn eine "Spaltung" der Potsdamer Gesellschaft bedeuten, das Wahlergebnis der Kommunalwahl aber nicht?


    Eines bleibt doch festzuhalten, zum Verdruss der Herren Boede, Klarenbach und Scharfenberg: In Potsdam gibt es eben im im Zweifel eine bürgerliche Mehrheit, wie die Kommunalwahlen eindrucksvoll bestätigt haben und es die Landtagswahl im September erneut tun wird. Das ist für Leute, die im Jahr 2014 eben krasse Aussenseiterpositionen vertreten, nicht einfach einzugestehen - wahr blebt es trotzdem.


    In der Sache wird der OB nach den Ferien ein Gutachten vorlegen, wonach ein Engagement der Stadtspitze für eine Stiftungsauflösung unzulässig ist. Parallel wird man sich um den Wiederaufbau der GK kümmern - letztendlich wird die Sache dem Projekt mehr genutzt als geschadet haben.