Potsdam: Wiederaufbau der Garnisonkirche (Bauthread)

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    Wie man u.a. im nahen Osten ständig sehen kann sind die Religionen wohl eine üble Geißel der Menschheit. Daher wäre es durchaus verständlich endlich davon Abstand zu nehmen und jegliche religiöse Neubauten zu verhindern.


    Aber in diesem Fall soll es doch jetzt anscheinend gar keine wirkliche Kirche werden sondern nur so aussehen. Also es geht nur um die äußere Erscheinung des hohen Turms und nicht um die Gottesanbetung. So wurde es mir jedenfalls erklärt. Ähnlich wie beim Berliner Stadtschloss aka Humboldtforum.

  • Dann bist du nichts besser als sie. Ich bin Atheist, aber ich würde nie auf die Idee kommen anderen zu verbieten ihren Glauben zu leben.

  • Chandler: Zumindest hier im Thread wurde mehrfach geschrieben, dass die Stiftung die Reko als Versöhnungszentrum und als Kirche nutzen will. Ich habe da nicht weiter nachgeforscht, fände es aber plausibel und völlig legitim.


    Was Deinen entbehrlichen "Kreuzzug" gegen die Religion angeht, werden sich Deine Wünsche zum Glück nie bewahrheiten (es sei denn unsere Verfassung wird umgeschrieben). Im Übrigen haben genug totalitäre Regime oder radikale Zellen gezeigt, dass sie keinerlei Religion brauchen, um alle erdenklichen Grausamkeiten zu rechtfertigen. Die DDR oder aber die RAF beispielsweise (um mal etwas näher an unsere Zeit und Region zu rücken) waren mW auch nicht gerade religiös motiviert (Marx und Engels waren mW keine Kirchgänger). Die Nazis haben sich mW auch vor allem auf die damalige "Wissenschaft" und einen Herrn Nietzsche berufen. Bekanntlich auch kein religiöser Mensch... Übrigens liegen sowohl im Marxismus als auch in der Philosophie Nietzsches viel eher Aufrufe zum Kampf als in so mancher Religion (zumal in ihrer modernen Auslegung).

  • Ist vielleicht etwas etwas außerhalb des Themas. Aber darauf zu hoffen, dass die Religiösen von allein zur Vernunft finden hat glaube ich wenig Aussicht auf Erfolg. Man müsste die Kinder vor der Indoktrination bewahren. So wurde Ostdeutschland zur weitgehend religionsfreien Zone. In Zukunft werden die Religionskonflikte vermutlich auch wieder verstärkt in Deutschland ausgetragen. Das könnte schon noch problematisch werden wenn man es einfach laufen lässt und nicht wenigstens versucht aufzuklären. Ich würde mich auch eher auf Sigmund Freud berufen der die Religiosität als Geisteskrankheit sah als auf Nietzsche.

  • Richtig, das ist völlig off topic. Ich schätze mal spätestens morgen wird das ohnehin alles entsprechend verschoben oder gelöscht. Und noch mal richtig, der DDR war die Religion suspekt. Sie strotzte daher bekanntlich nur so von dem Geist der Aufklärung und war viel friedlicher als die heutige religionsverseuchte BRD. Alle Menschen waren gleich und frei wie im Lied von John Lennon. Die Menschen waren so glücklich, dass sie sich zu ihrem eigenen Schutz freiwillig einmauerten und gerne öffentlich das Staatsmotto skandierten: "Keine Gewalt, keine Gewalt!" Meine Güte und gerade Du sprichst von Aufklärung. Verwechselst Du das nicht ein wenig mit Verklärung?


    Was die Garnisonkirche angeht, wird schon genug in sie hineinprojiziert. Jetzt muss sie mE nicht auch noch für solche entbehrlichen Debatten herhalten. Die werden ohnehin anderswo entschieden - und zum Glück nicht von Dir. Übrigens, wenn Du es gar nicht mehr hier aushältst: In China soll es auch so ein Utopia ganz ohne Religion geben. Die denken da ganz ähnlich wie Du. Soll sich entsprechend auch ganz hervorragend dort leben...

  • Darauf zu verweisen, dass nicht nur aus religiösen Motiven Übles geschieht macht es ja nicht besser. Es ist auch vollkommen rätselhaft weshalb die Menschen nicht durchschauen, dass die Religionen menschengemacht sind. Werde ich wohl nie verstehen.

  • Nein, es macht nicht alles besser. Aber es ist ein erster Schritt der Differenzierung. Ein weiterer Schritt wäre es einzugestehen, dass es auch religiöse Motive dafür gibt Gutes zu tun (rotes Kreuz, Samariter usw.). Ich kenne einige (teils sehr) religiöse Menschen und die bringen sich mE oft äußerst positiv in die Gesellschaft ein. Deswegen waren und sind Kirchen, Synagogen und Moscheen oft auch keine reinen Bethäuser sondern auch kulturelle Treffpunkte (ob man an dieser Kultur nun teilhaben will oder nicht bleibt ja jedem selbst überlassen). Auch die Garnisonkirche wäre ja für die Öffentlichkeit zugänglich und würde versuchen für positive Werte wie Frieden und Versöhnung einzutreten (so wie die evangelische Kirche ja auch einen gewissen Anteil an der friedlichen Revolution hatte - man sollte die Geschichte mE nicht immer so extrem einseitig gegen die Religion auslegen). Man muss mE auch kein Christ sein, um darin einen positiven Beitrag zu sehen. Ebenso ist nicht jede Moschee ein Hort der Fundamentalisten. Die Sehitlik-Moschee in Neukölln etwa gilt als sehr offen. Die sind allerdings selber Opfer von irgendwelchen Anschlägen intoleranter Menschen.

  • @Platt N Bau Beitrag 890
    Ich habe Sie vollständig zitiert. Der Rest steht zwar im selben Absatz, aber ist trotzdem ein vollkommen neuer Punkt.
    In dem von mir zitierten Teil haben Sie gesagt, dass Sie (ebenso wie ich) der Meinung sind, dass ein Versöhnungszentrum/Kirche in moderner Form auf Kosten des Steuerzahlers errichtet werden müsste. Damit sind Sie der erste Gegner der das ausspricht, genau das habe ich provozieren wollen.


    Da liegen Sie nur gründlich daneben. Der erste Teil zeigt einfach nur auf, dass es natürlich auch von Stadt, Land und Bund finanzierte Gedenkstätten gibt, und so Bedarf besteht, diese natürlich auch in Potsdam, auch an diesem Platz gebaut werden könnten. Nur bezweifel ich halt genau diesen Bedarf im folgenden Satz.


    Im restlichen Teil stellen Sie die Frage, ob die Kirche überhaupt gebaut werden darf, egal in welcher Form. Was mir eigentlich kein Kommentar wert war, aber wenn Sie das wünschen:
    Das wird nicht mal von den härtesten Gegnern angestrebt, weil vollkommen utopisch. Gegner der historischen Formsprache kann ich ja noch verstehen, aber eine Kirche komplett verhindern zu wollen ist so unglaublich intolerant, dass ich derartiges eigentlich nur von rechten Idioten gegen Moscheen gewohnt bin.


    Ich stelle nicht die Frage, ob die Kirche gebaut werden darf, sondern ob sie gebaut werden muss. Ein kleiner aber feiner Unterschied.

  • Chandler: Zumindest hier im Thread wurde mehrfach geschrieben, dass die Stiftung die Reko als Versöhnungszentrum und als Kirche nutzen will. Ich habe da nicht weiter nachgeforscht, fände es aber plausibel und völlig legitim.


    Zumindest die ehemalige Kirchengemeinde der GK sieht keinen Bedarf in dieser Kirche. Es gibt auch keine Gemeinde, die Ansprüche gestellt hat, dort einzuziehen. Einzig die Militärseelsorge möchte dort aktiv werden.

  • Was die Generationenfrage angeht, so habe ich ja am 11.9. die Veranstaltung der Stiftung Garnisonkirche im Potsdam-Museum besucht. Und da war es sehr auffällig, dass schätzungsweise 70 Prozent aller Besucher im Seniorenalter waren. Außerdem war auffällig, dass sich kaum Frauen zu der Veranstaltung eingefunden hatten. Die Leute der Bürgerinitiative Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche dagegen, die vor dem Potsdam-Museum standen und Flyer verteilten, waren dagegen allesamt jünger als 40.


    Ich denke wir sind uns einig, dass ein 20 Jähriger generell weitaus weniger neigt sich für derlei zu interessieren, als ein 60 Jähriger. Ich rede jetzt auch nicht von Beobachtungen bei Veranstaltungen, "Aktivisten", usw., sondern im Alltag. Wo man eben so Wortwechsel beobachtet. Auch in meinem persönlichen Umfeld. Da ist meine subjektive Erfahrung, dass der Grad des Wohlwollens sozusagen umgekehrt proportional zum Lebensalter ist. Das mag für sich kein Prädikat sein, aber ich fand es im Kontext meiner dargebrachten Haltung zum nötigen "Generationenwechsel" erwähnenswert.


    Nicht aus politischen sondern aus den genannten architektonischen und städtebaulichen Erwägungen. Ein Modernitätsbegriff ist immer zeitgenössisch, relativ und zeitgebunden. Kein Architekturstil hat Modernität für sich gepachtet (auch nicht, wenn er vielfach als "moderne Architektur" bezeichnet werden mag), auch Generationen und deren Weltbilder haben dies nicht für sich gepachtet. In der Diskussion um Rekonstruktionen wird all zu oft von deren Gegnern implitziert, dass es sich um eine Art von anachronistischem und aus der Zeit gefallenen Liebhaberprojekt einiger Privatiers gesetzten Alters handelt und die Jugend umgekehrt nichts leidenschaftlicher beklatscht, als Sichtbeton und Zweckmäßigkeit. Und das will ich im Kern so nicht stehen lassen. Wenn, dann finde ich die Kompromisslosigkeit, mit der vielfach für Architektur des 20. Jahrhunderts eingetreten wird, anachronistisch.


    Meine Assoziationskette ist da sofort sowas wie autogerechte Stadt, Entstuckungen, Betriebseinstellung von Straßenbahnen, Hochstraßen und Stadtautobahnen quer durch gewachsene Strukturen rasiert, Altstädte zu "Sanierungsgebieten" zu erklären und platt zu machen um sie durch "Investorenarchitektur" zu ersetzen, usw. Das ist für mich die ach so utopische Vision der "modernen Architektur des 20. Jahrhunderts" in realexistierender Rückschau. Ich kreide dieser Architektur und deren Anhängern auch maßgeblich an, dass es diesbezüglich nie zu kritischer Reflexion gekommen ist.


    Für mich ist dieses Projekt in diesem Zusammenhang auch ein Fanal gegen kühle Zweckmäßigkeit und Funktionalität in der Architektur, es ist heutzutage ja regelrecht ungeheuerlich solch einen Prunk zu bauen. Und dann auch noch nicht für eine abgeriegelte Privatvilla am See oder für die Zentrale einer Großbank - nein, für ein halböffentliches Gebäude einer lokalen Kirchengemeinde, wo jeder hineinspazieren kann, der sich für Gebäude oder Gemeindeleben interessiert (Kirchengebäude in Deutschland sind in aller Regel "offene Bauwerke").


    Ich würde dieses Projekt in jeder Hinsicht für eine Bereicherung für Potsdam halten und ich würde mich sehr freuen, wenn die Skeptiker auch nur einen Moment redlich versuchen würden, die Sache mal aus einem komplett anderen Blickwinkel zu betrachten. "Please give me the benefit of the doubt".

  • Zumindest die ehemalige Kirchengemeinde der GK sieht keinen Bedarf in dieser Kirche. Es gibt auch keine Gemeinde, die Ansprüche gestellt hat, dort einzuziehen. Einzig die Militärseelsorge möchte dort aktiv werden.


    Es ist bekannt, dass Potsdam ein Zuzugsgebiet für viele Nord-, West- und Süddeutsche ist; gerade die Norddeutschen bringen dabei ihren Protestantismus häufig mit.


    Die mühevoll von der SED säkularisierte ehemalige DDR kehrt sukzessive wieder zu ihren Wurzeln zurück (war ja einst "Kernland" des Protestantismus; siehe Lutherstadt Wittenberg, Wartburg, Asyl für frz. Protestanten in Preußen,..) und was Anno 2014 nicht ist, kann in naher Zukunft bereits werden; Bedarf für neue Kirchengemeinden und neue Räumlichkeiten, durch eine wachsende Zahl von Protestanten in der Stadt. Das halte ich für eine äußerst realistische Perspektive. Weiterhin haben Christen, gerade die evangelischen Christen, in der heutigen Zeit eine sehr auf Vermittlung ausgerichtete Attitüde; natürlich will daher keiner den herrschenden Streit über dieses Gebäude dadurch schüren, dass "Ansprüche" gestellt werden. Aber auch hier ist es denke ich nur all zu plausibel, dass das Gebäude, wenn es dann vorhanden und geweiht ist, auch gerne von einer Kirchengemeinde genutzt wird. Ein "Leerstand" ist mit Sicherheit nicht zu befürchten.

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    Wie man u.a. im nahen Osten ständig sehen kann sind die Religionen wohl eine üble Geißel der Menschheit. Daher wäre es durchaus verständlich endlich davon Abstand zu nehmen und jegliche religiöse Neubauten zu verhindern.


    Grandiose Argumentationskette. Weil im Nahen Osten Fanatiker im Namen des Islams Leuten die Köpfe abschneiden, verbieten wir in Mitteleuropa den Neubau religiöser Gebäude. Nach der Logik müsste man nach Morden in der Ehe diese verbieten. Wenn sich per Axt des Ehepartners entledigt wurde, am besten auch noch die Herstellung von Äxten untersagen. Also manchmal greift man sich hier wirklich an den Kopf.



    Man müsste die Kinder vor der Indoktrination bewahren.


    Ganz genau. Die Kinder wurden in der Zone vor Indoktrination bewahrt. Witz komm raus du bist umzingelt. Mal abgesehen davon, dass an die Stelle der Bibel Marx' Kapital getreten ist, war das sicherlich nicht der entscheidenden Grund für die Säkularisierung der DDR. Viel eher waren Kirchenmitglieder durchgehend Repressionen ausgesetzt. Wer Anfang der 50er in der jungen Gemeinde war, statt in der FDJ, wurde der Schule verwiesen. Wer beruflich aufsteigen wollte, musste aus der Kirche austreten.



    So wurde Ostdeutschland zur weitgehend religionsfreien Zone.


    Und davon profitieren wir hier natürlich heute noch. Kein Vergleich zum gottesfürchtigen Westen wo Mord und Totschlag das Miteinander bestimmen. Junge, Junge Junge. :nono:


    Zumindest die ehemalige Kirchengemeinde der GK sieht keinen Bedarf in dieser Kirche. Es gibt auch keine Gemeinde, die Ansprüche gestellt hat, dort einzuziehen. Einzig die Militärseelsorge möchte dort aktiv werden.


    Da komm ich doch wieder mit einem Dresdenvergleich. Auch die Frauenkirche hat keine eigene Gemeinde und die ist trotzdem rege besucht und wird gerne für Gottesdienste genutzt.

  • @Plattenbau: Ich habe mich inzwischen wieder an einen Artikel erinnert, wo die Pfarrerin der Nagelkreuzkapelle (aktuell nutzen die einen behelfsmäßigen Zweckbau) von der Perspektive sprach künftig in der Reko mit modernen Innenräumen zu wirken. Hab ihn gesucht und gleich noch einen zweiten gefunden. Zusammen bekommt man mE einen sehr guten Eindruck was geplant ist:


    http://www.welt.de/sondertheme…hnung-und-Erinnerung.html
    http://www.rbb-online.de/kultu…rerin-garnisonkirche.html


    Also wird das Gebäude nicht zwingend für Gottesdienste gebraucht, wird aber auch für diese und mE insgesamt sehr plausibel genutzt. So wird also diese "Profilgemeinde" das Gebäude mit religiösem Leben füllen, es werden aber eben auch Leistungen für die Allgemeinheit erbracht (Angebote an Deutsch- und Geschichtslehrer, Kunstprojekte). Und wie die Pfarrerin klar macht, wird gerade das Alte genutzt, um eine zeitgemäße Botschaft zu vermitteln (mE analog zu Gedächtniskirche oder Siegessäule in Berlin ein absolut denkbarer bzw. stimmiger Ansatz). Aber allein die Aussichtsplattform in 55m Höhe wird sicher eine zusätzliche Attraktion für die Stadt! Ich würde das auf alle Fälle gerne nutzen, wenn ich mal wieder dort bin. Eine weitere Bereicherung des historischen Gesamtensembles und somit eine potentielle Touristenattraktion wird das Bauwerk sowieso. Wenn dann noch alles durch Spenden oder die bereits zugesicherten Bundesmittel finanziert wird, kann ich persönlich kein Interesse der Stadt Potsdam oder ihrer Bevölkerung sehen, sich dagegen zu stellen. Jetzt wo ich mich noch mal etwas eingehender mit dem Nutzungskonzept beschäftigt habe, bin ich mehr als zuvor für das Projekt. Allerdings wäre ich nach wie vor dafür, das Nagelkreuz auf dem Turm und die Wetterfahne daneben zu positionieren. Das könnte ein Teil der beabsichtigten Botschaft sein bzw. diese symbolisch vermitteln.

  • Grandiose Argumentationskette. Weil im Nahen Osten Fanatiker im Namen des Islams .....


    Im nahen Osten gibt es Konflikte zwischen Moslems, Juden und Christen in diversen Glaubensrichtungen. Seit ewigen Zeiten und ohne Hoffnung auf ein Ende. In Deutschland gibt es aktuell nur relativ harmlose Rivalitäten der Religionen untereinander. Es wäre natürlich schön wenn es so bliebe.


    Ganz genau. Die Kinder wurden in der Zone vor Indoktrination bewahrt. Witz komm raus du bist umzingelt.


    Du wusstest natürlich, dass es mir um die Religion ging. Erwachsene sind weniger leichtgläubig und haben bei Bedarf die freie Auswahl aus dem Religionsangebot. Deswegen ist es für die Religionen wichtig bei den Grundschülern anzufangen denn bei den Erwachsenen haben sie es relativ schwer zu missionieren.



    Und davon profitieren wir hier natürlich heute noch. Kein Vergleich zum gottesfürchtigen Westen wo Mord und Totschlag das Miteinander bestimmen. Junge, Junge Junge. :nono:


    Naja, in Westdeutschland wurden die "Staatskirchen" auch weitgehend weichgespült und entmachtet. Die evangelische Kirche ist schon fast säkularisiert, jene die es mit der Religion ernst meinen sind in die vielen Freikirchen abgewandert.


    Bei deinem Ehebeispiel ist es heute so, dass hierzulande das religiöse Konzept weitgehend entschärft wurde. Ehen können jetzt relativ problemlos geschieden werden und den Frauen wurden weitgehende Selbstbestimmungsrechte eingeräumt. Nur wer für eine katholische Organisation arbeitet hat da noch Probleme. Ansonsten kommt es noch zu psychischen und materiellen Abhängigkeiten in der Ehe die zuweilen zu Gewalttaten führen aber wohl nicht mehr dem religiösen Gerüst anzulasten sind. Allerdings bemühen sich die Religionen weiterhin Ehen zwischen Angehörigen verschiedener Religionen zu erschweren oder zu verhindern. Also Probleme gibt es da noch genug.


    Was die Toleranz angeht bewundere ich ja den österreichischen Politiker Niko Alm der es geschafft hat sich als Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters mit einem Nudelsieb auf dem Kopf im Führerschein abbilden zu lassen.

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  • Da liegen Sie nur gründlich daneben. Der erste Teil zeigt einfach nur auf, dass es natürlich auch von Stadt, Land und Bund finanzierte Gedenkstätten gibt, und so Bedarf besteht, diese natürlich auch in Potsdam, auch an diesem Platz gebaut werden könnten. Nur bezweifel ich halt genau diesen Bedarf im folgenden Satz.


    Genau das war doch meine Aussage.
    Falls ein moderner Bau kommt sind Sie der Meinung er wird wahrscheinlich durch Stadt, Land und Bund finanziert. Aber Sie hoffen dass der Besitzer des Grundstückes überhaupt nichts baut und das Grundstück so für einen neuen Investor frei wird.


    Ich stelle nicht die Frage, ob die Kirche gebaut werden darf, sondern ob sie gebaut werden muss. Ein kleiner aber feiner Unterschied.


    Sie stellten den Bedarf in Frage, was zweifellos den Zweck erfüllte den derzeitigen Bedarf anmeldenden Nutzern den Selbigen abzusprechen. Potenzielle "Bedürftige" wurden nun ja bereits hinlänglich benannt.


    Nun, Sie können hier noch so viel von irgendwelchen "wundervollen" Nutzbauten träumen, falls es überhaupt zur Bürgerbefragung kommt werden die Bürger die Wahl zwischen Vollreko und Hybrid und/oder Modern haben.
    Alles andere ist vollkommen utopisch.

  • @ Chandler


    Eine sehr bequeme Position, die ich mir zugegeben lange Zeit auch zu eigen gemacht habe. Leider führt die Abkehr von den klassischen monotheistischen Religionen keinesfalls zur kritischen Vernunft (falls es so etwas überhaupt geben kann), sondern direkt in Säkularreligionen wie die der Klimakirche, des Globalismus oder Egalitarismus. Daß deren Anhänger in ihrem missionarischem Eifer den klassischen Religionen in Sachen Aggressivität und Erleuchtungsanspruch in nichts nachstehen, lässt sich selbst von gutmütiger Seite kaum leugnen. Die Todesstrafe für "Klimaleugner" wurde ja bereits gefordert. Mal sehen, was als nächstes kommt.

  • Ist vielleicht etwas etwas außerhalb des Themas. Aber darauf zu hoffen, dass die Religiösen von allein zur Vernunft finden hat glaube ich wenig Aussicht auf Erfolg. Man müsste die Kinder vor der Indoktrination bewahren. So wurde Ostdeutschland zur weitgehend religionsfreien Zone.


    Und um den Bogen wieder zum Thema zu spannen - es hat jetzt in architektonischer Hinsicht nichts gebracht. Von daher ist es mir auch völlig egal, wer jetzt die Garnisonkirche zu nutzen gedenkt. Hier geht es zunächst mal um eine überfällige und alternativlose Stadtreparatur.

  • Generell das Problem ist doch an diesem Ort die Nachkriegsarchitektur. Natürlich wäre es schön die Garnisonkirche wieder (am besten komplett) wieder aufzubauen.
    Aber was bringt das, wenn rechts und links neben dieser Kirche Platte ist? Also muss doch erstmal Konsens darüber herrschen, dass das Rechenzentrum und der Plattenbau den Erdboden gleich gemacht werden müssen!
    (Alles andere, was danach entsteht kann doch nur eine Verbesserung sein und seien es ein Burger-King und MC-Donalds Drive in).

  • Nicht aus politischen sondern aus den genannten architektonischen und städtebaulichen Erwägungen. Ein Modernitätsbegriff ist immer zeitgenössisch, relativ und zeitgebunden. Kein Architekturstil hat Modernität für sich gepachtet (auch nicht, wenn er vielfach als "moderne Architektur" bezeichnet werden mag), auch Generationen und deren Weltbilder haben dies nicht für sich gepachtet. In der Diskussion um Rekonstruktionen wird all zu oft von deren Gegnern implitziert, dass es sich um eine Art von anachronistischem und aus der Zeit gefallenen Liebhaberprojekt einiger Privatiers gesetzten Alters handelt und die Jugend umgekehrt nichts leidenschaftlicher beklatscht, als Sichtbeton und Zweckmäßigkeit. Und das will ich im Kern so nicht stehen lassen. Wenn, dann finde ich die Kompromisslosigkeit, mit der vielfach für Architektur des 20. Jahrhunderts eingetreten wird, anachronistisch.


    Meine Assoziationskette ist da sofort sowas wie autogerechte Stadt, Entstuckungen, Betriebseinstellung von Straßenbahnen, Hochstraßen und Stadtautobahnen quer durch gewachsene Strukturen rasiert, Altstädte zu "Sanierungsgebieten" zu erklären und platt zu machen um sie durch "Investorenarchitektur" zu ersetzen, usw. Das ist für mich die ach so utopische Vision der "modernen Architektur des 20. Jahrhunderts" in realexistierender Rückschau. Ich kreide dieser Architektur und deren Anhängern auch maßgeblich an, dass es diesbezüglich nie zu kritischer Reflexion gekommen ist.


    Das ist ja auch richtig, allerdings muss es doch etwas zwischen den beiden 'Extremen', also 4-Spurige-Schnellstraße die mit Plattenbauten gesäumt zum AKW im Herzen der Stadt führt (ich habe da so ein paar alte Bilder aus den 60ern im Kopf) und eben der Verweigerung an die Moderne, besser gesagt, an das Jetzt und dem für mich fantasielosen Rückgriff auf die Geschichte. Ich sehe auch nicht, dass Investorenarchitektur und Sichtbeton das letzte Wort in Sachen zeitgemäßer Architektur sind. Dafür gibt es weltweit einfach zu viele spannende Beispiele.



    Für mich ist dieses Projekt in diesem Zusammenhang auch ein Fanal gegen kühle Zweckmäßigkeit und Funktionalität in der Architektur, es ist heutzutage ja regelrecht ungeheuerlich solch einen Prunk zu bauen. Und dann auch noch nicht für eine abgeriegelte Privatvilla am See oder für die Zentrale einer Großbank - nein, für ein halböffentliches Gebäude einer lokalen Kirchengemeinde, wo jeder hineinspazieren kann, der sich für Gebäude oder Gemeindeleben interessiert (Kirchengebäude in Deutschland sind in aller Regel "offene Bauwerke").


    Wenn schon Prunk, dann bitte so, dass es zum reinen Kitsch wird. Das wäre ehrlich. Aber es ist schon etwas dran, dass man heutzutage in der Architektur - wie auch anderswo - mit überladenen Aussagen gegen reine Funktion und Zweckmäßigkeit angeht, eine Form von 'Heimeligkeit' schafft.