^meine Wahrnehmung, Potsdam liegt ja nicht auf der anderen Seite der Welt und ich bin nicht selten dort, ist ergänzend im Übrigen, dass sich bei dieser "Aufteilung" auch eine auffällige "Generationenschichtung" zeigt. Pointiert gesagt, je jünger desto aufgeschlossener für Rekonstruktionen, je älter desto kritischer. Und da möchte ich einfach die Frage aufwerfen, ob es nicht im Zweifel das Primat der Jugend sein sollte darüber zu entscheiden, wie man eine Stadt für die kommenden Generationen gestaltet.
Richtig ist, dass es Zustimmung und Ablehnung quer durch die Generationen, als auch Stadtteile gibt. Ich möchte Ihre Frage erweitern und fragen, ob es nicht das Primat der Einwohner einer Stadt sein soll, zu entscheiden, wie eben jene gestaltet wird?
Oder um es mit Hasso Plattner zu sagen: "Es ist eine Entscheidung der Bürger von Potsdam, was mit der Kirche geschehen soll. Die Zugereisten müssen sich da etwas zurückhalten."
Ich meine einfach, dass es Zeit ist der Jugend die Klärung der Frage zu überlassen, wie Sie in den kommenden Jahrzehnten leben will und was sie ihrerseits ihren Kindern später einmal für Städte hinterlassen möchte. Genau das haben die heutigen "Baby Boomer" doch seinerzeit von der Generation ihrer Eltern und Großeltern auch eingefordert. Zurecht. Und genau das verlange ich nun aber auch für meine Generation.
Nichts anderes wollen die Gegner eines Neuaufbaus der GK. Darüber selbst entscheiden was für eine Stadt sie hinterlassen wollen und die Stadt für sich (neu) finden, ganz ohne Rückgriffe auf vergangene Zeiten.
Es geht dabei im Kern um keine politische Frage, sondern um eine des Städtebaus, wenn wir fragen "wie soll die Stadt aussehen, in der wir in Zukunft leben wollen?". Und da möchte sich die heutigen Jugend einfach von den Konzepten und den Antworten emanzipieren, die die Jahrgänge ca. 1950-1970 seinerzeit für sich gefunden haben. Dazu hat jede Generation das Recht und wir müssen sehr aufpassen, dass die bekannte demografische Situation (viel mehr ältere als jüngere Bürger) nicht dazu führt, dass die Architektur und damit unsere Städte stagnieren, weil der architektonische Geschmack und das ästhetische Empfinden der demografisch dominierenden "Baby Boomer" sich über gesellschaftliche Mehrheiten (d.h. nicht zwingend politische Mehrheiten, vgl. der private Bauherrengeschmack usw.) manifestiert und damit jede Erneuerung verhindert. Erneuerung muss eben nicht immer die lineare Fortschreibung dessen bedeuten, was die Generation zuvor präferierte. Sie kann auch einen Bruch damit bedeuten! Ich möchte ganz dezidiert mit der "Würfelarchitektur" brechen. Und daher ist mein Ansatz und "Startpunkt" für eine architektonische Weiterentwicklung eben tendentiell weniger im Repertoire des 20. Jh. zu suchen, abgesehen vielleicht vom Jugendstil, der noch in das 20. Jh. hinein gewirkt hat.
Sich von den Konzepten und Antworten der 1950-1970 zu emanzipieren, mag ja schön und gut und richtig und wichtig sein, und natürlich hat man dazu auch das Recht, nur bedarf es dafür nicht den Griff in die noch weiter zurückliegende Geschichte, in die Zeit, Ideen und Ideale von Ur-Ur-Ur-Großvater. Davon nämlich dachte ich, hätten wir uns schon lange emanzipiert, und deshalb kann ich diesen gedanklichen Sprung, dass aus der Ablehnung des Einen zwangsläufig das Andere folgt nicht mitgehen.