Potsdam: Wiederaufbau der Garnisonkirche (Bauthread)

  • Ich glaube, dass die Diskussion nur auf der konkreten Ebene weiter führt - abstrakt meinen wir wahrscheinlich alle viel zu Verschiedenes. Mir ist klar, dass hier nicht lauter Architekten rumtippen, die ihre Entwürfe posten, aber man könnte sich durch Beispiele annähern.


    Bekannt ist das Beispiel des Militärhistorischen Museums mit einem Spiess oder Pfeil durch die Brust (s.o.). Die Hybride der Kommandantur und des Kollegienhauses (Jüdisches Museum) sind mutmasslich Klarenbach nicht "Bruch" genug. Weitere Vorschläge?

  • Gemeint ist sowas oder sowas, oder?


    Würde das in diesem Fall bedeuten, dass man die Garnisonkirche komplett äußerlich wiederaufbaut und am Eingang irgend so ein wie Stealth anmutendes Ding anbaut? Libeskind durfte ein existierendes Gebäude verhunzen, welches hier erst mal gar nicht existiert. Oder nur den Turm mit einem angebauten Stealth-Ding? Oder den Turm und den Rest äußerlich originalgetreu, im Inneren verändert - wie der bereits mal erwähnte Deutsche Dom in Berlin?

  • ^^Ein architektonischer Bruch (bewußte Inszenierung des Bruchs am Orginalbau/Reko ala Militärmuseum) setzt allerdings voraus, dass man die "Schuld" der Garnisonkirche antizipiert und/oder einen Bruch zur Rolle der Kirche im Preussenstaat herstellen will. Beides sehe ich nicht, auch nicht konzeptionell, da es sich dann nicht um eine Versöhnungs- sondern um eine "Schuld- und Sühne-Stätte" handeln würde.


    Demgegenüber bleibt ein vollkommener Neubau als Bruch mit der Garnison. Und wie schon Jan anführt, wird eine architektonisch anspruchsvolle Umsetzung nicht finanzierbar sein, weil Mittel wegfallen würden.


    Aus Sicht des Bauherrn (Stiftung) und der Gemeinde sind beide Optionen unanbhängig der ästhetischen Bewertung weder sinnhaft noch finanzierbar.

  • ^^
    Wenn ich mich recht entsinne, waren im Kirchenraum unzählige preußische Militaria und kriegerischer Schmuck - den wollte man sich bei einer Rekonstruktion so oder so sparen zugunsten eines puristischen kahlen Versöhnungsraums (?) Das wäre ja bereits ein Bruch.


    Gebäude können sich leider nicht äußern. So wie Josef Beuys zu seiner Jagdfliegervergangenheit oder Weizsäcker zu seiner Inf.-Reg. 9 Vergangenheit Stellung beziehen und in der BRD trotzdem/deswegen/damit höchstes Ansehen erlangen konnten, bleiben Gebäude stumm, können sich nicht erklären. Wenn man es mal auf einer rein gedanklichen Ebene sehen will: Preußen hat sich am Tag von Potsdam selbst verraten bzw. das Verraten wurde durch die NS-Propaganda inszeniert. Da kam zusammen, was eigentlich nicht zusammengehörte: Zugegeben, die preußischen Militärs und Führungselite waren natürlich (wie Militärs und Führungseliten in vielen anderen Ländern in diesem Zeitalter auch) chauvinistisch und nationalistisch. Dennoch sind in der 232-jährigen Geschichte Preußens bis `33 nicht mal ansatzweise die Verbrechen gegen die Menschlichkeit überhaupt gedacht worden, wie sie die Nazis in wenigen Jahren verübten. Man hatte sich im Trend dieser Zeit dem Falschen angebiedert, ich kann nur wiederholen: wer konnte außer einem winzigen Zirkel der innersten Macht 1933 auch nur im Traum hervorsagen, was danach kommen würde. Die Preußen des Kaiserreichs bis 1918 waren keine Nazis - rechte Monarchisten mit Sicherheit, imperialistisch wie ganz Europa, säbelrasselnd - aber im Gegensatz dazu eben auch immer noch Aufklärer mit jüdischer Emanzipation, die vor dem 1. WK sehr weit gediehen war - mit Feldrabbinern während des Krieges.


    Die Nazis waren weniger eine Folge Preußens, als eine Folge der unglücklichen Weimarer Republik mit all ihren Zerwürfnissen, Fanatisierung, Orientierungslosigkeit, Kriegslasten und denkbar schlechtestem Start (Dolchstoßlegende). Preußens alte Elite hat wie so viele Gruppen und Institutionen versäumt, die Republik zu stärken. Aber auch die Kommunisten waren Gegner der Weimarer Republik. Die Eliten haben allgemein versagt. Wenigstens die SPD stand zur Republik. Dass die Zeiten gewalttätig waren und man auf allen Seiten uniformiert im Gleichschritt trat zeigt deren Kampforganisation zur Verteidigung der Republik, das "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold".
    (Bei Interesse: http://de.wikipedia.org/wiki/Reichsbanner_Schwarz-Rot-Gold)


    Trotz der in Deutschland bei Reko-Projekten standardmäßig verbreiteten Nazivergleiche geht es den (rein ideologisch motivierten) Gegnern um einen alten Kampf gegen Preußen (gedanklich stramm in sozialistischer Tradition), welches man partout zum Prolog des zwangsläufig, alternativlos folgenden Hitler-Regimes machen will. Die Garnisonskirche war und ist für Sozialisten das Gebäude, an dem Preußens Pakt mit dem Teufel unter Fackelschein willentlich besiegelt wurde. Damit erliegen sie gnadenlos der NS-Propaganda, welche exakt dieses Bild vermitteln wollte.

  • Ich wäre auch ohne dem Tag von Potsdam und der Rolle im Hitler-Regime, aber bitteschön auch ohne den idieoligsch motivierten Abriß gegen den Wiedeaufbau dieser barocken Militärkirche. Gehen wir meinetwegen sogar vor den Ausbruch des I. Weltkrieges und die Kirche fiel einem hypothetischen Erdbeben zum Opfer. Nun, 100 Jahre später soll diese Kirche wieder aufgebaut werden.
    Diese Kirche wurde einfach zum Ruhm und zur spirtuellen Betreuung des Militärs und Adel gebaut. Das war ihr Zweck. Beides haben wir nicht mehr in Potsdam. An beide Traditionen möchte ich nicht anknüpfen. In diesem Sinne bin ich ein demokratischer Republikaner. Daher ist mir die Symbolik "Üb immer treu ..." unangenehm. Und nur weil sie einst hübsch war, daraus eine Pflicht der Rekonstruktion herzuleiten, halte ich für (jetzt hagelst bestimmt negative Kommentare) infantil. Ein Kirche die sich anschickt den größten Kirchenbau der letzten 100 Jahre zu bauen und dafür Steuergelder fordert, sollte sich besser ein integriendes anstatt ein polarisierndes Projekt wählen.


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    Kommentare:
    02.09.14 17:58 Stimmt nicht, der größten Kirchenbau der letzten 100 Jahre war wohl eher die Frauenkirche in Dresden.

    2 Mal editiert, zuletzt von Potsdamer ()

  • Ein Kirche die sich anschickt den größten Kirchenbau der letzten 100 Jahre zu bauen und dafür Steuergelder fordert...


    Wann und wo wurden denn Steuergelder gefordert? Und warum ist es so wichtig ob es nun der größte Kirchenbau seit 100 Jahren (Quelle? Wenn man schon Rekos zählt, was ist mit der Frauenkirche in Dresden?) ist. Das Original war nun mal so groß... Keiner hat zudem gesagt, dass die Reko kommen und jeder diese unterstützen muss. Eine entsprechende Pflicht gibt es nicht. Aber es gibt eben viele die dies wollen und auch bereit sind dafür zu zahlen. Ich persönlich finde es eher infantil so trotzig dagegen zu hetzen und es mit allen Mitteln verhindern zu "müssen".


    Zu den historischen Deutungen: Entbehrlich. Die unterschiedlichen Thesen und Auffassungen haben wir jetzt zig mal durch, ohne dass da noch neue Argumente kommen.

  • ^ Ich finde, Potsdamer, dein Beitrag fällt argumentatorisch etwas ab. Die Argumente kannten wir ja schon: die bösen Militärs und der böse Adel (haben wir im übrigen beides noch: der Generalstab der deutschen Streitkräfte sitzt in Potsdam und Adelige wohnen hier auch genug). Und natürlich gibt es immer Leute, die mit "üb' immer treu und Redlichkeit..." ihre Probleme haben - ich kenne auch West-Berliner die Bluthochdruck bekommen, wenn sie Bundeswehrsoldaten am Kudamm sehen.


    Diese Ablehnung mit deiner Einstellung als "demokratischer Republikaner" zu begründen (was auch immmer das doppelt gemoppelt sein mag) kennen wir ja auch schon. Da waren wir in der Diskussion schon weiter.


    Also: WIE stellt Ihr Euch einen Wiederaufbau der garnisionkirche am historischen Ort vor. Modern, als Hybrid oder im Äußeren originalgetreu?

  • ^^Die Frage wurde hier doch schon längst beantwortet mit 75% für Vollreko. Oder ist das jetzt ein kontraproduktiver Beitrag, der offenlegt, dass eigentlich alle Argumente ausgetauscht sind und wir uns nur immer weiter wiederholen. Einzig die Frage des Fallbacks Hybrid ist offen, aber auch im Forum nicht mehrheitsfähig.

  • Du hast es erkannt. Es ging mir nicht darum, die Mehrheit der Forianer zu erkunden, das war bekannt. Es ging um die Diskussion eines "Fallback Hybrid" (schöner Ausdruck). Ich aknn mich damit auch nciht anfreunden, aber sonst kommen wir ja nicht weiter.


    Ich denke es wird eine Abstimmungen zwischen der Vollreko und einem Hybrid geben, in Potsdam. Insofen macht es schon Sinn über beide Varianten nachzudenken.

  • Nur leider kann ich da nichts zu beitragen. Wie gesagt hätte ich kein Problem mit dem Nagelkreuz. Ansonsten wüsste ich aber wie gesagt nicht, was man mit dem Turm machen sonst könnte um ihn einerseits als Reko auszuweisen ohne ihn andererseits zu entstellen. Im besten Fall sollten solche Modifizierungen auch irgendwo "authentisch" sein. Aber was gäbe es da? Die Spuren des Krieges bspw. sind ja ebenso verloren wie der Bau selbst. Natürlich könnte man sich bei der Reko an dem Zustand nach dem Krieg orientieren (also diese Spuren zumindest teilweise mit rekonstruieren), aber ob das stimmig wäre und eine Mehrheit finden würde... Es bleibt spannend welche Modifikationen denn (angeblich) schon von der Kirche selbst diskutiert wurde. Da gab es ja mal eine entsprechende Andeutung von der Pfarrerin der Gemeinde die aber mW bisher nicht näher ausgeführt wurde.


    Die bereits vorgeschlagenen Lösung Turm-Reko plus moderner Anbau/ Ergänzungsbau statt Reko des Kirchenschiffs kennt man ja auch von der Gedächtniskirche in Berlin. Dort kann ich persönlich sehr gut mit dem Ergebnis leben. Die Frage ist nur wie man das in Potsdam umsetzen könnte/ würde. Grundsätzlich könnte man aber zumindest darüber nachdenken.

  • jan85
    Der Verwaltungsvorstand Leinemann hat die Drittelfinanzierung in einem Deutschlandfunk Radiofeature {Quelle} (welches übrigens am 11.9., 19:15 dort wiederholt wird [sorry wegen dem Verstoss gegen §7]) gefordert.
    Bezüglich der "100 Jahre" gehe ich von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, schlesische Oberlausitz aus. Und wenn sie meinen, dass ich mit meinen Bedenken "trotzig dagegen hetzen", dann brauchen sich sich nicht zu wundern, dass andere Menschen andere Beschreibungen für Sie finden.


    Konstantin
    Ich wollte in meinen "abfallenden" Beitrag nur von den ewigen Nazi/Ulbricht-Argumenten wegführen. Was bleibt ist nun mal eine Hof- und Militärkirche, sorry ich habe es mir nicht ausgedacht. Machen sie mich nicht dafür verantwortlichen, dass dieser Kirchen nicht einen sympathischeren Zweck beschieden war. Der Generalstab ist übrigens in der Gemeinde Schwielowsee angesiedelt.
    Aber ich gebe Ihnen wirklich Recht. Eigentlich sind alle Argumente ausgetauscht. Eigentlich könnte man jetzt getrost zur Wahlurne bitten. Und ich würde wetten, dass man in Potsdam eine höhere Wahlbeteiligung als zur Kommunalwahl bekommt. Ich würde mich als Demokrat selbstverständlich dem Votum des Souveräns beugen.
    Sollte die Bauherrenstiftung aber einen Wahlgang ablehnen, obwohl die Stadtverordnetenversammlung alles rechtlich Mögliche tut um gerade diese Stiftung aufzulösen, dann fordere ich die 12,7 Millionen Euro Steuergelder zurück. Sollen sich die in Potsdam ansässigen Adligen und Preußenfans ihre Kirche selber bezahlen.


    libero Was ist das für eine unprofessionelle Umfrage!? Sie glauben doch selber nicht, dass das DAF die Legitimität oder nur ansatzweise eine Repräsentativität besitzt, diese Frage beantworten zu können.


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    Kommentare:

    02.09.14 22:46 sehr gute Argumente!

    3 Mal editiert, zuletzt von Potsdamer ()

  • ^^Achgottchen, immer weiter.... #Ewige Provokationsbaustelle Garnisonstrang Ständiges Wieder(hoch)holen von Nazi/Ulbricht-Vergleich ohne Not und nu woauchimmerrumreiten auf 7. Gebot - natürlich weisst Du es ganz genau, dass du damit provozierst und am Ende willst du nur genau das meiner Meinung nach. Klarenbach hat ja wenigstens noch ein Leitbild. Du schlägst verbal nur um dich, jetzt ist Jan dran. Demnächst wieder ich. Wir können dich nicht dran hindern, dass Du (mit falschen Behauptungen) "aufstehen und opponieren (willst) bevor Du zum Opfer wirst" - wir können nur reagieren... #Umfrage: Diese Umfrage, mit Verlaub, hat für die Grundgesamtheit der Foristen wissenschaftlich höhere Relevanz als die Unterschriftensammlung gegen die Garnison für die Grundgesamtheit der Potsdamer. Wie hier dokumentiert. Ausserdem leite ich gar nichts draus ab, sondern nehm es als Meinungsbild der aktiven Foristen rund um die Garnison. Und eigentlich braucht man hier in dem Strang nur noch eine Linkliste mit Begriffen und Stichworten zu den eigenen Beiträgen, weil alles überall schon mal geschrieben und verargumentiert wurde. Interessieren tut das aber einige nicht... Gut, dann haben wir heute wieder Murmeltiertag, seis drum. Alle anderen Foristen bemühen sich mit verschiedenen Mitteln um Beruhigung und Versachlichung, selbst Konstantin wird moderationsfähig hier (was nun jetzt nicht im Umkehrschluss abwertend gemeint ist :) - die Altforisten werden hier noch richtig lieb zueinander (was die neuen jetzt im Umkehrschluss nicht ausgrenzen soll :) )

    5 Mal editiert, zuletzt von libero ()

  • Potsdamer: Ich habe da eher allgemein gesprochen und damit sicher nicht alle Bedenkenträger oder Kritiker der GK gemeint. Nur die die tatsächlich gerne hetzen, die Befürworter pauschal diffamieren oder bewusst manipulativ vorgehen. So viel negative Energie aufzubringen erinnert mich an Zerstörungsorgien an Bauklötzchentürmen wie man sie aus dem Kindergarten kennt. Ob Du Dich davon jetzt angesprochen fühlst, überlasse ich ganz allein Dir. Ich bin davon abgesehen ganz sicher auch nicht durchweg für alle Projekte. Und natürlich kann man seine Ablehnung zum Ausdruck bringen und begründen. Aber die Art und Weise wie man das tut, gibt für mich den entscheidenden Ausschlag. Ich bin geneigt, mir jedes seriöse Argument auch anzuhören und darüber nachzudenken.


    P.S.: Was für Beschreibungen Du für mich findest ist mir herzlich egal (das fällt für mich dann eher in oben beschrieben Kategorie "Kindergarten"). Aber viel Spaß beim Suchen, vielleicht kommt ja was Kreatives (und damit zumindest Sprachproduktives) dabei heraus ;)

  • Ich kann mich noch an den Tag erinnern, an dem mein Vater entsetzt aus dem Wohnzimmer kam, da er über die Fernseh-Nachrichten erfahren hat, dass die Garnisionskirche in Potsdam gesprengt wurde.
    Ich konnte damals als kleiner Junge damit nicht viel anfangen. Nur zeigte er mir dann sein 5-Reichsmarkstück mit dem Abbild, und das ist mir in Erinnerung geblieben. Die 5 Reichsmark gehören jetzt mir. Und ich hoffe inständig das Reko-Original in absehbarer Zukunft sehen zu dürfen.

  • jan85 Bei allem Respekt, aber wenn Sie mich persönlich ansprechen und zitieren, dann muss ich davon ausgehen, dass Sie mich auch persönlich meinen. Und auch das im P.S. Geschriebene deutet darauf hin, dass Sie mich missverstehen wollen. Ich möchte keine anderen Beschreibungen finden und ich bin stets bemüht eine Wortwahl, wie die von mir kritisierte, zu vermeiden.


    libero Sie sind anscheinend wirklich von der Aussagekraft ihrer Umfrage überzeugt. Gut. 68 Teilnehmer eines Spezialforums haben eine "wissenschaftlich höhere Relevanz" als 10% der wahlberechtigten Bevölkerung. okaay. Im übrigen wurde das Bürgerbegehren deshalb beendet, weil nicht mehr Unterschriften nötig waren. Die Initiatoren hatten insgesamt 1 Jahr Zeit. Nach 3 1/2 Monaten waren ca. 15.000 Unterschriften zusammen. Hätten sie noch weitergesammelt wären auch noch mehr zusammengekommen.

  • ^^Wer lesen kann ist klar im Vorteil: Ich habe die Begründung dieser Feststellung im o.g. Link bereits angeführt. Hier nochmal ganz groß und in Fett der Link, um die Chance zu erhöhen, dass er auch vom geneigten Foristen benutzt und der Inhalt (soweit als möglich) kognitiv verarbeitet wird! Es geht um die "Erhebungsmethode", die über deren Repräsentativität entscheidet. Und da ist aufgrund der Erhebungsmethode ein Rückschluss auf die Repräsentativität für die Grundgesamtheit der Potsdamer bei der Unterschriftensammlung ausgeschlossen. Und ich habe auch geschrieben, dass ich die Umfrage im Forum als Meinungsbild nehme. In Sachen Architektur und Stadtplanung kann man mir gerne Naivität, Blümchensex, barockale Gesinnung oder Unprofessionalität konzidieren; was Marktforschung und deren Interpretation betrifft: das ist u.a. mein Job seit 25 Jahren. Und zwar in Ost wie West sei gestattet hinzuzufügen.

    2 Mal editiert, zuletzt von libero ()

  • Potsdamer: Ich habe Dich zitiert, weil ich mich auf Deine Aussagen beziehen wollte. Die Wertung der (wohlgemerkt: vermeintliche!) Wiederaufbauzwang sei infantil finde ich unfair. Sicher mag es auch unter den Aufbaubefürwortern mitunter infantiles Verhalten geben (von dem ich mich dann auch distanziere), aber so eine pauschale Aussage ist einfach unsachlich bis polemisch - vor allem wenn man bedenkt, dass es unter den Gegnern des Vorhabens sehr wohl auch Entsprechendes gibt. Welche Vorgehensweisen mich da u.a. stören habe ich ja ausgeführt. Wenn Du da nicht drunter fällst, bist Du auch nicht gemeint bzw. brauchst Dich nicht angesprochen fühlen. Nichts anderes wollte ich jedenfalls ausdrücken. Wenn Du das anders verstanden hast, tut es mir leid. Deine "Drohung" (auch wenn Du jetzt Dich selbst davon distanzierst) fand ich davon abgesehen dann aber in der Tat etwas infantil...

  • Trotz der in Deutschland bei Reko-Projekten standardmäßig verbreiteten Nazivergleiche geht es den (rein ideologisch motivierten) Gegnern um einen alten Kampf gegen Preußen (gedanklich stramm in sozialistischer Tradition), welches man partout zum Prolog des zwangsläufig, alternativlos folgenden Hitler-Regimes machen will. Die Garnisonskirche war und ist für Sozialisten das Gebäude, an dem Preußens Pakt mit dem Teufel unter Fackelschein willentlich besiegelt wurde. Damit erliegen sie gnadenlos der NS-Propaganda, welche exakt dieses Bild vermitteln wollte.


    Damit hast du die ganze Dynamik dieser unseligen Reko-Gegner gut auf den Punkt gebracht. Sie haben letztlich nichts zu bieten außer Dämonisierungen und Stilisierungen des angeblich Guten und Aufrechten. Eben die typischen Dynamiken, die auch bei anderen linken Themen zum Tragen kommen. Dieser Punkt widert mich auch so an.


    Die Frage ist, ob man bei allen Brüchen, die wir schon haben in Berlin und Deutschland jetzt in der Garnisonkirche auch noch unbedingt einen brauchen. Man könnte solch einen Bruch dezent inszenieren. Es wurde schon der schlichte, nicht militaristische Innenraum angesprochen. Wobei ich Militaria ja richtig geil finde. :) Ich meine, es sind halt historische Utensilien, schönes Anschauungsmaterial.


    Ich möchte mal an die Gegner appellieren, dieses ganze fatalistische und dämonisierende Bild der Garnisonkirche zu hinterfragen. Habt ihr denn kein Vertrauen, daß heutige und künftige Generationen dazu in der Lage sind, diesem Gebäude mit kritischer Distanz zu begegnen? Das ist für mich das eigentliche Rätsel. Ich verstehe nicht, wie man sich derartig abhängig machen kann von diesen Geschichtsereignissen. Werdet doch einfach mal ein bißchen locker und ventiliert hier all die Fakten, die andere zusammengetragen haben und die das Bild des fundamental Bösen, das die Kirche repräsentiere, doch deutlich erschüttern.


    Ich glaube, euch fehlt einfach die Fähigkeit, all die symbolischen Zuschreibungen mal zu hinterfragen und davon Abstand zu nehmen. Ja, die Kirche war kein Friedenshort, aber so schlimm, wie ihr es dargestellt habt, ist sie nun auch nicht. Man kann schon sehr deutlich eine sozialistisch-antifaschistische Inszenierung bei den Gegnern erkennen. Es wird gegen ein konstruiertes Symbol gekämpft.


    Man geriert sich geradezu, als würde man mit diesem Kampf der Demokratie in Deutschland auf die Beine helfen oder etwas gegen Rechtsextreme tun. Das ist albern. Es ist diese Psychodynamik, die unverkennbar ist und die sich auch bei anderen - Verzeihung - Gutmenschenspektakeln zeigt.


    Wenn überhaupt würde ich für einen dezenten Bruch plädieren.

  • jan85

    Und nur weil sie einst hübsch war, daraus eine Pflicht der Rekonstruktion herzuleiten, halte ich für... infantil.

    Das ist keinesfalls pauschal.
    Kennen Sie die Potsdamer Kaberettistin Barbara Kuster? Sie sagte mal: "Sie war einfach nur wunderschön" {Quelle} Ihr Hauptargument noch heute. Wenn ich meinen 5jährigen Sohn fragen würde: Sohn, sollen wir diese wunderschöne Kirche wieder aufbauen? Dann wird er natürlich kindlich ehrlich sagen: Ja Papa! Er hat keine Ahnung von den Kosten, wer sie trägt und überhaupt von der Geschichte dieser Kirche. Das ist okay. Ziehen sich aber erwachsene Menschen unter Ausblendung allen sonstigen Faktoren alleinig auf die Schönheit des Gebäudes zurück, bleiben sie auf einem kindlichen Niveau zurück. Dies nennt man dann infantil.
    Machen wir die Gegenprobe: Gilt man als infantil, wenn man 10 sachliche, begründete, manchmal komplexe Gegenargumente, wohlgemerkt nicht von allen akzeptierte Gründe, vorträgt unter völliger Ausblendung der Schönheit des Gebäudes?


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    Kommentare:

    02.09.14 18:22 Nun wird es endgültig abstrus.
    02.09.14 18:46 unschlagbar gutes argument. merci :)
    02.09.14 22:00 guter Hinweis!

    10 Mal editiert, zuletzt von Potsdamer ()

  • jan85
    Machen wir die Gegenprobe: Gilt man als infantil, wenn man 10 sachliche, begründete, manchmal komplexe Gegenargumente, wohlgemerkt nicht von allen akzeptierte Gründe, vorträgt unter völliger Ausblendung der Schönheit des Gebäudes?


    Nimm's nicht persönlich, lieber Potsdamer, aber wenn man als erwachsener Mensch dieselben Argumente tagein, tagaus x-fach wiederholt, ist das schon ein bisschen "infantil", ja. Egal wie "sachlich" oder "unsachlich" einem diese Argumente nun erscheinen mögen.


    Und es hilft ja auch nichts: Die Entscheidung, ob, und wenn ja, in welchem Umfang, die Garnisonkirche rekonstruiert wird, ist keine Angelegenheit irgendwelcher staatlicher Instanzen mehr (und damit öffentlicher Debatte unterworfen), sondern liegt alleine beim Stiftungsrat.


    Nimm's sportlich und sei ein guter Verlierer. Es gibt in Potsdam doch noch genug Gebäude, die alle Deine "praktischen" Kriterien erfüllen und definitiv nicht "schön" sind, und die Dir von Herzen gegönnt seien. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Carlo ()