Potsdam: Wiederaufbau der Garnisonkirche (Bauthread)

  • Bin da leider nicht ganz so optimistisch, auch wenn der Vorschlag der Grünen mE an sich völlig richtig scheint. Bisher aber entfernen sich die Parteien eher noch mehr voneinander.
    -Die Initiative gegen die Kirche will ihren Sieg feiern und in lockerer Atmosphäre die Zukunft des Platzes diskutieren.
    -Der OB hat kürzlich in einem Interview angedeutet, dass viele bisher nicht ausreichend in die Debatte einbezogen wurden und man diese daher nun noch einmal führen müsse. Klingt an sich völlig richtig. Wie er das aber wohl meint wird klarer, wenn er anschließend erklärt viele Unterzeichner hätten vermutlich nicht wirklich verstanden worum genau es ging. Daher müsse man u.a. in ihrem Interesse nun noch einmal das Projekt erklären.
    http://www.pnn.de/potsdam/880838/


    Das klingt für mich bisher so, als wenn beide Seiten siegesgewiss sind. Ich bezweifle daher, dass eine grundsätzliche Bereitschaft vorhanden ist, eine gemeinsame Lösung zu finden (wie auch immer die aussehen könnte). Da müssen die Grünen schon ihre erfahrensten Mediatoren aufbieten...

  • Wie OB Jakobs auch sagte, man kann, nach allem, was da in Potsdam gärt, nicht einfach so weitermachen, als wäre nichts gewesen. Wirklich Ruhe wird erst einkehren, wenn man die GK auf eine breitere Legitimationsbasis stellt, und dazu müssen m.E. die Potsdamer (im Rahmen einer Befragung) und überregionale Experten eingezogen werden. Geht es dann gegen einen Wiederaufbau, dann ist es eben Pech, dann kann das Wiederaufbaukonzept eben nicht überzeugen. Insgesamt bin ich aber durchaus nicht pessimistisch, zumal wenn jetzt erstmal etwas Zeit ins Land geht und die Gemüter sich beruhigen können. Man sollte nicht vergessen, dass die Linke, und die repräsentiert ja wohl am ehesten die Anti-Wiederaufbau-Fraktion, in den Kommunalwahlen nur noch auf ein Viertel der Stimmen gekommen ist. Da wird alles Stänkern am Ende auch nichts nützen.

  • Ich finde ein Werkstattverfahren an sich gut und natürlich auch eine Bürgerbefragung. Ich denke nur, dass man die Reihenfolge umkehren sollte. Ein Werkstattverfahren dürfte meiner Einschätzung nach nur dann erfolgreich sein, wenn zunächst einmal die Bürger einen klaren Arbeitsauftrag geben, also in einer Bürgerbefragung für oder gegen die Garnisonkirche stimmen. Erst dann dürfte das Klima wirklich so entspannt sein, dass wirklich ohne Bodyguards über das Zentrum für Frieden und Versöhnung diskutiert werden kann.


    Bei der umgekehrten Reihenfolge sehe ich dagegen wenig Chancen für eine Versöhnung. Es wäre dann so, dass alle Seiten im Wahlkampfmodus wären und nur versuchen würden, ihre Ausgangsbedingungen für die Bürgerbefragung zu verbessern. Der Streit dürfte schon damit beginnen, wer alles eingeladen werden soll, wer das Werkstattverfahren organisiert und so weiter. Zudem würden beide Seiten für sich beanspruchen, für die Mehrheit der Potsdamer zu sprechen, und es gäbe innerhalb des Werkstattverfahrens keine Möglichkeit zu entscheiden, wer denn nun die Mehrheit wirklich auf seiner Seite hat. Und die Tatsache, dass viele - und zwar sowohl regional als auch überregional - das Agieren der Rathauskooperation zur Garnisonkirche als Trickserei empfinden, trägt auch nicht gerade zu einem vertrauensvollen Klima bei. Und das Interview von Jann Jakobs, der glaubt, dass die Potsdamer nach einer mittlerweile 23-jährigen Debatte über die Garnisonkirche nicht wüssten, worum es geht, war auch nicht gerade ein Beitrag zur Vertrauensbildung.


    Daher halte ich zunächst eine Bürgerbefragung für notwendig, und dann kann ein Workshopverfahren mit einem klaren Arbeitsauftrag tatsächlich produktiv arbeiten.

  • ^^Ein solches Werkstattverfahren wird - wenn es denn durchgeführt werden sollte, woran ich zweifle, weil es von den Bündnisgrünen kommt* - als Kompromiss zum Ergebnis haben, dass der Turm originalgetreu aufgebaut wird und daneben ein modernes Zentrum samt Museum entsteht (ich weiß allerdings nicht ob dadurch Fördergelder flöten gehen, denke aber schon). Könnte auch ziemlich gut werden, wenn man denn dann einen Wettbewerb machen würde und z.B. ein Calatrava rauskommt.


    Die von Dir vorgeschlagene Umdrehung des Verfahrens wäre wieder eine Durchsetzung der Bürgerbefragung "Nein zum Wiederaufbau" oder möchtest du in der Bürgerbefragung verschiedene Alternativen abfragen ala


    a) Wiederaufbau / Reko total
    b) Turmreko plus Neubau
    c) Neubau ohne Reko
    d) Gedenkstätte, Denkmal
    e) wasauchimmer


    Das wär allemal interessant und deshalb hab ich auch hier mal ne Umfrage erstellt. Allerdings kann ich mich da nur wiederholen: Es interessiert am ende nicht, ob die Potsdamer mehrheitlich dagegen sind (was sie bis heute erhoben ja nochnichtmal sind), denn die Stiftung steht und die Satzung steht und die Rechtsgrundlage steht. Dass Stolpe einen neuen Namen und ebenfalls einen Neubau statt Originalkirchenschiff in Erwägung zieht ist ein Entgegenkommen. Dass die Grünen ein Werkstattverfahren anstreben (wollen) ist sinnvoll und ein Entgegenkommen. Aber man muss doch schon bitte den Willen und den Auftrag der Eigner/Stiftung berücksichtigen, anders gehts nicht.


    *Merke: Ob ein politischer Vorschlag realisierungsfähig ist, ist weniger von seinem Inhalt sondern von der Autorenschaft des Vorschlags abhängig.

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  • ++++ Breaking News ++++


    Fachleute und Architekturinteressierte sprechen sich mit über 75% eindeutig für Vollrekonstruktion der Garnisonskirche aus.


    Berlin (10.8.2014) - In einer aktuellen Blitzumfrage des Architektur- und Stadtplanungsportals DAF (Deutsches-Architektur-Forum) sprechen sich über 75% der Fachleute für die vollständige Rekonstuktion der Garnisonskirche aus, also sowohl von Turm als auch Schiff. Dieses Meinungsbild ist so eindeutig wie überraschend, waren doch die bisherigen Wortmeldungen und die Stimmung überwiegend gegen eine Rekonstruktion des Gotteshauses. Ein Trugschluß, wie sich jetzt eindrucksvoll herausstellt. Da die Umfrage noch läuft, kann sich das Ergebnis noch verändern. Insider gehen aber nicht davon aus, dass diese klare Mehrheit am Ende noch in irgendeiner Form in Frage gestellt werden oder wackeln dürfte.


    Das Deutsche Architektur-Forum (DAF) ist eine Community und ein Online-Portal für Fachleute und Interessierte in Sachen Architektur und Stadtplanung und hat über 1.000 aktive und über 6.000 registrierte Mitglieder. Zum Zeitpunkt des Diskussionshochs über die Garnisonskirche und das angestrebte Bürgerbegehren verzeichnete das Portal mit 3.799 zeitgleich eingeloggten Benutzern am 12.5.2014 sein Allzeithoch.


    Link zur Befragung

    PS: Verzeiht mir Ironie und Gag :)

  • Streitgespräch im RBB

    Brandenburgs Ministerpräsident a. D. Manfred Stolpe (SPD) gehört zu den Unterstützern des teilweisen Wiederaufbaus der ehemaligen Garnisonkirche. Im RBB-Streitgespräch mit dem evangelischen Theologen Wolfram Hülsemann, ein Kritiker des Projekts und früherer Stadtjugendpfarrer in Ost-Berlin, gibt er zu, dass die Befürworter viel zu wenig darüber geredet haben, was sie vorhaben.


    http://www.rbb-online.de/polit…am-stolpe-huelsemann.html

  • Vielen an Architektator für den Hinweis auf dieses sehr interessante Gespräch zwischen Wolfram Hülsemann und Manfred Stolpe.


    Mir sind in diesem Gespräch vor allem zwei Dinge aufgefallen: Erstens habe ich den Eindruck gewonnen, dass das ganze Konzept für den Wiederaufbau noch völlig unausgegoren ist. Mir ist auch nach dem Gespräch nicht klar, was genau in diesem Friedens- und Versöhnungszentrum alles stattfinden soll. Und vor allem ist mir nicht klar, warum dieses Zentrum die bauliche Gestaltung der Garnisonkirche oder auch nur ihres Turms nachempfinden soll. Manfred Stolpe hat ja selbst eingeräumt, dass dieser Bau kontaminiert ist. Daher wird für mich nicht klar, warum der Wiederaufbau eines dermaßen kontaminierten Gebäudes ein Beitrag zur Versöhnung sein soll.


    Zweitens habe ich den Eindruck gewonnen, dass es zwischen den Garnisonkirchenbefürwortern massive Meinungsverschiedenheiten gibt. Wenn Manfred Stolpe auf die Kritik von Wolfram Hülsemann an den Informationen auf der Homepage der Fördergesellschaft antwortet "Wir können die Homepage nicht verbieten, wir leben doch nicht in China.", dann wirkt das auf mich ziemlich irritierend. Welchen Informationen soll man dann noch glauben? Ähnlich ging es bei Diskussion über die Wetterfahne, in der sich Manfred Stolpe "erschrocken" über die Wiederherstellung der Wetterfahne mit privaten Mitteln gezeigt hat.


    Zudem hat die Diskussion gezeigt, dass das Projekt auch in der evangelischen Kirche hoch umstritten ist. Daher glaube ich nicht, dass eine Bürgerbefragung zu dem Projekt von der Kirche völlig ignoriert werden würde.

  • ^
    Ja, normal, es gibt ja auch zig verschiedene Gruppen von Befürwortern. Es gibt welche die nur die Architektur wollen, der Rest ist egal, manche wollen eine Kirche, egal ob historisch oder modern, einige wollen beides. Manche wollen DDR-Unrecht wieder gut machen, einige wollen das Stadtbild wieder komplettieren und so weiter und so fort. Es gibt viele verschiedene Motive für den Wiederaufbau und somit natürlich keine 100% Einigkeit.
    Ich kann mir nicht vorstellen dass sich die Gegner in allem einig sind, wäre eher ein trauriges Zeugnis wenn es so wäre.


    Wären mal mehr so wie diese beiden alten Herren, dann könnte die Versöhnung tatsächlich klappen.
    Vielleicht wäre ein Kompromiss ja auch, dass die preußische Wetterfahne und das Nagelkreuz die Plätze tauschen, dann hätte Herr Hülsemann schon mal nichts mehr gegen den Turm. Fänd ich schade, aber könnte ich mit leben.
    Aber ich hoffe weiterhin auf eine möglichst originalgetreue Rekonstruktion und sehne den Tag der Entscheidung herbei.

  • Dass Klarenbach das Nutzungskonzept unausgegoren findet und versucht Ex-MP Stolpe bezüglichlich seines angeblichen Demokratieverständnisses ans Zeug zu flicken verwundert nicht.


    Die Frage, die die meisten Diskutanten hier doch bewegt, ist welche Abstimmungsvarianten denn einer Bürgerbefragung zugrunde lägen. Die bisherige Gemegelage eines originalgetreuen Wideraufsbaus in den Varainten ja oder nein kann es ja nicht sein.


    Boede sagte ja jüngst, wenn erst die "Wiederaufbaupläne vom Tisch" seien, kännte man über andere Bauten am Ort der GK reden. Da scheint kein Kompromiss möglich zu sein.


    Stolpe und der GK-Vereien können sich eine nichthistorische Wiederrichtung des Kirchenschiffes durchaus vorstellen (bei der Potsdamer Heiliggeistkirche waren im übrigen Turm und Schiff auch von unterschiedlichen Architekten.


    Deshalb glaube ich, dass die Zeit genutzt wird um alternative Entwürfe zu entwicklen - bei der Bürgerbefragung gibt es dann mehr als zwei Alternativen, wie beim Stadtschloß.

  • Erst einmal finde ich es erfreulich, dass die Diskussion im Forum mittlerweile etwas versöhnlicher wird, und dass sich jetzt auch noch ein Konsens für eine Bürgerbefragung abzuzeichnen scheint, finde ich auch gut. Insgesamt bin ich zunehmend optimistisch, dass Gespräche zwischen den unterschiedlichen Akteuren sinnvoll sein könnten. Die Debatte zwischen Manfred Stolpe und Wolfram Hülsemann hat doch recht gut gezeigt, dass beim Konzept für ein Zentrum für Frieden und Versöhnung noch vieles im Fluss ist. Daher sehe ich auch noch gute Möglichkeiten für eine offene Debatte über das beste Konzept.


    Weiterhin dürften Gespräche auch deshalb sinnvoll sein, weil auf diese Weise Vorurteile abgebaut werden können, die derzeit die Debatte noch unnötig verschärfen. Dabei können beide Seiten ihren Beitrag leisten. Ich denke zum Beispiel, dass die Abneigung einiger Leute gegen die Garnisonkirchengegner deshalb so scharf ist, weil sie ihnen zwei Motive unterstellen: Erstens glauben sie, dass die Gegner prinzipielle Kirchenfeinde wären, die aus Potsdam eine religionsfreie Zone machen wollen. Und zweitens gibt es die Vorstellung, dass die Gegner verkappte Anhänger der DDR wären, die den Sozialismus in Potsdam wieder einführen wollen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Vorurteile. Das wichtigste Vorurteil besteht darin, dass die Befürworter eines Zentrums für Frieden und Versöhnung an diesem Zentrum eigentlich nicht interessiert wären, sondern dass das Konzept nur als Alibi dient, um den eigentlich gewünschten Wiederaufbau der Garnisonkirche durchzusetzen. All diese Vorurteile können in Gesprächen gut ausgeräumt werden.


    Was allerdings nicht sinnvoll sein dürfte, ist eine Kopplung zwischen diesen Gesprächen und der Bürgerbefragung. Durch solch ein Kopplung würden die Gespräche enorm belastet werden, und jede Seite würde versuchen, ihre Position zu verbessern. Ich würde dann prophezeien, dass dann die Gespräche schon an organisatorischen Fragen, wie etwa der Gästeliste, scheitern würden. Man stelle sich vor, CDU und SPD hätten vor der letzten Bundestagswahl beschlossen, zunächst Koalitionsverhandlungen zu führen und dann erst die Bundestagswahl durchzuführen. Das wäre auch nicht gut gegangen. Daher sollten beide Dinge unabhängig voneinander stattfinden.

  • Das wichtigste Vorurteil besteht darin, dass die Befürworter eines Zentrums für Frieden und Versöhnung an diesem Zentrum eigentlich nicht interessiert wären, sondern dass das Konzept nur als Alibi dient, um den eigentlich gewünschten Wiederaufbau der Garnisonkirche durchzusetzen.


    Im Großen und Ganzen stimme ich dir zu, aber das wichtigste Vorurteil gegen die Befürworter ist wohl eher, dass diese verkappte Rechte seien.
    Das viele nur die Garnisonskirche wollen und der Inhalt vielen gleichgültig ist, ist ja weder ein Geheimnis noch verwerflich.
    Für mich z.B. sind die einzigen Gründe warum ich im Turm oder in der Kirche ein Versöhnungszentrum wünsche ein Entgegenkommen an die Gegner und um die Gefahr eines Missbrauchs der Kirche zu verhindern.

  • Lingster Das ist ja das Problem, dass alleinig das Versöhnungszentrum als Entgegenkommen quasi als Kompromiss angesehen wird/wurde. Da war mit den Linken mehr ausgehandelt worden. Der Kompromiss beinhaltete ein internationales Versöhnungszentrum, das Nagelkreuz oben drauf, Bau des Kirchenschiff erst durch spätere Generationen und keine Verwendung städtischen Mittel (eigentlich keine öffentlichen Mittel; lag aber nicht in der Entscheidungshoheit der Kompromisspartner). Das die Garnisonkirche nie wieder im Militärkontex auftreten durfte, war damals so selbstverständlich, dass dieser Punkt garnicht festgehalten wurde.


    Was ist davon geblieben?


    - die Kirche verabschiedet sich von ihren eigene Versöhnungkonzept. Burkhart Franck, Chef des Fördervereins, spricht sich offen gegen ein internationales Versöhnungszentrum aus - „wäre zu anspruchsvoll“.
    - stattdessen zieht heimlich die Militärseelsorge als Hauptstifter ein und mit dem Verteidigungsminister werden Spendenveranstaltungen durchgeführt
    - das Nagelkreuz kommt runter, die preußische Wetterfahne rauf
    - es wird von der kompletten Kirche als Sakralbau für 100 Millionen gesprochen und geworben. Insofern macht das Kompromissangebot des Herrn Stolpe nur den Turm aufzubauen keinen Sinn, da schon längts damals Bestandteil des Kompromisses.
    - städtische Mittel flossen über Umwege (Baufeldfreimachung, Verschwenkung der Straße, Abriss Rechenzentrum etc, Pachtland für den Käfig der Wetterfahne)
    - schließlich die 12 Millionen Steuerzusagen des Bundes


    Da hat's dann den Linken dann gereicht und sie haben den ohnehin schon unterlaufenen Kompromiss endgültig aufgekündigt und das Bürgerbegehren unterstütz. Irgendwie selbst Schuld, wenn man ständig Vereinbarungen unterhölt.


    Dieser Kompromiss muss jetzt neu ausgehandelt werden!


    Ob er zu den gleichen Konditionen zustande kommt wie damals, ist höchst fraglich. Jetzt wo der Oberbürgermeister schon mal an der Volkesmeinung schnuppern durfte und vor Angst die Reißleine zog. Der Glaube in die Vertragstreue der Aufbaubefürworter ist so schwer beschädigt, dass man bezweifeln muss, ob in den nächsten Jahrzehnten eine neue Basis für ein Rekonstruktion von Teilen der Garnisonkirche zustande kommt.

  • ^
    Also, von einem früheren vertraglich festgehaltenen Kompromiss wusste ich gar nichts. Ich bin erst richtig in das Thema eingestiegen als sehr linke Zeitgenossen aufmerksamkeitshaschende niveaulose Aktionen gegen die Kirche gestartet hatten. Wenn tatsächlich gegen einen festen Kompromiss verstoßen wurde kann ich einen Teil der Wut nun wenigstens verstehen. Für mich kam es so vor als wären diese Dinge innerhalb einer gewöhnlichen Planungsphase geschehen, in der immer das ein oder andere verändert wird was den einen oder anderen dann ärgert. Hast du links dazu? Das würde mich sehr interessieren.

  • Dass es in Potsdam einen Deal mit den Sozialisten gegeben habe, nach man dem Wiederaufbau der GK unter Konditionen zustimmt ist mit auch neu. Gibt es da Details?

  • Also der Beschluss (08/SVV/0325) über die Übertragung des Grundstückes an die Stiftung sowie den Beitritt der Stadt Potsdam in die kirchliche (!) Stiftung stammte aus dem Jahr 2008.
    http://egov.potsdam.de/bi/vo02…2070&options=4#searchword


    Die Linke zierte sich der Vorlage zuzustimmen. Einzelne SPD und FDP Stadtverordnete wankten. Die Mehrheit schien unsicher, sodass die Linke folgenden Begleitbeschluß durchsetzen konnte (oben rechts auf Beschlüsse klicken)[meine Anmerkung]:


    Eine über die Grundstücksübertragung hinausgehende finanzielle Beteiligung der Stadt am Bau der Garnisonkirche Potsdam wird ausgeschlossen.[zu diesem Zeitpunkt hieß es noch, dass die Stiftung zu 100% aus Spendengelder errichtet wird. Vor 2 Jahren sagte dann der Verwaltungsvorstand Leinemann: „Es wäre unredlich zu sagen: Wir werden keine Fördermittel anfragen oder ablehnen.“ {Quelle} und bracht die Drittelfinanzierung ins Spiel]


    Mit dem Beitritt der Landeshauptstadt Potsdam in die Stiftung „Garnisonkirche Potsdam“ verbinden sich folgende Erwartungen:


    1. Die Bemühungen um den Wiederaufbau der Garnisonkirche konzentrieren sich auf den Turm. Eine Entscheidung über einen eventuellen Wiederaufbau des Kirchenschiffs soll gesondert getroffen werden und künftigen Generationen vorbehalten bleiben.
    [selbstredend und im Widerspruch zu Stolpes Kompromissvorschlag]


    2. Ein Wiederaufbau ist mit einem Konzept einer aktiven Friedens- und Versöhnungsarbeit – auch in Gemeinschaft mit der weltweiten Nagelkreuzbewegung – zu verbinden.[Hinweise zum Internationles Versöhnungszentrum; und zur Krönung mit dem Nagelkreuz]


    3. Das mit der Stiftung beabsichtigte würdige Gedenken an die Opfer des 20. Juli 1944 soll mit dem Gedenken an den von Potsdam ausgehenden Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur in seiner ganzen Bandbreite verbunden werden.


    4. Der mit dem Bau verbundene Eingriff in den Straßenraum soll möglichst gering gehalten und auf das zwingend notwendige Maß begrenzt werden. [auch gibt es unterschiedliche Sichtweisen. So erinnere ich mich, dass es mal einen Vorstoß gab, den Turm einzurücken {Quelle} um möglichts wenig Straße umzubauen, schließlich lag die GK fast 6 Meter auf der heutigen Breiten Str.]


    Das mit der Militärseelsorge hat die BI wohl aufgedeckt {Quelle} und die Veranstaltung mit dem damaligen Verteidigungsminister war vor einem Jahr. {Quelle}

  • Aber das ist ja kein Kompromiss mit der Stiftung und das sind auch keine Bedingungen an diese.
    Diese vier Punkte beschreiben lediglich die Position, die der Bürgermeister in der Stiftung vertreten muss. Falls er dies in der Stiftung nicht angemessen vorgetragen hat, kann man ihm persönlich Fehlverhalten vorwerfen. Aber mit der Stiftung selber wurde zumindest mit diesen Beschlüssen nichts vereinbart.


    Dass bei der Militärseelsorge nicht von Anfang an mit offenen Karten gespielt wurde ist aber ohne Zweifel ein Fehler gewesen, falls die BI hier die Wahrheit wiedergegeben hat. Zumal ich mir den Grund nicht erklären kann warum dies geheim bleiben sollte. Was ist an Militärseelsorge so schlimm? Die machen nichts anderes als Polizeiseelsorger oder Katastrophenschutzseelsorger für Feuerwehr, THW etc. nicht auch machen.

  • Das die Garnisonkirche nie wieder im Militärkontex auftreten durfte, war damals so selbstverständlich, dass dieser Punkt garnicht festgehalten wurde. ... Da hat's dann den Linken dann gereicht ...


    Ich weiß nicht, wer sonst noch den real existierenden Sozialismus erleben durfte, doch die SED-Nachfolge als Gegner von jeglichem Militär, das ist echt ein Brüller. In sekundenschnelle ergoogelte ich etwa dieses Youtube-Video aus dem Jahr 1987, wie die alte preußische Parademarsch-Tradition zelebriert wurde. Ich glaube, sogar die Militärmusik stammt aus altem Preußen. Im Westen gibt es solche Paraden auf den Straßen gar nicht (also seit der Wende nirgendwo mehr).


    Dass eine Straße, die auf dem Grundstück der Kirche gebaut wurde, wieder einige Meter zurück versetzt werden sollte, müsste eigentlich selbstverständlich sein. Heute werden ohnehin Straßen-Rückbaumassnahmen allerorts diskutiert - vielleicht kann man diese Straße an dieser Stelle einfach verkehrsberuhigend zurückbauen?

  • ...Im Westen gibt es solche Paraden auf den Straßen gar nicht (also seit der Wende nirgendwo mehr).


    Und das hier? Link


    Was ich inhaltlich noch beitragen möchte: eine Kirche ist immer ein symbolischer Ort, in erster Linie natürlich religiöser Natur. Bei der Garnisionkirche steht aber eine andere Symbolik im Vordergrund. Man kann darüber einen Dialog führen, welche Symbolik der Wiederaufbau hat. Für viele taucht da der alte Hindenburg und Adolf Nazi auf, für andere war dies nur ein Tag in der Geschichte der Kirche. Eine Kirche mit einer intakten Gemeinde, damals, heute wohl weniger. Für andere symbolisiert ihr Ende begangenes Unrecht in der DDR. Wieder andere ... .


    Die Symbolik, die den Wiederaufbau begleitet spiegelt sich in allgemeinen Worten wie Versöhnung und Toleranz wieder, und als Brennglas deutscher Geschichte. Ich persönlich aber finde hier ist doch das Eis eher dünn, mich überzeugt es nicht so ganz, mal abgesehen von der Schönheit des Bauwerkes an sich. Die Stiftung hat jahrelang die Symbolik des Wiederaufbaus vernachlässigt und ohne diese, was bleibt da als Argumente für den Wiederaufbau? Die Sehnsucht nach einer Heilung im Stadtbild? Reicht das aus? Es soll auch Touristen anziehen, so die Website der Stiftung.


    Wenn die Stiftung die Kirche wirklich will, dann gibt es, so glaube ich, eine Notwendigkeit, darzustellen, worin der Wert des Wiederaufbaus liegt. Überzeugender als derzeit. Das könnte helfen das Projekt in Potsdam zu einem Projekt über die Stiftung hinaus, auch der Bürger zu machen. Sie sind ja über den Bund auch finanziell beteiligt.

  • Lingster: Das waren die Bedingungen der Stadt die Stiftung mitzugründen, wohlgemerkt nicht beizutreten. Das waren die Bedingungen zu der die Stadt das Grundstück in die Stiftung eingebracht hat. Die Bedingungen waren allen Gründungsstiftern, also auch der evangelischen Kirche bekannt und wurden akzeptiert. Ich gehe davon aus das diese bindend sind.
    Wozu hätten dann Klauseln wie z.B die Rückfallklausel Sinn? Sie besagt, dass Grundstück Ende 2030 an die Stadt zurück verfällt, wenn nicht wesentlichen Teile der Garnisonkirche wiedererrichtet sind UND und die Finanzierung des Wiederaufbaues zu diesen Zeitpunkt nicht konkret absehbar ist. {Quelle}


    Es gibt nichts über die Polizeiseelsorge zu sagen.
    Aber es ist vielmehr richtig, dass sich die Polizeiseelsorge niemals für den Wiederaufbau des Geländes um der Prinz-Albrecht-Straße eingesetzt hat.