Unter den Linden

  • Die "Linden" zwischen Friedrich- und Wilhelmstraße ?...ein Offenbarungseid. Prachtboulevard ?


    Die Linden waren nie ein „Prachtboulevard“. Es gab ein Nobelhotel, Bildungseinrichtungen wie Universität, Bibliotheken und Konzernzentralen.
    Weder große Warenhäuser noch nennenswerte ”In-Orte” oder ” Must-have-to-be's“ die für mich einen „Prachtboulevard“ ausmachen. Dies alles findet man am Kurfürstendamm.


    Was also erwarten Sie?¶

  • Zu einem sogenannten "Prachtboulevard" gehört aber auch die richtige Mischung an Gewerbe, Gastronomie und Kultur. Das alles können die Linden bis jetzt nicht liefern. Dafür aber gefühlte 8 - 10 Souveniershops mit ähnlich, in China hergestelltem Warenangebot. Das ist wirklich zum Weglaufen.

  • Unter den Linden war nie ein reiner Prachtboulevard zum Flanieren. Was nicht heißt, dass daraus kein Prachtboulevard werden könnte. Es wäre sogar folgerichtig, nachdem die Verkehrsverbindung durch das Brandenburger Tor nach dem Mauerfall (nun endgültig) wieder gekappt wurde.


    Aber das ist dann eben keine "Rückbesinnung" oder "Restauration", sondern eine Weiterentwicklung. Für die man, ihr habt einige Anrainergebäude genannt die für einen Boulevard für Flaneure noch fehlen würden, eben nicht nur einfach ein neues Trottoir bräuchte.


    Ansonsten ist natürlich trotzdem einer der eindrücklichsten Spaziergänge für Berlinbesucher (und Berliner) der Fußweg vom Hbf über Reichstag und Brandenburger Tor, unter den Linden, vorbei an den öffentlichen Prachtgebäuden und dem Bebelplatz, zu Musemsinsel und schließlich Fernsehturm/Alex. Wenn ich Regent von Berlin spielen könnte würde ich Unter den Linden sowie Musemsinsel und den Bereich bis zum Fernsehturm zum verkehrsfreien Bereich umformen. Die Vision kann ich also durchaus nachvollziehen. Und wenn die U5 Erweiterung einen echten Mehrwert hat, dann um hier endgültig den Individualverkehr herausnehmen zu können ohne die Verkehrsanbindung kaputt zu machen.


    Solange Frau Lüscher - oder mögliche Nachfolger von ihr - aber der Moderne des 20. Jahrhunderts nachhängen, also im Kern funktionale Trennung, Industriearchitektur und Vorfahrt für Individualverkehr repetieren, glaube ich nicht daran, dass ein atmosphärischer Prachtboulevard für Flaneure mit dem nötigen politischen Willen verfolgt werden könnte.


    In Paris ist man da zB schon weiter, da wird allem Geschrei zum Trotz eine Seite der Seine vom Autoverkehr befreit und den Flaneuren gegeben. Ähnliches halte ich derzeit in Berlin Unter den Linden für politisch nicht durchsetzbar, so reizvoll es auch wäre, eine Flanierachse vom Alex über die Musemsinsel über Unter den Linden bis zum Brandenburger Tor zu schaffen.


    Obwohl es nicht einmal 1,5 km Straße im Fall von "Unter den Linden" sind wählen die Berliner eher bei der nächsten Wahl mehrheitlich die CDU in's Rote Rathaus, als das zu schlucken. Obwohl es, ganz ohne Verkehr und mit einer hübschen Neupflasterung mit gesägtem Kopfsteinpflaster, neuer Stadtmöblierung usw., eine der schönsten Spazierstrecken Europas werden könnte. Und für die ganz Fußfaulen gibt es an beiden Enden, Brandenburger Tor sowie Humboldtforum, zwei nagelneue U-Bahnstationen. Dadurch ist jede Adresse Unter den Linden in maximal 700 m Fußweg von einer U-Bahnstation aus erreichbar. Eigentlich ein "no brainer", sollte man meinen.


    PS: mir ist gerade eingefallen, dass ja sogar ein Halt "Unter den Linden" zwischen Brandenburger Tor und der Museumsinsel errichtet werden wird. Das verkürzt den maximalen Fußweg zu jeder Adresse von Unter den Linden von einer U-Bahnstation endgültig zu einem sprichwörtlichen Steinwurf.

  • Ich habe mir den Begriff "Prachtboulevard" für diesen Straßenzug nicht einfallen lassen.


    Die Berliner Medien von Presse, Funk und Fernsehen sind es, die diesen Begriff seit Jahren strapazieren.


    Scheint hier aber niemanden gestört zu haben.


    Auch ohne diesen Anspruch bleibt mein obiger Befund eines Vierteljahrhunderts nicht realisierter und nun tatsächlich verworfener Pläne berechtigt. Hier zwei etwas in die Jahre gekommene Berichte der Berliner Zeitung, in denen auch von "Promeniermeile" und "Prachtboulevard" die Rede ist :
    http://www.berliner-zeitung.de…s-lange-waehrt---15981962
    http://www.berliner-zeitung.de…uf-die-baustelle-15891124


    Ansonsten gerne mal Frau C. Reich-Schilcher von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung kontaktieren. Sie hat noch vor Monaten bestätigen müssen, daß sämtliche Pläne, die "Linden" entsprechend der realisierten Umgestaltung am Forum Fridericianum auch zwischen Reiterstandbild und Wilhelmstraße zu einer "Flaniermeile" mit verbreiterten Gehwegen umzubauen, zu Gunsten des Autoverkehrs aufgegeben wurden.


    Weiterhin konnten beispielsweise Vorstellungen, die Einmündung der Glinkastraße mit ansprechender, neuer Blockrandbebauung enger zu fassen, bisher nicht konkretisiert werden.

  • Die neue Landesregierung ist noch nicht im Amt, aber über die Ticker sickert gerade durch und wurde auch bei N24 gerade gemeldet, dass die Straße Unter den Linden zur Fußgängerzone werden soll. Einzig Taxis und Busse sollen noch verkehren dürfen.


    Dies würde den Charakter der Straße natürlich signifikant verändern. Es würde sich auch fundamantal auf die Gestaltung des Schlossumfeldes auswirken, weil so natürlich eine Anbindung von Schloss und Lustgarten möglich würde.


    Was haltet ihr von diesen Plänen?

  • Als isolierte Entscheidung wär das wohl reichlich sinnlos. Wie schon durch die Sperrung des Brandenburger Tores wird sich der Verkehr dann noch mehr über die Nebenstraßen wälzen. Bei einer Sperrung der Linden stellt sich außerdem die Frage, ob die durch die alte Innenstadt geschlagene Magistrale Namens Karl-Liebknecht-Straße dann so noch von nutzen ist. Gerade der Abschnitt zwischen Spree und Spandauer Straße wäre dann praktisch eine Sackgasse oder ebenfalls Fußgängerzone. Den einzigen Nutzen den ich sehen, wäre eine wünschenswerte Verbindung von Schlossplatz und Lustgarten. Aber auch das nur theoretisch, wenn Busse und Taxis dort weiter durchfahren.

  • Ich hätte nicht für möglich gehalten, das noch zu erleben. :daumen::daumen::daumen:
    http://www.morgenpost.de/berli…ssgaengerzone-werden.html


    Die zitierte, äußerst plumpe Reaktion der CDU zeigt, wie sehr diese vom Puls Berlins inzwischen entfernt ist. RotRotGrün macht hier genau das, womit die Mehrheit der Berliner zu begeistern sein wird. 40 % der Haushalte Berlins haben nichtmal ein eigenes Auto!

  • Tolle Sache. Der Private PKW in dicht bebauten und stark genutzten Innenstädten ist eh ein Auslaufmodell, und stammt aus einer Ära der Landflucht, in der Städte um ihre Attraktivität fürchteten.


    Ich frage mich schon seit Jahren, wieso ich mit meinem Privatauto diese Straße noch entlangfahren darf, und empfinde den Individualverkehr dort als Abwertung der Lage.

  • Ich weiß nicht, ich finde, rollender Verkehr gehört zu einem großen Boulevard dazu (sage ich als Rad- und Bahnfahrer ohne eigenes Auto). Schon das Wort "Fußgängerzone" hat etwas Provinzielles. Schlimmer als der normale Verkehr sind für die Linden jedenfalls die Dauerbaustellen und der flächendeckende Befall mit Tourischrott-Handlungen. Aber natürlich müsste man sich erstmal die konkreten Umbaupläne anschauen, bevor man urteilen kann.


    Ein Nachteil wäre der von Saxonia erwähnte Ausweichverkehr - z.B. auf die ohnehin schon zu stark befahrene französische Straße. Einen Vorteil hingegen brächte die Entlastung des Lustgartens und des Friedrichsforums vom Durchgangsverkehr. Das wäre schon toll, wenn es dort ruhiger zuginge.


    Allerdings würde ich das Ganze nicht zu hoch hängen: Gerüchte, die - warum auch immer - aus nichtöffentlichen Verhandlungen lecken/lanciert werden, sind noch lange keine beschlossene Politik. Warten wir es ab.

  • ... ,dass die Straße Unter den Linden zur Fußgängerzone werden soll. Einzig Taxis und Busse sollen noch verkehren dürfen.


    Die Aussperrung des Pkw-Verkehrs heißt noch nicht automatisch, dass Unter den Linden dadurch eine Fußgängerzone wird. Wenn Taxis und Busse den Boulevard weiterhin befahren dürfen, bleiben die Fahrspuren als Fahrspuren wohl erhalten. Von Fußgängerzone kann man erst dann sprechen, wenn der Bereich der Fahrspuren zukünftig tatsächlich von Fußgängern benützt werden würde bzw. der Bereich der Fahrspuren in einen Bodenbelag für Fußgänger umgewandelt würde. Unklar ist, wie weit die Umgestaltung tatsächlich gehen soll.

  • "Schon das Wort "Fußgängerzone" hat etwas Provinzielles."


    Provinziell ist 1. Dinge nicht nach ihrem Gehalt zu beurteilen, sondern sich unsicher zu überlegen, ob man dies ggf. als "provinziell" betrachten könnte (das Gegenteil von souveräner Planung also) 2. finde ich ulkig, damit sozusagen Weltstädten wie New York (Fußgängerzone am Times Square, noch nicht alt) oder Paris (Fußgängerzone auf ehem. Schnellstraße am Flußufer, erst kürzlich eingerichtet) zu unterstellen provinziell zu sein, was ist dann eigentlich noch "die echte Provinz" deiner Ansicht nach?


    Ich halte es für hochgradig provinziell, dörflich, die Vorstellung zu haben, mit einem PKW vor jedes Anwesen, auch in Stadtzentren, vorfahren zu müssen und eine Großstadt und deren Urbanität nach dem PKW Aufkommen zu beurteilen. Das war Autoaffinität der 60er, aber passt nicht in eine Stadt, in der rund 40 % der Haushalte gar keinen eigenen PKW besitzen, v. a. nicht jene, die etwas zentraler wohnen, die Berliner innerhalb des S-Bahn Rings haben mehrheitlich kein eigenes Auto und müssen, da kommt das P-Wort in's Spiel, den Verkehr aus der Provinz, aus der Peripherie der Stadt, dem Umland und von Auswärtigen, vor ihrer Tür aushalten, wo sie doch mehrheitlich lieber autofrei - zu Fuß, zu Rad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln - unterwegs sind.


    Wenigstens auf diesem kurzen Stück den Autofahrern aus der Provinz (ja, ich trete es breit) zu verbieten auf und ab zu fahren ist mehr als überfällig. Verkehrlich ist dieses Stück Straße für die Gesamtstadt ohnehin irrelevant, der allergrößte Teil ist schon jetzt Durchgangsverkehr und kein Quell/Zielverkehr der Anlieger von Unter den Linden, zumal diese auch quasi alle durch Rück- und Seitenstraßen weiter erreichbar sein dürften. Der Durchgangsverkehr verteilt sich dann halt um diese Meile herum. Absolut verkraftbar.

  • Die Aussperrung des Pkw-Verkehrs heißt noch nicht automatisch, daß Unter den Linden dadurch eine Fußgängerzone wird. Wenn Taxis und Busse den Boulevard weiterhin befahren dürfen, bleiben die Fahrspuren als Fahrspuren wohl erhalten.


    Nicht unbedingt. In anderen Städten gibt es solche Bereiche, wo nur ÖPNV und Taxen reindürfen, häufiger. Das wird dann nach dem System des "shared space" bordsteinfrei gestaltet (und ist dementsprechend auch verkehrssicher).

  • ^ Einverstanden.


    Finde es sehr passend, daß du hier den Begriff "bordsteinfrei" nennst. Das Feeling einer Fußgängerzone entsteht für den Fußgänger doch erst so richtig, wenn die Fahrspuren mit ihren Bordsteinen zurück gebaut sind.

  • @ Pumpernickel:


    Ruhig, Brauner! Ich habe nur gesagt, das böse F-Wort habe etwas Provinzielles. Ich assoziiere es eher mit Hildesheim als mit New York. Das ist Prägung, dafür kann ich nichts, bitte verzeih mir. Und niemals nicht käme ich auf die Idee, New York als provinziell zu bezeichnen; nicht einmal, wenn man ganz Manhatten zur F-Zone erklärte.


    Aber nun komm' mal runter und lies in Ruhe nach: Ich habe geschrieben, dass ich selbst Rad- und Bahnfahrer ohne Auto bin. Warum wohl? Und warum schreibe ich in diesem Forum ständig für den Ausbau des ÖPNV, den Rückbau der Hauptverkehrsachsen und den Stopp des Autobahn-Ausbaus? Weil ich mir die autogerechte Stadt der Sechzigerjahre wünsche? Kaum. Es ging mir allein um die spezifische Straßenart "großstädtischer Boulevard" - also nicht um's Seine-Ufer, sondern um die Champs Elysees. In Berlin um den Ku'damm und die Linden.


    Außerdem bin ich mir keineswegs sicher, sondern unentschlossen, weshalb ich meinen Beitrag mit den Worten "Ich weiß nicht" eingeleitet habe. Anders als Du gehöre ich nicht zu den Leuten, die sich nach höchstens anderthalb Sekunden eine unumstößliche Meinung über was-auch-immer gebildet haben und binnen Minuten ebenso unumstößlich nachweisen zu können meinen, warum alle anderen falsch liegen. Ich will erst sehen, was konkret geplant ist, und ich muss in Ruhe darüber nachdenken. Es gibt einiges Für und Wider, und ich habe mich noch nicht entschieden. Daran änderst Du auch nichts, selbst wenn Du noch hundert Mal das Wort "Provinz" benutzt. Peace!

  • Je nach dem, welche Artikel man dazu liest, klingt es anders nuanciert. Bisher dürften es lediglich Überlegungen sein.


    Ich bin der Idee bestimmt nicht abgeneigt, den Autoverkehr hier zu reduzieren, besser noch (bis auf die genannten Ausnahmen) komplett zu unterbinden. Das Ganze müsste dann mit einer entsprechenden Umgestaltung (evt. Pflasterung statt Asphalt wie auf dem Pariser Platz, schmale Fahrbahnen nur für Busse/Taxen/Rettungsfahrzeuge/Anlieger, breite Fahrradspuren usw.) einhergehen. Die Querung der Linden entlang der Friedrichstraße und wohl auch Glinka/Neustädtische Kirchstraße müsste am besten nur im Schritttempo erlaubt sein. Nur so könnte es die Aufenthaltsqualität deutlich verbessern.


    Ich bezweifle aber, dass es am Ende so kommen wird. Viele sicher gute Überlegungen der möglichen neuen Berliner Regierung werden sicher scheitern, u. a. an der Autolobby, dem Unwillen der SPD, dem Geld...


    Aber schön wär's trotzdem. :)

  • Hier noch weitere Meldungen zu den Plänen:


    http://www.bild.de/regional/be…werden-48575922.bild.html


    http://www.berliner-zeitung.de…-autofrei-machen-25022082


    Ich finde, dass zumindest eine Teilsperrung der Straße erwogen werden sollte, zumindest vom Schloss bis zur Friedrichstraße. So könnte der Lustgarten mit dem Schloss verbunden werden und das Forum rund um den Bebelplatz viel besser erlebt werden. Die Nordsüdquerung über die Friedrichstraße bleibe aber erst mal erhalten. Vielleicht wäre das ein Kompromiss und wenn dies positiv ankommt könnte man ja in einem zweiten Schritt überlegen, ob man die Verkehrsberuhigung für den PKW-Verkehr bis zum Brandenburger Tor verlängert.


    Allerdings frage ich mich wieder, wie das von der Planung praktisch ablaufen soll. Erst im nächsten Jahr will man das also beginnen zu prüfen. 2019 soll dann aber alles fertig sein. Wie soll das funktionieren? Wenn man solch eine gravierende Entscheiidung trifft, hätte das ja fundamentale Auswirkungen auf die Straßen- und Raumgestaltung insbesonere rund ums Berliner Schloss. Dies würde dann ja eigentlich einen völlig neuen Wettbewerb zur Umfeldgestaltung notwendig machen.


    Wann soll das aber bitte noch geschehen, wenn erst nächstes Jahr überhaupt geprüft werden soll, das Forum aber bereits 2019 eröffnen soll. Gleiches gilt ja für Unter den Linden. Wenn die U-Bahn Baustelle verschwindet, muss der oberirdische Bereich ja neu gestaltet werden. Das wird aber ja auch nicht mehr so lange dauern. Da müsste man dann ja schon wissen, ob man für den aktuellen Zustand mit Autos oder eben als Flaniermeile für Fusgänger plant.


    Ich stehe dem Vorschlag zumindest für den östlichen Teil der Linden sehr positiv gegenüber. Nur müsste man dann jetzt handeln.

  • Absurder Vorschlag!

    Ein wirklich absurder Vorschlag! Gibt es mitten in Paris zwischen den berühmtestes Sehenswürdigkeiten solche Fußgängerzonen? Wo sollen die 1,2 Millionen PKW in Berlin bleiben, wenn die Stadt immer mehr zu einem Biotop gemacht wird? Es wird immer darauf verwiesen, dass es wenig Autos in der Stadt gäbe. Pro Einwohner mag es stimmen, trotzdem wächst die Zahl der PKW seit Jahren wieder. Das erwähnt aber niemand!

  • Eine Meile Straße in Mitte hat keinerlei Einfluß auf die Verkehrsverbindungen und Verkehrslage in Gesamtberlin. Hier zu opponieren ist pure Symbolpolitik, "aus Prinzip", du stellst es ja selbst dar wie du mit der Gesamtsituation bzgl. PKW unzufrieden bist und deswegen sprichst du hier von einem absurden Vorschlag. Im Übrigen sei angemerkt, dass die Zahl der PKW langsamer wächst als die Zahl der Einwohner, also nicht einmal proportional, außerdem würde ich meinen, dass das Millionenprojekt A100 durchaus zeigt, dass der Senat eben nicht gezielt Politik gegen PKW macht. Dem PKW wird lediglich nicht mehr die Vorfahrt eingeräumt, das ist korrekt.


    Ich hoffe sehr, dass diese Sachfrage nicht in den ideologischen Grundsatzstreit über das Pro und Kontra der automobilen Stadt hineingezogen wird.
    Ich prophezeie, hinterher wird es niemand mehr anders haben wollen, so wie es seinerzeit Opposition gegen die Schließung des Brandenburger Tors gab und sich heute auch der größte Automobilist wohl kaum noch vorstellen kann, den Pariser Platz wieder in eine Hauptstraße zu verwandeln (der übrigens auch nur verkehrsberuhigt ist, Räder und Taxen dürfen darauf verkehren).

  • Hier würde ich gern auf das rot-grün regierte Wien verweisen: Neben der Kärntner Straße, dem Graben und dem Kohlmarkt in der Innenstadt, die schon in den 90er-Jahren zur Fußgängerzone umgebaut wurden, ist seit ungefähr zwei Jahren die Mariahilferstraße - die Hauptgeschäftsstraße Wiens - verkehrsberuhigt, teilweise für den MIV auch komplett gesperrt. Obwohl die Straße auch vor dem Umbau schon stark frequentiert war, ist seit der Fertigstellung eine extrem positive Entwicklung zu verzeichnen. Die vorher fast ausschließlich von Einzelhandel geprägte Geschäftsstraße war normalerweise ab 18 Uhr (die meisten Geschäfte schließen in Wien zwischen 18 und 19 Uhr) recht verweist und öde. Neue Restaurants, Bars und kleine Clubs beleben die Straße nun auch nach Geschäftsschluss.


    Besonders die populistische FPÖ (ähnlich unserer AfD) hat anfangs gegen den Umbau geschossen - die Mahü sei schließlich mit der West-Einfahrt am Wien-Fluss die einzige Stadteinfahrt aus Richtung Westen. Seit der Fertigstellung der Straße ist sämtliche Kritik verstummt, rot-grün mittlerweile wiedergewählt, die FPÖ im 6. und 7. Bezirk nur mit geringen einstelligen Werten noch im Bezirksrat vertreten und weitere Fußgängerzonen sind angekündigt. So soll in Zukunft die Favoritenstraße zum Fußgänger-Boulevard zwischen Karlsplatz und Hauptbahnhof umgebaut werden.


    Hier mal ein eine Homepage zum Mahü-Umbau:
    http://www.dialog-mariahilferstrasse.at



    Auch wenn Unter den Linden nur schwer mit der Mahü zu vergleichen ist, halte ich eine Fußgängerzone zwischen Brandenburger Tor und Marx-Engels-Forum für einen ganz großen Wurf. Natürlich kommt es dabei auf die Detailplanungen an. Ich bin gespannt!


    Übrigens: Weil weiter oben das Stichwort Paris gefallen ist: http://www.spiegel.de/reise/st…rpromenade-a-1114017.html

  • Ich bin reiner Fußgänger, habe niemals einen Führerschein gemacht und besitze kein Fahrrad und auch keine Monatskarte, ich habe mehr als 10 Jahre in der Nähe gewohnt – ich bin/war also auf der höchste Stufe der möglichen privaten Profiteure einer Fußgängerzone. Aber ich halte von diesem Vorschlag rein gar nichts.
    Die Bürgersteige sind bereits überdimensioniert und mehr als ausreichend. Es gibt dort quasi keine Geschäfte (höchstens Showrooms) und auch sonst keine Möglichkeiten für eine Entwicklung, die durch eine Fußgängerzone initiiert werden könnte. (Ganz im Gegensatz zur Mariahilfer) Einzig billiger mobiler Touri-Tralalala würde dort auf sinnbefreiten Freiflächen entstehen, während im direkten Umfeld, die Aufenthaltsqualität durch den verlagerten Verkehr gemindert werden würde. Im Umfeld ist ein erhöhtes Verkehrsaufkommen wesentlich problematischer.


    In naher Zukunft werden im Individualverkehr sowieso leise und emissionsfreie Elektromobile dominieren. In den 20 Jahre, die der Wandel benötigen wird, noch aus eher ideologischen Gründen Straßen umzuwidmen, das ist reiner Aktionismus. Immer her mit Fußgängerzonen, aber dort, wo sie angebracht sind.


    Eine Sperrung vom Brandenburger Tor bis zur Friedrichstraße wäre wesentlich sinnvoller, aber auch die ist nicht nötig.