Rund um den Kudamm (westl. der Fasanenstraße)

  • ^ Genau, und auf dem Höhepunkt der Moderne (bis Ende der 70er) waren sie zu jung, um großen Einfluss auf Architektur und Stadtplanung zu haben. Aber wer braucht schon Fakten, wenn er ein schönes Feindbild hat.

  • Ich fürchte das Problem ist hier - ähnlich wie in Lichtenberg - der Bebauungsplan.

    Dort ist das Gebiet nördlich der Lietzenburger Straße als Kerngebiet ausgewiesen.

    Das erlaubt

    6. Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,

    7. sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

    Das Gebäude wurde offensichtlich als Wohngebäude errichtet und ist nur schwer für andere Zwecke nutzbar.

  • will man aber einen altbau abreißen heißt es nur: ach, der ist nur durchschnittlich, ne allerweltskiste, stangenware ...

    dass altbauwohnungen verschwinden und durch büros ersetzt werden ist dann überraschenderweise völlig egal und stört kaum jemanden.

    Das stimmt doch so pauschal überhaupt nicht. Kannst Du mal bitte sagen, woran Du das festmachst?

  • Das stimmt doch so pauschal überhaupt nicht. Kannst Du mal bitte sagen, woran Du das festmachst?

    natürlich kann ich das 🙂

    ich habe jetzt nicht meine persönliche einschätzung dazu aufgeführt, sondern einfach vorherige kommentare wiedergegeben.


    zb hier:

    Ne Allerweltskiste war der Bestandsbau zum Zeitpunkt seiner Entstehung ebenso ...


    Manchmal habe ich bei der Emotionalität hier wirklich das Gefühl, man fürchte das Aussterben des Berliner Stangenware-Altbaus. Der wird der Stadt noch lange erhalten bleiben... viele wirds freuen - einige andere eben nicht.


    oder hier:

    Mir scheint das Gebäude (auch wegen der Renovierungen und dem etwas schäbigen Erhaltungszustands, allerdings) eigentlich recht durchschnittlich


    Umgekehrt finde den geplanten Neubau (...) zeitgemäß und hebt sich von früherer Architektur ab.

  • mr_ilaischa, das ist schon ein starkes Stück. Ich hatte klar gesagt, dass ich den Abriss des Altbaus bedauerlich fände und habe den Erhaltungszustand nicht als Argument für den Abriss verwendet. Da ich dennoch missverstanden wurde, habe ich danach noch einmal glasklar betont, das ich gegen den Abriss bin. Dass Du das offenbar dennoch nicht verstanden hast, ist schwer zu glauben und spricht dann nicht für Deine Auffassunggabe, ist aber Dein Problem. Ich verwahre mich aber dagegen, dass Du meinen Beitrag noch Wochen später als Beleg für eine Ansicht oder Haltung anführst, die ich nicht teile.

  • Wenn ich den Strang korrekt verfolgt habe, hat sich hier niemand über den Abriss gefreut. Ich tue das auch nicht, sondern finde ihn im Gegenteil sehr ärgerlich. Mich stört aber die Überhöhung eines normalen Gründerzeitlers zum Baudenkmal und des Abrisses zum Skandal.*

    Das Gebäude wurde offensichtlich als Wohngebäude errichtet und ist nur schwer für andere Zwecke nutzbar.

    Soweit ich weiß, ist das Gebäude zuletzt als Billig-Hotel oder Pension genutzt worden. Folglich dürfte es im Innern sehr verbaut und verbraucht sein. Hier liegt wahrscheinlich das Problem: Als Hotel nicht mehr rentabel, als Bürohaus unattraktiv und als Wohngebäude nur nach einem kompletten Neuaufbau des Innenlebens zu gebrauchen. Entsprechend dürften für den Abriss nicht "die Alt-68er" verantwortlich sein, sondern ein Investor mit einer Kosten-Nutzen-Analyse.


    *Bevor hier jetzt einer schreibt, wenn es ein 60er-Jahre-Bau wäre, dann hielte ich es aber für einen Skandal: Nein. Beleg zum Beispiel hier.

  • Wenn ich den Strang korrekt verfolgt habe, hat sich hier niemand über den Abriss gefreut. Ich tue das auch nicht, sondern finde ihn im Gegenteil sehr ärgerlich. Mich stört aber die Überhöhung eines normalen Gründerzeitlers zum Baudenkmal und des Abrisses zum Skandal.*

    Danke! Um nichts Anderes ging es mir - weder habe ich den Nachfolgebau als Gipfel der Baukunst gefeiert, noch Wort zur Umwidmung von Wohnraum in Büroflächen verloren oder einen Flächenabriss der Gründerzeitquartiere gefordert. Aber dieses fetischartige Klammern an jeden beliebigen Altbau - und ja, diese waren Investorenarchitektur und Stangenware Ihrer Zeit - kann ich nicht nachvollziehen.


    Warum Altbauten so beliebt sind? Na schauen wir uns doch an, was es an Alternativen gibt: Großbestände des sozialen Wohnungsbaus östlicher und westlicher Ausprägung und zwischendrin kaum ansprechende, bezahlbare, moderne (im Sinne von zeitgenössisch) Wohnbauten. Da wundert es mich nicht, dass der sanierte Altbau vorgezogen wird - sollte es jedoch dazu kommen, dass über die Jahre großräumig ästhetisch und auf die Bedürfnisse eingehend wiederum "modern" gebaut wird, könnte dieses Verhältnis kippen...


    Die Beiträge zu den 68ern usw. wurden in die Lounge verschoben.

  • Anbei eine kurze Info zur Bleibtreustraße 48, BV wurde von Backstein erwähnt.

    Auch wenn ich meist für den Erhalt von Altbauten plädiere: Etwas Recherche ergibt (Quelle Morgenpost), dass es sich zumindest hier nicht um einen großartigen Gründerzeit-Altbau, sondern eher eine Behelfsbau handelte. Sicherlich charmant genutzt, aber nun wahrlich kein architektonisches Wunderwerk.

    Der Investor Primus Immobilien AG ist für mondäne, stilsichere Bauten bekannt geworden, es könnte in Kombination mit den Architekten Axthelm Rolvien also interessant werden.

    Fotos vom Abriss gibt es im Nachbarforum.
    (Foto: Lea Verstl Mopo)


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  • überspitzt formuliert gibt es bei fast jedem nachkriegsblock ne demo, wenn ein abriß geplant ist. es wird wohnungserhalt gefordert oder (aktuelles beispiel) die unterbringung für obdachlose.

    Neuerdings wird immer die (ökologische & ökonomische) Nachhaltigkeit als Argument ins Spiel gebracht, wenn es um den Erhalt von Nachkriegsarchitektur geht. Interessanterweise hat die Nachhaltigkeit noch nie eine Rolle gespielt, wenn Altbauten abgerissen werden. Diese Einseitigkeit ist ziemlich offensichtlich.

  • Mein Eindruck ist auch nicht, dass die lautesten Verfechter der Moderne dieser Generation angehörten, viel eher derjenigen in ihrem Schatten sozialisierten (also von Leuten, die ca. 1975-1990 erwachsen geworden sind), mithin den sogenannten "Boomern". Die 68er-Generation ist eigentlich mit Gerhard Schröder und Konsorten weitgehend abgetreten.

    Auch wenn es ein bisschen Off Topic ist, aber die Boomer sind ja eben genau NICHT die ab 1975 geborenen, sondern die Generation davor. Die letzten geburtenstarken Jahrgänge waren die ganz frühen 1970er, danach kommt die Generation X und ich glaube, genau auf diese zielst du ab.


    Den Abriss in der Lietzenburger finde ich auch einen Skandal, eben aus den genannten Gründen: Vor ein paar Jahren saniertes Dach, sehr solide Bausubstanz und bei Sanierung gehen die Wohnungen weg wie warme Semmeln. Allein aus Nachhaltigkeitsaspekten reißt man solch ein Haus heute NICHT mehr ab, ganz unabhängig davon, dass auch baukulturell jeder Abriss eines mehr als hundert Jahre alten Hauses sehr kritisch gesehen werden muss.

  • Neuerdings wird immer die (ökologische & ökonomische) Nachhaltigkeit als Argument ins Spiel gebracht, wenn es um den Erhalt von Nachkriegsarchitektur geht. Interessanterweise hat die Nachhaltigkeit noch nie eine Rolle gespielt, wenn Altbauten abgerissen werden. Diese Einseitigkeit ist ziemlich offensichtlich.

    Die Passiv-Konstruktion "wird" lässt offen, wer hier Nachkriegsarchitektur gegen Abrisse und wem Altbauten vermeintlich egal seien. Kannst Du sagen, wen Du meinst?

  • Anbei eine kurze Info zur Bleibtreustraße 48, BV wurde von Backstein erwähnt. ...

    Auch wenn es eventuell kein schwerwiegender architektonischer Verlust ist, verschwand mit dem Zillemarkt doch eine Charlottenburger Institution aus der Nachkriegszeit. Zudem verschwand eine weitere traditionelle Berliner Gaststätte bzw. Biergarten mit typisch Berliner Gerichten. Diese Stadt vermag es leider nicht, ein wie auch immer geartetes regionaltypisches kulinarisches Erbe zu bewahren, im Gegensatz zu anderen deutschen und europäischen Metropolen.

  • ....Diese Stadt vermag es leider nicht, ein wie auch immer geartetes regionaltypisches kulinarisches Erbe zu bewahren, im Gegensatz zu anderen deutschen und europäischen Metropolen.

    ... diese Stadt vermag recht eigentlich ich möchte nicht "garnichts" sagen, so aber doch einen Grossteil auch des kulturellen Erbes wozu einzelne Gebäude wie auch ganze Ensembles oder auch Gärten unterschiedlichster Epochen gehören, nicht zu bewahren. Kein Wunder wenn man immer nur damit beschäftigt ist zu werden und nicht zu sein, hat man für die Vergangenheit erst recht keinen Sinn, von touristischen Highlights einmal abgesehen. Ich habe jetzt über 30 Jahre in Berlin verbracht und im letzten Jahr hatte ich das Gefühl, dass sich die Stadt gerade wieder einmal neuerfindet. Das würde mit der These, mir fällt gerade nicht ein wer diese aufgestellt hat, dass sich Gesellschaften und Städte ca. alle dreissig Jahre erneuern und dass ziemlich rücksichtslos auf das zuvor erschaffene, einhergehen.

    Von diesen einstöckigen Kriegsüberbleibseln gibt es noch einige auch in guten Lagen wie die Leiser-Filiale am Tauentzien oder die Südseite des Nolli oder die Ecke Motzstrasse/Eisenacherstrasse. Ich fand diese speziellen Situationen immer Berlintypisch.

    Wenn diese jetzt nach und nach verschwinden.. eigentlich nur ein natürlicher Prozess und mein Bedauern darüber nichts als Nostalgie.

    Einmal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Nur Nostalgie würde ich nicht behaupten. Ja, architektonisch sind halbe Ruinen oder Provisorien natürlich nicht der Knaller, aber dort findet man eben auch die urigsten und authentischsten Gaststätten. Mit vielen witzigen kleinen Details und WirtInnen die das wirklich als Berufung sehen und nicht das komplette Gewerbe durchtakten. Oder Biergärten, das ist ja auch nicht "nichts" sondern bei immer mehr Verwertungsdruck von Grundstücken durchaus etwas das seltener wird. Mir wäre lieber, man würde so etwas in eine Neuplanung integrieren oder zumindest eine Hommage schaffen anstatt immer rigoros alles abzuräumen.

  • Zudem verschwand eine weitere traditionelle Berliner Gaststätte bzw. Biergarten mit typisch Berliner Gerichten.

    Ich kenne den Zillemarkt nur vom Vorbeilaufen und vom Draufgucken aus dem Zug. War ziemlich erschrocken, als er plötzlich weg war. Hatte viel Flair, der Laden. Vermutlich aufgegeben wegen Corona, wa?


    Für authentisches Berliner Kneipengefühl empfehle ich das Anna Koschke in der Krausnickstraße – keine Ahnung, wie die in der Ecke überleben bei 3 Euro nochwas für die hausgemachte Boulette. Echte Arbeiterkneipen-Atmo gibt es bei mir in der Gegend noch im Willy Bresch in der Danziger/Ecke Greifswalder. Da glaubt man nicht, im Prenzlauer Berg zu sein...

  • Im Bereich der jetzt abgerissenen Gaststätte Zillemarkt gab es wohl auch vor dem Krieg keine Bebauung. Es gab m.W. nur eine schmale Stichstrasse parallel zum Bahndamm in Richtung Knesebeckstr. Deswegen auch die eigenartige Hausnummer 48A. Die Strasse wurde nach dem Krieg geschlossen und es entstanden erst Garagen, später in den 70ern dann der größte Trödelmarkt Westberlins mit dem Namen Zillemarkt. Daher war in der Gaststätte später auch das Strassenpflaster am Boden noch sichtbar. Im hinteren Teil gab es einen schönen Biergarten. (Fotos vom Zillemarkt gibt's hier)

  • Lietzenburger Straße 76


    Erst habe ich den Projektentwickler bezüglich des Projekts angeschrieben, der mich daraufhin auf das Stadtentwicklungsamt von Charlottenburg-Wilmersdorf hingewiesen hat - diese seien ja schließlich für die Genehmigung verantwortlich.


    Nach ein paar Wochen habe ich schließlich eine Antwort von einer Kollegin des aktuellen Bezirksstadtrats Schmidt-Grethlein erhalten. In Ihrer Begründung erklärt sie zunächst, dass das aktuelle Bauplanungsrecht grundsätzlich das Bauvolumen von Neubauten stark eingrenzt - wodurch der Abriss von Gründerzeitlern mit ihrer hohen Versiegelung generell unattraktiv sei.
    Daraufhin schreibt sie, ich zitiere: „Bei dem Vorhaben Lietzenburger Straße 76 war es jedoch so, dass mit dem Neubau eine geringere Versiegelung als im Bestand geplant ist. Denkmalschutz besteht für das Haus nicht“. Ich vermute der Punkt zur Versiegelung soll bedeuten, dass der Abriss aus ökologischer Sicht durch eine geringere Versiegelung des Neubaus etwas ausgeglichen wird.

    Am Ende versichert sie mir, dass eine geplante Dach- und Fassadenbegrünung zusätzlich den ökologischen Anforderungen entgegenkommt ;)


    Kurz gesagt: Wenn kein Denkmalschutz besteht, kann der Investor theoretisch beliebig abreißen, wenn ein paar ökologische Kniffe am Entwurf erkennbar sind...

  • Hier übrigens noch ein alternatives Beispiel ein paar Häuser weiter. In der Lietzenburger 96 wurde ein vergammelter Altbau ganz anständig saniert. Dadurch kommt der Bau nicht nur seinem Wesen wieder näher, man merkt vor allem, dass das eigentliche Gepräge der Lietzenburger als typischer Straße Wilmersdorfs - trotz des heutigen Verkehrs - ohne weiteres noch herauszuarbeiten ist.


    https://www.architekt-heinrich…19-berlin-charlottenburg/


    Zustand vor Sanierung:


    https://model2.de/light/null.G…enburgerstrae96vr4j2r.jpg


    Wegen mangelhafter Quellenangabe geurlt.

  • An der Ecke Lewishamstraße / Sybelstraße wird ein Gebäude aus der Nachkriegszeit abgerissen. Der Entwurf des Neubaus von Bertsch Architekten ist nun öffentlich, es gibt jedoch drei Varianten mit unterschiedlichem Fassadenmaterial.


    Insgesamt ist der Neubau relativ anspruchslos, die Backstein- oder Tonziegelfassade wäre gegenüber einer schlecht alternden Metallfassade jedoch die beste Ausführung des Entwurfs.


    Alle Infos zum Entwurf und der Bestandssituation sind auf der Website des Architekten zu finden.


    Viel wichtiger für diese Ecke Cahrlottenburgs wäre jedoch eine Neukonzeption des Stadtraums an der Lewishamstraße. Die autobahnähnliche, zerschneidende Verkehrsachse macht eine Aufwertung der Gegend zu keiner einfachen Aufgabe..