^ "Arrogant, überheblich und dumm?" Vielen Dank für die Blumen, sehr freundlich! Nur leider scheint mir Snirtjes Vorbehalt gegen mich auf dem Irrtum zu beruhen, ich würde – gewissermaßen als Radikal-Pazifist – schon die Ausbildung von Offizieren moralisch verdammen. Habe ich aber nirgends getan. Ich habe das Wort "Kriegsschule" widerlich genannt, weil es den Krieg sprachlich als Lernziel definiert: Wer die Musikschule besucht, will Musik machen, und wer die Kriegsschule besucht, soll Kriege führen. Es ist ein historischer Fortschritt, dass die Offiziere der Bundeswehr heute an einer "Führungsakademie" ausgebildet werden, denn Führung von Streitkräften umfasst mehr als die Planung und Durchführung von Kriegen – und mit etwas Glück diese gerade nicht.
Das gilt es gerade vor dem Hintergrund der prekären Mächtekonstellation am Vorabend des I. Weltkriegs zu betonen – es ist ja eben nicht so, dass die Ausbildung an den Kriegsschulen die deutsche Militärführung dazu befähigt hätte, auf diese "existenzielle Herausforderung" angemessen zu reagieren. Im Gegenteil herrschte dort immer noch das Konzept vom Krieg als Fortsetzung der Politik vor, das historisch tradiert war und von Preußen letztmalig Mitte des 19. Jahrhunderts im Prozess der Reichseinigung eingesetzt wurde. Diese Vorgehensweise hatte sich aber schon 1871 nur angesichts der überschaubaren Konfliktlage geeignet und war 1910 durch die Entwicklung der Waffentechnik endgültig zu einem unkalkulierbaren Risiko geworden.
Es hätte vielleicht anders laufen können, wenn in der wilhelminischen Armeeführung nicht nur Kriegsstrategen gesessen hätten, sondern auch ein paar Skeptiker mit dem Hinweis, das 1871 lange vorbei sei und ein Zwei-Frontenkrieg mit dem von inneren Unruhen gebeutelten Österreich-Ungarn als Verbündetem reines Vabanque-Spiel. Skepsis und Nachdenklichkeit waren zu Zeiten des wilhelminischen Hurra-Patriotismus allerdings keine geschätzten Tugenden. Und dazu passt eben leider auch die Kriegsschule.
@ Konstantin: Der moralische Zeigefinger a lá "Astrid Lindgren ist eine böse Rassistin, weil sie 1950 das Wort 'Negerkönig' geschrieben hat" gehört tatsächlich sofort gesenkt. Billig wäre es aber, aus dem Hinweis auf sich veränderndes Zeitbewusstsein ein Kritikverbot zu basteln. Im 20. (und auch im 19. oder 21.) Jahrhundert gab und gibt es eine ganze Menge "Begrifflichkeiten", deren Verwendung zahllosen Menschen das Leben zur Hölle macht(e). Auf deren Kritik würde ich ungern verzichten.
@ Snirtje Bra: Ich verteile aus Prinzip keine Rotbewertungen, deshalb auch hier nur folgender Hinweis: Wenn Du Dir an Deinem Rechner ausmalst, ich hätte mich beim Schreiben eines Beitrags "moralistisch selbst befeuchtet" – dann ist das immer noch Deine merkwürdige Phantasie, und nicht mein "widerliches Verhalten".