Lieber Camondo, ich verstehe meiner Ansicht nach, den Projektitel nicht „Nicht“, sondern einfach nur etwas anders.
Man muss aber auch nicht in allem, einer Meinung sein. Erst recht nicht bei einem launigen Vermarktungstitel der scheinbar so viele Deutungen zulässt.
Ich hab mich dazu hinreißen lassen, zu erwägen, dass man mit diesem kecken Titel „Light & Shadow“ (und nicht etwa Light @ Schadow[strasse]), die Absicht hatte a Point ein raffiniertes, durchdekliniertes Konzept für das Bauprojekt zu beschreiben.
Das nahe Haus eines fremden Baumeisters, als Lebensmittelpunkt Schadows, und die Straße, die ihm von Amts wegen gewidmet ist, sind vielleicht willkommene Begleiter aber dabei eher sekundär.
Die darin enthaltene Quell-Domäne als Motiv für den Neubau, steht f.m. dabei eigentlich als Elefant aufm großen Onkel und ich hoffe sehr dass Schadow, falls wenn schon nicht dem Bauherren, wenigstens dem Architekten ein Begriff ist.
Schadow, Begründer der im 20jhd. verendeten, bedeutenden und variantenreichen Berliner Bildhauerschule, dessen Quadriga quasi um die Ecke aufm Brandenburger Tor parkt, der zahlreichen Bauschmuck für die bedeutendsten Architekten des klassizistischen Berlin, wie Langhans, Gilly und Schinkel lieferte, ist so ein Aufhänger für ein architekturbezogenes Projekt, dass ich wirklich nicht davon ausgehen möchte - dass der Projekttitel sich mit seichtem wortklamauk zur ört. Situation begnügt.
Ich erwarte auch gar kein Marmorpuppenkarussel mit Schadowfigürchen- eher Interpretation, eine glaubhafte Auseinandersetzung mit dem Thema und eine Plastizität, die über das bemühte Stapeln von Betonplatten mit Verschattungen hinaus geht.
So was findet sich als Effekt in allmöglichen Zweckrational entwickelten Betonwürfeln - die es bis zum erbrechen in dieser Stadt gibt und ich sage bitte nicht noch mehr davon und schon gar nicht hier.
Das Wortspiel, light und Schadow, bietet n.m.V das plastische und Skulpturale als Leitmotiv unter der Prämisse Schadow an.
Da erwarte ich eine nachvollziehbare, angewandte erkennbare Auseinandersetzung und keinen Plattenbau.
Ich denke da an die Spannung, die sich aus dem Statischen und Leblosen mit der sensuellen Stimulation aus der lebendigen Textur eines
Reliefs ergibt, das erst aus der Akkumulation von Licht und Schatten seine Tiefe und plast Würze erhält.
An Schadow als Erkennbare Referenz, für die so nicht mehr in Erscheinung tretende, selbstverständliche Bedeutung der bild. Kunst für die Gesprächigkeit, Ausstrahlung und Vervollkommnung von Architektur.
Die Balkonierte Ecke des Neu- Baues könnte man sehr wohlmeinend als Skulptural bewerten.
Die durch die Etagen regelmäßig, abklappende Anordnung der Wände um eine Achse geriert sich für mich jedenfalls so.
Das ganze bleibt aber,
für mich wenig originell und in diesem Betonplattenstaccato auch nicht besonders neu und kreativ.
Der Rest des Gebäudes ist simples Raster das auch nicht durch die in der Visu angedeuteten Schattenfugen auf mich plastischer wirkt.
Von Zafari kenne ich bereits das mir als äußerst unangenehm und befremdend erscheinende Gebäude in der Waisenstrasse/Klosterstrasse, mit seinen hässlichen abwehrenden Vergitterungen im Erdgeschoss.
Dieser formale und ästhetische Snobismus, der seinen eigenen elitären Anspruch in der Umsetzung nicht durchhält, wäre im Tiergarten hinter Busch und Borke wohl besser zu ertragen gewesen, als ausgerechnet in der historizitären Beschaulichkeit, kleinbürgerlicher Enge die man als altberliner Stadt- Preziose in der Waisenstrasse vorfindet.
Zur allgemein, eher matten Wahrnehmung der Denkmalwerte und strukturellen Randständigkeit mitten im hist. Zentrum fällt einem nichts besseres ein als diesem noch mal eine grelle Millionärsfinka in billiger WDVS-Decke zur Seite zu stellen.
Dieses Gemisch aus Kalkweißer Wand und Gefängnisgitter, hiebt jeder urbanen Logik die man sich für die Innenstadt- Entwicklung wünschen würde, gekonnt erst mal ne klatsche ins Gesicht.
Ich pers kann auf weitere solcher
Eindrücke in Mitte sehr gut verzichten und sehe auch in dem jetzt geplanten Gebäude von Zafari, keine wirkliche ästhetische und bautypologische Errungenschaft für die Schadowstrasse.
Wie so ziemlich jeder Neubau auf der Ecke, ist auch das ein Baustein, der die sterile Ödnis und athmossphärische Erschöpfung dort, auf Jahrzehnte mitformt und die dortige katastrophale Stadtentwicklung zu einem autistischen, Exclusivdistrikt von geringem sozialen Wert bestärkt.
Es wird wohl Taktik sein sich in der Nähe eines der Prominentesten Wahrzeichen der Republik, in funktionaler Armut und ästhetischer Tristesse einzuigeln, damit sich der Plebs für diesen Teil der Stadt geringstmöglich interessiert und urbane Regungen abgewehrt bleiben.
Mit dem Otto Wels Block, dem Selbertbau, und dem neuen Bundestagsbürokratenbau zur Dorotheenstraße, ist die Bannmeile praktisch schon jenseits der Wilhelmstraße auf die Schadowstrasse vorgezogen - das bleibt auch durch die 2 monofunktionalen Apartementbauten unbehelligt die wohl kaum eine Klientel unterhalten, die in diesem Umfeld ihren schnöden Lebens-Alltag organisieren müssen.
Vielleicht erklärt sich daraus dann auch der von mir gescholtene uneloquente Look des Bauvorhabens mit dem Charme eines Beton-Parkhauses aus den 70er, 80er Jahren.
Mich berührt der Bau nur negativ und ich sehe dann im Titel auch nur eine sophistische marketingblase mit viel heisser Luft.
Tragisch dass man heute mit Schadow so wenig anfangen kann.