Technisches Rathaus und Umfeld - Neugestaltung nach Abriss

  • Hier einmal der gesamte Antrag des BFF sowie die sehr interessante Begründung im genauen Wortlaut:

    Der nicht mehr strittige Abriss des Technischen Rathauses bietet eine unwiederbringliche Chance für Frankfurt. Denn damit wird ein Areal von großer geschichtlicher Bedeutung und Tradition frei für eine städtebauliche Neugestaltung im Geist der Rückbesinnung: Planung und Realisierung der künftigen Gestaltung sollen sich am Erscheinungsbild dieses Bereichs der Altstadt vor der Zerstörung im 2. Weltkrieg orientieren.


    Historisch wertvolle Gebäude im Bereich des ehemaligen „Hühnermarkts“ und des „Krönungswegs“ wie die „Goldene Waage“, „Rotes Haus“ oder das einst von Goethe bewohnte, in seinen Werken verewigte „Haus der Tante Melber“ sollen deshalb als architektonische Leitbauten rekonstruiert werden.


    Die Stadtverordnetenversammlung möge deshalb beschließen, dem Magistrat aufzuerlegen:


    - Die künftige Straßen-/Gassenführung soll sich wieder an dem über Jahrhunderte gewachsenen Vorbild orientieren
    - Die bebauten Parzellen sollen an das kleinteilige historische Vorbild angelehnt sein.
    - Die Architektur soll der Vorkriegsbebauung optisch verpflichtet sein. Die Fassaden einiger besonders markanter Gebäude und der Platzcharakter des „Hühnermarkts“ mit dem Stoltze-Denkmal werden stilecht rekonstruiert. Althergebrachte Baustoffe und Dachformen sollen Verwendung bringen. Innenbereiche sind nach modernstem Stand zu fertigen.
    - Der Straßenbelag wird einheitlich aus historisch stimmigen Pflastersteinen gestaltet.
    - Der jetzige „Archäologische Garten“ bleibt - ähnlich wie das „Museum Judengasse“ am Börneplatz - als Kellergeschoss der künftig darüber entstehenden Gebäude erhalten.


    Begründung:


    Auf dem Areal des zum Abriss bestimmten Technischen Rathauses sowie um dieses herum befindet sich die Keimzelle der historischen Stadt. Hier lag über Jahrhunderte ihre Seele. Die endlich möglich werdende Entwicklung eines besonderen städtebaulichen Bereichs, der bis 1944 zum Zentrum Frankfurts gehörte, verlangt eine sehr sensible Behandlung.


    Das Areal zeichnete sich durch hohe Wohndichte und lebendige Urbanität aus. Bestimmte Bautypen - es waren in der Regel schmale, hohe Giebelhäuser - dominierten die mittelalterliche Altstadt bis zu den verheerenden Bombenangriffen 1944: Gotische Massivbauten mit Treppengiebeln (ähnlich dem Römer), Fachwerkbauten, oft mit massivem Untergeschoß, sowie eingestreute dreigeschossige Patrizierhäuser, oft aus der Barockzeit.


    Die unveränderte Beliebtheit der beiden markantesten historischen Nachkriegs-Rekonstruktionen in Frankfurt - Alte Oper und Ostzeile des Römerbergs - belegen das Bedürfnis der Bürgerschaft nach sinnlich erfahrbarer Einbettung der Vergangenheit in die Gegenwart. Bevölkerung wie Besucher suchen mehr denn je nach Orten, die ihnen Geborgenheit und Schönheit vermitteln.


    Das Wiedererstehen eines zerstörten Altstadtbereichs als Teil städtebaulicher Wiederbesinnung bietet Möglichkeiten für Frankfurt, die ein weiterer architektonisch austauschbarer Hotel- und Bürokomplex wohl endgültig verspielen würde.


    Die historische Lösung der Neugestaltung bietet eine bessere Identifikation der Bürger mit ihrer geschichtlich bedeutenden und traditionsreichen Stadt, also eine nicht zu überschätzende Integrationsfunktion. Diese Lösung bietet auch langfristigen wirtschaftlichen Nutzen durch Steigerung der touristischen Anziehung.


    Die historische Neugestaltung des Areals ist gewiss wesentlich aufwendiger – finanziell wie technisch. Aber dieser Mehraufwand rechnet sich bereits mittelfristig: Denn nur eine außergewöhnliche Lösung macht für Geschäfte, Restaurants, Cafés und Büros die Anmietung in einem Bereich reizvoll, der bisher keineswegs zu den geläufigsten Einkaufswegen der Innenstadt gehört. Zudem werden hier Touristen aus aller Welt angezogen, ohne sich, wie bislang, zwischen Römerberg und Dom durch eine städtebauliche Wüste bewegen zu müssen.


    Die Probleme mit der ähnlich etwas abseits gelegenen „Frankfurter Welle“ geben Hinweis darauf, dass es besonderer Attraktionen bedarf, um das einheimische wie auswärtiges Publikum anzulocken. Diese Attraktionen wären geboten: Malerische Gassen, durch die Besucher wie Frankfurter gerne schlendern. Wohlige Speisengerüche, die aus Restaurants und Cafés in die Luft steigen. Begehrter innerstädtischer Wohnraum in den Obergeschossen der Häuser. Ateliers und Galerien zur Bereicherung des kulturellen Lebens.


    Dieser Teil der Frankfurter Altstadt soll ein pulsierendes, gastronomisch und kulturell lebendiges Quartier werden, das positiv ausstrahlt in die umliegenden, heute noch weitgehend im Dornröschenschlaf weilenden Straßen.


    Fazit:


    Die hiermit angestrebte Lösung für die Neugestaltung respektiert die Stadt- und Baugeschichte Frankfurts, verspricht hohe Popularität, ist ein wichtiges Stück Stadtheilung und historischer Brückenschlag zwischen den Epochen. Nicht zuletzt ist diese Lösung ein rentables Projekt für Investoren, die damit zugleich einen unschätzbaren Beitrag zur Zukunft der Stadt und des Standorts leisten könnten.


    Quelle: BFF / Informationssystem der Stadtverordnetenversammlung (PARLIS) Frankfurt.
    (M. E. amtliches Werk, daher kein Urheberrechtsschutz.)


    Hier stellt das Büro der Stadtverordnetenversammlung ergänzend zur BFF-Vorlage ein Dokument im PDF-Format zum Download zur Verfügung, das Pläne und historische Fotos enthält (ca. 919 KB).

  • Hab in letzter Zeit net so viel mitbekommen, aber das sind ja ganz vorzügliche Neuigkeiten. Nur zu hoffen dass sich dieser Antrag auch durchsetzt. Prinzipiell dürftes ja quer durch alle Parteien genügend Leute geben die dem zustimmen.
    Wie sieht denn das Echo darauf in den anderen Parteien aus?

  • Ja, aber beim Wettbewerb kommt nach den Vorgaben nichts entsprechendes raus, das ist abzusehen. Man kann es drehen und wenden wie man will. Am Ende wird der Vorschlag wahrscheinlich an den Kosten scheitern. Die Stadtverordneten beschäftigen lieber einen Haufen überflüssiger städtischer Angestellten und behaupten sie könnten nichts mehr einsparen (Bürger und Unternehmen können auch wenn sie müssen). WEnn den Bürgern aber wirklich mal ein PRojekt den Aufwand wert ist, dann gibt es kein Geld.


    Warum gibt es eigentlich kein Gesetz, dass Hr. Koenig bis ans Ende seiner Tage in ein Technisches Rathuas oder vergleichsweise hässliches Bauwerk steckt. Der hat uns doch mit seinem Vertrag den Misst erst eingebrockt.

  • Zitat von Schmittchen

    Das wird sich zeigen. Die Vorlage ist noch ganz frisch, vom 20.08.2005, und zur Zeit ist Sommerpause. Von großer Bedeutung wird so oder so der laufende Wettbewerb sein, darüber steht so manches weiter oben in diesem Thread.


    Der Wettbewerb ist entscheidend. BFF-Anträge werden ohnehin im Stadtparlament größtenteils reflexartig abgelehnt.

  • Habe gestern das historische Museum besucht und unter anderem die sehr sehenswerten Stadtmodelle angesehen und fotografiert.


    Hier sieht man gut welch schöne und ausgeprägte Altstadt Frankfurt vor dem Krieg besaß.
    Zusammen mit den Luftbildern kann man nun gut vergleichen.


    Beginnen möchte ich mit 2 Bildern des Zerstörungsmodells, welches aber nach Aussage einer Museumsmitarbeiterin übertrieben dargestellt worden ist.
    Die Zerstörungen waren nicht ganz so schlimm wie hier zu sehen:



    Hier nun einige Bilder des Stadtmodells, die ganz klar zeigen wie wichtig zumindest eine kleinteilige Neubebebauung wäre.:






  • Hierzu ein Buchtipp:


    Rundflug über Alt-Frankfurt am Main
    Preis: 17,80 EUR
    ISBN: 3861345374


    Das Buch zeigt (schwarz/weiß) Luftaufnahmen von Frankfurt in den 20er und 30er Jahren. Neben der Altstadt rund um Dom und Römer zeigt es Aufnahmen von Innenstadt (Hauptwache, Zeil), Alter Oper, Zoo, Bornheim, Westend, u.v.m.
    Ist wirklich empfehlenswert! Erst recht wenn man sich in Frankfurt auskennt und früher/heute-Vergleiche anstellen kann ....

  • Vielen Dank 3rd. Das sind bisher ungekannte Aufnahmen die uns das ganze Ausmass des "Wiederaufbaus" verdeutlichen. Nicht zuletzt aufgrund diser tollen Aufnahmen wird einem Bewusst wie sehr Frankfurt einen Gegenpol Historischer Architektur (wenigstens Fassaden, Grundrisse und Baumassen) zu dem modernen Frankfurt braucht. Wenn die Chance mit der Neugestaltung des Geländes des technischen Rathauses nicht genutzt wird, wird es lange dauern bis die Stadt noch einmal so eine Gelegenheit bekommt sich seiner alten Wurzeln zu besinnen und diese auch wieder auferstehen zu lassen.

  • Wer das Modell gesehen hat kann doch gar nicht anders entscheiden als auf Reko. Die Stadt sollte einen Generalplan erstellen lassen wie das Gebiet der ehemaligen Altstadt in 20 Jahren mal aussehen könnte. Beinahe alle Nchkriegsbauten könnten ja ohne großes Geschrei nach un nach abgerissen werde. Da kann natürlich icht alles rekonstruiert werden und deshalb müsste da ein Plan her. Speer oder Mäckler hätte doch bestimmt ein paar Ideen.

  • Dieses "Dorf" hat mit dem modernen Frankfurt doch gar nichts mehr zu tun. Man sollte ein paar "Leitbauten" rekonstruieren und das was noch halb steht wieder restaurieren und sich ansonsten der Zukunft zuwenden mit kleinteiligen Bauten von Calatrava, coop Himmelb(l)au, Gehry etc.
    Aber meine Meinung ist ja wohl schon bekannt.
    Dennoch zeigen doch gerade die tollen Modellfotos (danke :) ), dass der Reiz dieser Altstadt in ihrer Komplettheit und Größe gelegen hat. Dies auch nur annähernd wiederherzustellen ist schlichtweg unmöglich, mehr als ein Denkmal daran läßt sich nicht rekonstruieren/nachschöpfen.

  • Da bin ich ganz der Meinung von mik. Wenigstens sollte man ein paar "intakte" Plaetze schaffen. Roemerberg und vor allem die Fassaden am Paulsplatz sind wuenschenswert.

  • Aber mehr will doch auch keiner. Der Krönungsweg soll wieder hergestellt werden und an Stelle des Technischen Rathauses sollen ein paar alte Bauten wieder errichtet werden. Zukünftig sollte dann um den Dom nur die alte Struktur aufgegriffen werden. Möglicherweise lohnt es sich den ein oder anderen Bau wieder zu errichten, ansonsten sollen die Architekten erst mal Vorschläge machen. Nur beim Historischen Museum gilt aus meiner Sicht auch, dass ein Wiederaufbau empfehlenswert ist.

  • Sieger stehen fest

    Die Gewinner des Wettbewerbs sind:


    1. KSP Engel und Zimmermann (Frankfurt)
    2. Jourdan und Müller (Frankfurt)
    3. Kramm & Strigl (Darmstadt)


    Alle orientieren sich mehr oder weniger stark am historischen Stadtgrundriss und wollen den Archäologischen Garten überbauen. Der 1. Preis muss aber noch stark überarbeitet werden.

  • Im Internet steht noch nichts - die Homepage des Wettbewerbs ist ja bekannt. Es gab aber eine Pressekonferenz. Also: Morgen Zeitung lesen oder am 20. September ins Historische Museum gehen, da werden die Wettbewerbsarbeiten ausgestellt.