Technisches Rathaus und Umfeld - Neugestaltung nach Abriss

  • Es geht wohl eher um die Rekonstruktion einiger "Leitbauten" und der alten Gassenstruktur, ähnlich wie am Dresdner Neumarkt. Was da funktioniert, sollte am ungleich stärkeren Wirtschaftsstandort Frankfurt auch zu machen sein.


    Ansonsten schließe ich mich der Meinung von Thomas an.

  • Und genau dafür rec bin ich doch, solltest Du einen meiner letzten Beiträge gelesen haben.
    Hier klang es nun aber so dass man absolut genauso wie früher rekonstruieren wollte, dass geht natürlich nicht und ist auch nicht zeitgemäss.

  • GJM


    Man sollte die Fassaden und die Gassenstruktur wiederherst und die Innenräume einer modernen Nutzung anpassen. Das müssen dann die Mieter/Besitzer selbst entscheiden.


    Die japansichen/chinesichen Touristen werden es lieben.

  • Die Pressemeldung der Freien Wähler vom 18.8.:


    Planen & Bauen für Frankfurts Seele


    BFF-Antrag fordert historische Gestaltung städtischen Kernbereichs nach Abriss des Technischen Rathauses


    Ein aktueller Antrag der BFF-Fraktion bringt in die Diskussion um die künftige Gestaltung des historischen Bereichs mit dem zum Abriss bestimmten Technischen Rathaus einen neuen Akzent: Die Stadtverordneten und die Bürgerschaft sollen Magistrat und Investoren für einen städtebaulichen Brückenschlags zur Stadt- und Baugeschichte Frankfurts gewinnen. Dies würde den Wünschen und Hoffnungen vieler Frankfurter gerecht.


    Die Planung dieses zerbombten Bereichs der mittelalterlichen Vorkriegs-Altstadt soll sich in jeder Weise am Erscheinungsbild vor der Zerstörung orientieren: Wertvolle historische Gebäude im Bereich des ehemaligen „Hühnermarktes“ und des „Krönungsweges“ wie die „Goldene Waage“ oder das für Goethe so bedeutsame „Haus der Tante Melber“ sollen als architektonische Leitbauten rekonstruiert werden.


    Die künftige Straßen-/Gassenführung soll wieder dem über Jahrhunderte gewachsenem Vorbild entsprechen, die bebauten Parzellen an das kleinteilige historische Vorbild angelehnt und die Architektur der Vorkriegsbebauung optisch verpflichtet sein. Besonders der Platzcharakter des „Hühnermarkts“ mit dem Stoltze-Denkmal soll wieder rekonstruiert werden.


    Der BFF-Antrag ist keineswegs romantisch-nostalgisch motiviert. Vielmehr geht es darum:


    - Frankfurt an historisch traditionsreichstem Ort eine Stück seiner verlorenen Stadtseele zurück zu geben


    - für Bewohner wie Besucher eine besondere Attraktion zu schaffen


    - mit der historischen Neugestaltung und modernster Innenausstattung den Investoren eine sehr viel erfolgreichere Vermarktung von Geschäfts-, Büro- und Wohnraum als bei einer mehr oder weniger modern-auswechselbaren Gestaltung in Aussicht zu stellen


    Die Entscheidung über das künftige Gesicht dieses städtischen Herzstücks darf weder der Politik, Investoren, Stadtplanern noch den Architekten allein überlassen bleiben. Daran ändert auch der gegenwärtig noch laufende Architektenwettbewerb nichts. Denn bei dieser wichtigen Entscheidung muss und wird die Bürgerschaft mitreden – gewiss auch bei der Kommunalwahl am 26. März 2006: Die historische Lösung steht dann auch zur Entscheidung.


    Quelle: http://www.bff-im-roemer.de/1_roemer_akt.htm

  • "Es ist wie eine Welle"

    Auch die Rundschau schreibt zu diesem Thema, hier: http://www.fr-aktuell.de/resso…rt_und_hessen/?cnt=715342


    Zu meiner Überraschung verteufelt noch nicht einmal Frau Michels die Pläne:


    "Die zerbombte und unter OB Walter Kolb abgetragene und zerschredderte Altstadt liegt als Leiche im Keller und gibt keine Ruhe. Erst recht nicht, wenn, wie beim Technischen Rathaus, die Kellertür aufgeht. 60 Jahre ist das alte Frankfurt Streitobjekt geblieben. Mit der Debatte im Parlament wird jetzt die Altstadt zum Zukunftsthema."

  • Jetzt hat es also auch Frankurt noch erwischt, was in Berlin seinen Anfang nahm, erst schwelend von jedem belächelt, entwickelte sich zum Flächenbrand. Allerorten wid nach dem guten Alten gerufen. Ein Leitbau hier, eine steinerne Lochfassade dort, endlich noch eine fünfziger Jahre Kiste abreißen! Das Bauen in Deutschland ist mal wieder von einer Ideologie erfasst worden. Nach dem Jahrzehnte lang die überkommenen Strukturen der Städte beschnitten und amputiert wurden, schreit man allerortens unter dem Eindruck höllischer Phantomschmerzen nach dem Verlorenen. Die Kopie wird als Allheilmittel beschworen, dass den verkrüppelten Städten wieder zu neuer Vitalität verhelfen soll; aber all die Fachwerksverkleidungen, all die Putten, Ballustraden und Figürchen werden nichts als Prothesen sein. Auch damit lässt sich kein neuer Organismus erschaffen. Das Hinken wird bleiben und die Versehrtheit wird nur an anderer Stelle wieder ans Tageslicht treten.


    Die Altstadt ist zu Asche verbrannt, wer diese historische Wahrheit übertünchen will, der mordet die Stadt, deren Motor stets die Veränderung ist, die aus Bränden, wechselnden Bedürfnissen und Notwenigkeiten wächst, gedeiht, sich häutet. Jetzt ist also das Fachwerk wieder in.


    Frankfurt ist die amerikanischste Stadt Europas - "Disneyland" hat ihr noch gefehlt.

  • Sehr schön geschrieben! Aber dennoch falsch! Es geht hier nicht um ein neues Disneyland. Es kann ja keine Rede davon sein, dass in Frankfurt nicht weiter hochmodern gebaut werden soll. Hochhäuser, Wohngebäude, der Flugahfen, da soll ruhig weiter eifrig nach heutigen Maßstäben geplant und gebaut werden.


    Allerdings braucht die Stadt, mit einer immerhin mehr als 1200 Jahren zählenden Geschichte, auch an manchen Stellen ihr altes Gesicht. Es sollen ja bei Leibe nicht die 40000 Fachwerkhäuser des alten Frankfurts wiederenstehen. Es geht nur um eine Hand voll, wie von der BFF beantragt.


    Auch die Alte Oper oder der Römer sind ja nicht als Disneyland zu betrachten, aber was wäre die Stadt ohne sie? Einige alte Bauten sind notwendig, ich zähle hierzu auch das alte Schauspielhaus. Aber man braucht nicht alles, schon gar nicht das Berliner Stadtschloss. Das wurde von der Geschichte überholt und mit dem Palast der Republik vielleicht nicht durch eine traumhaftschöne Architektur ersetzt, aber doch durch ein bedeutendes Bauwerk deutscher Geschichte, das man nicht so einfach dem Abriss preisgeben darf.

  • "Nach dem Jahrzehnte lang die überkommenen Strukturen der Städte beschnitten und amputiert wurden, schreit man allerortens unter dem Eindruck höllischer Phantomschmerzen nach dem Verlorenen. Die Kopie wird als Allheilmittel beschworen, dass den verkrüpelten Städten wieder zu neuer Vitalität verhelfen soll; aber all die Fachwerksverkleidungen all die Putten, Ballustraden und Figürchen werden nichts als Prothesen sein."


    Eine Prothese ist immer noch besser als der Krückstock. Und wenn eine Prothese dem Original soagr überlegen ist, warum nicht?


    Schliesslich wird man Frankfurter Gemmütlichkeit mit den Anforderungen einer modernen Nutzung verbinden. Quasi eine getunte Prothese. Da bin ich relativ leidenschaftslos.


    Und warum sollen wir oder unsere Nachfahren für die Fehler unsere Vorfahren büßen? Das sehe ich nicht ein.

  • Diese Orientierung an einer idealisierten Vergangenheit hat viel damit zu tun, dass es der Architektur der Nachkriegszeit nur selten gelungen ist, Orte zu schaffen, mit denen die Menschen sich identifizieren. Die Schule der klassischen Moderne führte die positiven Ansätze der Vorkriegszeit in die Sackgasse der autogerechten Stadt, der Gettos des sozialen Wohnungsbaus und der austauschbaren Büroburgen aus Beton.
    Einen Gegenentwurf dazu liefert zum Beispiel Rob Krier, dem das Deutsche Architekturmuseum derzeit eine sehenswerte Ausstellung widmet. Er hat schon in den 70er Jahren auf den Irrweg der Moderne hingewiesen. Vielleicht lassen sich seine Ansätze auch auf die künftige Bebauung zwischen Dom und Römer übertragen.
    Denn Krier geht es um eine Rekonstruktion der Strukturen, nicht um eine Kopie des Verschwundenen. Er arbeitet die Aspekte heraus, deretwegen sich die Menschen in einer Stadt wohlfühlen: eine Abfolge von Straßen und klar definierten Plätzen, eine relativ kleinteilige Bebauung, gefällige Materialien. Entscheidend ist, dass die Entstehungszeit der neuen Gebäude erkennbar bleibt. Der Versuch eines Wiederaufbaus mittelalterlicher Häuser würde in einem musealen Disneyland enden - das sehe ich auch so.
    Die Architekten und Stadtplaner könnten aber beweisen, dass sich modernes Bauen mit überlieferten Qualitäten verbinden lässt.
    Hauptproblem sind aber, wie 3rdwave schon erwähnt hat, die Finanzen. Es geht nicht in erster Linie um die Baukosten. Aber damit ein gutes Ergebnis entsteht, müsste die Ausnutzung des Grundstücks gegenüber dem heutigen Zustand erheblich reduziert werden.

  • Zitat von rako

    Frankfurt ist die amerikanischste Stadt Europas - Disneyland hat ihr noch gefehlt.


    Na und? Was ist daran überhaupt wünschenswert, eine amerikanische Stadt zu haben? Ein CBD, in dem nur Hochhäuser und Ghettos sind? Ellenlange Arbeitswege aber dafür jedem sein Eigenheim? Danke, bitte nicht hier.


    Und Rekonstruktionen haben mit Disneyland ja wohl überhaupt nichts gemeinsam.


    Gottseidank denken die meisten Menschen anders...!

  • Neben all den Grundsatzdiskussionen mache ich mir so meine Gedanken, wie eine Teilrekonstruktion aussehen könnte.
    Mal angenommen man rekonstruiert nur einige Leitbauten, so befürchte ich, dass dann der Rest mit äußerst mittelmäßigem Schrott aufgefüllt wird. Schon allein aus dem Grund, da einige Leute der Ansicht seien werden, dass sich die moderne Architektur vornehm zurückhalten muss...
    Ich bin ja persönlich für die Rekonstruktion einiger weniger Leitbauten und der Rest sollte in guter moderner und unreglementierter Architektur bebaut werden. Am besten ordentlich verrückt mit verschiedenen Ebenen und Dächern, Dachterassencafes etc.
    Bei aller Kritik kann nämlich moderne Architetktur in vielen Punkten weitaus besser sein als mittelalterliche Fachwerkgassen. Gerade was Regenschutz, Kolonaden, gesplittete Geschosse, begehbare begrünte Dachgestaltung und Innenraum/Außenraumübergänge betrifft. Man kann solchen räumlichen Konzepten ja trotzdem schöne Fassaden und wenn man unbedingt will sogar eine kitschige Ornamentig verleihen.
    Ich träume so ein bischen von einer Mischung aus Hundertwasser/Gaudi und Dekonstruktivismus, also auf jeden Fall moderne Avantgarde die eben nicht das übliche "70er bis heute" Mittelmaß ist. Das wäre meines Erachtens in Kombination mit einigen historischen Leitbauten sogar besser als eine komplette Rekonstruktion.

  • GJM:


    Danke für den Hinweis auf die Ausstellung, wäre mir tatsächlich entgangen.


    Ansonsten stimme ich GJMs und miks Beiträgen weitestgehend zu - besonders was die Überführung klassischer städtebaulicher Strukturen in die heutige Zeit anbelangt (wobei man sich über den Stellenwert der Kleinteiligkeit unterhalten können muss).


    Exakte Rekonstruktionen sollte man durchaus auf Gebäude beschränken, deren architektonische Qualität dies rechtfertigt und bei denen eine Rekonstruktion der Funktion (im weitesten Sinne des Begriffes) des Gebäudes in seinem heutigen Kontext nicht entgegensteht.


    Es ist ja auch wirklich nicht so, dass man in der Zeitgenössichen Architektur jeden Sinn für Ästhetik verloren hätte. Darüberhinaus wüsste ich auch nicht einen Grund, weshalb Architektur und Städtebau im 21. Jahrhundert plötzlich aufhören sollten auch und vor allem ein Spiegel ihrer Zeit zu sein.

  • Von großer Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung zwischen Römer und Dom ist meiner Meinung nach die Findung einer klaren konzeptionellen Linie. In der Vergangenheit wurden viele Kompromisse gemacht, die letztlich niemanden wirklich befriedigen. Beispiele dafür sind die Saalgasse, die Schirn oder aktuell das Haus am Dom. Wenn also tatsächlich der Entschluss zur Umsetzung eines architektonischen Entwurfes fallen sollte, der auch die eine oder andere Rekonstruktion eines nicht mehr vorhandenen Fachwerkjuwels vorsieht, muss Wert auf ein angepasstes, stimmiges und harmonisches Gesamtbild gelegt werden, in dem diese Bauten voll zur Geltung kommen. Ein stilistisches Durcheinander sollte unbedingt vermieden werden, denn es würde meines Erachtens die städtebauliche Anarchie in dem genannten Areal nicht beenden können und ihm nicht die klare stadträumliche Kontur verleihen, die aus meiner Sicht notwendig ist, damit die Entwicklung des Areals nicht einmal mehr in architektur-ideologischen Grabenkämpfen zum Erliegen kommt. Dass die Betonung der Historie "die Moderne" nicht ausschließt, dafür ist Dresden ein gutes Beispiel, wo barocke mit zeitgenössischen - wenn auch sich zurücknehmenden - Fassaden sowie gläsernen Geschäftspassagen miteinander harmonieren werden. Deswegen plädiere ich für eine am historischen Vorbild orientierte, aber an modernen Bedürfnissen ausgerichtete Gestaltung des Areals.

  • Dem ersten Teil kann ich durchaus zustimmen rec, jedoch wäre meines erachtens gerade eine "zurückhaltende" moderne Bebauung der größte Fehler den man machen könnte. Genau dann erhalten wir eine langweilige, hässliche Architektur wie die der 50er Jahre Gebäude am Römerplatz.
    Entweder alles historisch oder der Moderne auch ihren Freiraum lassen!

  • Was ist an den 50er-Jahren Gebäuden am Römerplatz schlimm? Sie halten sich zurück und bringen die Rekonstruktionen und erhaltenen Gebäude besser zur Geltung.
    Modern um jeden Preis... das würde dort sicherlich mehr schaden als nutzen, dafür gibt es andere Ecken in Frankfurt.

  • Ich verlange nicht "modern um jeden Preis", Rekos wären auch ok. Aber die zurückhaltende Moderne ist einfach nur noch langweilig und vor allem tausendmal schlechter als die Rekos und alten Gebäude. Ich bin jemand der nun mal der Ansicht ist, dass moderne Architektur der alten in nichts nachstehen muss wenn man sie nicht "kastriert" sondern mindestens ebenso interessant sein kann wie der Römer selbst.
    Entsprechend verwinkelte dekonstruktivistische Bauten, Glasüberdachte Straßen etc. könnten meines Erachtens durchaus zu einer gemütlichen Atmosphäre beitragen und wärem im großen Stil als städtebauliches Konzept zusammen mit Rekos in einer Altstadt weltweit einmalig. An Heidelberg kommt Frankfurt mit dem traditionellen Weg nämlich eh nicht mehr ran...

  • Also ich finde gerade die dekonstruktivistischen Bauten bringen eher Unruhe und ein Unwohlgefühl. Die zurückhaltenden Bauten am Dresdener Neumarkt sind doch super. Schiefe Glasdächer usw. würden doch lediglich das Gesamtbild zerstören.