Heute fand eine, wie ich meine, ausgezeichnete Aktion der LINKEN statt, und das sage ich, obwohl ich sonst eigentlich nicht verdächtig bin, dieser Partei Beifall zu klatschen:
An der U5-Haltestelle Musterschule wurde ein 1:1-Modell der geplanten Hochbahnsteige aufgebaut. Diese (hässlichen) Hochbahnsteige sollen die Barrierefreiheit der Strecke gewährleisten. Meine vor einiger Zeit (und vielen Beiträgen weiter oben) schon geübte Kritik hat sich nur noch bestärkt - die Hochbahnsteige wären ein städtebauliches Desaster. "Dornbusch II" droht, nur mit dem Unterschied, dass in der Eschersheimer Landstraße wenigstens noch die Fahrspuren von U-Bahn und Autoverkehr getrennt sind, im Gegensatz zur Eckenheimer Landstraße.
Hier die Bilder des Aufbaus:
Bilder: Miguel
Die Bilder sprechen für sich. Die Hochbahnsteige sollen 70 Meter lang werden (!) und aus Platzgründen versetzt angeordnet sein, d. h. also de facto wären 140 Meter der gründerzeitlichen Eckenheimer Landstraße - pro Station - derart verhunzt.
Wenn ich mit Mitgliedern der Linkspartei, der SPD oder Mitarbeitern der VGF spreche, dann teilten bisher alle meine Gesprächspartner die Auffassung, dass ein Tunnel an dieser Stelle die einzig richtige und langfristig tragfähige Lösung darstellt. Die FDP fordert dies seit langem. Es scheint also zumindest an der Basis eine parteiübergreifende Einigkeit zu geben, dass die Hochbahnsteige das Provisorium der oberirdischen Streckenführung nur unnötig verlängern würden.
Das einzige, scheinbar alles erschlagende Argument, was gegen die Tunnellösung vorgebracht wird, sind die Kosten: ich habe mal in einer Studie des VCD (Verkehrsclub Deutschland, nie zuvor davon gehört) gelesen, dass der Tunnel bis zur Deutschen Bibliothek ca. 100 Mio. Euro kosten würde. Das mag teuer sein, aber es gibt eine Reihe sehr guter Argumente für einen Tunnel:
- Deutliche Fahrzeitverkürzung sowohl für U-Bahn- als auch Autofahrer, weil sie sich nicht mehr denselben Straßenraum teilen müssten
- Zusätzliche Fahrzeitgewinne, weil die U-Bahn nicht mehr an diversen Ampeln halten müsste, z. B. am Anlagenring
- Weniger "Straßenbahngeräusche" für die Anwohner, was sogar zu einer Wertsteigerung der Häuser an der Eckenheimer führen könnte - wer will schon alle 5 Minuten einen Zug an seiner Wohnung vorbeifahren hören
- Mehr Sicherheit - siehe abschreckendes Beispiel der Linien U 1-2-3 in den oberirdischen Abschnitten
- Die hässliche Rampe in den Wallanlagen würde verschwinden - diese sind eigentlich durch das Wallservitut vor jeglicher Bebauung geschützt
- Flüssigerer Verkehr an der Adickesallee, da die U5 diese unterqueren könnte
- Die Rampe, die nach der Station Deutsche Bibliothek und vor der Station Hauptfriedhof die Strecke wieder an die Oberfläche führen würde, würde an dieser Stelle sicher nicht stören - auf der einen Seite ist eine Tankstelle, auf der anderen der westliche Rand des Hauptfriedhofs ohne Eingang - bis zur nächsten Station "Hauptfriedhof" wäre die Strecke wieder an der Oberfläche, und diese Station direkt vor dem Haupteingang des Hauptfriedhofs bliebe wie sie ist
- Man hätte das Problem der Barrierefreiheit gelöst, ohne dass es Hochbahnsteige, andere Fahrzeuge, oder gar eine Umwandlung in eine Straßenbahn bräuchte, die ja auch niemand will: die U5 soll als U-Bahn erhalten bleiben, und nicht nur bis zum Hauptbahnhof durchfahren wie bisher, sondern sogar ins Europaviertel verlängert werden
- Keine Zerschneidung des Stadtviertels wie in der Eschersheimer Landstraße
- Größere Pünktlichkeit der U-Bahnen, weil keine Lieferwagen, Müllabfuhr, falsch parkende Autos etc. die Strecke versperren könnten, was regelmäßig der Fall ist
- Großer Vorteil im Winter (aus eigener Erfahrung) von unterirdischen Stationen gegenüber oberirdischen: man ist vor Kälte, Schnee und Regen geschützt, während man auf die U-Bahn wartet
- Und schließlich der langfristig größte Vorteil überhaupt: volkswirtschaftlicher Nutzen. Durch deutlich geringere Fahrzeiten, sowohl für die U-Bahn als auch die Autos darüber, sowie größere Nutzerfreundlichkeit und damit mehr Fahrgästen insgesamt, würden sich die Investitionskosten sowie die etwas größeren jährlichen Betriebskosten mehr als amortisieren!
Ich verstehe überhaupt nicht, wie man bei derart schlagenden Argumenten überhaupt auf die Idee kommen konnte, keinen Tunnel zu bauen. Wenn es den Stadt- und Verkehrsplanern schon in den 1970er Jahren dermaßen auf die Vermeidung von einmalig hohen Investitionen angekommen wäre wie heute, hätte Frankfurt auch heute noch keinen City-Tunnel für die S-Bahn oder überhaupt ein unterirdisches U-Bahn-System. Und von diesen Investitionen, die Jahrzehnte zurückliegen, zehrt die Stadt noch heute - ohne dieses ÖPNV-System, was auf einmalig teuren, aber langfristig wirkenden Investitionen gründet, hätten wir schon längst einen beispiellosen Verkehrskollaps in dieser Stadt.