Leipzig: Neubau Universität (realisiert)

  • Ein Foto von der Feier anlässlich des 600jährigen Jubileums der Universität Leipzig, die am 02.12. im Paulinum stattfand. Auch wenn die Fertigstellung erst in einem Jahr anvisiert ist, erhält man schon jetzt einen guten Raumeindruck des neuen Paulinums.




    Pressefoto Universität Leipzig
    Urheber: Volkmar Heinz
    Quelle: Universität Leipzig

  • LVZ-Online hat inzwischen Photos vom ersten Gottesdienst nach über einundvierzig Jahren in der Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig veröffentlicht, der heute vormittag unter überwältigender Anteilnahme der Leipzigerinnen und Leipzig stattgefunden hat.


    http://nachrichten.lvz-online.…lansicht-galerie-128.html


    P.S.
    ^ @ DaseBLN


    Ich habe nicht gemeint, daß ein gemauertes Gewölbe kostengünstiger sei als die jetzt angebotene Variante, sondern, daß der Gesamtbau - unter statischen Gesichtspunkten - bei durchgehenden Pfeilern, wie im Siegerentwurf vorgesehen, kostengünstiger geworden wäre als bei der jetzt vorgesehenen Variante mit den amputierten Saulenpaaren im Kirchenschiff.

  • ^ Nun ja, so gesehen wäre die ursprünglich von BBL geplante Bebauung wohl noch um einiges kostengünstiger gewesen. Insofern ist das eine klassische Huhn-Ei-Frage. Wie die "amputierten" Säulen, die ja wohl kaum aus idelogischen, sondern eher aus praktischen Gründen so ausgeführt werden, am Ende wirken werden, kann man momentan, wo noch keine einzige existiert, auch kaum vorhersagen.

  • Auf jeden Fall scheint diese gotisch-düstere Atmosphäre gut wiedergewonnen zu sein. Und der "Barcode" an den Fenstern wirkt etwas wie Bleiglas. Aber diese massiveren Säulen und die Decken mit dem Maßwerk hätten das ganze natürlich noch verstärkt. Aber naja, man ist ja bescheiden...Alles in allem gut gelungen!

  • so bescheiden braucht man zum glück gar nicht zu sein:


    das beste kommt ja erst noch. auf bild 4 in #646 ist im rechten hintergrund bereits zu erahnen, dass das kreuzgewölbe nachgebildet wird und die säulen abwärts mit glas ummantelt werden. sie erhalten so ihre "ursprünglichen" durchmesser und werden später gleichsam von innen strahlend den raum beleuchten. genial gelöst.

  • Es sollte "nur" ein Gottesdienst sein, schreibt Dankwart Guratzsch in der WELT über den ersten Gottesdienst seit einundvierzig Jahren in der Universitätskirche St. Pauli, doch es wurde eine Demonstration. Die Leipziger, führt er aus, haben ihre Paulinerkirche in einer überwältigenden Feier wieder in Besitz genommen. Weiter sagt er, daß der riesige Zulauf zur ersten kirchlichen Feier im Nachfolgebau jener Kirche, die die Urzelle der 600 Jahre alten Universität war, zu einem hoch emotionalen Bekenntnis zur Bestimmung dieses Gebäudes als Kirche wurde und zitiert die Stiftung Universitätskirche St. Pauli, für die in der Überlassung des Gebäudes am 6. Dezember durch den Freistaat ein deutliches, symbolreiches Zeichen für die historisch gewachsene und künftige Dreifachnutzung der Universitätskirche St. Pauli: akademisch, musikalisch und kirchlich verbunden ist.
    http://www.welt.de/die-welt/ku…akralen-Raum-zurueck.html


    BILD sah im ersten Gottesdienst unter der Überschrift „St. Pauli lebt wieder!“ eine Wiederauferstehung der alten Kirche: http://www.bild.de/BILD/region…t-nach-der-sprengung.html


    Auch die LVZ „Zurück in St. Pauli“ (Printausgabe 7. Dezember) berichtete umfangreich (incl. Fotogalerie: http://nachrichten.lvz-online.…cht-galerie-128-2216.html) über den Gottesdienst als „historisches Ereignis“: http://nachrichten.lvz-online.…um/r-topthema-a-4750.html



    Der umfangreichsten, dem gesamten Universitätsjubiläum gewidmete Artikel, der sich ebenfalls ausführlich mit dem ersten Gottesdienst befaßt, erschien gestern in DIE ZEIT: http://paulinerkirche.foren-ci…fleben-der-unikirche.html


    Die Leipziger kamen in Scharen, heißt es dort, um das Wiederaufleben ihrer Universitätskirche zu feiern und um in der Paulinerkirche den Abschied von der Diktatur zu vollenden. In der Ermöglichung dieses bis zuletzt gefährdeten Gottesdienstes durch den Bauherren, den Freistaat Sachsen, sieht die Verfasserin Evelyn Finger, letztlich die Konsequenz aus der 1989er Revolution. Daß der Gottesdienst bereits eine halbe Sunde vor Beginn des Gottesdienstes überfüllt gewesen sei und hunderte Leute draußen bleiben mußten, wird mit der Frage kommentiert: „Wann hat man schon Gelegenheit, selber zu erleben, wie sich der Kreis der Geschichte schließt und historisches Unrecht gesühnt wird?“


    In der Predigt des Zweiten Universitätspredigers vermißte sie Kritik an der geplanten Glaswand und bedauert dies. Am Ende findet noch der ins Blickfeld rückende Umstand der seinerzeit nicht erfolgten Entwidmung der Kirche Erwähnung, wobei auf Konsequenzen der res-sacra-Problematik eingegangen wird. Alles in allem ein wieder einmal höchst lesenwerter Artikel, der sich auch mit dem Festakt und manchem mehr beschäftigt, von Europas „größter und angesehenster Wochenzeitung“ (Gräfin Dönhoff).

  • Tugenden kehren zurück


    Die Tugenden "Weisheit und Gerechtigkeit" kehren nächste Woche in die Alma mater zurück. Die beiden Statuen aus Gips waren lange verschollen geblieben, bis man sie eines Tages im Gipslager des Reichsgerichts entdeckte. Angefertigt wurden die lebensgroßen Figuren vom Bildhauer Ernst Rietschel. Sie waren alte Gussmodelle für ein Denkmal des Wettiners Friedrich August I.


    Sie standen von 1836 bis 1968 in der Universitätskirche St. Pauli. Am 15. Dezember 2009 werden sie von der Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts an den Uni-Rektor übergeben.


    Quelle: LVZ

  • Einige Stichworte zu den den derzeit strittigen Punkten zwischen Architekten und Bauherren finden sich hier:
    http://www.bild.de/BILD/region…beschimpft-leipziger.html


    Ein Interview von l-iz zum ersten Gottesdienst hier:
    http://www.l-iz.de/Leben/Gesel…esdienst-im-Paulinum.html


    Das MDR-Magazin "Nah dran" sendet heute abend (22.35 Uhr bis 23.05 Uhr; Wiederholung: 27.12.2009, 03:20 Uhr) einen Beitrag über den ersten Gottedienst seit 41 Jahren in der Universitätskirche:
    http://www.mdr.de/nah_dran/6944423.html#absatz8




  • Der Heimatsender ist in weiten Teilen grenzwertig. Im Kulturteil kann man aber immer wieder interessante Dinge finden. Wie zum Beispiel dieses PROTOKOLL einer Rede von Paul Fröhlich, dem damaligen SED-Chef in Leipzig.


    Fröhlich beschwert sich darin darüber, dass die Vertreter der Karl-Marx-Universität -darunter auch Theologen- scharfen Einspruch gegen die Kirchensprengung erhoben hätten und das mit Protesten nach westlichem Muster zu rechnen sei.

  • super fund, stahlbauer! was für ein gestammel.


    ich denke nicht, dass bienitz ist ein "lobbyist" ist. sicher liegt ihm dieses thema ganz persönlich am herzen. vielleicht einfach zu sehr, um andere sichtweisen gelten lassen zu können.


    die tugenden aus #652 sind wohl jene, die im hauptgebäude ihren platz finden werden?

  • Fröhlichs Rede ist seit längerem bekannt und somit auch der Forschung zugänglich gewesen. Selbstverständlich gab es auch aus der KMU selbst, vor allem aus der Theologischen Fakultät und den Studentengemeinden, aber auch seitens einzelner Wissenschaftler Protest gegen die von der Universitätsleitung seit den 50er Jahren betriebenen Vernichtungspläne für die Universitätskirche und das Augusteum.


    So sammelte beispielsweise der Theologiestudent Nikolaus Krause Unterschriften dagegen und wurde deshalb wegen "Staatsverleumdung" ins Gefängnis geworfen. Heute ist er Pfarrer an einem Krankenhaus in Dresden.


    Allerdings lag Fröhlich bei seiner Rede die Erklärung des Akademischen Senats der KMU vom 17. Mai 1968 vor.


    Vor mir liegt eine Abschrift dieser sogenannten Willenserklärung des Akademischen Senats.


    Sie besagt, daß der akademische Senat die Pläne und Modelle für die abschließende Gestaltung des Karl-Marx-Platzes als politisch-kulturelles Zentrum unserer Stadt zur Kenntnis genommen habe. Die Neugestaltung des Zentrums der Stadt Leipzig trete jetzt in ihre entscheidende Phase ein.

    Der sozialistischen Gesellschaftsordnung sei es vorbehalten, den Platz entsprechend der Perspektive Leipzigs als eine moderne sozialistische Großstadt neu zu gestalten.


    Mit dem neu zu schaffenden zentralen Komplex der Karl-Marx-Universität im Herzen Leipzigs, an dem Platz, der den Namen von Karl Marx, des größten deutschen Wissenschaftlers und Revolutionärs, trägt, werde eine Stätte der Lehre, der Aus- und Weiterbildung und der Forschung, ein Zentrum der Wissenschaften, des Zusammenwirkens von Theorie und Praxis errichtet und damit dem Grundanliegen der Hochschulreform Rechnung getragen.


    Ein zentrales Ensemble der Karl-Marx-Universität werde entstehen, das neben dem Hauptgebäude mit modernsten Ausbildungseinrichtungen ein Universitätshochhaus mit einer Höhe von 140 m sowie im Grüngürtel an der Südseite des Karl-Marx-Platzes ein Auditorium maximum einschließlich Mensaeinrichtungen umfassen wird. Damit werde unsere Stadt Leipzig in wenigen Jahren über einen bedeutsamen Universitätskomplex im Herzen der Stadt verfügen, der Ausdruck der Macht der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten, der beispielhaften Entwicklung und Förderung der Wissenschaft darstellt, wie sie einzig und allein nur in der sozialistischen Gesellschaftsordnung möglich sei. Hierbei handele es sich um den ersten Neubau eines zentralen Universitätskomplexes in unserer Republik.


    Der Akademische Senat spricht dem Ersten Sekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und Vorsitzenden des Staatsrates, Genossen Walter Ulbricht, seinen Dank dafür aus, daß er durch seine wertvollen konstruktiven Vorschläge und Hinweise entscheidend dazu beigetragen hat, um die vorliegenden Pläne realisieren zu können.


    Der Senat der Karl-Marx-Universität ist davon überzeugt, daß alle Untersuchungen für die endgültige Gestaltung des Karl-Marx-Platzes verantwortungsbewußt durchgeführt wurden. Die völlige Neugestaltung sei aus strukturell-funktionellen, aus städtebaulich-architektonischen und aus Raumgründen erforderlich.


    Der Akademische Senat gibt dem neu zu errichtenden Universitätskomplex am Karl-Marx-Platz seine uneingeschränkte und freudige Zustimmung.


    Die Karl-Marx-Universität dankt der Partei der Arbeiterklasse und der Regierung für diese großzügige Förderung der Wissenschaft.


    Wir werden alle Angehörigen unserer Universität mit diesem großartigen Vorhaben vertraut machen und unseren Teil dazu beitragen, dieses Projekt zu verwirklichen, heißt es in der Willenserklärung weiter.


    Der Akademische Senat ruft die Wissenschaftler, Studenten, Arbeiter und Angestellten der Karl-Marx-Universität auf, unter der Losung
    »Mach mit für Dein Leipzig, das Dir am Herzen liegt«, alle Kräfte für den weiteren Aufbau des Stadtzentrums einzusetzen.


    An unsere Studenten ergeht der Ruf, im 11. Leipziger Studentensommer tatkräftig am Aufbau unserer Stadt mitzuwirken und gemeinsam mit der Arbeiterjugend hohe, eines sozialistischen Studenten würdige Leistungen zu vollbringen, schließt die Willenserklärung vom 17. Mai 1968


    Lediglich der damalige Dekan der Theologischen Fakultät der KMU, Herr Prof. Dr. theol. Ernst-Heinz Amberg verweigerte dieser Willenserklärung seine Zustimmung.

  • Hallo,


    an dieser Stelle mal wieder ein Paar frische Photos vom Unineubau. Wesentliche Veränderung: die "Kirchturmspitze"



  • ^ Vielen Dank für die Bilder. Inzwischen wurde auch die Gasse zwischen Paulinum/Paulinerkirche sowie Neubau Insititutsgebäude und Café Felsche freigegeben, auch wenn sie wohl erst nach Fertigstellung des Hauptgebäudes gepflastert wird:


    Die Verbindung zwischen Seminargebäude und Paulinum ist dagegen noch nicht ausgebaut:


    Durchblick zum Augustusplatz:


    Auch wenn das ganze optisch nicht soo viel hermacht, ist der Effekt einer ruhigen schmalen Gasse doch sehr schön. Der Trubel der Grimmaischen oder des Augustusplatzes ist sofort verschwunden.

    Einmal editiert, zuletzt von DaseBLN ()

  • Die Geschichte des Leipziger Augustusplatzes ist nicht zuletzt eine Geschichte des Verlustes. Die Nachwirkungen des letztes großen Verlustes dauern bis heute an.


    Wer - zumal unter den jüngeren Nutzern dieses Forums - die Emotionen besser verstehen will, die mit städtebaulichen Verlusten jener Jahre verbunden sind, dem sei ein Filmbeitrag (s. u.) empfohlen.


    Gut möglich, daß manch einer es nicht für möglich hält, daß eine einst stolze, keine 200 Kilometer von Leipzig entfernte Königsstadt, die in etwa zu entstehen begann, als im 13. Jahrhundert in Leipzig die Paulinerkirche erbaut wurde, mitten in Friedenszeiten vernichtet wurde - in etwa zu der Zeit, als in Leipzig Augusteum und Universitätskirche gesprengt wurden ...


    http://paulinerkirche.foren-ci…irche-im-sozialismus.html


    http://www.youtube.com/watch?v=lFOwPrpY-Vs

  • Das ist ja tatsächlich unfassbar, davon hab ich noch nie gehört. Eine ganze Stadt zu sprengen, sowas klingt nach düsterster Science Fiction.


    Vielen Dank für den Beitrag Bienitz.