Kurfürstliches Bonn Teil I und II

  • Kurfürstliches Bonn

    Habe da mal ein paar Bilder aus den letzten Monaten zusammengetragen, die zu Jörgs Beitrag aus dem Threat
    http://deutsches-architektur-f…wthread.php?t=2189&page=5
    passen.


    Damit das ganze einen Titel hat, habe ich es Kurfürstliches Bonn genannt, obwohl natürlich etliches aus dieser Zeit fehlt, z.b. die Godesburg (siehe Avatar)


    Um dieses Gebiet ging es bei Jörgs Beitrag:

    Ausschnitt 1,8 Quadratkilometer


    Ich fange mal mit dem Poppelsdorfer Schloß an (heute Biologisches Institut der Uni):




    Alte Chemie neben dem Schloß:



    Schloßweiher und modernisiertes Bürogebäude (ursprünglich liebloser 50er Jahre Bau):


    Andere Seite, kurfürstliches Gärtnerhaus:


    Blick über die Allee Richtung Innenstadt und Hauptschloß:


    Von Bebauung der Allee selber habe ich keine Bilder, aber es sind typische Südstadthäuser, so in der Art wie diese hier:


    Auf dem Kaiserplatz kann man dann - wie Jörg schreibt - Eis essen. Bild von heute:


    Die Kurfürstliche Residenz und Hauptverwaltung/Uni-Hauptgebäude vom Hofgarten aus gesehen:


    Gegenüber an der anderen Stirnseite des Hofgarten liegt die Alte Anatomie (Unter Mitwirkung von Schinkel entstanden):


    Ha, was sind sie witzig, die Studenten:


    Zum Schluß der schönste Teil des Schloßes: Das Koblenzer Tor.


    Puh, das war jetzt 'ne Menge. Sicher ist Bonn nicht die schönste Stadt Deutschlands, genausowenig wie irgend eine andere der im Poll zur Auswahl stehenden Städte, aber zumindest gibt es hier ein schönes Stück Deutschland.

  • Das kannst du laut sagen! Sehr schöne Impressionen! Wundert mich, wie wenig ich von Bonn tatsächlich kenne..

  • kann ich sebastian nur zustimmen - ich weiß fast gar nichts über die stadt, was architektur, etc. angeht! aber dafür gibt es ja dieses forum ;)


    klasse aufnahmen, danke!

  • Zitat von lomolo

    Schloßweiher und modernisiertes Bürogebäude (ursprünglich liebloser 50er Jahre Bau):



    Im Kern handelt es sich nicht um einen 50er-Jahre-Bau, sondern um eine Gründerzeitvilla, die in den 50ern dem Zeitgeist entsprechend verunstaltet wurde. Die Modernisierung erfolgte dann nach Plänen von KH Schommer (wer auch sonst...). Da es natürlich unter der Würde dieses Herrn war, das Gebäude seinem ursprünglichen Äußeren wieder anzunähern, sieht es heute so aus, wie es aussieht (d.h. das Dach wurde durch das obligatorische Staffelgeschoss ersetzt usw.). Insgesamt erfolgte mit dem letzten Umbau sicherlich eine Verbesserung, an dieser exponierten Stelle ist es trotzdem ein Ärgernis. Es zehrt zu einem Gutteil von der wirklich großartigen Umgebung, architektonisch wäre es im Gewerbegebiet am Probsthof besser aufgehoben.


    Nachzulesen hier: http://www.schommer-bda.de/index2.html => Projekte => Büro & Verwaltung => Bürogebäude Poppelsdorfer Allee

  • rec


    Ich habe leider den Eindruck, daß du dich mehr und mehr in die Reihe derer einreihst, die jeden Schnörkel zur architektonischen Großtat hochjubeln und pfui schreien, wenn ein Gebäude im zeitgenössischem Stil gebaut ist. Nur Argumente und eine echte Auseinandersetzung mit allem, was den Wert von Architektur ausmacht, habe ich in diesem Forum aus dieser Fraktion bisher nicht gehört.


    Leider ist deine Einschätzung zu diesem Bürohausumbau von ähnlicher Qualität.


    Ich bin weit davon entfernt Herrn Schommer in den Himmel zu loben. Es gefällt mir wahrhaftig nicht alles von ihm. An dieser Stelle hat er allerdings etwas gutes und der Situation vor Ort angemessens geschaffen.


    Zunächst einmal müssen wir festhalten, daß wir nicht wissen, wie der ursprüngliche Gründerzeitbau einmal aussah. Welche Standard-Stukkaturen, Säulchen u.a. Ornamentik aus dem Katalog wurden verwendet (Ja, auch die Gründerzeithäuser sind meist nach Katalog gebaut. Gehe mal seine Südstadtstraße entlang und du wirst die immer wiederkehrenden Elemente in unterschiedlichen Kombinationen erkennen), wie sah das Dach aus, in welche Straßenplatz-Situation war das Haus gebaut?. Wir wissen es nicht, sondern kennen nur die grundlegende veränderte Bausubstanz aus den 50er Jahren, die bestenfalls eine grobe Vorstellung von den Proportionen gibt.


    Schommer ist es gelungen, mit den begrenzten Mitteln, die private Bauherren in der Regel auszugeben bereit sind, einen harmonisch und elegant wirkenden Baukörper aus dem verhunzten Gebäude zu entwickeln, der die relativ kleinen Gründerzeit (-Einfamilienhäuser) nicht beseite drückt und dennoch durch Proportionen, Formensprache, Geschoßhöhen, Materialwahl, etc. genügend repräsentativen Charakter besitzt um eine Brücke zum gegenüberliegenden Schloß zu bilden (ohne durch Monumentalität oder brutale Formen von ihm abzulenken).


    Schau dir doch einfach mal eines jener Bürogebäude am Probsthof an, zu denen du den Schommerbau gesellen willst und danach genau eben dieses Gebäude an der Popp-Allee. Achte auf Details, auf die Anordnung der Fenster, die Geschosshöhenstaffelung, die pfiffige Art, wie er mit dem Fenster in der Spitze dem Gebäude etwas einmaliges gibt. Und dann vergleiche. Schlichtheit heißt nicht unbedingt billig und einfache Ästhetik. Braun-Geräte-Design ist auch schlicht - oberflächlich betrachtet.


    Es gibt mehr als genug Beispiele schlechter zeitgenössischer Architektur, da braucht man sich nicht an diesem Gebäude abzuarbeiten, denn es ist ein Beispiel für gute moderne Architektur, gerade weil es nicht so gewollt originell und mit dem Gestus "Hier bin ich!" daherkommt, sondern sich unterordnet.
    Hierzu noch ein Hinweis: Im Gegensatz zu den meisten neuen Bauten, die gerne mit teuer wirkenden, aber meist viel zu großformatigen, mamorierten Platten (oder gar Metallplatten) zugepappt werden, obwohl es überhaupt nicht zum Stil der Umgebung passt, hat Schommer hier einen einfachen Verputz gewählt, in einer leuchtenden Farbe - hier eben weiß - und passt sich so dem Stil von Schloß (leuchtend Gelb-Orange) und Alter Chemie an.

  • @Antiquitus


    Bevor du solche undiffenzierenden Beiträge schreibst, die - sorry, - nur zeigen, daß du dazu neigst, Dinge oberflächlich zu betrachten und über einen Kamm zu scheren, solltest du dich informieren.


    In diesem Fall wäre es gut gewesen, du wärst dem Link gefolgt, den rec angegeben hat und hättest Dir mal das verschandelte Gründerzeithaus auf der Website des Architekten angeschaut.
    Selbst bei besten Willen kann man nicht erkennen, wo da außergewöhnliche Formen gewesen sein sollen - außer höchstens durch angeklebte Ornamente.
    Außerdem zeigt das Bild vom Altbau auch, daß er auch bei Fensteranordnung und Geschoßstaffelung nur eine grobe Vorgabe war.


    Aber ich vermute mal, daß dir überhaupt nicht daran liegt, dich mit anderen Stilen als den von dir bevorzugten auseinanderzusetzen. Die große Zahl an Rechtschreibfehlern läßt doch eher vermuten, daß du auf jegliche moderne Architektur reagierst wie der Pawlovsche Hund.
    Sorry, aber mit solchen Beiträgen disqualifizierst du dich selber.

  • Also, das mit dem pawlovschen Hund nehme ich mit Bedauern zurück. Da bin ich etwas übers Ziel hinausgeschossen.


    Außerdem habe ich nicht gerne das letzte Wort. :welcome:

  • Zitat von Antiquitus

    2. die fensteranordnug könnte man ändern. das wäre aber erstens schwierig und wurde zweitens, wie man auf dem bild sehen kann, auch nicht gemacht.


    Halt, halt. Es sind oft wie in diesem Fall die Feinheiten. Wenn du dir Altbau und Neubau nochmal genau anschaust wirst du Veränderungen sehen, die den Gesamteindruck des Gebäudes deutlich verändern/verbessern. Das macht eben den Unterschied zwischen Nullachtfünfzig Architektur (aus Vergangenheit und Moderne) aus.


    1. Die Fenster des Erdgeschoßes wurden bis Straßenniveau heruntergezogen. Es ist ist auf dem Bild vom Altbau nicht so gut zu erkennen, aber vor dem Umbau gingen Passanten an einem hohen Mauersockel vorbei.
    2. Die starre Fensteranordnung im hinteren Gebäudeteil wurde zweimal aufgebrochen.
    3. Der vordere Teil schließlich folgt nun der Kurve der Straße und passt sich der prominenten Ecksituation viel feinfühliger an. Wie man auf dem Lageplan auf der Architektenseite sehen kann, wurden mit der Abrundung der Spitze auch bewust Formen aus dem Straßen- bzw. Parkanlagengrundrissen übernommen.
    Mein Foto zeigt ja nur einen Ausschnitt, aber wenn man sich das vor Ort betrachtet, spürt man diese Beziehung zu der Gesamtanlage.
    4. Während der Vordere Bereich des Altbaus eher einem Trafohaus mit Fenstern gleicht, bietet der Neubau mit der Art, wie das große Fenster eingesetzt wurde etwas unverwechselbares - einen Eyecatcher - und das mit einfachen Mitteln. Leider ist das auf meinem Foto (wegen Perspektive und Lichteinfall) nicht so gut zu erkennen. Erahnen kann man es eventuell, wenn man den Monitor etwas dunkler stellt.


    Wie gesagt, wir wissen nicht, wie das Haus ursprünglich ausgesehen hat, bevor es in den 50gern so brutal simplifiziert wurde. Ich habe vor einem Jahr mal vergeblich in einigen Bildbänden über das alte Bonn recherchiert. Vielleicht hatte auf dem Vorderteil ja ein Ecksituation betonendes Kuppeldach (so etwas gibt es, wenn ich recht entsinne, auf der gegenüberliegenden Seite) und schmuckvolle Balkone oder gar eine mit kleinem Säulengeländer eingefasste Terrasse zur Ecke hin. Alles keine untypischen Merkmale für die Gegend. Aber wir wissen es nicht, es gibt auch genügend geschmacksverirrte Beispiele für Gründerzeitbauten. Der Maßstab kann also nur sein, was der Architekt aus dem vorhandenen gemacht hat, bzw. was der Bauherr und Geldgeber ihn hat machen lassen.
    Was ich mitbekomme, ist, daß hier in Bonn alle glücklich mit der deutlichen Verbesserung der Situation sind (die ja auch rec eingesteht) und es allgemein positiv vermerkt wird, wie einfühlsam sich der Umbau auf die Umgebung einfügt.


    Um es nochmal deutlich zu sagen: Es geht mir absolut nicht um ein Loblied auf Schommer. Er hat eine handvoll wirklich guter Sachen gebaut, aber eben auch vieles, was er besser nicht so stolz auf seiner Internetseite präsentieren sollte.

  • Kurfürstliches Bonn II. Teil

    Weitere Zeugnisse aus kurfürstlicher Zeit. Diesmal die Kurfürstenallee mit Stadtbezirk Godesberg und die Kreuzbergkapelle.


    Zunächst nocheinmal das Koblenzer Tor der kurfürstlichen Residenz (Uni-Hauptgebäude), weil von vorne doch mehr zu erkennen ist als von der Seite:



    So, jetzt Sprung nach Süden in den Diplomatenstadtteil Godesberg (Name ist immer noch treffend, wenn es längst nicht mehr so viele Diplomaten gibt).


    Ein wenig Musik dazu. Plastik vor der Musikschule an der Kurfürstenallee:


    Blick über die Kurfürstenallee Richtung Godesburg-bevorzugter Sitz der Kurfürsten 13. bis 16. Jahrhundert bis zur Sprengung durch die Wittelbacher:



    Das kurfürstliche Theater zwischen Redoute (Ballhaus) und kurfürstlichen Gästehäusern:



    Die Gästehäuser schließen sich südlich an. Bis 1969 Rathaus der ehemals selbstständigen Stadt (seit 1935) Godesberg



    Danach folgt noch eine ganze Reihe Villen aus dem 19. Jahrhundert. Hier ein Teil:



    Nördliche Abschluß des Ensembles und Höhepunkt ist natürlich die Redoute:





    Rotunde an der Rückseite:



    benachbares Gesindehaus:



    Einfriedung der Redoute und benachbarte Villen



    Wieder zurück, diesmal in den Westen (Verlängerung der Achse Hauptschloß - Poppeldorfer Allee, Poppelsdorfer Schloß) zur Kreuzbergkapelle 1627/28:





    Die Besonderheit ist die Heilige Stiege der Pilgerkapelle. Sie bildet den Abschluß des Kreuzweges auf den Berg hinauf. Pilger rutschten auf den Knien hinauf. Nach Planung von Balthasar Neumann. Leider nur ein Ausschnitt der höheren Treppe und den größen Flächen mit Wandmalerei:



    So, das war's. Jetzt fehlen aus der Zeit noch Sterntor, Gärtnerhaus, Jägerhaus, Wasserträgerhaus, Rokkoko-Rathaus und Alter Zoll. Die kommen vielleicht später mal.

  • ich bin wiedereinmal total baff! atemberaubende bilder, danke lomolo!


    wurde bonn gar nicht im krieg zerstört?

  • Zitat von Kaiser

    ich bin wiedereinmal total baff! atemberaubende bilder, danke lomolo!



    Da kann ich mich aber nur sowas von anschließen :lach::daumen:

  • Was soll man hier schon sagen - außer "tolle Fotos"!;)
    Was mich noch interessieren würde: Ist Bad Godesberg mittlerweile tatsächlich ein echter Stadtteil Bonns? Auf manchen Karten ist es eingezeichnet als ob es ein selbstständiges Städtchen wäre..

  • Okay, beanworte ich gleich mal alle Fragen auf einmal.


    "Nur" die Altstadt ist durch Luftangriffe in Schutt und Asche gelegt worden. Den Allierten ging es dabei in der Hauptsache um die Rheinbrücke, deshalb sind vor allem die Rheinnahen Teile in der Bonner Altstadt und in Beuel betroffen gewesen. Einige wichtige historische Gebäude hat man wieder aufgebaut: Rathaus, Münster und die Studenten haben ihre Uni selbst wieder hergestellt. Für immer verloren, sind die Teile mit typischen Altstadtcharakter, z.b. das jüdische Quartier direkt an der Brücke. Die Brücke selber hat allerdings überlebt, bis die Nazis sie selber gesprengt haben. Hat aber nix genutzt, da die Amis haben quasi zeitgleich die Remagener Brücke (25km südlich) intakt in die Hände bekommen.
    Daß Bonn außerhalb der Innenstadt und auch ganz Godesberg noch soviel intakten Wohnraum, aber vor allem auch so große repräsentative Villen (Villa Hammerschmidt, Bundespräsidialamt; Palais Schaumburg, Kanzleramt; Museum Koenig, etc) hatte, war ein wichtiger Grund, weshalb Bonn gegenüber Frankfurt den Vorzug bekam.


    Ja, Godesberg ist seit 35 Jahren ein Stadtteil von Bonn, wie Spandau ein Teil von Berlin ist. Natürlich gibt es immer noch ein paar Godesberger, die das nicht wahr haben wollen (interessanterweise in der Mehrzahl nach dem Krieg zugezogene). Ich (ebenfalls in Godesberg aufgewachsen), erzähle ihnen dann immer, daß Godesberg erst 1935 durch Eingemeindung von Mehlem (gegen deren Willen) Stadt geworden ist und die Geschichte von Bonn und Godesberg seit jeher eng miteinander verbunden ist:
    Die Offiziere der Römer aus dem Legionslager haben sich Villen in Godesberg gebaut.
    Der Kurfürst saß (nachdem die Kölner ihn rausgeschmissen haben) erst hauptsächlich auf der Godesburg. Den Rest erzählen die Fotos.
    Später wurden Bonn und gleichzeitig Godesberg bevorzugter Ruhesitz reicher Renter (Industrieller) aus Köln und dem Ruhrgebiet (daher die großen reichen Villengebiete aus der Gründerzeit).
    In Godesberg befand sich Bonns berühmteste Studentenkneipe der jungen preussischen Uni: Das Ännchen - gerne besucht auch von Karl Marx.
    Nach und nach dem Krieg? Was wäre Godesberg ohne Bundeshauptstadt Bonn geworden? Bestimmt nicht Diplomatenstadtteil und Ministerienstandort mit verdoppelter Einwohnerzahl.


    >Bonn ist eine der schönsten Städte Deutschlands!


    Na ja, die Gebiete von den Bildern in beiden Threats liegen nicht gerade fußläufig beinander. Das ist schon jede Menge Platz dazwischen für Profanbauten - und die gibt es natürlich reichlich, weil Bonn gerade bis in die 70er so rasch gewachsen ist. Besucher, die kurz mal mit dem Wagen eine Rundtour über die Hauptstraßen machen, bekommen einen anderen Eindruck.
    Könnte man alle erhaltenen historischen Gegenden Bonns von Mittelalter bis Gründerzeit räumlich konzentrieren, hätte man allerdings tatsächlich ein zweites Heidelberg.