Hbf-Empfangsgebäude inkl. HH Arnulfstr. (69m) [im Bau]

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    Sind das eigentlich "Menschen", die auf dem Dach angedeutet sind? Das gibt sicher eine ganz nette Perspektive auf die Altstadt, wenn das Dach für Besucher freigegeben würde.

  • Schaut man durch den Münchner Blätterwald stehen die Bürger dem neuen Bahnhofgebäude ablehnend gegenüber. In der Abendzeitung bringt es ein Leserbrief dabei auf den Punkt. Er mahnt - aus meiner Sicht zur Recht - die generelle Monströsität, gepaart mit Gesichtslosigkeit, der letzten "Neubauten" in München an, die durchwegs nicht beim Bürger ankommen. Da wären zu nennen die Fünf Höfe, die Neubebauung am Marstall, die Neubuaten in der Fußgängerzone, und nun eben auch der neue Hauptbahnhof.


    Zu Recht sollte man hier einmal die Frage stellen, für wen die Architekten eigentlich planen? Für sich selbst oder den Wahn der Investoren. Mit Sicherheit jedenfalls nicht für den Bürger, denn der steht den architektonischen Auswüchsen der letzten Jahr nur noch mit Kopfschütteln gegenüber. Dabei geht es nicht um Rekonstruktion oder Höhenbeschränkung, sondern schlicht um die Befriedigung eines ästhetischen Gurndbefürfnisses der Allgemeinheit. Doch das scheint nicht zu gelingen.


    münchner.

  • "Mit Sicherheit jedenfalls nicht für den Bürger..."


    >> Realistisch gesehen beschäftigt sich der Durchschnittsbürger überhaupt nicht mit architektonischen Fragestellungen. In meinem Bekanntenkreis sind die meisten nicht nur schlecht bis gar nicht über das aktuelle Baugeschehen informiert, sondern haben auch überhaupt keine Meinung zur Qualität von Architektur. Und so wie mir dürfte es den meisten gehen...
    Solange den Bürgern also ein architektonisches Bewußtsein fehlt (IMO der status quo) können sich Architekten, Stadtplaner und Investoren noch lange austoben wie sie wollen. Der unaufgeklärte Bürger frisst erstmal was man ihm vorsetzt (z.B. indem er in einem neuen Einkaufszentrum fleißig konsumieren geht) und trägt dadurch kaum zu einer nachträglichen Bewertung von qualitativen Aspekten bei. Genauso ist die Anzahl der Zugreisenden ab dem Münchner Hbf herzlich unabhängig davon wie das Gebäude äußerlich daherkommt.

  • Vielleicht sind sie aber auch einfach schon zu "abgehärtet". Ist ja nicht mehr feierlich was das Auge in den letzten 50 Jahren in diesem Land so ertragen musste. Kann mir durchaus vorstellen, dass man da die Sensibilität verliert. Was tun gegen schlechte Architektur kann man meistens sowieso kaum, also arrangiert man sich mit der Zeit wohl oder übel damit. Folglich ist dann die Hemmschwelle zum Protest gegen solche Klötzer auch höher. Schon bischen ein Teufelskreis.

  • Niederschmetternder sogar. Es gibt offenbar noch die Zwischenstufe des zwar bewußten, aber weitgehend unreflektierten Architekturkonsums. Das bringt dann ein regelrechtes Baustellenmarketing mit tausenden anzunehmenderweise architekturinteressierten Teilnehmern, ohne daß dies einen merklichen Niederschlag in Online-Diskussionen fände. Wo doch gut 50% der Bevölkerung online sein sollen. Die andere Seite derselben Medaille sind tausende diesbezüglich teilnahmslose Architekten, die Berufung gegen Routine getauscht haben.


    Man muß angesichts dieser Realitäten ehrlich einsehen: Nicht die anderen sind außergewöhnlich, sondern wir. Viele haben dafür das im negativen Sinn verwandte Wort Idealisten oder gar Träumer übrig. Leider nicht ganz zu Unrecht.

  • münchner
    Er mahnt - aus meiner Sicht zur Recht - die generelle Monströsität, gepaart mit Gesichtslosigkeit, der letzten "Neubauten" in München...


    Den neuen Hbf jedenfalls finde ich einer Millionenstadt (endlich) angemessen. Und gesichtslos ist er m.E. schon gar nicht. Ich würde ihn sofort wiedererkennen.
    Aber es stimmt natürlich, dass die Architektur international austauschbarer geworden ist - der Hbf könnte auch in Mexiko-City oder in London so gebaut werden - und Lokalkolorit bei Neubauten keinen bedeutenden Stellenwert mehr hat - Ausnahmen vielleicht in den arabisch-geprägten Ländern (z.B. HHer in Dubai, Abu Dhabi) oder teilweise in der VR China.


    Ich habe keinen Einblick in die lokale Presse, aber hat der neue Hbf überhaupt kein positives Echo gefunden?

  • Wagahai


    ...nein, eigentlich gibt es keine positiven Feedbacks zum neuen HBF-Entwurf.


    In Bezug auf Lokalkolorit möchte ich noch den Vorortbahnhof ORIENTE für die EXPO in Lissabon anführen, bei dem die Dachstruktur die Form eines Waldes annimmt, wie er typisch ist für diese Region Portugals.


    münchner.

  • Seh ich auch so @ Wagahai!


    Für den "Lokalkolorit" und ein paar "grandelnde Altbayern" könnte man ja mit Lüftlmalerei den HBF etwas "heimischer" machen :D

  • munich


    warum Lokalkolorit bei Dir immer etwas negatives darstellt ist für mich ein Rätsel. Ist ja schlimm genug, dass immer mehr Menschen entwurzelt werden, aber dann muss man nicht auch noch die Städte austauschbar machen.


    münchner.

  • Lokalkolorit ist für mich nur dann negativ, wenn es mit Rückschritt verbunden ist (trifft jetzt auf diesen Fall nicht zu).


    Allerdings hat diese hier mal vorgeschlagene historische "Kleinstadtlösung" in einer Metropole einfach nix zu suchen. Gewisse Gebäude, wie z.B. der HBF sind ein Aushängeschild für eine Stadt und da sind kleinkarrierte Lösungen sicherlich nichts Positives.

  • Zitat von münchner


    ...nein, eigentlich gibt es keine positiven Feedbacks zum neuen HBF-Entwurf.


    Nach allem was ich so gelesen habe, hat sich die Presse vor allem über die lange Bauzeit empört. Einen negativen Bericht über die Architektur, geschweige denn zum Abriss der Seitengebäude habe ich nicht gesichtet.


    Wo hast du das gelesen?


    Die SZ äußert sich beispielsweise überaus positiv: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/artikel/860/71789/

  • munich, münchner
    Was mich betrifft, bin ich für Neubauten mit Lokalkolorit durchaus offen, wobei ich aber auch die internationale Austauschbarkeit von Stadtbildern nicht ganz so kulturpessimistisch sehe. Das ist Teil der Globalisierung und die Architekten sind weltweit aktiv bzw. aktiv auch beim Abgucken.
    Die Schwierigkeit besteht aber schon darin, etwa bayrische oder klassisch münchnerische Motive mit der heutigen Architektur gelungen zu kombinieren oder wieder aufleben zu lassen, ohne lächerlich oder gekünstelt zu wirken.

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    Guter Punkt, es ist doch absurd anzunehmen dass München (bzw. jede andere Stadt) eine eigentümliche Baukultur beibehalten könnte wenn hier Architekten aus dem ganzen Land bzw. der ganzen Welt am Werke sind und umgekehrt die Münchner Architekten auch anderswo bauen. Dazu kommt noch dass heute kein König mehr die Bauaufträge vergibt, der alles nach einem Generalplan bauen lässt, sondern 30 Investoren mit eigenen Vorstellungen. Die strikte Beibehaltung eines "typischen" Baustils wäre also die Quadratur des Kreises!

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    Jai-C, Danke für den erwartungsvollen und zuversichtlichen Artikel. Jedenfalls wird der neue Münchner Hbf zu den spannendsten Baustellen der nächsten Jahre in Dland gehören. Ich freu mich :)

  • Schon ein hohes Niveau, welches manche Beiträge hier haben :nono: :
    - "großartige Entscheidung! Gute Architektur braucht keine pseudo-historischen krüppelartigen Anhängsel. Say yes to progress" - früher hieß vorwärts immer, rückwärts nimmer
    - "die leute, die wollen, das vor den neubau ne bürklein fassade hingefakt wird, können gleich fordern, das der Transrapid in münchen wie ne dampflok angemalt wird...... tsssssss"
    Eigentlich ist das hier doch ein Architekturforum und kein Forum für Proletensprüche


    Nun aber zur eigentlich Architekturdiskussion:
    Jai-C

    Guter Punkt, es ist doch absurd anzunehmen dass München (bzw. jede andere Stadt) eine eigentümliche Baukultur beibehalten könnte wenn hier Architekten aus dem ganzen Land bzw. der ganzen Welt am Werke sind und umgekehrt die Münchner Architekten auch anderswo bauen.


    Wenn man sich aber anschaut, das Architekten wie Thiersch oder Seidl auch außerhalb des damaligen Bayerns tätig waren, dann muss man sich eigentlich fragen, wieso haben es diese Leute geschafft für die Standorte typische Gebäude zu entwerfen.
    Gabriel v. Seidl z.B. hat das Bremer Rathaus, die Altstadt von Bad-Tölz und zahlreiche Gebäude in München geschaffen (Marienplatz 17, Bayerisches Nationalmuseum, Stachus, Deutsches Museum, Rufinnihäuser am Rindermarkt...). Und dennoch sind diese Gebäude nicht alle einheitlich international oder "gesamtdeutsch", sondern typisch für Bad Tölz, München usw.
    Wie hat er das geschafft? Er hat sich mit den Standorten beschäftigt: Welche Gebäude stehen hier in der Umgebungen, welche standen hier, was ist die Geschichte des Platzes? Und so hat er für den Standort typische Gebäude schaffen können.
    Mir scheint es aber so, dass bei vielen Neubauentwürfen heute dieses Kriterium der Umgebung wegfällt - daher auch meine Äußerung sie könnten genausogut überall anders stehen.


    Dazu kommt noch dass heute kein König mehr die Bauaufträge vergibt, der alles nach einem Generalplan bauen lässt, sondern 30 Investoren mit eigenen Vorstellungen. Die strikte Beibehaltung eines "typischen" Baustils wäre also die Quadratur des Kreises!


    Hat damals auch nicht alles der König gemacht. Der bereits erwähnte Seidl hat vielen Herren gedient - einige Bauten für den Staat (Nationalmuseum), das Deutsche Museum für Oskar von Miller, Bierpaläste für Unternehmer, Wohnhäuser und Geschäftshäuser für Privatpersonen, Kirchen für die Kirche (:lach: ) ...


    Dabei gibt es ja nicht nur einen Stil der typisch für München ist, sondern man kann sich außer einer reichen AUswahl bedienen - Ziegelfassaden wie bei Frauenkirche, HBF, Salierendirektion ..., Ohrwaschln wie bei vielen Münchnern Bürgerhäusern, Renaissance-, Barock-, Gotik- ... elemente

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    Mir scheint es aber so, dass bei vielen Neubauentwürfen heute dieses Kriterium der Umgebung wegfällt - daher auch meine Äußerung sie könnten genausogut überall anders stehen.
    Da hast Du sicher nicht ganz Unrecht, s.o.. Aber es spricht imo gerade in heterogenen und bislang weniger attraktiven Vierteln wie um den Hbf viel dafür, eine neue, frischere Formensprache zu wagen. Ich glaube schon, dass der neue Hbf das Zeug dazu hat, ein weiteres Wahrzeichen für München zu werden, neben Hofbräuhaus und Frauenkirche etc.
    Im Übrigen weiß ich nicht, in wie weit man sich beim Bau der Frauenkirche oder der Ludwigstraße an der damaligen Umgebung orientiert hat ;)

  • Da hast Du sicher nicht ganz Unrecht, s.o.. Aber es spricht imo gerade in heterogenen und bislang weniger attraktiven Vierteln wie um den Hbf viel dafür, eine neue, frischere Formensprache zu wagen. Ich glaube schon, dass der neue Hbf das Zeug dazu hat, ein weiteres Wahrzeichen für München zu werden, neben Hofbräuhaus und Frauenkirche etc.


    Ich bin halt eben der Meinung, dass sich das Bahnhofsviertel gerade zur Zeit auf dem Weg der Besserung befindet - mit Restauierung der Altbausubstanz (Holzkirchner Flügelbahnhof, das Bayerhotel, das "Telegraphenamtsgebäude", Hertie, das "Renaissance Haus"), den erstklassigen Bauten des Justizpalastes und hochwertigen Neubauten wie das Lenbachviertel, dessen besten Bauten nicht modern sondern traditionell sind!
    Eigentlich alles ein Schritt in die Vergangenheit - fehlt nur noch die beiden Leitbauten der Gegend: Verkehrsministerium und Bürkleinbahnhof.


    Im Übrigen weiß ich nicht, in wie weit man sich beim Bau der Frauenkirche oder der Ludwigstraße an der damaligen Umgebung orientiert hat.


    Um ehrlich zu sein bin ich überfragt, wie damals die Umegebung der Frauenkirche aussah. Ich nehme aber mal an, dass es viele gotische Häuser waren und dass auch sicherlich einige die für München typische Ziegelfassaden hatten - wie der Dom. Vom Vorgängerbau der Kirche ist mir nur der Grundriss bekannt. Und der ähnelt (bis auf die Größe) dorch dem heute noch bestehendem Bau: 3 Schiffe und zwei Türme, die den Eingang flankieren.
    Und bei der Ludwigstraße ist es so, dass sie mehr oder weniger auf der grünen Wiese errichtet wurde - es also keine "damalige Umgebung" gab.

  • Ich teile deine Begeisterung für die Lenbachgärten, auch wenn IMO nur das Rocco Forte Hotel ein wenig traditionell angehaucht ist... der Rest eher nicht.


    Dennoch sind die Beschädigungen des Bahnhofsviertels viel zu groß um mit ein paar Rekos behoben zu werden. Zudem ist die Gegend doch sehr multikulturell geprägt und hat dadurch auch - trotz ihrer Hässlichkeit - einen eigenen großstädtischen Charme, den man anderswo in München kaum findet.

  • PaBr
    dass sich das Bahnhofsviertel gerade zur Zeit auf dem Weg der Besserung befindet - mit Restauierung der Altbausubstanz..., den erstklassigen Bauten des Justizpalastes und hochwertigen Neubauten wie das Lenbachviertel, dessen besten Bauten nicht modern sondern traditionell sind!
    Da hast Du auch Recht. Nur was da gegenwärtig an eher unauffälliger bis abstoßender "moderner" Architektur steht, muss kein Argument dafür sein, bessere moderne Architektur nicht zu wagen und sich zwangsläufig mit einer Rolle rückwärts in die Vergangenheit zu katapultieren (wenn auch das eine oder andere potenzielle Reko-Juwel dabei sein mag).
    Ich bin der Meinung, dass durch die neue Formensprache frischer Wind ins Viertel und in die Stadt als Ganzes einziehen kann, mit einer hohen Symbolwirkung: Als Stadt, die sichtbar das Altehrwürdig - Traditionelle bewahrt und pflegt und zugleich auf der Höhe der Zeit ist, und zwar im Weltmaßstab.


    Frauenkirche: Auf alten Bildern ragen die Doppel-Megazwiebeltürme aus einer Ansammlung von mittelalterlich - eher kümmerlichen Flachbauten empor. Rücksicht auf die Umgebung? N-I-E-N-T-E ;)
    Die Ludwigstr. war quasi auch ein UFO, das das alte München mit dem Dorf Schwabing verband. Die flankierende, spätere Behördenarchitektur wurde aus Italien frisch importiert, hatte mit der damals "typischen" Münchner Bebauung folglich so gut wie nix zu tun. Der Stilmix hat aber gerade zu Münchens Ruf als eine der schönsten Großstädte in Dland beigetragen. Neue, fremde Einflüsse haben also der Stadt auch gut getan. Warum sollte das heute vollkommen anders sein?