Dresden: Hauptbahnhof
Zunächst ein Interview:
Vision für das Tor Dresdens
Der britische Architekt Lord Norman Foster wurde jüngst in Berlin in den Orden Pour le merité aufgenommen. Die Zugehörigkeit in dieser Ordensgemeinschaft gilt in Deutschland als eine der höchsten Ehrungen, die Wissenschaftlern und Künstlern zuteil werden kann.
Das Dresdner Blätt´l sprach aus Anlass seiner Ehrung mit Lord Foster, nach dessen Entwurf der Dresdner Hauptbahnhof derzeit ein neues luftschiffartig-leichtes, geschwungenes Dach erhält.
Den Dresdner Hauptbahnhof überdachen Sie mit einer ultramodernen Konstruktion, wogegen Sie für das Zentralgebäude die historische Rekonstruktion vorschlagen. Was ist Ihre Philosophie dabei?
Wir haben uns der Herausforderung gestellt, die originalen Strukturen wieder heraus zu arbeiten. Mit einer Spannweite der Dachbogen der Mittelhalle von sechsundfünfzig Meter und in seiner Ausführung insgesamt, hat das Bauwerk die damaligen Technologien auf äußerste und elegant genutzt. Es ist auch schön. Mit der Rekonstruktion des Gebäudes original wie es war einerseits und seiner Bedachung andererseits mit einer leichten, lichtdurchlässigen Membran, wie es damals technisch nicht möglich war, schaffen wir den Dialog zwischen Vergangenem und dem Heute. Wir betonen das und dramatisieren sogar, denn das viele Licht durch die neue Dachhaut, wird die alte Konstruktion besser als früher sichtbar machen und auf neue Weise beleben.
In Dresden wird für den Erhalt des Alten heftig gestritten.
Unser Büro begann in den achtziger Jahren mit einem kleinen Projekt der Erweiterung der Royal Academy in London. Wir entdeckten dabei, welche Bedeutung die alten Gebäude ursprünglich hatten. Das brachte uns eine neue Sichtweise, wie Neu mit Alt verbunden werden kann, wie mit historischen Gebäuden umzugehen ist. Seitdem betrachten wir solche Objekte nicht wie wir sie jetzt vorfinden, sondern aus ihrer Entwicklung in der Zeit. Wir beachten den geschichtlichen Aspekt. Wo wir es vorfinden, bemühen wir uns auch um die Erhaltung von Details des historischen Bauwerks. Bei der Rekonstruktion des Reichtages in Berlin, traten bei der Entkernung und Asbestsanierung Mauerstrukturen und Graffitis zu Tage, die wir restaurierten, um den Geist jener Vergangenheit zu konservieren. Wenn wir erweitern, dann tun wir das mit Anfügungen in transparenter Konstruktion auf höchstem Niveau der heutigen Bautechnik. Auch beleuchten wir die Objekte nicht nur um physikalisch Licht in sie zu bringen, sondern auch zur Erhellung Ihrer geschichtlichen, sozialen, politischen Bedeutung. Wie der Reichstag ein politischer Ort ist, ist der Dresdner Hauptbahnhof kein sakrales Gebäude sondern ein Ort der Kommunikation - für Transport und Handel im heutigen Geschehen. Und für das Heute machen wir Anfügungen an das historische Bauwerk, wir bauen nicht um.
Welche Bedeutung ordnen Sie dem Hauptbahnhof Dresden zu?
Es ist das Tor zu „Elbflorenz“. Immer wenn ich dort bin stelle ich beeindruckt fest, welches außerordentliche Potenzial dieser Platz in sich birgt. Wie ein „Dynamo“ der Stadt, bewegt er sehr viele Menschen für Berufsverkehr und ihre Freizeit. Auch das Kommen und Gehen der vielen Fremden für Geschäfte, als Besucher, Touristen aus aller Welt ist konzentriert an diesem besonderen Ort Dresden. Selbst die sonst anfliegenden Japaner reisen nach Dresden gerne mit der Bahn. Und das wird noch viel mehr werden als Ergebnis der Rieseninvestitionen Bahnfahren attraktiver zu machen. Die Frage auf welche Weise sich ein Bahnhof als Tor für seine Stadt „engagiert“, ist eine für Ihre Zukunftsexistenz sehr wichtige, denn auch daran misst sich die Qualität der Stadt und des Lebens in ihr.
Ihre Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber Deutschen Bahn?
Auch jeder institutionelle Auftraggeber unterliegt Wandlungen. Und so fanden wir auf allen Ebenen bei jenen, mit denen wir zusammenarbeiten, Aufgeschlossenheit für Qualität der Gestaltung wie der Ausführung. Uns verbindet das gleiche Ziel, den besten Bahnhof zu schaffen. Das freut uns und ich sage es dankend gerne.
Anspruch und Wirklichkeit, was Ihrer Vorstellungen wird realisiert?
Wirtschaftliche Grenzen bewirken die Realität. Und so werden in einer ersten Stufe die große Mittelhalle und die beiden Nord- und Südflügel auf neuartig luftig, lichte, leichte Weise überdacht. Unsere große Idee, die wir präsentiert haben ist, die Dächer der Seitenhallen verlängert auch über die zu- und ablaufenden Gleise zu führen. Als Architekten müssen wir Geduld und Optimismus haben. Dieser lässt uns hoffen, später auch das zu realisieren und die Membrandächer der Seitenhallen zu einem ovalen Ring zu schließen. Dann würde der Dresdner Hauptbahnhof in der Tat die Krone aller unserer bisherigen Arbeiten.
Das Projekt:
http://www.dresdnerblaettl.de/2003/14/foster_perspective.jpg
Modell:
http://www.dresdnerblaettl.de/2003/14/foster_photo.jpg