NMA: Arnulfpark (1.000 WE, 4.500 AP) [fertiggestellt 2017]

  • Auch von mir noch mal ein herzliches Willkommen an Arnulf P., ich finde die Meinung eines Bewohners aus dem Arnulfpark ist für die Diskussion insgesamt sehr wichtig.


    Städtebaulich finde ich die Vorgaben für das Gebiet gar nicht mal schlecht. Trotz absoluter Innenstadtnähe ging es hier immerhin darum, verschiedene Nutzungen auf einem komplexen Areal vernünftig unterzubringen. So ist die südseitige Abriegelung der Bahntrassen durch nicht zu hohe Bürobauten vernünftig, der Park schafft den nötigen Raum, damit die Wohnbebebauung entlang des Nordstreifens nach Süden orientiert werden kann, entlang der Arnulfstrasse wiederum sind neben einigen Wohnhäusern weitere Büro- bzw. Hotelneubauten zum Lärmschutz der Innenhöfe vorgesehen. Das eigentliche Problem ist die Architektur der Einzelbauten. Warum schaffen es Investoren in anderen Großstädten wie Hamburg oder Düsseldorf, ja teilweise inzwischen auch in kleineren Städten oder sogar im finanzschwachen Berlin, spannendere Einzelarchitektur zu verwirklichen als die Investoren im wirtschaftsstarken und finanzkräftigen München? Arnulf P.’s ablehnende Meinung gegenüber innovativer Architektur scheint sich mit der Meinung der rot-grünen Rathausmehrheit zu decken – und zeigt, dass das dramatische Scheitern der Werkbundsiedlung kein Zufall war. Offenbar hat sich unter Münchner Bürgern, Politikern und Investoren inzwischen eine Sichtweise etabliert, nach der Bauprojekte, die in den Verdacht geraten könnten repräsentativ und/oder ungewöhnlich zu sein, grundsätzlich abgelehnt werden. Ich höre Ude in etwa sagen: „...wir müssen mit den Gebäuden in unserer Stadt wichtigere Probleme lösen, als mit spannender Architektur herumzuprotzen.“ – Als ob man das eine nicht mit dem anderen verbinden könnte (wie es doch andere Städte, die ebenso unter Wohnungsknappheit etc. leiden, vormachen). Dass man auf wertvollen innenstadtnahen Baugrundstücken durchgehend architektonische Langeweile entstehen lässt, halte ich für einen fatalen Fehler, der auch nicht so leicht rückgängig zu machen sein wird.


    Nun noch kurz zum Thema „gut integrierter sozialen Wohnungsbau“: Es ist schon bemerkenswert, dass praktisch bei allen großen Wohnungsneubauprojekten in München ein spürbarer Anteil Sozialwohnungen realisiert wird. Als Beispiel fallen mir spontan die Messestadt Riem, aber auch zentrale Neubauviertel wie Theresienhöhe, Ackermannbogen, und eben auch der Arnulfpark ein. Wenn man als mittel- bis gutverdienender potenzieller Käufer eine der teuren Eigentumswohnungen in diesen Vierteln besichtigen will, reagiert man auf die mit Alditüten und Einkaufswagen beladenen Großfamilien und die Satellitenschüsseln auf nahezu jedem zweiten Balkon etwas verwundert – das ist nicht diskriminierend gemeint, reine Beobachtung. Grundsätzlich ist es natürlich zu begrüßen, dass auch in begehrten stadtnahen Gegenden Wohnraum für sozial Schwache erhältlich ist. Dennoch würde mich wirklich mal interessieren (entschuldigt mein Unwissen), wie diese Sozialwohnungen überhaupt finanziert/zugeteilt/vermietet werden. Kauft die Stadt die Wohnungen dem Investor ab oder zahlt die Stadt nur einen Teil der Miete/Baukosten, oder wie läuft das? Und: wer bekommt solch eine Wohnung in München?


    Und, ich wage hinzuzufügen, wenn die Architektur nicht so „wohnschachtelmäßig“ aussehen würde, dann würden Alditüten, Einkaufswagen und Satellitenschüsseln vielleicht auch weniger stören.... :)

  • Mal eine kurze Zwischenfrage, die nicht das Thema Arnulfpark betrifft, aber an den Beitrag von Iconic anküpft.


    Ist es in München auch so wie in Hamburg?


    Hamburg behält sie das Recht vor, bei größeren Baumaßnahmen ein gehöriges Wort beim Architektur Wettbewerb mit zu sprechen, welcher eigentlich bei fast jeder Baumassnahme mittlerweile durchgeführt wird.


    Beispiel:
    Beim gerade durchgeführten Wettbewerb für das sogenannte Katharinenquartier wurden von 11 Sachverständigen insgesamt 8 von der Stadt Hamburg gestellt. Nur 3 von Hochtief.


    Und beim Preisgericht hatte die Stadt und Hochtief je 50% der Stimmen.



    Zum angesprochenen Thema Sozialwohnungsbau. Ich weiss das man in Hamburg Sehr preiswerte Wohnungsbau Kredite bekommt, wenn man sich zum Sozialen Wohnungsbau verpflichtet. Die Mieten in den geförderten Gebäuden dürfen dann eine bestimmte Grenze nicht überschreiten. Die Mietinteressenten können dann bei der Stadt einen Sogenannten §5 Schein beantragen bei dem die Einkommenssituation der Familien durchleuchtet werden. Wenn das Einkommen gering ist, bekommt man einen §5 Schein und somit Anrecht auf die Anmietung einer Wohnung gefördert durch die Hamburger WK.

  • Letztendlich werden solche Bauvorhaben von Personen oder Personengruppen entschieden, die nur glauben, sie seien kompetent und ihre Entscheidungen deshalb richtig.


    Beschränktes Vorstellungsvermögen und beschränkte Fähigkeiten in Verbindung mit dem aus ihrer Macht resultierenden Omnipotenzanspruch, welchen man umgangssprachlich als Arroganz (ungerechtfertigter Geltungsanspruch) bezeichnet, führen zu derartigen "schäbigen" Ergebnissen.


    Da München bzgl. der Entscheidungsträger zweifelsfrei die arroganteste Stadt in Deutschland ist, ist es auch nicht verwunderlich, daß hier die schlechteste Architektur der Republik beheimatet ist. Und wehe, es kommt jemand, der es besser weiß.....


    Gute Architektur ist immer das Ergebnis von Unbefangenheit, Freiheit, Wissen, Toleranz, Lernfähigkeit, Kreativität, Engagement, Talent, Offenheit, Menschlichkeit, Rücksichtnahme und der Fähigkeit dazu.


    Kein Wunder also, daß hier nichts Gutes zustande kommt, ganz unabhängig von den "Entscheidungswegen" oder der "Gesetzeslage".


  • Gute Architektur ist immer das Ergebnis von Unbefangenheit, Freiheit, Wissen, Toleranz, Lernfähigkeit, Kreativität, Engagement, Talent, Offenheit, Menschlichkeit, Rücksichtnahme und der Fähigkeit dazu.


    Sehr gut! :cheers:



    Genau das ist München nicht vorhanden. Ich mache da der Politik keinen großen Vorwurf - da diese nur ein Spiegelbild der Münchner Bevölkerung ist. Jeder bekommt die Politik die er will - bzw. alle Macht liegt im Volke. Und die sich dem Münchner Einheitsbrei nicht unterordnen wollen gehen nach Berlin, Wien, Paris oder sonstwo..
    Die kreative Elite die hier bleibt ist entweder Teil des Systems oder profitiert einfach von der Masse an unvergleichlich guten Verdienstmöglichkeiten.

  • Hmm, jetzt sind wir aber am Tiefpunkt angelangt - reichlich pessimistische Sicht der Dinge, die ihr da habt! Kann man denn gar nichts ändern? Wo Geld ist, muss doch Kreativität eine Chance haben, oder? :nono:

  • Mit Geld sollte es eigtl nichts zu tun haben, oder ist denn Wien eine arme Stadt? In Muenchen will man sich einfach als Millionendorf sehen => Diese Grundeinstellung hemmt glaub ich viele Entwicklungen.

  • Seltsam, ich habe es meist umgekehrt erlebt. Wo Geld ist wird Kreativität nicht mehr benötigt. Oft ist der Mangel an Geld und Möglichkeiten der Grund für Kreativität, nach der Devise, Not macht erfinderisch.


    Oft habe ich in diesem Forum gelesen, daß man sich angeblich gute Architektur finanaziell nicht leitsten kann. Dies ist ein "verlogenes" Argument. Gute Architektur hat nichts mit finanziellen Mehraufwand zu tun. Städtebau ebenfalls nicht, dieser hängt nur von der Kreativität ab.


    Im Gegenteil, auf lange Sicht sind interessante Häuser besser vermiet- oder verkaufbar. Oft sind langweilige Häuser auch mit Langeweile und Desinteresse geplant, was oft zu Material- und Geldverschwendung führt. Glasfassaden sind auch nicht eben billig, vor allem auf der Südseite ziehen diese teure Beschattungsanlagen oder Klimaanlagen nach sich. Drei-Zimmerwohnungen zeichnen sich dadurch aus, daß darin ein Haufen "teurer" Wände stehen, die die Wohnung klein und unflexibel machen. Da muß dann schon zur Kompensation das teure Marmorbad her, welches einen erheblichen Instandhaltungs- und Reinigungsaufwand nach sich zieht. Auch muß es dunkle und tiefe Kellergeschoße geben, was eine Erhöhung der Erdarbeiten bedeutet usw. usw.


    Der einzige Mehraufwand bei guter Architektur besteht oft im Willen und im Denken. Aber es ist auch problematisch, daß sich Honorare nach den Baukosten richten. Je teurer der Bau, desto mehr verdient der Planer.


    Da sollte man mal auf China schauen, bei denen wurden z. B. Ärtze danach bezahlt, wie wenig Kranke sie in Ihrem Viertel hatten.

  • Das ist jetzt nicht dein Ernst, China hier als positives Beispiel zu nennen. Vermutlich kassieren dort dann die Ärzte, die nur gesunde Patienten in ihre Praxis lassen.
    Aber wenn ich mir so anschaue, was in letzter Zeit in China passiert ist, wird mir schon übel. Vor Erdbeben kann man sich nicht schützen, aber die Auswüchse von Korruption und Misswirtschaft spiegeln sich sicher auch in der Architektur und Bausubstanz der wie Streichholzmodelle zerbröselten Städte und Dörfer wider.

  • Entschuldigung, aber ich habe nur ein altertümliches Honorasystem aus China zitiert. Das heißt nicht, daß ich das derzeitige Regime gut heiße. Diese Unterstellung verbitte ich mir doch nachdrücklich !

  • Arnulf P.’s ablehnende Meinung gegenüber innovativer Architektur scheint sich mit der Meinung der rot-grünen Rathausmehrheit zu decken – und zeigt, dass das dramatische Scheitern der Werkbundsiedlung kein Zufall war. Offenbar hat sich unter Münchner Bürgern, Politikern und Investoren inzwischen eine Sichtweise etabliert, nach der Bauprojekte, die in den Verdacht geraten könnten repräsentativ und/oder ungewöhnlich zu sein, grundsätzlich abgelehnt werden.


    Es geht gar nicht um eine Ablehnung innovativer Architektur. Die Werkbundsiedlung hätte mir gut gefallen. Von Außen. Wenngleich, wenn ich da an die Fenster denke, die eher Lichtschlupflöchern gleichen, hätte ich nicht darin wohnen wollen. Und genau darum geht es doch, dass die Menschen sich wohl fühlen.
    Ein Beispiel für "schöne" Architektur ist der Moabiter Werder, diese Wohnschlange in Berlin neben dem Kanzleramt. Dort sollten damals Parlamentarier einziehen. Nur, eingezogen ist praktisch keiner. Denn das Gebäude ist zum Wohnen völlig ungeeignet. Es wurde z.B. auf Balkone verzichtet. Da stimmen doch die Prioritäten nicht. Das Gebäude sieht aber echt cool aus. Oder bin ich da auch wieder der Einzige in der Runde?


    PS: Alditüten und Satelittenschüsseln find ich auch doof. Ist aber nicht nur ein Unterschichtenproblem.

  • Dieses Bild sehe ich auch wenn ich mir die Projekte die wir als Fassadenbauer reinbekommen mal betrachte.


    Aber ich kann das nun nicht auf ein Gebiet eingrenzen. Dieses Einfallslosigkeit geht von Hamburg über Köln bis nach München.
    Beginnt schon bei der Farbgebung, alles ist DB703/RAL9006, Brüstungsgläser wenn vorhanden meist grüntöne. Dann gibt es immer diesen nervigen versprung pro Etage.


    Aber ganz selten sieht man mal etwas das interessant und neu wirkt.


    Unbedingt mehr Geld benötigt man nicht um von diesen grauen Einheitsklötzen wegzukommen.
    Langweilig heißt noch lange nicht billig.


    Sondern wohl eher Mut um sich von diesen standartiesierten Fassaden zu entfernen.


    Als Beispiel nehme man das Atmos. Optisch absolut nicht aufregend dennoch wurden eigens für diesen Bau neue Aluminium- und Dichtungsprofile entwickelt und es ist planerisch ziemlich aufwendig und schwierig zu lösen.


    Aber nicht das mich jemand falsch versteht. Es ist ein guter Bau, wir sind Stolz den Auftrag für die Fassade bekommen zu haben und ich es bearbeiten zu dürfen!
    Nur Träume ich einfach von aufregenden verrückten Gebäuden.

  • Als Außenstehender verfolge ich die Diskussion hier mit großem Interesse.


    Wo Geld ist, muss doch Kreativität eine Chance haben, oder?


    Diese Schlussfolgerung halte ich auch für völlig abwegig, siehe Ausführung von Jaguar.


    Dieses Einfallslosigkeit geht von Hamburg über Köln bis nach München.


    Stimmt, aber in München fällt dieser Investoren-Einheitsbrei besonders krass auf. Das liegt vielleicht auch an der Vielzahl an Wohnungsbauprojekten, aber ich finde, in Hamburg (z.B. Hafencity) und Berlin (z.B. Townhouses) gibt man sich deutlich mehr Mühe. Klingt vielleicht sehr pauschal, aber mein Eindruck ist, je größer die Nachfrage nach Wohnraum (und somit je teurer dieser ist), desto größer die Einfallslosigkeit der Wohnungsneubauten.

  • Vielleicht lässt es sich ein Stückweit so erklären:


    Je sicherer der Erfolg eines Projektes desto weniger Gedanken werden daran verschwendet.
    Daran gehen dann die Innovationen verloren.

  • Lass ich nicht gelten. In Amsterdam, London und Wien gibt es auch eine große Nachfrage nach Wohn-/Büro- und Geschäftsneubauten, wirtschaftlicher Erfolg ist ähnlich wie in München relativ leicht erzielbar. Dort scheinen sich aber gerade deshalb die Projektentwickler und Investoren gegenseitig daran hochzuschaukeln, wer das außergewöhnlichere Projekt als der andere bauen kann. Dass die Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg hochwertige Projekte blockieren soll, klingt für mich unlogisch. Wäre das so, könnte man in London und New York nur noch Bretterbuden mit Dachpappe bauen, für die maximale Rendite ;)

  • Ja...sehe ich aehnlich. Der Unterschied zu den von iconic genannten Staedten ist meiner Meinung nach vor allem in der Stadtverwaltung zu suchen.

  • Bedeutet dies, daß die Münchner Stadtverwaltung zu wenig kompetenten und qualifizierten Einfluß nimmt ?


    Wahrscheinlich trifft dies durchaus zu, jedoch würde ich den Bauherren und Planern dadurch nicht die Verantwortlichkeit dafür aberkennen. Vielleicht ist es so, daß, wie so oft, zwei dazugehören. Der eine, der es macht, der andere, der es möglich macht ! Und jeder drückt sich vor der Verantwortung dadurch, daß er diese auf den Anderen schiebt.


    Vielleicht ist aber auch der verantwortlich, der es besser hätte machen können und es unterlassen hat, die Sache in die Hand zu nehmen, obwohl die Grundlage dafür schon vorhanden war.....

  • Zumindest beim Buerobereich sind die Investoren, Bauherrn, Planer doch mind. deutschlandweit aktiv, wenn nicht weltweit. Warum sollten sie fuer Muenchen gross anders planen als fuer Wien oder Amsterdam?


    Im Wohnungsbereich sind es jedoch oft die immer gleichen Verdaechtigen, die den Zuschlag bekommen, wertvollen staedtischen Grund bebauen zu duerfen.


    Ich wuerde auch nicht vermuten, dass die Stadtverwaltung zu wenig kompetenten Einfluss nimmt, sondern dass sie zu viel nicht kompetenten Einfluss nimmt.

  • Unterschied ... vor allem in der Stadtverwaltung zu suchen.


    Gibt es denn von der Stadtverwaltung ein klares Bekenntnis "JA - wir sind eine europäische Metropole, wir wollen wachsen, wir wollen neue Entwicklung"??? Nein, ein solches Bekenntnis gibt es nicht. Man will einfach nicht auffallen.

  • Die Stadt bräuchte ein Leitbild, eine Vision.....;) So etwas gab's in München zum letzten Mal in den Siebzigerjahren. Der Ude ist dafür viel zu bodenständig :Nieder: