Dresden: Carolabrücke, St. Petersburger Straße und Carolaplatz

  • Wikipedia zitiere ich sonst nicht und gehe bei Bedarf gern mal in die Bibliothek, um die genannte Quelle zu verifizieren. Jedenfalls heißt es im Wikipedia-Artikel, die Bögen der Carolabrücke von 1892-95 hätten eine Spannweite von 59-61 Metern gehabt.


    Die Fahrrinnenbreite in Dresden und flussabwärts beträgt 50 Meter. Soviel Abstand müsste auf jeden Fall zwischen den Pfeilern sein

    Fahrwasser frei von Hindernissen zu halten oder diese, wenn sich die Möglichkeit wie bei Neubauten ergibt, zumindest zu reduzieren ist m.E. sinnvoll (bei der neuen Pfaffendorfer Brücke zu Koblenz wären dies über 50 Meter).


    Das klingt doch erstmal gut mit den 60 Metern der historischen Brücke vereinbar. Und drei Jahre Bauzeit, wie bei der originalen Brücke, wären auch eine schöne Challenge, um zu zeigen, dass wir es noch können.


    Zeit für die Planungsphase sollte man sich nehmen, um wie hier schon diskutiert, eine optimale Verkehrsführung für die nächsten 50-100 Jahre zu finden.


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    (Bild gemeinfrei)


    In einem Tag24-Artikel zu einem Relief der alten Brücke stehen folgende Sätze, die heute sehr skurril klingen:


    "Schon seit Oktober lässt das Straßen- und Tiefbauamt den mittleren Brückenzug B sanieren. Und das, obwohl das Tragwerk der Brücke eigentlich in einem guten Zustand ist. 'Alle 30 Jahre muss man an der Brücke arbeiten. Es geht hier um die klassischen Verschleißteile', erklärt Amtsleiterin Simone Prüfer (58) schmunzelnd. [...] 'Wir liegen aktuell sehr gut im Zeitplan', berichtet Holger Kalbe (52), Abteilungsleiter für Brückenbauwerke."


    Die Petition für die Carolabrücke der Herzen von 1892 hat jetzt schon 3180 Unterschriften: vor 24 Stunden waren es noch 170. Ich bin gespannt, wie viele Unterstützer es werden müssen, bis die Verantwortlichen das Anliegen nicht mehr wegschmunzeln können.

    Einmal editiert, zuletzt von Ziegel ()

  • Abendupdate

    Das Ziel, die Beräumung abzuschliessen, wurde erreicht. Das hatte schon vormittag der Feuerwehrsprecher so eingeschätzt.

    Der Büffel rödelte zu meinen Fotos ohrenbetäubend rum, er hat ja auch den Unterbau eines Leo2. Er schob glaublich Verstreutes zusammen.

    Morgen am Sonntag wird nichts passieren, aber das Hochwasser kommt. Am Monatg und Dienstag wird weiter beraten, was als nächstes nötig ist.

    Der Scheitel des Hochwassers wird ja erst Mi + Do erreicht - mit dann ca. 6-7m HQ-Prognose. Ich denke, man kann die ganze kommende Woche erstmal nur zuschauen, wie Wasser die Elbe hinunter fliessen wird. Also Zeit für reichlich Überlegungen. Laut Straßenbauchefin Simone Prüfer erwartet man erste abschließende Gutachten-Resultate in 2 Wochen, dazu sind jetzt auch Laboruntersuchungen der Bohrkerne und Materialien im Gange.

    DNN-Ticker schreibt noch: Ab Montag wird sich eine Task Force mit nun erforderlichen Verkehrsführungen beschäftigen – insbesondere auch bezüglich des Adventsverkehrs.

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    Büffelei vor Ex-Pfeiler // Tagesschautante kurz vor der Live-Schalte // Blick von näher dran

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    Der neustädter Teil der Brücke-C ist nun weg. Äh, WEG ist natürlich nix, es ist nur woanders! Und in anderer Form als zuvor - eben Brücken-Konfetti.

    Ich ahnte, wo sie es hinfahren, es gibt nur eine geeignete Fläche so nahebei, diese wurde auch erst vor Tagen frei, zuvor hatte USD für die HafenCity hier den Bodenaushub lagern - teils Erde für die Aussenanlagen. Es ist die Fläche zwischen Ex-Stellwerk und Ex-Orangerie westlich des Globus-Areals und nördlich der Leipziger Strasse.

    Hier schütten die LKW die zerkleinerte Carola-C ab - zumindest vorübergehend und notgelagert. Nun habe ich ein Stück Carola-Konfetti als Betonbrocken.

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    Das hier ist eine von zwei oder drei Halden, die man bildete. Offenbar trennte man schon etwas die mineralischen Abfallfraktionen, wie neu vorgeschrieben.

    Sieht auf dem Foto wenig aus, ist aber wohl mehr als man so denkt. Aber die Brücke war ja ein Hohlkastenprofil, allerdings mit dicker Betonoberseite.

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    alle fotos elli kny

    3 Mal editiert, zuletzt von Elli Kny ()

  • Ein erster vorsichtiger Versuch das Thema "historisierenden Wiederaufbau" zu umreißen von der Lokalpresse. Dazu folgendes interessantes Zitat aus dem Beitrag:

    "Generell werden die Petitionen im Petitionsausschuss der Stadt beraten. Stimmt eine Mehrheit der dort anwesenden Räte zu, müsste die Stadt dann zumindest in Prüfungen einsteigen. Unterstützt wird die Forderung nach einer "alten" Carolabrücke von der Dresdner AfD. Deren Fraktionsvorsitzender Thomas Ladzinski sagt: "Wir unterstützen die Petitionen. Dresden sollte ernsthaft darüber nachdenken, diese Katastrophe dafür zu nutzen, Teile der Innenstadt städtebaulich neu zu ordnen. Dies beginnt mit der Carolabrücke." Über eine kleinere Carolabrücke, die nach historischem Vorbild aufgebaut würde, würde dann weniger Verkehr fließen, auch die St. Petersburger Straße könne verkleinert werden. Wichtige Voraussetzung dafür sei, dass der Verkehr über die Dresdner Innenstadtringe abfließen könne."

    Wenn sogar die AFD sich für eine Verkleinerung von Brücke und St. Petersburger Straße ausspricht, besteht reale Hoffnungen das es im Stadtrat eine Mehrheit geben könnte (sofern die Parteien mit der AFD in diesem Falle zusammenarbeiten wollen). Kann natürlich auch passieren das Thema wird abgeblockt weil die AFD dafür ist ohne es inhaltlich abzuwägen.

  • Wenn sogar die AFD sich für eine Verkleinerung von Brücke und St. Petersburger Straße ausspricht, besteht reale Hoffnungen das es im Stadtrat eine Mehrheit geben könnte

    Es ist jedenfalls verkehrte Welt, dass die AfD (mit der ich NICHTS anfangen kann), die Chance zur Straßenverkleinerung nutzen will, während der Baubürgermeister von den Grünen möglichst schnell einen Ersatzneubau anstrebt. Die anderen Parteien, die sicher auch angefragt wurden, sollten sich das Thema jetzt nicht wegschnappen lassen.


    Aber wenn sogar die AfD erkennt, dass die Verkehrsführung der 70er nicht mehr das Gelbe vom Ei ist, gibt mir das schon irgendwie Hoffnung, wobei die Befürchtung, dass die anderen automatisch die Gegenposition einnehmen, auch naheliegend ist.

  • Im APH- Forum wurde die Stellungnahme der AfD zum Brückeneinsturz gepostet und es ist NICHS GUTES an deren widerwärtiger Hetze. Die werden dafür stimmen, was ihren maximal nutzt und werden meines Erachtens sicher auch nicht davor scheuen, widersprüchliche Forderungen zu stellen.

    Wenn der Baubürgermeister von Ersatzneubau spricht, meint das ganz sicher erstmal nur einen Neubau als Ersatz (statt der Erhaltung der restlichen Brückenzüge).

    Mit verkehrter Welt hat das gar nichts zu tun, das ist Sachlichkeit auf der einen Seite und Populismus auf der anderen.

  • Mich besorgt, dass eine rechtsextreme Partei (und deren Jugendverband) vehement für einen historischen Wiederaufbau sind und dieser Umstand zu einem weiteren öffentlichen Framing führt, dass traditionelle Baukunst eine Sache von Rechtsextremisten bzw. Populisten ist und somit nichts der Sache dienliches vorankommt.

  • Kühn wollte darauf hinaus, ein Planfeststellungsverfahren vermeiden zu wollen, damit es mit einer neuen Brücke möglichst schnell geht.


    Kühns Pragmatismus ist oft angenehm, aber bei manchen Aufgaben geht Qualität deutlich vor Schnelligkeit, darauf legt er mir manchmal zu wenig sein Augenmerk.


    Dass ich keine Hoffnung auf die AfD setze und lediglich hoffe, dass auch die Einäugigen erkennen, was selbst der Blinde sieht, sollte deutlich geworden sein.

  • dieser Umstand zu einem weiteren öffentlichen Framing führt, dass traditionelle Baukunst eine Sache von Rechtsextremisten bzw. Populisten ist

    Also, ran an die Töppe! Ich hoffe, die anderen Parteien wachen jetzt ganz schnell auf und machen sich das Thema zueigen. Sonst sind sie selbst für das verzerrende Framing mitverantwortlich.

  • Kühns Pragmatismus zeigte sich in Bezug auf die Brücke für mich jetzt vor allem darin, dass er deren Komplettabriss schon so früh ansprach. Für alles andere ist es jetzt noch viel zu früh.

    Total unseriös wäre es auch für jede andere Partei, jetzt die Rekonstruktion der alten Brücke zu fordern. Dazu müssen wenigstens ein paar Punkte klar sein.

  • Hm, Arwed. Vor kurzem hieß es noch von dir:

    Bevor man einen Komplettabriss der (zumal bereits sanierten) Brückenteile ausführt, muss es mehr als die aktuellen Vermutungen geben.

    Und jetzt lobst du den entsprechenden Vorstoß von Kühn als sachlich?


    Egal, ein Abriss war sehr schnell naheliegend. Daraus ergibt sich dann "alles andere", also vor allem die Frage nach der grundsätzlichen Stoßrichtung, die eingeschlagen werden soll. Da kann man durchaus jetzt schon sagen, ob man eine andere Verkehrsführung und eine Brücke nach historischem Vorbild oder ein "So-wie-bisher-schnellschnell" grundsätzlich bevorzugt oder zumindest zu prüfen bereit ist.

  • Ziegel, Du bist echt gut im Verdrehen von Worten.

    Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich den Einsturz der Carolabrücke sehr verstörend finde. Ich denke auch, dass ich damit nicht allein bin.

    Zu Beginn konnte ich mir absolut nicht vorstellen, dass mehr als der eingestürzte Brückenteil betroffen ist. Immerhin sind die Brückenteile Mitte und Ost komplett und für viel Geld saniert worden.

    Das hat sich mittlerweile geändert. Es gibt einige sehr glaubhafte Aussagen von Fachleuten, die erklärt haben, welche Auswirkungen der Einsturz auch auf die anderen Züge hatten und wodurch der Crash des westlichen Zuges ausgelöst wurde. Da bringt jeder Tag neue Daten, wodurch sich auch mein Kenntnisstand erweitert und damit meine Meinung weiter ändern kann.

    Dass der Baubürgermeister deutlich mehr und früher Erkenntnisse als ich hat, liegt in der Natur der Sache.

    Die Datenlage kann sich auch noch weiter ändern, aber der Komplettabriss wird immer deutlicher.

    Mir würde ganz klar eine Bogenbrücke auf massiven Pfeilern gefallen. Das bedeutet für mich aber deshalb keine Brücke nach historischem Vorbild. Als schönes Beispiel fällt mir hier die Kronprinzenbrücke in Berlin ein.

    Es ist aber überhaupt noch nicht klar, was für eine Spannweite umgesetzt werden darf, wie hoch und wie breit die neue Brücke sein darf.

    Es ist komplett verfrüht, jetzt eine rekonstruierte Brücke zu fordern. Erst mal muss geklärt werden, wie man generell mit dem Straßenzug umgehen will.

  • Es ist komplett verfrüht, jetzt eine rekonstruierte Brücke zu fordern. Erst mal muss geklärt werden, wie man generell mit dem Straßenzug umgehen will.

    Dass eine neue Brücke an dieser Stelle gebaut werden wird, können wir wohl als sicher annehmen. Die Petition fordert im Übrigen auch erstmal die Prüfung der Machbarkeit - was absolut sinnvoll ist. Unter Berücksichtigung aller bisherigen Ansätze, Planungen und Beschlüsse wird eine neue Brücke geringer dimensioniert sein können, als die jetzt abzureißende Brücke. Bis hierher ist aus meiner Sicht gar nicht so viel unklar, d. h. eine theoretisch rekonstruierte Königin-Carola-Brücke könnte gut zu den verkehrlichen Anforderungen passen.


    Es geht darum, die Ausgestaltung des gesamten Verkehrszuges so stadtbildverträglich wie möglich zu planen. Aus meiner (und offenbar vieler anderer Leute) Sicht war die damalige Dr.-Rudolf-Friedrichs-Brücke das nicht, die Königin-Carole-Brücke aber sehr wohl, und wenn man diesen Gedanken weiterführt, passt auch noch mehr des Vorkriegs-Stadtgrundrisses (Amalien-, Johannes-, Marschallstraße, Rathenau-, Pirnaischer, Georgplatz, usw.) zu heutigen Verkehrsanforderungen. Diese Option nicht zu berücksichtigen wäre stadtplanerisch eine vertane Chance, vor allem in den Vorstädten, die zum Gesicht Dresdens entscheidend beigetragen haben und die Altstadtinsel sinnvoll mit dem Rest der Stadt verbinden könnten - wenn man es so formulieren will: die Stadt reparieren oder heilen.


    Die Carolabrücke war bisher immer der Zwangspunkt und wäre bei Umsetzung vieler städtebaulicher und verkehrlicher Anpassungen im Weg, oder zumindest ein Relikt einer Stadtplanung gewesen, die sich als nicht sinnvoll erwiesen hat. Der Einsturz birgt also - bei aller derzeitigen Verstörung und Problematik - eine riesige Chance, in der Pirnaischen Vorstadt doch noch einmal Stadtumbau im großen Stil zu betreiben, statt sich weiterhin mit Störfaktoren zu arrangieren und lediglich kleinteilige Kosmetik umzusetzen.

  • Arwed, den zitierten Satz hattest du - vor gerade einmal drei Tagen - wie folgt eingeleitet:

    Die Expertenantworten (Curbach, Köttnitz) zur Ursache des Brückeneinsturzes lese ich zwar auch mit großem Interesse. Trotzdem muss man da abwarten, was konkrete Untersuchungen ergeben werden. Das wird ohne jeden Zweifel Zeit kosten. Vermutungen über die Zukunft der beiden anderen Brückenabschnitte machen aktuell gar keinen Sinn. Bevor man einen Komplettabriss der (zumal bereits sanierten) Brückenteile ausführt, muss es mehr als die aktuellen Vermutungen geben.

    Aber vielleicht haben du und ich einfach andere Vorstellungen von "konkreten Untersuchungen" und "wird Zeit kosten". Auch ohne Gutachten lag sehr schnell nahe, und zwar aufgrund der "Expertenantworten", auf die wir uns drei Tage später nach wie vor stützen, dass die Brücke konstruktionsbedingt eingestürzt ist.


    Du schreibst, es sei - warum auch immer - zu früh, um eine Brücke einzufordern, die sich an der Version von 1892 orientiert, machst aber selbst einen Vorschlag, wie dir eine neue Brücke gefiele. Passt das zusammen? Lass uns doch einfach Vorschläge austauschen und diskutieren. "Zu früh" gibt es eigentlich nie, wir entscheiden hier ja nichts.


    Die Berliner Kronprinzenbrücke steht in einem vorrangig modernistischen Umfeld, fügt sich dort ein und ist interessant anzusehen. In Sichtweite der Dresdner Silhouette wäre mir so etwas ein Graus:


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    (Ben Titze, Kronprinzenbrücke - Kronprinzenbrücke – Wikipedia)


    Da fällt mir in Berlin eher ein anderes Vorbild ein, nämlich die nach historischem Vorbild erbaute Monbijoubrücke. Den Mittelpfeiler hat man beim Wiederaufbau weggelassen. Das wäre bei der Carolabrücke eventuell nicht nötig, da deren Bögen mit 60 Metern bereits in der originalen Version breit genug sein könnten.


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    Links im Bild die neue Brücke von 2006.


    (Cezary Piwowarski, File:Bode-museum Berlin.jpg - Wikimedia Commons)


    Das historische Vorbild:


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    (Hermann Rückwardt, gemeinfrei)

  • Den Neubau der Carolabrücke zu nutzen, um den ganzen Straßenzug Petersburger Straße bis Albertstraße zu überdenken, das unterstütze ich absolut! Die Brücke aus den 70ern war eine elegante Konstruktion, die aber im Geist der autogerechten Stadt geplant war (wenn auch nicht ohne Rücksichtnahme auf die Altstadtsilhouette).

    Die neue Brücke sollte sich unbedingt wieder in die Kette aus Elbbrücken einreihen und Teil eines Verkehrsnetzes statt eines Verkehrsstranges sein.

    Die beiden Petitionen zur Carolabrücke kann und will ich nicht unterzeichnen. Darin geht es eindeutig um die Rekonstruktion eines Bauwerkes inklusive seines Bauschmucks. Das hat gar nichts mit dem zu tun, was ich oben als erstrebenswertes Ziel beschrieben habe. Eine Stahlbogenbrücke auf Sandsteinpfeilern - soweit gehe ich als Ziel bisher mit.

    Beide Carolabrücken waren für ihre jeweilige Zeit moderne Ingenieurskunst. Das sollte auch die dritte Carolabrücke unbedingt werden.

  • Auch ohne Gutachten lag sehr schnell nahe, und zwar aufgrund der "Expertenantworten", auf die wir uns drei Tage später nach wie vor stützen, dass die Brücke konstruktionsbedingt eingestürzt ist.

    "konstruktionsbedingt"? Habe ich was verpasst? Die bisherigen Theorien gehen doch eher in die Richtung, dass es jahrelange schleichende Schäden gegeben haben könnte/dürfte. Wenn ich bei einem Haus eine tragende Struktur zerstöre und es deshalb Risse bekommt, ist das doch letztlich auch nicht konstruktionsbedingt.


    Da fällt mir in Berlin eher ein anderes Vorbild ein, nämlich die nach historischem Vorbild erbaute Monbijoubrücke. Den Mittelpfeiler hat man beim Wiederaufbau weggelassen.

    Also eine Stahlbrücke, die man so verkleidet hat, dass sie aussieht wie eine historische Steinbrücke...

    Die Berliner Kronprinzenbrücke steht in einem vorrangig modernistischen Umfeld, fügt sich dort ein und ist interessant anzusehen. In Sichtweite der Dresdner Silhouette wäre mir so etwas ein Graus:

    Die "Dresdner Silhouette" an dieser Stelle ist zu einem großen Teil durch Bauten des Historismus und danach geprägt. Ich würde da die Kirche im Dorf lassen. Wer die Brücke sieht, sieht auch die Synagoge und die Plattenbauten.

  • Es ist vollkommen in Ordnung, geschmacklich unterschiedlicher Meinung zu sein. Ob man gegen die Rekonstruktion von Bauschmuck eine Allergie hat oder nicht, ist so eine geschmackliche Frage. Eine "Stahlbogenbrücke auf Sandsteinpfeilern" war die erste Carolabrücke jedenfalls. Es gibt drei Petitionen, in denen gefordert wird, sich an deren Aussehen zu orientieren, die am meisten gezeichnete hat aktuell 4.430 Unterstützer. Wer möchte, kann gern eine Petition für eine Brücke mit modernem Aussehen starten und dann haben wir eine Diskussionsgrundlage, welcher Geschmack in Dresden mehr Zustimmung findet.


    Dass technische Details, darunter auch die Frage der Durchfahrtsbreite, in der konkreten Planung, also etwa im Zuge eines Architekturwettbewerbes, Berücksichtigung finden müssen, ist ja wohl klar. Aber vielleicht ist es für die Diskussion solcher technischen Planungsfragen noch etwas zu früh, um mit Arwed zu sprechen. Auch mit der vorgelagerten Entscheidung für eine historische Anmutung lässt sich so etwas im weiteren Prozess noch anpassen, siehe Beispiel Monbijoubrücke.


    Wenn man den Neubau der Brücke nutzen will, um in diesem Zuge die ganze Verkehrsführung umzuplanen, ist die Forderung nach einer teilweise rekonstruierten Carolabrücke der beste Hebel dafür. Für ein sehr umfassendes, komplexes und abstraktes Thema wie Verkehrs- und Stadtraumplanung wird man weder die Massen, noch die Politik so leicht begeistern. Da braucht es ein Symbol und das ist die alte Brücke von 1892.


    Wird stattdessen eine Brücke gebaut, die der DDR-Lösung ähnelt (wie es die Stellungnahmen von Kühn oder Kretschmer oder auch Habeck/Lembke angedeutet haben), gibt es auch anderweitig kaum einen Anreiz für Veränderung. So hat Baubürgermeister Kühn in seinem kurzen Statement einen Vergleich mit dem Ersatzneubau der Nossener Brücke gezogen. Das darf's für die Carolabrücke nicht sein.

  • Eure Gesprächsbasis ist BauBM Kühns frühe Äusserung über einen ABC-Komplettabriss. Genau die würde ich nun gar nicht als maßgeblich ansehen. Kühn selbst hat keine Fachkenntnis an Brücken, er steht jetzt nur permanent mit den echten Fachleuten in Kontakt und gibt mitunter nur deren Ansichten weiter.

    Im Chaos der ersten Tage nach Einsturz ist es auch nicht so, daß Kühn den tagesaktuellen Sachstand final für die Presse aufbereitet darbietet. Seine frühe Äusserung war mE rein unter Eindrücken entstanden und er gab im eigentlichen Sinne auch nur jene Tendenz hin zum ABC-Vollabriss wider, aber bei weitem keine absehbare Festlegung. Naja, Schwamm drüber.


    Die letzten Aussagen hingegen von STA-Chefin Prüfer (welch toller Name, ich halte sie für sehr kompetent, sie blieb auch jetzt immer ruhig, konzetriert und sachlich) - leider weiß ich nicht mehr ob es in der Ratssitzung zum Einsturz war oder in einem Interview - hören sich anders an: da ist noch von viel Prüfarbeit an den Zügen A+B in nächsten Tagen/Wochen die Rede, ERST DANN seien neue und genauere Aussagen zur Zukunft dieser Brückenteile möglich. Ergo: es ist wohl noch gar nichts absehbar, wie es weitergeht. Alle Optionen könnten eintreten, auch ein Erhalt. Allerdings wurde betreffs Erhalt bereits erkannt, daß evtl. dennoch kein Brückenprüfer grünes Licht gäbe (wg. unbestimmbarer Restunsicherheiten), und es viele Leute geben könnte welche A+B-Zug nie wieder vertrauensvoll überqueren würden (also Psychologie seitens der Nutzer). Und dann gibt es die Angst aller, denn es ist trotz allem passiert.


    Der fachliche Teil der Einsturz-Ratssitzung ist interessant, leider fehlt mE am Ende das zweite Statement von Frau Prüfer. Zuvor, also Ende des u-tube-Videos kann BauBM Kühn die Fragen (mE Kernfragen) eines Stadtrates nicht beantworten und verweist auf spätere schriftliche Beantwortung. Diese Fragen des CDU-Verkehrspolitikers Böhm sind aber zentralste Fragen: Wurden bei der Sanierung auch die Lagen der Spannstahl-Litzen mit saniert oder nicht? Zudem sei zu klären, welche Prüfergebnisse vorliegen zur Korrosion/Schwächung der Spannstähle - also hatte nur Zug C dieses Problem oder alle Züge, und falls alle Züge: wie groß und virulent jeweils.Wurden diese Schäden mit saniert, oder war die Sanierung nur "aussenrum"? Ohne diese Kenntnis kann man nichts beurteilen, die Aktenlage muß hervortreten, die Fachleute sich dazu präzise äußern - und die Medien es dann exakt berichten.


    Dazu mag ich auf ein u-tube-Video eines aussenstehenden Brückenprüf-Ingenieurs hinweisen, der zunächst neutral die Schwachstellen und Prüfverfahren für Brücken erläutert, und ab Min. 23 (bis ca. 33) aber einzelne Prüfverfahren bei Spanngliedern benennt: Radar, Ultraschall, punktuelle Freilegung, weitere.

    Die dresdner Aussagen "man könne nicht reingucken" bzw "man stecke halt nicht im Bauwerk drin", mag er so nicht stehenlassen, das sei mitnichten so.

    Danach beschreibt er, daß die Brückenprüfer ihre "TÜV-Berichte" abliefern, es aber darauf ankomme, was der Baulastträger dann tatsächlich unternimmt, um die dokumentierten Schäden und Risiken abzustellen. Hier folge deutschlandweit oft wenig bis nichts, was an zu geringen Geldern liegt. Anm.: In DD haben wir auch schon immer einen nur gering bemessenen (also politisch so beschlossenen) Instandhaltungsetat. Erst im letzten Haushalt wurde dieser mal erhöht, aber um im Nebennetz mehr voranzukommen. Außerdem ist mir nicht klar, ob auch der Brückenprüfer seine Anwendungen so wählt, wie er Geld bekommt.

    Nicht selten fährt man weiter auf Restabnutzung, weil man einen (geförderten?) Ersatzneubau anstrebe (was in DD aber nicht vorliegt).

    Ich finde, das Video nimmt einige Dinge vorweg, die wir bald zu erfahren haben, ohne genau diese Kenntnisse ist nichts einschätzbar.

    Es ist zwar zu mutmaßen, daß die Gefahr wegen zu wenig Prüfintensität und / oder Korrekturintensität (beides ggf aufgrund Sparsamkeit) nicht erkannt werden konnte. Entgegen spricht, daß die Carolabrücke das intensiveste Monitoring aller Brücken sowie auch beste Kenntnis ihrer Schwächen inne hatte, und es angesichts dessen eher nicht anzunehmen ist, daß man hier einige tausend Euro sparen mochte oder mußte.

    Zur Beantwortung dieser Fragen kommt dann unabhängig noch das Gutachten über die Einsturzursachen.

  • Wichtige Voraussetzung dafür sei, dass der Verkehr über die Dresdner Innenstadtringe abfließen könne.

    Beim "26er Ring" ist zumindest auf der Westseite im Bereich Altstadt ein nicht mehr zu beseitigendes Nadelöhr im Bereich Schweriner Str./Könneritzstr. (und dann noch weiter in Richtung Marienbrücke). Auf der Ostseite ist es im Bereich Güntzstr. auch nicht ganz unproblematisch; hier vor allem durch die Kombination mit der Straßenbahn (ein entscheidender Vorteil des ganzen Straßenzuges von Albertplatz bis Hauptbahnhof und teilweise noch danach war/ist ja die konsequente Trennung des Bahnkörpers von der Straße). Und die Anbindung der Albertbrücke auf der Neustädter Seite ist m.E. auch nicht optimal.

  • "konstruktionsbedingt"? Habe ich was verpasst?

    Ja, hast du. Du solltest meine Beiträge besser lesen. ;)


    Also eine Stahlbrücke, die man so verkleidet hat, dass sie aussieht wie eine historische Steinbrücke...

    Du vergisst, dass die Carolabrücke von 1892 ein modernes Bauwerk war, schon im Original aus Stahl und mit Sandsteinverkleidung. Auch die Augustusbrücke von 1910, die aus sandsteinverblendetem Beton besteht, fügt sich trotz modernerem Konstruktionsprinzip gut ins Stadtbild. Wer möchte sie missen?


    Die "Dresdner Silhouette" an dieser Stelle ist zu einem großen Teil durch Bauten des Historismus und danach geprägt.

    Du hast es erfasst. Deshalb passt ja auch die historistische Brücke so gut ins Bild. Sicher gehören auch Synagoge und Plattenbauten dazu, wobei deren Bedeutung für die Silhouette doch sehr untergeordnet ist und im Falle der Hochhäuser vielleicht und hoffentlich auch nicht für die Ewigkeit. Hingegen könnte eines Tages auch wieder das Belvedere an seinen Platz finden. Mehrfache Bemühungen zum Wiederaufbau wurden unter anderem dadurch vereitelt, dass die DDR-Brücke die einst schöne Sicht verstellt hat.