Dresden: Carolabrücke, St. Petersburger Straße und Carolaplatz

  • Inwieweit man den alten Stadtgrundriß aufnehmen könnte, sollte geprüft sein, aber um den Pirnaischen Platz mit seinen heutigen Wänden wird das glaublich für recht ausgeschlossen gehalten im SPA. Das hat ja alles diverse Gründe, der ganze Untergrund ist noch voller wichtiger Leitungen, welche verlegt werden müßten.

    Die immer wieder genannten "Leitungen" sind für mich kein Ausschlussargument per se, denn da steht ohnehin eine regelmäßige Erneuerung an und gerade am Pirnaischen Platz hat man mit dem nur verfüllten Fußgängertunnel sowieso eine größere Aufgabe bei einer ohnehin notwendigen Umgestaltung. Und solange in B-Plan-Entwürfen der Verwaltung Verlegungen, neue Leitungsrechte (verrohrter Kaitzbach, Fernwärme), etc. eingeplant werden können, brauchen sich städtebauliche Vorüberlegungen diesen später einzuplanenden Details nicht wirklich widmen. Das wird ja auch bei INSEK, Flächennutzungs- und Rahmenplänen nicht gemacht.


    Wenn die Petersburger verlegt und bebaut wird, sind umfassende Leitungsanpassungen sowieso nicht zu vermeiden. Übrigens auch hier: die Fernwärmetrasse über die Elbe liegt gerade bis zu einem Brückenneubau woanders und ließe sich währenddessen zwangsfrei neu planen.

  • Das ist so aber zu naiv gedacht. Die Medientrassen würden ja niemals gleichzeitig erneuert werden müssen. Bei einer Änderung der Straßenführung wäre das aber unumgänglich.

    Mal abgesehen von der historischen Bedeutung der exakten ehemaligen Straßenführung, welche Rechtfertigung hätte dieser Totalumbau ohne jegliche Rücksichtnahme auf den Bestand?

    Es geht hier um viele Argumente. Die Verkehrsführung ist nur nur eine davon. Die Stadtgeschichte spielt für die wenigsten Leute eine zentrale Rolle. Die Größte dürfte das Geld sein. Wenn man mit einem Totalumbau viel Geld durch dann verfügbare Grundstücke erzielen könnte, dann wären sicher mehr Leute dafür. Das sehe ich so in Dresden aber nicht. Wenn man hier etwas ändern will, muss man zwingend auf der Basis des Bestandes planen. Sonst erzeugt man nur heiße Luft.

    • Eine Offenlegung des Kaitzbaches und eine Neuordnung der Knotenpunkte, u. a. mit Einordnung einer Straßenbahntrasse über die Pillnitzer Straße, sowie der Anbindung einer neuen Brücke bewirken aus meiner Sicht ohnehin umfassende Umbauarbeiten, sodass die Medien sowieso angepasst werden müssen. Zudem müsste so ein Umbau auch nicht sofort im kompletten Umfang geschehen. Eine Baufeldfreimachung für Promenadenring und die Ringbebauung wäre vorerst ausreichend.
    • Es würden Umlegungsverfahren entfallen, siehe aktuelle Flurstückzuschnitte. Ein Verkauf, bzw. eine Vergabe nach Erbbaurecht könnte also schneller beginnen.
    • Im Untergrund wird man Fundamente, Teile der Stadtmauer, etc. entlang des historischen Grundrisses vorfinden; bei einer Bebauung oder Verlegung wird man darauf also sowieso Rücksicht nehmen müssen.
    • Die Führung des Promenadenrings mit offenem Kaitzbach entlang der ehemaligen Stadtmauer ergibt städtebaulich, historisch, ästhetisch und auch verkehrlich Sinn, da bei einer geraden Führung mit konstanter Breite die Straßenbahntrasse, der Kaitzbach, sowie der Promenadenring problemlos eingeordnet werden können und keine toten öffentlichen Räume entstehen, wie bei den derzeitigen Dreiecksflächen zwischen Petersburger und der alten Baulinie Reichsbank-Landhausstraße.
    • Die ursprüngliche, heute "schräg" erscheinende Führung würde eine Fassung des Pirnaischen Platzes mit Bebauung vor dem Hochhaus ermöglichen und somit einen echten Stadtplatz mit geschlossenen Platzwänden entstehen lassen. Derzeit fasert die Platzfläche zum Hochhaus hin aus, welches durch den vorgelagerten Flachbau nicht als Teil des Platzes wirkt. Es entstehen damit auch zusätzliche Bauflächen zwischen Grunaer und ehemaliger Serrestraße.
    • Gleiches am Rathenauplatz: der Platenbauriegel ("Carolinum") wird ja bestehen bleiben, d. h. die Platzöffnungen würden kleiner, der Platz besser gefasst, urbaner Städtebau durch weniger Abstandsgrün erreicht - evtl. könnte im Hochparterre an der Ecke des Carolinums perspektivisch auch eine öffentliche Nutzung eingeplant werden (Läden, Gastronomie, etc.) - der Platz hätte insgesamt eine engere Anbindung an die Innere Altstadt einerseits, sowie an ein sich entwickelndes Quartier nördlich der Pillnitzer Straße andererseits.
    • Nicht zuletzt geht es um Adressbildung - ein Kopfbau und eine engere Fassung der Plätze bewirken eine einzigartige Identität der Orte, die zudem die wichtige geschichtliche Bedeutung hervorheben würden - diesen Aspekt würde ich nicht unterschätzen. Wie schwer sich neue Konzepte bei der Akzeptanz und Attraktivität im Vergleich zu vorherigen städtebaulichen Situationen tun, sieht man am Postplatz, Wiener Platz, sowie überall dort, wo nach dem Krieg große Räume ohne viele Funktionen entstanden und vorher das Leben pulsierte - z. B. Ammonstraße, Budapester Straße, Grunaer Straße, Lingnerallee, Georgplatz, usw.
    • Ich sehe hier sogar einen denkmalpflegerischen Aspekt, denn der Promenadenring hat ja bzgl. der zunächst angelegten Gärten im Bereich des alten Stadtgrabens und der daraus entstandenen Ringgestaltung einen klaren historischen Bezug.
  • Die Offenlegung des Kaitzbaches ist doch noch lange nicht gesetzt oder habe ich da etwas verpasst? Das Argument zählt für mich daher nicht allzu sehr.

    Ansonsten kann ich mich nur wiederholen: der Umbau der Petersburger Straße wird sich aus finanziellen und logistischen Gründen am Bestand orientieren müssen. Es wäre der sinnvollste Weg, das (vorher reduzierte) Verkehrsaufkommen auf die östliche Fahrbahn zu konzentrieren und die westliche Spur dann aufzugeben. Dann wird man m.E. einen guten Teil der mittlerweile 50 Jahre alten Linden erhalten müssen. Hier kompletten Kahlschlag zu betreiben, wäre ein Unding.

    Bauliche Nachverdichtung wünsche ich mir an den Plätzen, insbesondere am Pirnaischen Platz, aber auch am Rathenauplatz und am Georgsplatz, sowie zudem am Brückenkopf.

    Ich weiß natürlich, wie die Ringstraße einst ausgesehen hat, welche Gebäude hier gestanden haben. Diese Straße war sicher schön, aber auch nicht unumstritten. Während Städte wie Wien ihre Ringstraße zum breiten Prachtboulevard ausgebaut hatten, hatte man in Dresden die Flächen der einstigen Wallanlagen einst verkauft oder verschenkt und hatte später zu tun, überhaupt noch eine Ringstraße umsetzen zu können. Später hat man immer wieder mal versucht, die früheren Versäumnisse zu korrigieren. Jetzt soll das die perfekte Lösung sein, die man unbedingt rekonstruieren soll? Das denke ich nicht.

  • Wir sollten die wichtige Debatte en detail nicht hier weiterführen, sondern (mein Vorschlag) in den Carolabrücken-Strang legen.

    Da die Themen stark zusammenhängen, sollten die Mods den Strang in "Carolabrücke und Petersburger Schneise - Einsturz und Zukunft" umbenennen.

    Die Petersburger ist schlecht in den Teilsträngen zu behandeln, da sie aus diversen Abschnitten besteht. Und zur Carolabrücke werden sich die Meldungen jetzt nicht weiter überschlagen sondern peu a peu dahintröpfeln, auch der Neubau in Jahren wird sich dann hinziehen, ebenso wie jetzt die aufgeflammte Debatte um die Petersburger Schneise.

    Was meint ihr? Und dann müßte jemand mal einen Moderator anschreiben, das umzubenennen und die obigen Beiträge zur Diskussion dorthin verschieben.

  • ^Wäre ich einverstanden, gebietsmäßig deckt es alles bis runter zum Georgsplatz ab. Aber diesem bislang schwachen Stadtteilstrang gilt wenig Aufmerksamkeit. Die Petersburger ist und wird ein Thema mit stadtweiter Wirkung und Ausstrahlung, das würde ich prominent in eigenem Strang fokussieren. Und weil es mit der Carola-Causa derart zusammenhängt (ja durch diese erst aufkommt) und wir den Carola-Strang schon haben, würde ich es dort kombinieren. Die Causa Carola zöge dort mit ihrer noch grossen Aufmerksamkeit auch zu diesem Thema hin. Einen Extra-Strang für jedes Einzelthema hingegen sehe ich nicht als nötig.

    Tja, was nun? Drittmeinungen bitte ... !

  • Da ich den Strang Carolabrücke angelegt habe, kann ich diesen auch umbenennen. Das habe ich nun getan. Ich finde es logisch, dem Thema St. Petersburger besondere Aufmerksamkeit zu widmen und es zusammen mit der Brücke zu diskutieren. Den neuen Strang hatte ich damals wie folgt umrissen: "Diskussion der Einsturzursachen, die behelfsweise Verkehrsumleitung, ein Teil- oder Komplettneubau und die Neuorganisation der Verkehrsführung". Die Diskussionen zum Verkehr werden nun einmal ausführlich geführt (werden), angefeuert durch Nachrichten zur Brücke. Städtebauliche Ideen müssen sich in der Gesellschaft wie auch hier im Forum entsprechend Gehör verschaffen.


    Ich war auch mal so frei, noch den Carolaplatz in den Strang zu integrieren, in der Hoffnung, dass der nicht wieder vergessen wird.


    Für ein Verschieben der obigen Beiträge braucht es dann wirklich einen @mod.

  • Super, dann setze ich gleichmal den Faden hier fort, auch wenn die hierher zu verschiebenden Beiträge erst später rüberrutschen.


    Gestaltungskommission: Tagesordnungspunkt zur Petersburger Strasse


    Gleich vorweg das Positive (was zeigt daß das Thema im SPA längst zu Aktionen führt):

    Die SPA-Planungschefin Innenstadt, Frau Heckmann, gab ab Ende der Besprechung bekannt, daß:

    2025 zu Workshops eingeladen wird, um eine Aufgabenstellung zu formulieren, welche einem beabsichtigten Wettbewerb in 2026 zugrunde liegen wird. In 2026 soll folglich ein großer Gestaltungswettbewerb zur "Petersburger Schneise" stattfinden, also genau das, was ich mir als unabdingbar auch wünsche. Super, daß es schon in der Pipeline ist. Wir hier haben also noch gut 1 Jahr Zeit, um parallel "vorzuarbeiten".


    Workshops und Wettbewerb sind aufbauend auf den beiden kürzlich gelaufenen bzw gerade laufenden Semesterprojekten an der TUD:

    - Sommersemesterprojekt 2024 (abgeschlossen, Bild 1 unten) unter dem Titel "Stadt und Landschaft im urbanen Kontext", hier gab es auch den Betriff "Petersburger Oase". Das waren allerdings sehr visionäre, eher theoretisch-spielerische Entwürfe, die ich hier auch einst grob zeigte. Es fand hernach eine Ausstellung v.a. im ZfBK statt. Hier die TUD-Webseite.

    - Aktuell läuft ein weiteres Petersburger-Projekt an der TUD - Fakultät Architektur, Institut für Städtebau, ich finde noch keine Webseite dazu. Bild 2 unten.

    Es ist das Wintersemesterprojekt, eingebunden sind die TH Nürnberg, die Hochschule Anhalt Dessau, sowie (wichtig!) das SPA inkl. BauBM.

    Für Interessierte gibt es etliche Zwischentermine bis zur Endpräsentation am 6.2.2025 - siehe Bild 3. So findet das nä. Treffen am 21.11. im Sparkassenforum Külzring statt. Die genauen Orte und Zeiten weiß ich ansonsten nicht, vielleicht gibt es doch schon eine Webseite (??). Hier wird sich mE schon umsetzungsorientierter mit der ganzen Thematik auseinandergesetzt als in sonstigen studentischen Arbeiten. Auch die aktuelle Brisanz und der Zeitdruck dürften hier zu einer Abkehr von reiner Lehr- und Übungsthematik hin zu ernsthaften Lösungen führen, hoffe ich.

    Beide Uni-Projekte haben den Untertitel "Petersburger Oase - vom Verkehrs- zum Lebensraum" (siehe Folien 1 und 4 - je am unteren Rand).

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    Süß und witzig fand ich die Fauna-Analyse ,entlang des Stadtraumes. Naja, ob diese Kollegen noch eine faire Berücksichtigung finden werden, und wie?

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    Das neue Semesterprojekt steht noch am Anfang, hat aber den Stadtraum schonmal mit diversen Strukturtypen überlagert bzw gefüllt. 2 Folien:

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    Jetzt befindet man sich in der Konzeptphase, worüber am 21.11. in der Sparkasse genauer berichtet wird. Uhrzeit?

    Die Folie zeigt die benannte und vermutlich konsensfähige Bündelung der Straße an der Ostflanke, allerdings wurden die Kreuzungen noch nicht detailliert. Auch sind viele Details seltsamerweise nicht stimmig oder in der Art wünschenswert - zB die Bebauung Schießgasse sowie Ferdinandplatz, etc.

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    alle fotos aus der öffentlichen gestaltungskommission

    Zum Abschluß ergriff Planungsamtschef Dr. Lerm das Wort und stellte klar, daß die Leitungsmenge im Untergrund doch ein gehöriges Problem darstellt.

    Ein einfach-mal-Umverlegen kann es angesichts des Aufwandes nicht geben, man könne und müsse nur Abschnittsweise vorgehen, aber nicht die ganze Länge auf einmal. Ich erinnere nochmal ans "Kleingedruckte": es ist dafür auch nirgends Geld vorhanden oder absehbar.

    Nun möchte ich Dr. Lerms Aussage auch nicht für ganz bare Münze nehmen, denn natürlich kann man alles umverlegen oder managen, wenn die Finazierung stünde. Daher sehe ich angesichts der Aufgabe die Erfordernis, veräußerbare Bauflächen zwecks Refinanzierung auszubilden - genauso wie es ständig viele andere Städte bei Entwicklungsgebieten auch tun. Dies sollte bzw muß ein seriöser Entwurf der Petersburger darstellen, meine ich.

  • Ob die Dresdner Verwaltung etwas hinzugelernt hat und von Beginn an auch Bürger/innenbeteiligung mitdenkt? Im Beitrag von Elli lese ich dazu nichts.

    2025 zu Workshops eingeladen wird, um eine Aufgabenstellung zu formulieren

    Soll das so etwas wie eine stadtplanerische Variante des "Atelier Neumarkt" von 2000 werden? Sollen die studentischen Fingerübungen tatsächlich Diskussionsgrundlage für anstehende Jahrhundertentscheidungen in diesem Areal sein? Wird in den Workshops, welche den Wettbewerb vorbereiten, nur wieder der gleiche Wanderzirkus altbekannter Expert/innen sitzen, die schon genug Schaden anrichten?


    Oder schaut man doch mal heimlich nach Leipzig?

  • Bei der Komplexität dieses Themas sehe ich Bürgerbeteiligung schwierig. Neben Meinungsäußerungen wie „ich will das alte Dresden zurück“ und „macht mir ja nicht die Straße kleiner“ erwarte ich da nicht viel.

    Ich finde es ja auch richtig und sogar zwingend erforderlich, möglichst breite Zustimmung zu einem Stadtumbau an dieser Stelle zu bekommen. Doch sollte man das Thema, insbesondere die sich damit bietenden Chancen für die Allgemeinheit begreifbar bebildern.

  • Meinungsäußerungen wie „ich will das alte Dresden zurück“ und „macht mir ja nicht die Straße kleiner“

    ...sind absolut legitim und brauchen Diskussionsräume.


    Im übrigen gibt es erprobte und konstruktive Formate der Einbindung und Beteiligung. In Dresden ist man noch nicht so erfahren damit. Hingegen ist man inzwischen so oft mit "Top down" auf die Nase gefallen, dass Zweifel an der Lernfähigkeit der Dresdner Tops angebracht sind.


    Wenn Beispiele benötigt werden, wie man so etwas macht, trage ich die gern zusammen. Neben Leipzig habe schon auf Magdeburg verwiesen.

  • Klar, es soll jeder mitreden der will. Ich glaube nur nicht, dass das zum Ziel führt, welches ja jeder woanders sieht.

    Die beiden Bespiele aus den anderen Städten haben bisher ungefähr so weit geführt, wie die Bürgerbeteiligungen am Leipziger Bahnhof und beim Neustädter Markt in Dresden.

    Ich denke, dass es erstmal Vorschläge braucht, wie man mit der Straße umgehen kann. Darüber kann dann diskutiert werden. Zu abstrakte oder viel zu detaillierte Wünsche führen nirgendwo hin.

  • Klar, es soll jeder mitreden der will. Ich glaube nur nicht, dass das zum Ziel führt, welches ja jeder woanders sieht.

    Woher nimmst du diese Gewissheit? Kannst du mit uns auch Erfahrungen oder Beispiele teilen? Kennst du dich mit modernen Beteiligungsverfahren aus?


    Bei den bisher von mir ins Feld geführten Vorbildern Matthäikirchhof, Prämonstratenserberg und Neustädter Markt sind meines Erachtens sehr gute Entwürfe in Bearbeitung, um als B-Pläne beschlossen zu werden. Meiner Meinung nach ragen sie aus dem Durchschnitt weit heraus und die Beteiligung hat daran erheblichen Anteil gehabt. Den Leipziger Bahnhof lasse ich außen vor, weil ich mich damit nicht genug beschäftigt habe.


    Gerade bei Themen von hoher Bedeutung und/oder besonderer Strittigkeit ist breite Beteiligung Gold wert. Auch bei komplexen Themen wie Verkehrsentwicklungsplänen wird allenthalben auf moderne Beteiligungsverfahren gesetzt, sogar in Dresden. Warum soll das hier plötzlich nicht möglich sein? Dabei geht es nicht nur ums Informieren und Mitreden, sondern auch um Einflussnahme. Eine Garantie, dass das Ergebnis genial ist, gibt es natürlich trotzdem nicht.


    Es fehlt vielfach an Feedbackschlaufen zwischen Politik, Verwaltung, Expert/innen und Bevölkerung. Wenn man es hier wieder versäumt zu integrieren und Wünsche der Bevölkerung zu berücksichtigen, wird es absehbar nach hinten losgehen.

  • Ich verfolge die Stadtentwicklung insbesondere von Dresden, aber auch von anderen Städten seit vielen Jahren. Daraus ziehe ich meine Schlüsse. Über die Umsetzung vieler Planungen werde ich immer wieder enttäuscht. Ich denke nicht, dass es hier an der Bürgerbeteiligung fehlt, eher an der Durchsetzungsfähigkeit und der Wirtschaftskraft städtebauliche Planungen auch über die Jahre konsequent zu verfolgen.

    Die genannten Beispiele sind alle bisher noch in der Konzeptphase. Wenn da am Ende mal wirklich etwas Gutes dabei herauskommt, dann werden das sicher gute Vorbilder sein. Bisher sind sie das aber eben nur im Ansatz. Für das Leipziger und das Magdeburger Beispiel ist die Komplexität zudem eher bei weitem nicht mit dem Stadtraum entlang der Petersburger Straße vergleichbar. In Leipzig ist die primäre Herausforderung der Umgang mit dem Stasibau In Magdeburg fällt mir da eigentlich gar nichts ein, außer vielleicht der Frage, wieviel Aussicht die dahinterstehenden Platten auf die Elbe behalten sollen.

    In Dresden wird die Diskussion viel umfangreicher und ich prophezeie, dass es damit gar nichts wird, wenn man hier mit einer weitgehenden Forderung nach der Rekonstruktion des einstigen Stadtraumes oder gar von Einzelbauten kommt.

    Ich bin hier aber wirklich offen, was man hier am Ende bekommt. Nur vor der Beibehaltung des Status quo fürchte ich mich.

    Wenn ich eine Stadt nennen soll, wo aus meiner Sicht viel richtig gemacht wurde, dann ist das Ulm mit seinem Straßenrückbau in der ehemaligen Straßenschneise durch die Altstadt. Vergleichbar mit Dresden ist das aber auch nur bedingt, denn in Dresden soll es zwar dichter, aber auch nicht zu dicht werden. Ich wünsche mir einen urbanen Stadtraum, der Altstadt und Vorstadt verbindet, aber auch einen hochwertigen Grünraum als Teil des Altstadtringes, der aber mehr als nur eine Allee mit Begleitgrün ist.

  • Vergleichbar mit Dresden ist das aber auch nur bedingt, denn in Dresden soll es zwar dichter, aber auch nicht zu dicht werden. Ich wünsche mir einen urbanen Stadtraum, der Altstadt und Vorstadt verbindet, aber auch einen hochwertigen Grünraum als Teil des Altstadtringes, der aber mehr als nur eine Allee mit Begleitgrün ist.

    Und dass genau das kein Konsens ist, ist das Problem. Hier geht es nicht um ein bisschen Kosmetik neben einer Straßensanierung, sondern um Stadtumbau im großen Maßstab - also um's Grundsätzliche. Das darf keine reine Verwaltungsaufgabe sein, bzw. nicht ohne die Bevölkerung und externe Experten einzubeziehen. Hier wird ein sehr zentraler Stadtraum in fast einzigartiger Ausdehnung und Lage betrachtet, und nicht irgendeine Fläche in der Peripherie. Was hier geplant und umgesetzt wird, wird also ewig Bestand haben. Da sollte man schon mal nachfragen, ob das, was angeblich konsensual "werden" soll, überhaupt eine entsprechende Reputation hat, oder ob ein Zustand, der bereits "ewig" bestand, bzw. bestanden hätte, nicht ebenso berechtigt wäre, diese ungeheure städtebauliche Lücke zu füllen und damit einen großen Teil des Stadtkörpers zu definieren.


    Mag sein, dass es eine hervorragende Lösung gibt, die nichts mit dem historischen Stadtgrundriss zu tun hat - von mir aus! - aber Ideen von Studenten (ich vergleiche mal meine Ideen und Erfahrungen als Student mit denen nach einigen Jahren Berufserfahrung - nichts für ungut, aber in diesem Stadium der Karriere ist man vielleicht nicht immer der beste Ratgeber) als einzige Grundlage für ein dann reines internes Verwaltungsverfahren zu verwenden, und andere Stimmen vollständig zu ignorieren, bzw. gar nicht erst nach solchen fragen zu wollen, finde ich der Aufgabe nicht angemessen.


    Arwed ich finde deine Beiträge leider manchmal etwas ... uneindeutig oder widersprüchlich. Einerseits bist du "wirklich offen" bzgl. des Ergebnisses, andererseits kommen von dir immer wieder Zaunspfähle gegen alles, was mit "Rekonstruktion" auch nur im entferntesten zu tun hat, oder was von jemandem geäußert wurde, der Rekonstruktionen positiv gegenüber steht. Einerseits findest du gute Beispiele, wie Ulm, andererseits willst du sie nicht gelten lassen, weil angeblich andere Ziele verfolgt werden sollen, während wir ja eigentlich bei dieser Frage ganz am Anfang stehen. Einerseits siehst du die Art und Weise der Planungen bisher als ausreichend an, andererseits beschreibst du, dass diese Planungen aber (vielleicht wegen der Art und Weise?) nicht durchsetzungsfähig sind. Einerseits fragst du nach objektiven Vorteilen für meinen Vorschlag, andererseits willst du sie nicht anerkennen, weil du irgendwelche Zwangspunkte siehst, die ja eigentlich erst diskutiert werden sollen.


    Daher mal meine ganz offene Frage: Hast du selbst eine einigermaßen konkrete Vorstellung, wie dieser Stadtraum am Ende aussehen sollte, bzw. kannst du einzelne Aspekte dazu mal detaillierter formulieren? Oder kannst du Aspekte der verschiedenen Vorschläge, die es ja bisher schon gab, bzw. die gerade entwickelt werden, nennen, die dir besonders sinnvoll, bzw. überhaupt nicht sinnvoll erscheinen? Ich würde gerne versuchen, deinen Standpunkt besser zu verstehen, da du ja nicht völlig fachfremd zu sein scheinst und ich deine Reaktionen von der Art und Weise her - ich sage mal - wohl nicht unrepräsentativ sind.

  • Es war eine stundenlange Sitzung der Kommission, die kurzen Bemerkungen seitens Heckmann waren eher außerplanmäßig, das Thema war eine Vorstellung des Uni-Projektes durch die Städtebauprofessorin Mensing de Jong. Es ist daher völlig überzogen, jetzt reflexartig und vorwurfsvoll den Mangel an Bürgerbeteiligung rauszuhauen. Dafür ist es noch viel zu früh, darum ging es in der Sitzung nicht. Es wurde immerhin bekannt gegeben, daß es an dieser Schneise planerisch vorangehen soll, das ist doch sehr positiv, darüber kann man sich freuen. Ich glaube, die meisten haben das überhört, auch die Presse schrob nichts dazu. Egal.

    Und natürlich wird seit Jahren überall auch Bürgerbeteiligung durchgeführt - ob formell oder darüber hinaus, das verlangen ja schon die EU-Vorgaben (wo genau ist die Rechtsgrundlage der EU für Bü.bet.?). Das ist dann ein nächster Schritt, bekannt zu geben, wann und wie man die Bü.Bet. einbettet.

    Ich selbst sehe zur Petersburger als überaus Komplexthema wenig Sinn in übermäßiger Bürgerbeteiligung, da kommen eh die (meist unreflektierten) Wünsche von allen Seiten und das wird ein Riesenknollen oder -misthaufen, mit dem die Verwaltung aber vermutlich gut umzugehen imstande ist. Das wird dann schön "gesteuert ausgewertet" und in "Zielkorridore" oder sowas geleitet. Daher würde ich auch keine "Dresdner Debatte" hierzu durchlaufen wollen (1 Jahr).


    Wichtig wäre zB mal ein Leitungsplan von irgendeiner Stelle - zB vom Rathenauplatz oder gerne vom Pirni-Platz. Kommt da jemand mal ran?

  • Civitas fortis, ich habe sehr deutlich geschrieben, was ich aktuell auf der Agenda zur Klärung sehe: Mich hat das Konzept von Querfeldeins begeistert, weil es aufzeigt, wie man die gesamte Stadt als Netz entwickeln kann und damit die Verkehrskonzentration von Petersburger Straße und Carolbrücke weg bekommt. Für letztere läuft jetzt die Uhr. Hier kann und muss man die Bevölkerung jetzt davon überzeugen, nicht erneut so eine Riesenbrücke zu bauen und warum das für die Stadt gut ist.

    Natürlich mache ich mir darüberhinaus auch Gedanken, was ich mir für die östliche Ringstraße wünsche. Auch dazu habe ich schon Gedanken geäußert, die aber noch keine konkrete Planung darstellen. Das sage ich gern nochmal: ich wünsche mir die Konzentration der Straße auf den östlichen Arm, einen Erhalt eines Großteils der Linden und die Aufwertung dieser Flächen zu einem hochwertigen parkartigen Raum. An den Plätzen und am Brückenkopf wünsche ich mir eine urbane Bebauung. Das sollte hochwertige Architektur werden. Wie aber die Plätze geformt werden, ob sie durch Solitäre gebildet werden oder eher geometrisch gefasst, sowie wie hoch die Gebäude werden sollen, all das kann ich Dir noch nicht sagen.

    Kein Gebäude an der früheren Ringstraße ist es aus meiner Sicht wert, rekonstruiert zu werden. Das heißt dabei aber nicht, dass ich Rekonstruktionen generell ablehne. Das tue ich nicht, aber hier definitiv. Ich hoffe, dass das jetzt klar genug war. Deutlicher kann ich mich nicht ausdrücken.

  • Nun, das Ulmer Beispiel stammt aus den 90ern. Damals waren Beteiligungsmöglichkeiten noch nicht so ausgefeilt und akzeptiert wie heute. Da gibt es heute bewährtere Verfahren. Dennoch hat man, für damalige Verhältnisse, vieles an Beteiligung aufgeboten.


    In einem spannenden Vortrag für die GHND hat der damalige Ulmer Baubürgermeister die Neue Mitte Ulm vorgestellt:

    2. Alexander Wetzig, Baubürgermeister der Stadt Ulm a. D. - Neue Mitte Ulm


    "In einem fünfjährigen Diskussionsprozess, davon dreieinhalb Jahre bis zum Wettbewerb, haben wir mit den Menschen geredet. Das sind nur Beispiele: wir haben ein Forum gegründet, ein Innenstadtforum, wo wir darüber diskutiert haben, alle vier Wochen, dreieinhalb Jahre lang. Wir haben das Rathaus zugepflastert mit großen Plakaten; Ulmer Extrablatt; Ausstellungen mitten in der Neuen Straße. Also die Information kam zu den Leuten und nicht die Leute mussten zu den Informationen gehen. Und dreieinhalb Jahre wurde über die Ziele diskutiert: wieviel Verkehr, welche Nutzungen, was für Bauten sollen entstehen? Erst dann haben wir einen Wettbewerb gemacht! Und das Programm des Wettbewerbs entstand aus dem Diskussionsprozess vorher. [...] Und ich habe alle Architekten herausgeworfen, die mit Skizzen kamen."


    Bürgermeinungen haben zu Veränderungen geführt. So wurde im Allgemeinen ein Tunnel verhindert und im Detail ein zusätzlicher Platz in die Planungen integriert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Laien sind nämlich gar nicht so doof und können auch mit komplexen Fragestellungen umgehen, wenn Informationspolitik und Verfahren dies zulassen und anregen.


    Vier Erfolgsfaktoren wurden von ihm wie folgt benannt:

    • langjähriges Problembewußtsein und Leidensdruck in der Stadtgesellschaft
    • ausgeprägter politischer Wille von Gemeinderat und Verwaltung
    • Kontinuität einer langjährigen Planungsstrategie zur Wiedergewinnung des öffentlichen Raumes in der Innenstadt
    • Organisation der Planung als Kommunikationsprozeß

    Letzteres bezeichnet er in seiner Präsentation (PDF) als "am wichtigsten".


    Ich frage mich, mit Blick auf diese Ulmer Erfahrungen: welcher dieser vier Erfolgsfaktoren ist in Dresden bisher vorhanden?


    Im Übrigen, da du nahezu jeden deiner Beiträge mit Seitenhieben auf Rekonstruktionswünsche schmückst: Rekonstruktionen sind nicht unumstritten, aber bei einer großen Mehrheit sehr beliebt. Auch politisch haben sich in den vergangenen Jahrzehnten immer (Stadtrats-)Mehrheiten zu Rekonstruktionen bekannt. Ob das im vorliegenden Fall auch so funktioniert, wird sich erweisen. Dass die Reko-Petitionen zur Carolabrücke mit Abstand die größte Resonanz fanden, ist schon ein Fingerzeig. Städtebau ist abstrakt und wenig anschaulich. Konkrete Rekonstruktionsvorhaben mobilisieren (natürlich auch Gegner), sie schaffen Aufmerksamkeit, sind emotionale Identifikationsobjekte. Ich denke, solche Ideen sind ein Motor für Veränderungen. Das waren sie bisher, das können sie wieder sein. Das kannst du blöd finden, aber ein bisschen Toleranz und Versöhnlichkeit wäre schön.


    Es kann und soll dort jeder zu seinem Recht kommen und auch Eingeständnisse machen. Es ist genug Platz vorhanden für PKW-Spuren, für Fuß- und Radwege, für Bäume und Wasser, für Rekonstruktionen, für angepasste Neubauten, für extravagante Entwürfe. Es wäre schön, wenn sich alle Interessengruppen um Ausgleich bemühen. Wenn sich die Rekonstruktionsgegner wieder auf die Befürworter einschießen, was soll Gutes dabei herauskommen? Damit der Städtebau möglichst viele Interessen berücksichtigt, ist Zusammenarbeit angesagt. Die Stadt sollte der ehrliche Makler für einen solchen Interessenausgleich sein. Dafür muss sie sich aber erstmal Vertrauen erarbeiten. Ein Selbstläufer wird es nicht.