Dresden: Carolabrücke, St. Petersburger Straße, Carolaplatz

  • Danke Ziegel für die Zusammenfassung, sehr aufschlussreich. Ich habe leider keine Zeit, es mir selbst anzuschauen. Zum Thema Ersatzneubau: ist die Wiederherstellung des aufgefächerten Zustands bei diesem zwingend?

  • Meines Wissens nach gibt es schon einen gewissen Spielraum beim Thema Ersatzneubau. Bin gespannt wie es ausgelegt wird:

    "Es gibt keine einheitliche gesetzliche Definition des Begriffs “Ersatzneubau”. Allerdings lassen sich aus verschiedenen baurechtlichen Regelungen und Interpretationen nachfolgende Kernelemente für einen Ersatzneubau ableiten. Die genaue Auslegung, wann ein Vorhaben als Ersatzneubau gilt, kann je nach Kontext variieren. Entscheidend ist oft die baurechtliche Einordnung durch die zuständige Baubehörde. Bei umfangreichen Sanierungen kann die Grenze zwischen Sanierung und Ersatzneubau fließend sein. In der Regel wird ein Abriss bis auf die Grundmauern oder Bodenplatte mit anschließendem Wiederaufbau als Neubau eingestuft. Es ist zu beachten, dass die konkrete Einordnung eines Vorhabens als Ersatzneubau von den spezifischen Umständen und der Beurteilung der zuständigen Behörden abhängt."

    So wie ich das verstehe kann die Baubehörde das hier weitgehend selber festlegen wie zu welchem Grad der Abweichung es noch ein Ersatzneubau ist. Dadurch das Zitat "Auch die Weiterverwendung anderer Bauteile, wie der Pfeiler, für eine neue Brücke verbietet sich" die Pfeiler nicht mehr benutzt werden dürfen, wäre es jedoch ein Abriss bis auf die Grundmauern / Bodenplatte und damit ja im eigentlichen Sinne kein vollständiger Ersatzneubau. Nach meiner Auslegung läuft es also zwangsweise eher auf einen normalen Neubau hinaus. Frage hier ist ob es die Baubehörde dennoch ohne weitere Genehmigungen und Verfahren in diesem Falle einfach so durchwinken kann.

  • Frage hier ist ob es die Baubehörde dennoch ohne weitere Genehmigungen und Verfahren in diesem Falle einfach so durchwinken kann.

    Unabhängig von der Frage, was ein Ersatzneubau ist, hängt das Erfordernis eines Planfeststellungsverfahrens nach sächsischem Straßenrecht vom Erfordernis einer Umweltprüfung nach Maßgabe des UVPG ab. Wenn das Vorhaben (egal, ob es Ersatzneubau oder sonstwie heißt) UVP-pflichtig ist, bedarf es eines Planrechtsverfahrens. Ob der Neubau der Carolabrücke uvp-pflichtig ist, ergibt eine Vorprüfung nach festgelegtem Prüfungskatalog (UVPG-Anlage 3). Es muss also auf jeden Fall eine UVPG-Vorprüfung stattfinden, von deren Ergebnis abhängt, ob die Stadt Dresden ins Planrechtsverfahren muss. Die Vorprüfung endet mit der Feststellung, ob das Vorhaben Umweltauswirkungen im Sinne des Prüfungskatalogs hat oder nicht.

  • Danke für die Aufklärung! Wenn ich da an die Waldschlösschenbrücke zurückdenke, wird es immer unwahrscheinlicher das hier ein einfacher Ersatzneubau realisierbar ist. Da das Planrechtsverfahren bzw. Planfeststellungsverfahrens durchaus wahrscheinlich sind, bestehen so immerhin Hoffnung auf einen Neubau ohne Auffächerung und von kompakterem Ausmaß.

  • Es hieß gestern, man sei mit der Landesdirektion als Genehmigungsbehörde im Gespräch. Es wurden explizit die aufgefächerten Zufahrten als Teil eines Ersatzneubaus genannt.


    Nebenbei bemerkt würde das auch bedeuten, dass ein Strompfeiler neu gebaut und genehmigt wird.


    Stephan Kühn war heute nochmal im Radio zu hören. Mit einem Bau könne man frühestens 2027 beginnen. Bei einem Planfeststellungsverfahren würde man nicht mehr in diesem Jahrzehnt, also nicht vor 2030 beginnen.


    Ich versteh die Verwaltung ja ein bisschen, dass sie keine Lust auf eine Dresdner Debatte hat. Aber soviel sollte man doch gelernt haben, dass sich die Debatte zu einem so wichtigen Thema ohnehin nicht vermeiden lässt und man die Wir-ziehen-das-jetzt-schnell-durch-bevor-einer-muckt-Phase besser gleich überspringt.


    Wir reden hier von einer Entscheidung, die, wenn nicht nochmal so ein Pfusch gebaut wird, 100 Jahre, bestenfalls deutlich länger Bestand hat. Was interessiert es da, ob man in 3 oder in 6 Jahren mit dem Bau beginnt? Die verkehrliche Bedeutung der Brücke ist aktuell bei Null und dabei bleibt es jetzt für einige Jahre. Es müssen also ohnehin tragfähige Lösungsansätze für den Übergang gefunden werden, die, wenn sie 3 Jahre lang funktionieren, auch 6 Jahre lang funktionieren.


    In einer politischen Dimension gedacht, kann es auch nicht sein, dass ein Planfeststellungsverfahren vermieden wird, nur weil das zu lange dauere. Es dauert länger, weil es dazu dient, vielgestaltige Belange im Sinne eines optimalen Ergebnisses zu berücksichtigen. Direkt an der Dresdner Silhouette gelegen ist die Notwendigkeit einer optimalen Lösung ja wohl erkennbar. Wenn es bisher zu lange dauert, dann müssen die Verfahrensabläufe eben optimiert werden. Dazu gehört meiner Meinung nach auch, die Bevölkerung möglichst früh mitzunehmen und durch Moderation und Verständigung über die Zielsetzung späte Kehrtwenden zu vermeiden. Man kann an dieser Stelle nicht so planen, als wäre es eine Autobahnbrücke im Tal von Kleinwichtelhausen.


    Dass ein Ersatzneubau günstiger wäre, kann sein, ist meines Erachtens aber noch nicht nachgewiesen, erst recht nicht per Nennung einer Summe. Im Konjunktiv gesprochen: sich mehr Zeit bis Baubeginn zu lassen, kann auch Vorteile haben. Die Stadt könnte Rücklagen bilden statt sich zu verschulden. Die Baupreise, die derzeit auf einem relativ hohen Niveau sind, könnten vielleicht sinken. Eine Entscheidung, eine Spur weniger zu bauen, könnte Kosten sparen. Falls sogar eine Entscheidung zugunsten eines historisierenden Neubaus fällt, wären Spendengelder nicht unwahrscheinlich und auch bei einer Neuordnung der St. Petersburger könnten Einnahmen für aktuell wertlose Flächen erzielt werden. Nicht zuletzt kann eine Brücke mit anderem Konstruktionsprinzip dauerhafter und reparabler sein, und damit auf lange Sicht Kosten sparen. Mit der Spannbeton-Carolabrücke wurden jedenfalls enorme Gelder in der Elbe versenkt. Die langlebigsten Brücken sind und bleiben Bogenbrücken.

  • Nebenbei bemerkt würde das auch bedeuten, dass ein Strompfeiler neu gebaut und genehmigt wird.

    Das Bundeswasserstraßengesetz (gilt für die Elbe) sagt dazu in § 40: (Hervorhebung von mir)


    (1) Erfordert die Linienführung einer neu zu bauenden Bundeswasserstraße oder eines anderen neuen öffentlichen Verkehrsweges eine Kreuzung, hat der andere Beteiligte die Kreuzungsanlage zu dulden. Seine verkehrlichen und betrieblichen Belange sind angemessen zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Änderung bestehender Kreuzungsanlagen.

    (2) Öffentliche Verkehrswege sind

    1. die Eisenbahnen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, sowie die Eisenbahnen, die nicht dem öffentlichen Verkehr dienen, wenn die Betriebsmittel auf Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs übergehen können (Anschlussbahnen), und ferner die den Anschlussbahnen gleichgestellten Eisenbahnen,

    2. die öffentlichen Straßen, Wege und Plätze,

    3. die sonstigen öffentlichen Bahnen auf besonderen Bahnkörpern.


    Es muss von der Bundeswasserstraßenverwaltung nichts genehmigt werden, sie muss dulden, aber natürlich müssen deren Belange berücksichtigt werden, sie ist also zu beteiligen.


    Noch ein Satz zur Umweltverträglichkeitsprüfung: wenn die Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, die Wiedererrichtung der Carolabrücke habe keine nachteiligen Umweltauswirkungen zur Folge, dann wäre die Entscheidung isoliert nicht anfechtbar, sondern nur zusammen mit einem Rechtsbehelf gegen das Vorhaben an sich. Klagen könnte gegen die Wiedererrichtung der Brücke nur, wer vortragen kann, in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein; da hier alles im öffentlichen Raum stattfindet, scheiden private Einwendungen aus. Blieben Rechtsbehelfe von klagebefugten Umweltverbänden im Rahmen ihres Verbandsklagerechts; ob die erfolgversprechend wären, hängt davon ab, wie sorgsam die Vorprüfung durchgeführt wurde. Ich meinde deshalb, die Stadt Dresden könnte eigentlich verhältnismäßig schnell zur Tat schreiten und gleich morgen mit der Vorbereitung des Antrags auf Vorprüfung beginnen. Als Vorhabenträger muss sie den Vorprüfungsantrag stellen, die Aufsichtsbehörde, vermutlich irgendein Sächsiches Landesamt, trifft die Feststellung.

  • Meines Erachtens kommt man um ein Planfeststellungsverfahren garnicht herum, wenn die einfache Variante schon solange dauert bis zur Realisierung. Baubeginn 2027 bedeutet vielleicht Fertigstellung 2030.


    Bis dahin kann sich soviel verändern.


    Alleine schon die Sache mit der St. Petersburger Straße.

    Man kann jetzt nicht einfach einen identischen Ersatzneubau planen, wenn man weiß, dass sich die Verkehrsschneiße in den nächsten Jahrzehnten verändern wird. Hinzu kommt auch das Stadtbahnprojekt, auch dieses spielt in die Gesamtsituation mit rein.


    Ich bin dafür, dass man es gleich richtig angeht und die komplette B170 in diesem Zuge betrachtet.

  • Während ich den Wunsch nach einer grundsätzlichen Umgestaltung der Brücke gut nachvollziehen kann - ich finde die Schneise St. Petersburger Straße auch furchtbar - muss man schon auch sehen, dass ein Planfeststellungsverfahren gerne mal 5(!!!) Jahr dauern kann, siehe Königsbrücker Str. Das würde bedeuten, dass man vor 2035 nicht mit einer neuen Brücke rechnen könnte. Das finde ich schon ziemlich krass.


    Hinzu kommt auch das Stadtbahnprojekt, auch dieses spielt in die Gesamtsituation mit rein.

    Das verstehe ich nicht ganz. Die Straßenbahntrasse war ja auch vorher schon getrennt und abgesehen von der Wiederherstellung der Verbindung sind in dem Bereich ja keine Projekte geplant?

  • Der Livestream ist seit heute als Podcast nachschaubar. Die Sitzung beginnt etwa ab Min 8 und die wesentlichen Ergebnisse folgen in den ersten 45 min. Bemerkenswert ist auch das Eingangsstatement von Prof. Marx zum einzigartigen Wettbewerbsverfahren sowie zur hohen Qualität der Technologie inkl. der Bauausführung. Die Verwaltung bietet in ihrer gestrigen PM der Stadt eine kürzere Textversion inkl. den wichtigsten Erkenntnissen zum Zwischenergebnis (auch als pdf).


    Prof. Marx erläuterte allerdings auch, daß schon an einem kurzen Zeitpunkt der Bauausführung der wohl maßgebliche Fehler auftrat, welchen man damals allerdings noch nicht kannte (bzw dessen Folgen). Das ist nämlich das kurzzeitige Offenliegen der Anschlußspanndrähte bis zum Einhängen des Flußträgers in die Kragarme. Das waren nur wenige Tage (und ggf hat es da geregnet - also Wassereintrag), aber laut Bundesanstalt für Materialwesen (BAM) reichte schon eine halbe Stunde. Das liegt daran, daß der per damaligem Ölschlußverfahren gehärtete Stahl eine hohe Sprödigkeit entwickeln kann, sofern er auch noch mit Wasserstoff in Reaktion komme (so habe ich es verstanden). Somit trug die Brücke seit Bauerstellung den bereits angestoßenen Schadprozess in sich.


    Folgender Screenshot unten zeigt aufschlußreich die enorme Schwächung der für die Statik relevanten Spannstahlquerschnitte.

    Das ist das Schadbild VOR dem Einsturz, so Prof. Marx, beim Einsturz rissen dann freilich alle noch intakten Spanndrähte mit nun sauberer Bruchfläche.


    Mich erstaunt nun allerdings ein anderer Aspekt:

    anhand des Schaubildes ergeben sich für den Querschnitt Zug C (Teile links+mitte+rechts):

    64 + 41 + 64 Spannglieder = 169 Stk., davon sind mindestens 6,2% + 70% + 17,2% geschädigt gewesen, heißt = -4 / -28 / -11 Glieder (Summe = -43 Stück).

    Es verblieben also 60 + 13 + 53 = 126 Stück intakte Spannglieder, was 74,5% der Spannstahlfläche ausmacht.

    Da von "mindestens geschädigt" die Rede war, war der intakte Restquerschnitt möglicherweise niedriger, allerdings hatten etliche der geschädigten Drähtebündel noch Resttragfähigkeiten/Restquerschnitte, und zudem war das Ganze in "mustergültig verpreßtem Formschluß" mit Mörtel in den Röhren.

    Gehen wir mal laienhaft von 70% tragfähigen Restquerschnitten aus, so wundere ich mich doch über den Einsturz, da es ja bekanntlich große statische Sicherheiten gibt. Eigentlich liegen die Sicherheiten bei Faktor 2 oder sogar 3, oder täusche ich mich? Gerade hier, wo neuartige Technologie verwandt wurde. Anders gesagt: die Brücke müßte mindestens doppelt so viel Bewehrung in sich gehabt haben, als rein rechnerisch erforderlich.

    Heißt: erst bei unter 50% Restquerschnitten wirds kritisch, und auch da muß noch lange nichts einstürtzen. Hier hatten wir aber 70 oder gar 75% Resttragfähigkeit.

    Denn wenn ein Großteil der Drähte von Sprödung oder wasserstoffinduzierter Spannungsrisskorrosion betroffen war, dann dürfte man es ja nicht so in einem Schaubild darlegen. Das Schaubild zeigt ja schön, wieviel grüne Resttragfähigkeit noch vorgelegen habe. Das reicht aber aufgrund der Sicherheiten der statischen Dimensionierung nicht für einen Einsturz, würde ich mutmaßen.


    00-carola.jpg

    screenshot aus dem livestream

    Einmal editiert, zuletzt von Elli Kny ()

  • Die Stadtverwaltung scheint schon so stark auf das Thema 1:1 Ersatzneubau eingeschossen zu sein, dass es schwer wird hier noch eine zielführende Diskussion um die Brücke anzuschieben (leider). Der Termin Baubeginn 2027 scheint laut diesem Beitrag nahezu in Stein gemeißelt. Begründung ist die 2027 geplante Sperrung der Königsbrücker Straße und die Erneuerung der kleinen Brücke über die Bahngleise im Industriegelände. Der Neubau der Brücke "müsse" wohl in diesem Zeitraum ebenfalls erfolgen, da sonst die Chipindustrie keine leistungsfähige Anbindung hätte.

    Wenn ich das so lese stellen sich mir zwei Fragen:
    1. Zählen die bisherigen Firmen nicht als Chipindustrie im Dresdner Norden oder ist deren Einfluss auf den Verkehr so gering das es bisher nicht ins Gewicht fällt? Weil anscheinend funktioniert es ja bisher auch und der Stress wäre aus meiner Sicht (Königsbrücker hin oder her) gar nicht nötig. Dann lieber wie oben erwähnt ein paar Jahre mehr Zeit für eine Lösung aufwenden die die nächsten 100 Jahre bestand hat (haben könnte).
    2. Läuft nicht eh ein Hauptteil des Verkehrs für die Chipindustrie über die Autobahn direkt nebenan oder hab ich da was verpasst, das alle Mitarbeiter immer zwingend durch die Innenstadt fahren müssen?

  • Es ist jedenfalls ziemlich verdächtig, dass man mit solchen Argumenten eine Diskussion abwürgen will, bevor sie überhaupt begonnen hat. Die Verwaltung will "Anfang 2025" eine Vorlage in den Stadtrat einbringen, um den weiteren Ablauf vom Stadtrat absegnen zu lassen. Wenn jetzt schon in der Presse Baubeginntermine genannt werden, ist hier ganz schön Gefahr im Verzug. Dass im Stadtrat maßgebliche Teile ausschließlich die Verkehrssituation betrachten, v. a. für den MIV, macht das ganze natürlich nicht besser …

  • Die Verwaltung möchte dem Stadtrat im Januar mögliche Zeit- und Kostenpläne für die drei möglichen Vorgehensweisen vorlegen (Ersatzneubau, Plangenehmigungsverfahren, Planfeststellungsverfahren). Sie kann dies nicht jetzt schon tun, weil sie diese Vorlage erst noch erarbeiten muss. Sie hat aber jetzt schon eine Meinung. Und um diese Meinung durchzudrücken, feuert sie auf allen medialen Kanälen, dass ein Ersatzneubau quasi alternativlos ist.


    Was ich stattdessen von einer guten Verwaltung erwarten würde: dass sie geräuschlos und möglichst objektiv Fahrpläne für die drei Varianten erstellt und dabei jeweils Vor- und Nachteile darstellt. Dass sie, bevor sie dies getan hat, die Medien auf Januar vertröstet. Dass sie das Prüfergebnis dann zuerst dem Stadtrat vorlegt. Dass sie dann zeitnah die Öffentlichkeit informiert und Dialogformate vorschlägt.

  • ohne abweichende Details für Bundeswasserstraßen zu kennen, sind die Genehmigungsstufen doch recht einfach:


    - Ersatzneubau bei 1:1 identischer Ausführung (gut, technische Mängel dürfen entfallen), also räumliche und funktionale Ausdehnung absolut gleich

    - Plangenehmigung: Bei kleinräumiger Betroffenheit, d.h. nur verwaltungsintern oder nur im Bestand (unwahrscheinlich wegen der Bundeswasserstr.)

    -- Unterpunkt bei Plangenehmigung: Wenn alle Ämter zustimmen, kann die Befreiung von der Plangenehmigung beantragt werden.

    - Planfeststellung: greift bei externer Betroffenheit, wie Grunderwerb, Schall- oder anderer Emissionseintrag, weitere Verkehrsträger wie Eisenbahnen oder Wasserstraßen oder konstruktiver Änderung.


    In Leipzig erfordert selbst der größere Gleisabstand für die Straßenbahn eine PlaFe, deshalb wurde das stets nur um Rahmen komplexer Vorhaben umgesetzt. (fährt ja dann wenige cm näher an Dritten vorbei) Da haben jedoch Landesdirektionen ggf. abweichende Regelungen.


    Und ja, da ohnehin erst mal geplant und finanziert werden muss, eilt es dann nicht, wenn noch ein paar Monate für eine ausgereifte Gesamtidee ins Land geht.

  • Prof. Marx hat in seinem Vortrag gesagt, eine derart schlanke Ausführung wie bei der nun ruinösen Carolabrücke, sei "selbst heute noch eine Herausforderung, auch bei den heute verfügbaren Materialien". Auch das ist zu berücksichtigen.


    Ich nehme an, dass es auch für einen Ersatzneubau einen Planungswettbewerb gäbe. Dieser Zeitfaktor wäre also bei allen Herangehensweisen der gleiche.


    Die Umweltverträglichkeitprüfung stelle ich mir nicht sehr kompliziert vor, da ja keine unberührte Natur bebaut wird, sondern nur eine alte Brücke gegen eine neue ersetzt wird. Die Umweltverbände sollten frühzeitig eingebunden werden und hätten ja sogar ein Interesse daran, dass Spuren reduziert und/oder näher aneinander gelegt werden. Wenn man einen gemeinsamen Konsens erzielt, gibt es hinterher auch keine großen Klagen, die solche Verfahren ja ganz maßgeblich in die Länge ziehen.


    Wenn man sich 2025 für das großzügige Ausdiskutieren von allem Für und Wider gibt, könnte Anfang 2026 ein Wettbewerb und danach ein vierjähriges Planfeststellungsverfahren starten. Auf die vier Jahre komme ich, weil diese Frist für Vorhaben im Transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V) vorgeschrieben ist. Das betrifft z. B. auch die Elbe, aber wohl nicht eine europäisch unbedeutende Brücke über die Elbe. Jedoch heißt das: vier Jahre sind möglich. Zwischen einem und sieben Jahren (siehe #268) läge das genau in der Mitte. Dann wäre 2030 das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen und es könnte gebaut werden.


    Für die beiden Vorgängerbrücken wurden jeweils drei Jahre benötigt. Diese Bauzeit würde ich wieder veranschlagen. Die Verwaltung präferiert mit einem Ersatzneubau einen Baubeginn 2027. Das würde bei drei Jahren Bauzeit eine Fertigstellung 2030 bedeuten. Da frage ich mich dann schon: sind 5 Jahre gegenüber 7 Jahren (+ 1 Jahr Diskussion) so ein relevanter Zeitgewinn, wenn man auf der anderen Seite die Chancen betrachtet, die man damit vergibt?

  • Die Umweltverträglichkeitprüfung stelle ich mir nicht sehr kompliziert vor, da ja keine unberührte Natur bebaut wird, sondern nur eine alte Brücke gegen eine neue ersetzt wird. Die Umweltverbände sollten frühzeitig eingebunden werden und hätten ja sogar ein Interesse daran, dass Spuren reduziert und/oder näher aneinander gelegt werden.

    Das kann ich aus Erfahrung etwas erklären. Bei UVPs ist es völlig unerheblich, ob die Natur "unberührt" ist oder nicht, es braucht nichtmal etwas, das landläufig als "Natur" bezeichnet wird. Wenn z. B. Wochenstuben von Fledermäusen oder Eidechsen oder brütende Vögel gefunden werden, oder potentiell zu erwarten sind (kommt drauf an, ob Felderfassung gemacht wird, oder nicht), oder Gehölzschnitt notwendig ist, sind Auflagen zu beachten. D. h. Abriss, Rodung, Bau, etc. nur in bestimmten Zeiträumen, mit Auflagen aus der ÖBB bzgl. Baustelleneinrichtung, Umsiedlungen, Einrichtungen von Ersatzquartieren, Vergrämungsmaßnahmen, etc. - das sind übrigens alles gesetzlich geregelte Maßnahmen, die aus naturschutzfachlichen Gutachten resultieren und nichts mit Umweltverbänden zu tun hat. Bauherren sind gesetzlich verpflichtet, diese Gutachten einzuholen und die Maßnahmen durchzuführen. Man erinnere sich an die Waldschlößchenbrücke und die Kleine Hufeisennase - das Thema wurde leider noch nie durch die Medien adäquat dargestellt.


    Das, was Umweltverbände (NABU, BUND, etc.) einfordern, sind oft Aspekte beim Erhalt von Biotopen, bzw. beim Bau, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen oder anders interpretiert werden. Und da wären sie eigentlich sogar auf der Seite derjenigen, die z. B. eine rekonstruierte Königin-Carola-Brücke befürworten würden, denn im Gegensatz zu einer Stahl-Beton-Konstruktion böte diese massig Nist-, Jagd-, Rückzugs- und Ansitzgelegenheiten für Vögel und Fledermäuse, sowie für Reptilien. Ich gehe mal davon aus, dass man im Brückenkopf keinen Feldhamster finden wird, daher sind das wohl die relevanten Arten.

  • Umweltverbände sind klageberechtigt, daher habe ich die ins Spiel gebracht. Sie klagen, wenn sie der Meinung sind, dass gesetzliche Vorgaben nicht ausreichend berücksichtigt werden.


    Wenn dieses oder jenes Tier sein Zuhause an der Carolabrücke haben sollte, ist das ein Thema, das schon im Zuge des Abrisses zu klären ist. So recht vorstellen kann ich mir nicht, wen man dort noch finden will, nachdem die Bergepanzer bereits über alles drübergefahren sind.


    Entsprechend sollten die Gutachten einer Umweltverträglichkeitsprüfung doch schnell gemacht sein, oder? Und wenn die Umweltverbände einbezogen und ihre Anliegen ernstgenommen werden, klagt auch niemand.


    Überhaupt, je mehr Stimmen man einbezieht und moderiert, desto weniger Einwendungen gibt es dann im Planfeststellungsverfahren.

  • Laut diesem Beitrag (SZ) hat die AFD-Fraktion jetzt die Errichtung einer Notbrücke vom Typ "Schaper-Krupp-Bahn-Brücke (SKB-Brücke)" durch die Bundeswehr vorgeschlagen. Diese kann wohl bei vorliegen eines Notfalls (höhere Gewalt) angefragt und womöglich ohne langwieriges Planfeststellungsverfahren errichtet werden. Das Baukasten-System kann bis zu einem Kilometer lang und 12 Meter hoch errichtet werden, was in Dresden genug Platz für die Schifffahrt lassen würde. Die Notbrücke könnte fünfeinhalb oder neuneinhalb Meter breit gebaut werden. Das würde Platz für zwei Fahrspuren und ein Straßenbahngleis lassen.

    Laut Beitrag wird vermutet, dass die AFD so Zeit gewinnen will, um eine historische / historisch angelehnte Rekonstruktion der alten Carolabrücke zu ermöglichen (bzw. Zeit für alle dafür notwendigen Planungsschritte und Verfahren gewinnen). Auch wenn ich den Vorschlägen der AFD sonst nicht viel abgewinnen kann, ist das doch durchaus ein Ansatz, der einen realen Prozess anschieben könnte beim Thema Wiederaufbau und nicht zwingend einen 1:1 Ersatzneubau durchdrückt.

  • In Bad Schandau, wo sich ein Brückenabriss nach nicht einmal 50 Jahren Nutzungsdauer ebenfalls nicht vermeiden lässt, wird gerade eine provisorische Brücke für den Übergang geprüft. Und das, obwohl man nachfolgend einen Ersatzneubau errichten will, wie ihn auch die Dresdner Verwaltung bevorzugen würde. "Die Behelfsbrücke ist der Fokus derzeit. Wir prüfen verschiedene Varianten und Orte. Entscheidend werden die Kosten", hieß es vom Verkehrsministerium.


    Die Stadt Bad Schandau habe bereits die "Verfügbarkeit von Behelfsbrückengeräten angefragt". Alternativ prüft man, ob sich die Bad Schandauer Carolabrücke, die bisher nur für Zugverkehr genutzt wird, auch temporär für KfZ nutzen lässt. Deren zwei Strompfeiler stehen seit 1877 ihren Mann.


    Bad Schandau: Die nächste Elbbrücke muss abgerissen werden


    Ich bin gespannt, ob die Bad Schandauer Behelfsbrücke schon stehen wird, während der Dresdner Baubürgermeister entsprechende Forderungen mit dem Hinweis, dies dauere zu lange, noch abwehren wird.


    Ist eigentlich im kollektiven Bewusstsein angekommen, dass das Blaue Wunder auch ohne spektakulären Einsturz eine Generalsanierung für geschätzte 130 Mio. Euro benötigt? Eingeplant sind bisher nur 34 Millionen. Soweit zu lesen ist, vor allem für einen neuen Anstrich. Allein die Erneuerung der Ankerkammern benötige jedoch "mindestens 45 Millionen Euro". Diese sind wohl typische Sorgenkinder und wurden offenbar zuletzt in den 1980ern saniert. Hier in den Bestandserhalt zu investieren, scheint mir am allerdringendsten. Nächstes Jahr läuft der TÜV aus und eine statische Prüfung steht an. Wer weiß, welche "Überraschungen" uns da erwarten. Schon 2009 wurde sogar über einen evt. nötigen Ersatz- oder Ergänzungsneubau spekuliert. Auch für andere, "besonders kritische" Brückenbauvorhaben stehen noch nicht die vollen Investitionssummen bereit.


    Ich würde es ganz vernünftig finden, sich an Bad Schandau ein Beispiel zu nehmen und frühzeitig, also jetzt, eine Carola-Behelfsbrücke als Backup zu planen, dann vielleicht auch zu bauen, um sich Zeit zu kaufen. Nicht nur Zeit für die Carolabrücke. Es ist wahrlich Aufgabe genug, und dringend genug, sich sofort um jene Brücken zu kümmern, die schon vor dem Einsturz auf dem Zettel standen.


    Mit anderen Worten: selbst für die billigste Variante einer neuen Carolabrücke ist eigentlich kein Geld da! Weder 2027, noch 2030. Es müssen also besondere Lösungen für dieses besondere Problem gefunden werden. Und zur Besonderheit gehört auch der für das Stadtbild sensible Standort. Der Verkehrsdruck würde eine Behelfsbrücke rechtfertigen, bis die Mittel für eine langfristige Lösung bereitstehen, der Städtebau rechtfertigt maximale Qualität einer langfristigen Lösung.


    Übrigens finde ich in dem Zusammenhang interessant, dass sich Politiker verschiedener Parteien zur Orientierung an der KöCa-Brücke von 1895 äußern, wenngleich bisher eher ablehnend: Engel (SPD), Löser (Grüne), indirekt auch Böhm (CDU). Das heißt nämlich vor allem: dieser Vorschlag ist präsent. Jede Idee muss zuerst einmal wahrgenommen werden, auch auf Ablehnung stoßen, bevor sie überzeugen kann. Die Bewertungskriterien Zeit und Geld basieren aktuell auf Spekulation und Ausblendung anderer Faktoren. Bei einer hoffentlich vertieften Diskussion können sich die Bewertungen ändern.


    Die Meinung, dass eine Anmutung wie bei der KöCa von 1895 schon aus gestalterischen Gründen abgelehnt wird, hat bisher öffentlich niemand vertreten.