Halberstadt

  • Stadt der mittelalterlichen Kirchen und der sakralen Kunst


    Halberstadt ist eine viel zu wenig beachtete Stadt im nördlichen Harzvorland. Das mag vorwiegend daran liegen, dass man touristisch mit den Fachwerkensembles in Quedlinburg, Goslar oder Wernigerode nicht konkurrieren kann. Dies wiederum ist dem Umstand geschuldet, dass die Stadt bei einem Luftangriff kurz vor Kriegsende am 8. April 1945 zu über 80 % zerstört wurde. In der Zeit der DDR wurden die verbliebenen Reste der einst reichen Fachwerkbebauung systematisch dem Verfall preisgegeben. Für viele Bauten kam die Rettung durch die Wende sprichwörtlich in letzter Sekunde.


    Halberstadt war eine der ersten Städte, die ich nach der Wende in den neuen Bundesländern besuchen durfte. Geradezu erschrocken war ich über den Zustand der Stadt. Ganze Straßenzüge bestanden nur noch aus Fassaden, die mit einfachen Streben vom drohenden Einsturz bewahrt wurden. Durch die Fenster- und Türspalte sah man häufig nicht mal mehr in ein Haus, sondern in eine Wildnis, die sich Jahrzehnte der Gebäude bemächtigt hatte. Der Marktplatz, einstiger Mittelpunkt der Bürgerstadt mit mittelalterlichem Rathaus und engen angrenzenden Fachwerkgassen, war eine öde Betonfläche.


    Das alles hat sich gewandelt. Halberstadt ist wie Phönix aus der Asche auferstanden. Die erhaltenen Fachwerkhäuser in der westlichen Altstadt rund um den Domplatz erstrahlen weitgehend in neuem Glanz. Der Marktplatz hat durch eine Neubebauung etwas Urbanität zurückerhalten. Selbst das Rathaus ist wiederauferstanden – in Teilen rekonstruiert oder in historischer Anlehnung. Vor ihm steht wie in alten Zeiten der Roland von 1433 als Symbol der bürgerlichen Selbstbestimmung. Den Gesamteindruck stört insbesondere in der östlichen Altstadt noch vielfach der Plattenbau. Halberstadt besitzt aber weiterhin überregionale Bedeutung in Hinblick auf seine sakrale Architektur und sakrale Kunst. Wir wollen daher genau dort unseren Schwerpunkt bei der folgenden historischen Stadtbetrachtung setzen.


    Stadtrundgang: https://www.zeilenabstand.net/…rchen-und-sakralen-kunst/


    Impressionen:


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    Domplatz mit Blick zum Dom nach Osten


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    Halberstädter Domplatz mit Liebfrauenkirche


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    Dompropstei am Domplatz – im Hintergrund die Türme der Martinikirche


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    Halberstädter Dom von Südosten


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    Kreuzgang mit Neuenstädter Kapelle am Halberstädter Dom


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    Halberstädter Dom – Blick ins Mittelschiff nach Osten


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    Lettner und Triumphkreuzgruppe im Dom


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    Liebfrauenkirche von Südosten


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    Nördliche Chorschranke in der Liebfrauenkirche


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    Kloster St. Burchardi mit Torhaus und Taubenturm


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    Blick in den Chor der Klosterkirche St. Burchardi


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    St. Martini von Nordwesten


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    Der Halberstädter Holzmarkt mit dem teilrekonstruierten Rathaus, Marktbrunnen und den Türmen der Martinikirche


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    Blick in die Bakenstraße nach Südwesten

  • Danke! Halberstadt ist wirklich eine tolle Stadt und eines der Beispiele, bei denen ich unwillkürlich denke: Wäre dieser Ort in Bayern, würden hier überall Touristen herumlaufen. Ich muss mal nach Fotos kramen.


    Herausragend ist in Halberstadt auch das jüdische Erbe, mit dem man sich - ebenso wie mit dem Dom - schon versucht hat, auf die Welterbeliste zu setzen.


    Auch interessant für architekturinteressierte Menschen sind die Langensteiner Höhlenwohnungen

    Die Höhlenwohnungen von Langenstein (halberstadt.de)


    oder das Schraube-Museum, in dem man die Wohnkultur und Innenarchitektur der Gründerzeit in seltener Vollständigkeit erleben und sogar den Küchenherd selbst anheizen kann.

    Das Schraube-Museum. Wohnkultur um 1900 (halberstadt.de)


    Die Unkultur des Zweiten Weltkriegs und der DDR tun in Halberstadt bis heute sehr weh, aber auch der Anblick von herrlichen Fachwerkhäusern, die bis heute dem Verfall preisgegeben sind.


    Zahlen benennt ein Artikel des MDR: "Neben der Kriegszerstörung von 600 Fachwerkhäusern sind bis 1988/89 nochmals 600 Fachwerkhäuser abgerissen worden. Von ehemals über 1.600 Fachwerkbauten im niedersächsischen Stil sind jetzt noch 447 Häuser übrig geblieben." Nach meiner Erinnerung ist ein großer Teil noch kurz vor der Wende abgerissen worden, insbesondere der Bereich zwischen Bahnhof und Zentrum.

  • Herausragend ist in Halberstadt auch das jüdische Erbe, mit dem man sich - ebenso wie mit dem Dom - schon versucht hat, auf die Welterbeliste zu setzen.

    In der Tat gibt es dort ein sehr gelungenes und sehenswertes Museum zur jüdischen Geschichte der Stadt. Hinzu kommen noch drei erhaltene jüdische Museen. Weil es aber keine jüdische Gemeinde mehr in Halberstadt gibt, werden sie nur halbherzig in Schuss gehalten. Bei meinem letzten Besuch waren sie nicht öffentlich zugänglich und das Gras wuchs in Hüfthöhe.


    Die Unkultur des Zweiten Weltkriegs und der DDR tun in Halberstadt bis heute sehr weh, aber auch der Anblick von herrlichen Fachwerkhäusern, die bis heute dem Verfall preisgegeben sind.

    Das ist heute nach jahrzehntelanger Sanierung nur noch bei wenigen Einzelbauten der Fall. Halberstadt hat sich beispielhaft gewandelt, wenngleich das DDR-Erbe noch lange nachwirken wird. Es gilt noch immer, viele Brachflächen zu schließen.

  • Das ist heute nach jahrzehntelanger Sanierung nur noch bei wenigen Einzelbauten der Fall.

    Mir fehlt ein zahlenmäßiger Überblick. Allerdings war ich dieses Jahr bereits in Halberstadt und auch wenn es nur noch wenige Gebäude sein mögen, ist jedes unsanierte Haus ein Drama.


    Gefunden habe ich einen Artikel über Thomas Oppermann, der in 10 Jahren, also zwischen 2013 und 2023, ganze "19 meist hoffnungslose Häuser" erwarb und sanierte. Viele Städte wären froh, wenn sie überhaupt noch 19 Fachwerkhäuser hätten. Ich würde nicht darauf wetten, dass Leipzig auf eine solche Zahl kommt. "Wenig" ist ein sehr relativer Begriff.


    Ausgezeichnet: Fachwerkhaus-Retter geehrt: Alte Voigtei in Halberstadt erstrahlt in neuem Glanz (volksstimme.de)