Stadtpolitik und Innenstadtentwicklung

  • Es ist Wahljahr und kein politischer Vertreter scheint den Bohlweg im BLick zu haben.

    Die Braunschweiger Zeitung widmet diesem heute extra einen Artikel.


    Was ist der Punkt?


    - Viel Leerstand

    - keine gehobene, diversifizierte Auswahl an Geschäften oder Restaurants

    - minderwertige Architektur - besonders die 2 Erdgeschossbehelfsbauten aus Kriegszeiten, die einen Durchblick bis zum Rathaus gewähren

    - scheinbar hohe Mieten

    - keine positive Veränderung durch Blumen/Farbe etc.


    Gut, die Stadt hat es mittlerweile Jahrzehnte nicht geschafft, den Rathausanbau zu sanieren und zu streichen. Vielleicht sollte mit positivem Beispiel vorangegangen werden. Immerhin wertet jetzt die BraWo das gesamte Schlosscarree auf und damit auch den gesamten Wohnblock! Ein möglicher Lichtblick.


    Wir können nur hoffen, dass dieses Thema breiter diskutiert wird und dann auch endlich Taten folgen werden - an diesem Aushängeschild Braunschweigs!


    Hier geht's zum Artikel:


    https://www.braunschweiger-zei…rd-zur-Problem-Meile.html

  • Man kann zwar immer wieder gebetsmühlenartig vom Bohlweg reden, aber man sollte vielleicht (endlich) einsehen, dass die Immobilieneigentümer offensichtlich kein Interesse daran haben a) ihre Fassaden umzugestalten, trotz Anreize und Anregungen/Entwürfe und b) offensichtlich will man auch nicht die Grundstücke mit Flachbauten mit hohen Gebäuden neu bebauen.

    Also was sollen diese ganzen Diskussionen bringen, wenn kein Wille der Privateigentümer da ist, da kann man eh nichts machen...

    Darüber hinaus, scheint sich trotz oder gerade wegen der Schlossarkaden der Bohlweg von einer Toplage weg zu entwickeln..

  • Das stimmt so auch wieder nicht.


    Die Stadt kann z.B. die Fassadengestaltung bestimmen (siehe neues Restaurant im ehemaligen MC). Die Bürgergesellschaft kann Druck machen; die Stadt kann ein Gremium einberufen usw.

  • Es ist Wahljahr und kein politischer Vertreter scheint den Bohlweg im BLick zu haben.

    Nun, das ist etwas verkürzt.
    Sicherlich ist allen Parteien und auch allen Kandierenden auf Mandate klar, dass der Bohlweg, ibs. gegenüber dem Schloss-Carré, ein Problem zu werden droht.
    Und nun das langgezogene 'Aaaaaber':
    Die Stadt hat die Möglichkeit, mitzubestimmen, wie eine Fassade renoviert wird. Was sie nicht kann, ist bestimmen, ob eine Fassade renoviert wird. Solange die Fassade verkehrssicher ist, gibt es da kaum Möglichkeiten des Eingriffs. Selbst wenn die Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben ist, kann die Stadt nur verlangen, dass diese wieder hergestellt wird. Wie das aussehen kann, kann man sehr gut am MC-Donalds-Pavillion am Hbf sehen: Grüne vorgespannte Netze gegen herabfallende Bruchstücke reichen, obschon sie ästhetisch eine Verschlechterung darstellen.

    Immobilienbesitzende sind nur sehr, sehr schwer zu irgendetwas zu zwingen. Ich habe verfolgt, welchen Aufwand Städte unternommen haben, um Immobilien zu bearbietem, die eine Gefahr für die Umgebung darstellten und ganze Stadtviertel herunterzogen. Und ich habe mit einem Stadtbaurat mal über Problemimmobilien gesprochen, der mir erzählte, dass er mit Fondsmanagern in Elsewhere, CYM, gesprochen hätte, die zunächst mal googlen mussten, wo denn die Stadt, in der sie eine Immobilie haben, überhaupt liegt ("Oh, it's in Germany. Guess what: I actually assumed it to be in Europe. I am so good, am I?") . Er erzählte auch, dass es manchmal sogar kompliziert sei, herauszufinden, bei wem denn nun genau das Eigentum läge. Und er hat EigentümerInnen, die man überhaupt nicht erreiche, oder die ihn bewusst ghosteten.
    Aber selbst, wenn das irgendwie gelänge, die Eigentumhabenden zu erreichen und sie vermittels Engelszungen, Fördertöpfen oder Imperius-Flüchen dazu zu bringen, in ihre Immobilien zu investieren, hülfe das nicht gegen Leerstände. Es gibt im deutschen Recht einfach nicht mal die Spur einer Möglichkeit, jemanden dazu zu zwingen, ein bestimmtes Ladenlokal anzumieten (und auch mit Blick auf die Verfassung wäre es mir recht, wenn das so bleibt), noch kann man den Mietern vorschreiben, was sie mit der gemieteten Fläche anstellen (und auch mit Blick auf die Verfassung wäre es mir recht, wenn das so bleibt). Wenn das Taksim ewig braucht, um zu eröffnen, während das Burgerista seine Deutschlandaktivitäten von jetzt auf gleich komplett einstellt, dann sieht man drei bis vier Hausnummern weiter halt machtlos zu.

    Und dann schlage ich mal einen Perspektivwechsel vor: Was wir erleben, ist, dass die rein konsumorientierte Innenstadt reichlich moribund ist. Das wissen eben auch die Immobilienbesitzenden. Besäße ich eine Immobilie am Bohlweg und mein Einzelhandelsmieter kündigte den Vertrag, ich würde gerade nicht das Geld in die Hand nehmen für eine teure Renovierung, ich würde erst einmal abwarten, was nach der konsumorientierten Innenstadt kommt, um mich darauf einzustellen.
    Und diese Haltung vertritt sogar die Braunschweig sehr gewogenen Volksbank BraWo (BZ /€) als Eigentümerin des Horten-Hauses (die übigens auf der anderen Seite des Schlossplatzes, auch entlang des Bohlwegs, bekanntermaßen sehr wohl investiert)


    Damit dürfte also auch der Druck aus der Bürgerschaft als ziemlich sinnlos herausgestellt sein. Je nach Besitzenden kann es vorkommen, dass dieser Druck nicht einmal ankommt oder nicht als Druck wahrgenommen, sondern als unterschwellig nervig, aber sonst ohne Konsequenzen zu ignorieren. Auf der anderen Seite ist müsste der Druck schon ganz schön hoch sein, damit ich als Eigentümer einen mindestens fünfstelligen Betrag in die Hand nähme, um meine Immobilie aufzuhübschen. Geld, von dem ich nicht weiß, ob es meine Rendite steigert oder vollkommen auffrisst.

    Ein Gremium zu bilden bietet nun auch keine neuen Handlungsmöglichkeiten. Oder wie es in Politikkreisen so schön ironsich heißt: "Und wenn Du mal nicht weiter weißt, dann gründe einen Arbeitskreis".

    Ganz handlungsunfähig ist die Stadt jedoch nicht: Die Stadt kann Rahmenbedingungen schaffen, aber das ist komplex, womöglich teuer und birgt das Risiko der Effektfreiheit und aus genau diesen drei Gründen für einen Wahlkampf gänzlich ungeeignet.

    Die Situation werden also, wie gesagt, alle, die sich auf ein politisches Mandat oder ein Amt in der Stadt bewerben, auf dem Schirm haben. Aber sie wissen auch: Mit der Stabiliserung des Bohlweges in den Wahlkampf zu gehen ist nichts weniger als unseriös. (Nur so zum Spaß: Der unter dem Volksbank Brawo verlinkten Artikel enthält eine Idee zum Horten-Gebäude aus einer Masterarbeit einer jungen Architektin. Verfolgt man diese Spur weiter, ist man schnell bei einer kandidierenden Person, womit die Vermutung, die Situation habe 'kein Vertreter' auf dem Schirm, dann auch widerlegt wäre. Das aber ist Zufallswissen meinerseits)

    Indes bleibt der Stadt noch eine Handlungsmöglichkeit: Sie selbst ist am Bohlweg ja Eigentümerin des Technischen Rathauses. Natürlich wäre es wünschenswert, dass sie den dortigen Sanierungsstau endlich angeht. Es ist eine realistische Hoffnung, dass das, wenn es klug angegangen wird, auch eine Strahlkraft auf die Umgebung haben kann.
    Aber zurück zum Wahlkampf. Der Satz: "Wählt mich und ich baue ein neues Rathaus" könnte schlimmer nach politischem Elfenbeinturm kaum klingen, und Sätze mit dieser Kernaussage, kosten unabhängig von der Formulierung eher Stimmen, als dass sie welche bringen. Als ob das nicht ausreichte, um dieses Thema lieber nicht anzufassen, ist das technische Rathaus durch die Geschichte seiner Sanierungsbemühungen schon ein politisch heißes Eisen, denn letzlich will es sich niemand wegen so einem Randthemas mit potentiellen Koalitionspartnern verscherzen.


    Konklusio: Dass das Thema nicht im Wahlkampf auftaucht, erschließt sich mir. Und ich hoffe, ich habe klar gemacht, warum. Dennoch: Wer nicht blind durch die Stadt rennt (was üblicherweise das Todesurteil für eine Kandidatur ist), sieht, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Aber es gibt auch Anlass zur Hoffnung: Während die Sanierung des Rathausanbaus vielleicht gar bald beginnt, zeigt sich mit der Sanierung des Schlosscarees, dass die Gegend noch lange nicht abgeschrieben werden muss. Die Pandemie war ein Beschleuniger für eine Entwicklung, die sich schon vorher abzeichnete: Dass Innenstädte nicht mehr nur nach Konsumlogik funktionieren können. Das traf sicher auch den Bohlweg.
    Da ich ein Mensch bin, der versucht, die Chance in der Krise zu sehen, tue ich das auch diesmal: Der Bohlweg rund um das Schloss bietet jetzt bereits Freiräume, die für die Nachnutzung zur Verfüngung stehen, sie sind in dieser Transformation ins Ungewisse also schon einen Schritt vorraus. Und wenn die Akteure rund herum reagieren, dann könnte das dazu führen, dass der Bohlweg als die Keimzelle für diese Transformation fungiert.

  • Ganz handlungsunfähig ist die Stadt jedoch nicht: Die Stadt kann Rahmenbedingungen schaffen, aber das ist komplex, womöglich teuer und birgt das Risiko der Effektfreiheit und aus genau diesen drei Gründen für einen Wahlkampf gänzlich ungeeignet.

    Das ist sogar genau das, was die Stadt tut: Laut einer PM von gestern (auf die heute morgen ein Artikel in der BZ (€) verweist) hat der Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa dem Wirtschaftsausschuss angekündigt, Mietzuschüsse für neueröffnete inhabergeführte Geschäfte innerhalb der Okerumflut zu gewähren. Diese werden (nach meinen Dafürhalten) sehr unbürokratisch erteilt, und sollen bis zu 50 % der Miete, jedoch maximal 1.250 € je Monat betragen.
    Diese Maßnahme soll bis zum Sommer 2022 getestet werden.

    Es ist bleibt zu hoffen, dass das dem Leerstand entgegenwirkt und der Diversität und Einzigartigkeit der Innenstadt zu Gute kommt. Ob sich die Effekte dessen zeitigen, bleibt abzuwarten. Noch schwerer ist vorrauszusagen, wo sich die Effekte dessen zeitigen. Dass es eine Testphase geben wird, zeigt, dass selbst der Initiator erstmal schauen will, ob die Maßnahme überhaupt ankommt.

    Hier trifft alles drei zu: Komplex, teuer und riksant. Und der Zeithorizont spricht auch nicht dafür, dass es sich um ein Wahlkampf-Manöver handelt, noch lässt sich das für den Wahlkampf noch ausschlachten. Also wieder kein Gewinnerthema für die Hochglanzboschüre einer Partei oder Kandidatur.

    Zum Abschluss bitte ich darum, mir den Doppelpost nachzusehen: Die PM habe ich heute morgen erst gesehen.

  • Ganz genau, die Stadt sollte zunächst mal mit gutem Beispiel voranschreiten und den Rathausanbau modernisieren.

    Wenn dann das Umfeld (auch das Schlosscarree glänzen), fallen die Brachen und schäbigen Nachkriegsbauten gegenüber noch mehr auf.


    Es kann ein Anfang sein...

  • Ein entsprechender Wettbewerb ist ja im Gange (vgl. Das technische Rathaus und seine Zukunft). Die erste Phase sollte bereits abgeschlossen sein, doch offenbar ist da bislang nichts an die Öffentlichkeit gelangt. Oder weiß hier jemand mehr?


    Ich stimme Xysorphomonian teilweise zu: Die vergangenen 18 Monate waren nun gewiss nicht gerade der ideale Zeitabschnitt für Geschäftsgründungen oder Investments in primär durch den Einzelhandel genutzte Immobilien. Insofern ist es kein Wunder, dass sich am Bohlweg so wenig getan hat. Ob die Vermietenden tatsächlich abwarten, was "nach der konsumorientierten Innenstadt kommt", um sich darauf einzustellen? Das würde ich so pauschal nicht unterschreiben. Da dürfte immer auch viel Pragmatismus im Spiel sein: Finde ich Mieter? Was für einen Preis kann ich nehmen? Zumindest gilt dies meiner Meinung nach für einen Teil der Gebäude, insbesondere jene, die in Privatbesitz sind.


    Bei den leerstehenden Kaufhäusern sieht das gewiss anders aus. Auch diesbezüglich sehe ich die Dinge ähnlich wie Xysorphomonian: Die Pandemie war gerade im Hinblick auf die klassischen Warenhäuser ein Beschleuniger für eine Entwicklung, die sich vorher schon abzeichnete und ohnehin erfolgt wäre.


    M. E. überwiegen die langfristigen Chancen hier jedoch die aktuellen Nachteile, zumal das bisherige Karstadt-Gebäude am Gewandhaus und der frühere Kaufhof-Bau am Bohlweg in den Händen von Eigentümern aus der Region sind, die Interesse an einer positiven Innenstadtentwicklung haben sollten.


    Wie genau diese Entwicklung sich vollziehen wird, vermag momentan wohl kein Mensch vorherzusagen. Ganz gewiss kann die Kommune im Rahmen ihrer Möglichkeiten Einfluss nehmen, dem verdankte sich in der Vergangenheit ja auch die relativ starke Stellung der Innenstadt als Einzelhandelsstandort. Doch diese Einflussnahme ist begrenzt und betrifft eben vor allem die Rahmenbedingungen für potenzielle Investitionen.


    Im Hinblick auf die bisherigen Kaufhaus-Bauten ist m. E. naheliegend, dass sie so wie bislang nicht mehr funktionieren werden, weil das bisherige Nutzungskonzept offenkundig nicht mehr zukunftsfähig ist. Es besteht also ein stärkerer Handlungsdruck und dadurch stellt für die Eigentümer schon heute ganz konkret die Frage, wie sie investieren sollen.


    Ich bin gespannt, wie die Antworten darauf ausfallen werden, könnte mir jedoch vorstellen, dass sich diese, abhängig vom jeweiligen Standort, unterschiedlich gestalten. Ein nicht zu unterschätzender Faktor dürften dabei auch Zustand bzw. Sanierungsbedarf der Immobilien sein, gerade in energetischer Hinsicht. Dazu liegen mir keine Informationen vor.


    Persönlich würde ich mir hinsichtlich des Kaufhof-Gebäudes einen Abriss und eine komplette Neuentwicklung des Areals wünschen, die z. B. mehrere kleinflächigere Baukörper umfasst, und das Magniviertel wieder stärker an die Fußgängerzone und den Bereich Bohlweg/Damm anbindet. Eine solche Neuordnung würde auch einen kleinteiligeren Nutzungsmix erlauben. Vielleicht, das ist ein imaginäres Beispiel, kommt morgen aber auch Ikea um die Ecke und möchte dort eine Innenstadt-Filiale eröffnen wer weiß?


    Bezüglich des früheren Karstadt-Hauses am Gewandhaus bin ich hin und hergerissen. Die Fassade stammt immerhin von Pritzker-Preisträger Gottfried Böhm und hat durchaus ihre Qualitäten. Zugleich würde ich mich mir, zumindest zur Poststraße und dem Gewandhaus hin, auch hier eine kleinteiligere Lösung wünschen. Ich denke insgesamt jedoch, dass dieser Bau das Potenzial für eine Umgestaltung hätte. Hier könnte ich mir insbesondere eine teilweise kulturelle Nutzung sehr gut vorstellen, z. B. als Standort für eine Kunsthalle o. ä.


    Eine weitere Herausforderung ergibt sich aktuell zudem durch den Zustand der Burgpassage. Dort soll dann ja irgendwann ein kleinteiliger Umbau erfolgen, auch mit Wohnflächen. Hier stellen sich Fragen wie: Hält der Investor am Projekt fest? Werden sich für die vorgesehenen Einzelhandelsflächen genug Interessenten finden? Und: Wann geht es los bzw. wann wird der Streit mit Tschibo beilgelegt?


    Zu all diesen Punkten können wir uns aber gern auch in den entsprechenden Threads (Techn. Rathaus, Bohlweg, Neuentw. Burgpassage, Zukunft Braunschweigs) austauschen.

  • Na das sind doch spannende Ergänzungen zu größeren Objekten in der Innenstadt, die wir im Auge behalten sollten.

    Ob es jetzt überall kleinteilig werden sollte, lässt sich streiten.

  • Ob die Vermietenden tatsächlich abwarten, was "nach der konsumorientierten Innenstadt kommt", um sich darauf einzustellen? Das würde ich so pauschal nicht unterschreiben. Da dürfte immer auch viel Pragmatismus im Spiel sein: Finde ich Mieter? Was für einen Preis kann ich nehmen?

    Würde ich pauschal auch nicht unterschreiben. Und ich wollte es so pauschal auch nicht gesagt haben. Da habe ich mich aber mißverständlich ausgedrückt.


    Mein Gedankenexperiment zielte darauf ab, wie ich als Vermieter handelte, wenn der MIeter meines Ladenlokals mir kündigte. Das erste, was ich täte, wäre, zu schauen, ob ich einen Nachmieter fände. Da stimmen wir komplett überein. Wenn das gelingt, dann gibt es kein Problem.

    Was ich nicht schrieb, ist, dass ich in dem Gedankenexperiment davon ausging, dass das nicht gelingt, was derzeit nicht ganz weit entfernt liegt.


    Kriegte ich aber meine Immobilie nicht sofort vermietet, hätte ich zwei Möglichkeiten:
    1.) mich damit abfinden. Grund und Boden steigt gerade im Wert. Wenn ich also nur Maßnahmen ergreife, die die Substanz erhalten, mehrt sich mein Kapital sogar bei Leerstand.

    2.) meine Immobilie attraktiver machen.
    Da könnte ich zum einen mit dem Preis runtergehen. Damit täte ich mich aber schwer. Denn da die zu erwartende Jahresmiete in die Bewertung meiner Immobilie einflösse, minderte ich damit mein eigenes Kapital aktiv*. Und den Wert der Nachbarimmobilien gleich mit. Das wäre also die Ultima Ratio.

    Zum anderen könnte ich den Zustand meiner Immobilie verbessern. Den Leerstand für Mietende attraktiver machen. Damit könnte ich zwar gleichzeitig auf eine Steigerung des Wertes hoffen, müsste aber auch Geld ausgeben. Das wäre zum einen das Gegenteil dessen, was ich erreichen wollte und ausserdem läge darin ein Risiko:
    Erreichte ich mein Ziel nicht, meine Immobilie damit für Mietende attraktiver zu machen, war die Investition für die Katz. Und da kommt jetzt die Frage: Für welche MIetenden attraktiviere ich meine Immobilie? Renovierte ich für die Bedürfnisse des Einzelhandels? Hätte bisher ja funktioniert, aber uns allen fällt auf, dass sich die ersten großen Ketten (und zwar nicht nur HortenHertieKaufDings) aus der Fläche zurückziehen, und keiner bisher seriös vorraussagen kann, wie sich das auf die Innenstädte auswirkt. Ist also eher gewagt.

    Aber was dann? Kleinteiligerer Einzelhandel? Gastro? Wohnungen? Alles größere, teurere Umbauten. Alle mit dem gleichen Risiko.


    Ich wartete erst einmal ab. Denn mein Kapital mehrt sich ja auch dann, wenn ich nix tue.

    Ich stimme also voll zu in dem Punkt, dass da viel Pragmastimus im Spiel ist. Und das war es, was ich sagen wollte: So, wie sich jetzt die Situation in den Innenstädten verändert, werden viele, besonders ImmobilieneigentümerInnen der kleineren Objekte aus rein pragmatischen Erwägungen erst einmal abwarten, bevor sie in Renovierungen investieren.

    Das Schlosscaree bildet hier eine Ausnahme: Die ist so breit aufgestellt, das irgendetwas schon stabiles Wachstum bringen wird: Wohnungen, Büros, Praxen, Einzelhandel, Gastro: Irgend etwas wird schon zünden.


    * Eine Anzeige, in der steht "Ladenlokal frei, zuletzt 40.000 € Mieteinnahmen p.a." wird einen höheren Verkaufspreis bringen als eine, in der steht "Ladenlokal vermietet, zurzeit 20.000 € Mieteinnahmen p.a." Das ist der Stoff, aus dem Blasen sind.

  • Auch noch als Ergänzung: Es wird zu keinem Ende einer konsumorientierten Innenstadt kommen.

    Konsumiert wird immer!



    Zurzeit fließen eben Anteile an die digitale Wirtsschaft ab; aber wie geschrieben: Anteile!

  • Im Hintergrund spreche ich zukünftige Stadtratsmitglieder auf Stadtsanierung an, wenn ich sehe dass diese im Wahlkampf thematisiert wird. Der Grund ist, dass ich diese als überparteilich sehe und in Projekten zur Innenstadtentwicklung auch einstimmige Beschlüsse von FDP bis Linke erzielt werden können, wenn man an der Sache arbeitet. Das ist m.E. auch der korrekte Weg, einen von der Verwaltung und nicht von einer Partikularinteressengemeinschaft geführten (!) Prozess unter Bürgerinnenbeteiligung zu starten und dann ein förmliches Sanierungsgebiet festzulegen. Eingriffe in Eigentum bei Schlüsselimmobilien werden dann bedeutend leichter und können auch über einen Fonds durch Ankauf erfolgen. Das Interesse der Eigentümer zur Gebäudesanierung würde drastisch steigen, alleine schon um die Ausgleichsabgaben für die Quartiersaufwertung zu umgehen.


    In anderen Städten ist die Innenstadtentwicklung durchaus Thema. Da überschlagen sich die Bürgermeisterkandidatinnen mit Vorschlägen, teils sehr zu meinem Leidwesen. Da wird ein Bild kreiert, dass man mit geeigneten Maßnahmen den Vor-Corona-Zustand wieder herstellen könne. In meinen Augen ist das Unsinn und schädlich, weil man die Transformation nicht zu einer Verbesserung nutzen will.


    Die Umgestaltung praktisch aller großen Innenstadtstraßen weg von der Autolastigkeit hin zu mehr Fuß- und Radverkehr und Aufenthaltsqualität ist Beschlusslage, wie ihr wisst. Das wird ein wesentlicher Transformationstreiber werden.

  • Na, dass die Löwenlounge tatsächlich belebt wird, hätte ich ja nicht gedacht...

    Das Thema Stadtplanung steht bei den umtriebigen Kandidaten natürlich auch auf der Agenda. Auch der Bohlweg gehört sicher dazu, ist aber letzten Endes nur ein kleiner Teilbaustein im "großen Organismus" Stadt Braunschweig ...

    Zwei interessante Links zur bevorstehenden Wahl:

    - die Architektenkammer Niedersachsen / Bezirk Braunschweig hat Anfang September die drei Kandidaten Schneider, Haller und Kornblum online "auf einen Cappuccino" gebeten und 8 Wahlprüfsteine abgefragt ... https://www.youtube.com/watch?v=hdCm0qNFfSQ&t=5s

    - der BDB Braunschweig (Bund deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure) hat Ähnliches gemacht, allerdings in Schriftform ... veröffentlicht auf der Website BDB Braunschweig