Luxuskaufhäuser, Kaufhaussterben, Probleme des Einzelhandels

  • München ist die heimliche Hauptstadt Deutschlands aus Sicht der kaufkräftigen Klientel, das muss man ohne komische Reflexe des Regionalpatriotismus einfach feststellen. Egal ob aus dem Ausland oder dem Inland. Die ganze Atmosphäre ist ja auch eine andere. In der Oper in München sitzen alle in Abendgarderobe, in Berlin, weißte selbst.

    Berlin ist halt eine Stadt des Proletariats, das ist auch gar nicht schlimm oder so, das muss man nicht empört zurückweisen. Man sollte es halt bedenken.

    Das KaDeWe ist ein Überbleibsel einer ganz anderen Ära.


    Du vermischst hier mE Fakten mit Klischees. München hat ebenso wie Bayern faktisch eine deutlich höhere Quote an Wohlhabenden als Berlin inkl. Hauptstadtregion. Berlin dagegen war vor wie nach dem großen Aderlass immer eine Stadt des UND:

    Berlin hatte bereits damals eine starke Oberschicht UND eben auch riesige Arbeitermassen, führende Forschung und Entwicklung aber eben auch eine riesige Werkbank mit Produktion.


    In aktuellen totalen Zahlen hat Berlin etwas weniger Einkommensmillionäre als München und liegt etwa gleichauf mit Hamburg. Prozentual ist das sicher weniger beeindruckend (wenn man sich davon denn gerne beeindrucken lässt), absolut ist es aber dennoch kein geringer Wert. Das Gleiche gilt übrigens nebenbei auch für die Rohwerte bei der Bildung: Die Berliner Bildungselite liegt statistisch gleichauf mit der in München und Bayern. Nur ist darunter eine größere Menge an problematischen Zahlen zu finden.

    Da aber selten differenziert über etwas berichtet und diskutiert wird, betont man fast immer die problematische Masse und betrachtet selten die unterschiedlichen konkreten Aspekte dahinter.


    Konkret zur KaDeWe-Gruppe sagt der Chef der Gruppe ja Stand Ende 2023, dass man seit 2014 rapide steigende Umsätze und zugleich im internationalen Vergleich zu anderen Warenhäusern eine der höchsten Umsatzrenditen erziele.

    Er weist zwar bzgl. Oberpollinger tatsächlich darauf hin, dass die Umsätze zuletzt gerade dort besonders stark gewachsen seien. Dadurch wird die Bilanz der anderen beiden Häuser aber nicht direkt oder indirekt zur Problemstory, wie hier mehrfach und auch von Dir angedeutet wurde (und das obwohl Benko wohl extrem hohe Mieten genommen haben soll, um seine Zahlen zu schönen). Der Mann sollte die Zahlen ja kennen und wenn er kein Lügner ist, wird hier mE eine künstliche bzw. falsche Debatte aufgemacht. Die Probleme liegen dann wohl doch eher woanders (Fisch stinkt vom Kopf, i.e. Signa).


    Was jetzt wirklich geschieht, werden wir ja demnächst erleben. Aber wie auch schon in anderen Zusammenhängen wird durch dieses permanente, oft schon vorauseilende Schlechtreden nichts erreicht.

  • Aber er hat das Leben diese Kaufhäuser verlängert - und nicht verkürzt. Wären die Kaufhäuser nicht für ihn Hebel für - im Niedrigzins-Umfeld - hochprofitable Immobiliendeals gewesen, wären die Kaufhäuser schon seit Jahren zu.

    Naja. Es wurden von Signa zwischen 2020 und Ende 2023 Filialen geschlossen, die seit Jahren schwarze Zahlen schrieben. Mit Interesse an einem funktionierenden Warenhauskonzern wären einige davon sicher immer noch geöffnet (der Sanierungsbeauftragte der Signa Holding hatte bereits mehrfach mangelnde Managementkompetenzen und -strukturen in der Führungsetage moniert).

    Das Geschäftsmodell der Galeria/Karstadt Filialen funktioniert dagegen nach wie vor, andernfalls hätte die Central Group kaum eine Übernahme in Planung (wie jetzt auch für die Luxussparte).

    In einem anderen Thread hatte ich vor Kurzem folgenden Artikel der IZ paraphrasiert: "Nur bei 30 von insgesamt 92 Galeria-Filialen ist Signa der Vermieter, jedoch gehen 65 % der Mietzinsen an den österreichischen Konzern. Neben den hohen Mieten sind es zudem teure, externe Dienstleistungen und jetzt die Insolvenzen der Signa-Gruppe, welche das operative Geschäft der Galeria "massiv behindern" und "Entwicklungsmöglichkeiten einschränken". Die Filialen selbst dagegen "funktionieren bereits gut". Derzeit laufen Gespräche mit potenziellen, neuen Eigentümern; die ersten Reaktionen zeigen offenbar, dass das Geschäftsmodell von Galeria in deutschen Städten nach wie vor "hoch attraktiv" ist."


    https://www.iz.de/unternehmen/…itte-insolvenz-2000022352

  • Ich bin Berliner, mehrere Generationen zurück, da wird nichts schlecht geredet. Alleine die Assoziation von Stadt des Proletariats ≈ schlecht finde ich befremdlich. München ist eine fantastische Stadt und trotzdem will ich es nicht gegen mein Berlin eintauschen.


    Jedenfalls muss man in Berlin einfach etwas besonderes bieten um ausreichend Menschen anzuziehen.

    Mittelmaß geht nicht mehr, das wird aus dem Internet bequemer und günstiger bedient. Man in the middle war mal ein gutes Geschäftsmodell, ist es aber nicht mehr, es lebt demografisch nur noch auf geborgter Zeit durch jene Generationen die deutlich vor E-Commerce sozialisiert wurden.


    Wie gesagt, das KaDeWe könnte als "Konsum-Concierge" für alle Lebenslagen nicht nur überleben sondern richtig Reputation aufbauen und darüber ironischerweise sogar mehr klassischen Konsum anziehen. Einfach nur ein schönes Zwischenlager zu sein reicht nicht mehr und in Zukunft noch weniger.

    Wie oft sollen Kaufhäuser jetzt noch in die Insolvenz gehen bis das endlich jeder akzeptiert?

  • ErSieEs Naja, der Begriff Proletariat ist ja meist recht einseitig besetzt und besonders in seinem historischem Kontext mit kollektivem Elend und Verwahrlosung verbunden. Aber schon damals wurden eben parallel auch u.a. die Museumsinsel oder die Berliner Universität sowie eben die großen noblen Kaufhäuser und Hotels errichtet. Die Stadt war kulturell wie wirtschaftlich und auch in den Wissenschaften neben London und New York unter den führenden der Welt. Diese Zeiten sind natürlich vorbei, doch auch heute ist es differenzierter zu betrachten. Es gibt zunehmend wieder eine kleinere, aber doch einflussreiche Elite in der Stadtgesellschaft. In einigen Bereichen ist Berlin längst wieder die führende Stadt Deutschlands (teils wiederum auf Augenhöhe mit Weltmetropolen) und in anderen zumindest nicht meilenweit abgeschlagen hinter München, Hamburg und Co (wohlgemerkt als Ganzes, die einwohnerbezogenen Quoten sind teilweise schon deutlich schlechter/niedriger). Und während das Schlechtreden langsam aber sicher zum Volkssport der Republik aufsteigt, sind entsprechend negative Ressentiments gegenüber Berlin leider schon seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner.


    Aber in der Sache sehen wir es offenbar doch ähnlich: Das KaDeWe sollte unter den Woolworths aber auch verbleidenden Karstadts der Stadt schon nochmal hervorragen und auf jeder Etage etwas Besonderes bieten. Das sieht die Führung der Gruppe aber sehr ähnlich. In dem verlinkten Interview betont man jedenfalls, dass man weiße Socken auch im Internet bekommt und daher etwas Herausragendes zelebrieren will.

  • Das ist eh nur der Anfang, commercial real estate steht international vor gigantischen Herausforderungen, Fachleute der Finanzbranche ordnen das noch über der Finanzkrise 2008 ein wenn's chaotisch läuft.


    Daten für Deutschland sind schwierig zu konsolidieren, in den USA ist der Finanzmarkt transparenter. Dort müssen ca. 2200 Milliarden $ bis 2027 refinanziert werden. Zu deutlich höheren Zinsen, bei deutlich sinkenden Werten, die spätestens bei einer Refinanzierung auch realisiert werden müssen:

    https://www.businessinsider.co…lts-interest-rates-2024-1


    Das Problem ist in Deutschland grundsätzlich das gleiche, nur eben im deutschen Maßstab.


    Die Änderungen in Demografie und Lebensstil entwerten viele Millionen Quadratmeter Büros und Handelsflächen in den alten Industriestaaten. Eigner müssen sie leer lassen, denn wenn sie offiziell mit der Miete runter gehen ist eine Neubewertung des Wertes fällig.


    Ohne zu sehr in Details zu gehen basiert der Gesamtwert einer Immobilie in den Bilanzen des Schuldners und der finanzierenden Banken massiv auf den am Markt zu erzielenden Mieten. Geht man offiziell mit den Mieten runter dann muss man diese darunter liegende Neubewertung in den Büchern realisieren. Das überleben reihenweise Eigentümer nicht, weder diese Implosion von Eigenkapital in ihren Büchern, noch die dann meist fällige Refinanzierung zu deutlich höheren Zinsen, wenn überhaupt.


    Bei den Banken bündelt sich das ganze dann auch noch.

    Ist eine irre Zeitbombe und es gibt keinen wirklichen Ausweg. Eigentlich muss jeder froh sein der frühzeitig in eine Bereinigung geht, wenn noch Kapazitäten vorhanden sind Dinge positiv neu zu verhandeln. Vor die Situation kommen.


    Eigentlich ist der Sinn einer Insolvenz im deutschen Insolvenzrecht ja eher ein Befreiungsschlag und Neuanfang, keine klassische Pleite. Für Kaufhaus X irgendwo im Ruhrgebiet bin ich pessimistisch, hier für das KaDeWe in Berlin nicht. Es könnte langfristig sogar von der Implosion der Handelslandschaft drumherum profitieren. So ein großes Kaufhaus mit allem Pipapo könnte in 10 Jahren wieder etwas richtig besonderes sein, so ähnlich wie einst zur Eröffnung. Full circle.

  • Wie mehrere Quellen wie auch das RBB berichtet hat, werden ganz Deutschland insgesamt 16 Galeria Kaufhof leider schließen von gesamt 62.

    Darunter 2 in Berlin von gesamt 8

    Das eine im Ring Center ( Frankfurter Allee)

    Das zweite in Tempelhof

    Das dritte vlt. In Spandau.

    ( Siehe Liste BZ )


    1400 Mitarbeiter werden ihren Job leider verlieren von gesamt 12.800 . 11.400 werden den Job behalten können ( ganz Galeria Filialen Deutschland) es wird versucht, dass paar Filialen Ofen Bleiben wie eins in der Stadt: Essen.


    Am 31. August dieses Jahres soll es ( leider) so weit sein. Mehr Info ( siehe Link BZ ) & auch das RBB >. RBB Berlin - Brandenburg

  • ^ das ist der am Carl-Schurz-Straße 20 ganz nah am Rathaus Spandau. Der Ist noch nicht 100 % betroffen vlt. Aber bzw ehr. Hier gab's sogar gestern aus der BZ ein Bericht über der evlt aus der Aus Spandau.

    Fals jemand Interesse hat was die Mitarbeiter so sagen. Gestern war Ausnahme, daas die Galeria Kaufhof zu hatte der in Spandau.

    Ab morgen erstmal wieder offen.


    Drei Berliner Filialen schließen Karstadt-Mitarbeiter: „Nach 44 Jahren ist Schluss“

  • Ich kann nach wie vor nicht nachvollziehen, wieso Du die Schließung in Spandau als nicht definitiv betrachtest. Die Sache ist durch. Drei Filialen in Berlin werden schließen und Spandau ist eine davon. Punkt.

  • Hä ? Ich habe doch gesagt evlt. Ja .....

    Und wenn habe ich den Beitrag ( Zeitung) geschrieben das Vlt in Spandau nicht betroffen ist ? Ja gut ( leider) möglich das das Aus besiegelt Ist. Gut wie du es meinst ( Punkt) auch von mir zum Thema.


    @ Moderator kann weg mein Beitrag

  • ( nicht nur auf Johannes gemünzt, sondern auf alle ) :


    Das offensichtliche "leider" kann man sich getrost sparen.


    Jeden Tag rollt vor der eigenen Haustür der Lieferservise an und sich dann beschweren..

  • Wie heute ( BZ ) berichtet wurde von Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus in Essen,sind Die Gläubigerversammlung von Galeria, ehemals Galeria Karstadt Kaufhof, hat dem Sanierungsplan für die insolvente Warenhauskette zugestimmt bzw. Gerettet. Nun ist der Weg der Sanierung frei. Die neuen Eigentümer, die US-Investmentgesellschaft NRDC und die Beteiligungsfirma des Unternehmers Bernd Beetz, können planmäßig im Juli übernehmen.


    Laut deren Plan, sollen insgesamt 72 Filialen erhalten bleiben von gesamt 92. Leider werden ca. 1400 Mitarbeiter deren Job verlieren. Welche davon sind in Deutschland gibt es noch keine Info. Aus dem Umfeld der Investoren heißt es, dass bis zu 100 Millionen in den nächsten Jahren fließen sollen. Ob das ausreicht, ist fraglich.


    Etwas Mehr Info : Insolvenzplan angenommen

  • Leider werden ca. 1400 Mitarbeiter deren Job verlieren. Welche davon sind in Deutschland gibt es noch keine Info.

    Naja, vielleicht gilt hier: "Lieber ein Ende mit Schrecken als..."


    Den Mitarbeiter:innen möchte man doch zurufen: "Mensch es ist so toll, dass Ihr mit Eurem ständigen Verzichten auf Gehalt und das Einverständnis auf Unterbezahlung in den letzten 10 Jahren es möglich gemacht habt, die pünktliche Zahlung der fetten ( und häufig überhöhten Mieten) zu gewährleisten um wenigstens die Bereicherung Einzelner möglich zu machen!

    In Zukunft dürft Ihr sogar noch an den Sonntagen dafür sorgen, dass der Ein oder Andere seine Schäfchen ins Trockene bringen kann!"