Neubau Opernhaus: sind hohe Investitionen zu rechtfertigen?

  • Hallo liebes Forum,

    ich war ewig nicht hier im Forum unterwegs, bin aber wahnsinnig neugierig, wie es mit dem Oper Neubau in Düsseldorf weitergeht. Zunächst fand ich es toll, dass Düsseldorf den Mut hat für den Bau eines neuen Opernhauses! Mittlerweile lese ich mit Bestürzung dass die Grünen das Projekt kippen wollen.

    Der Teil des u.a. Online RP Artikels, der noch vor der Bezahlschranke liegt, liest sich wie ein Aprilscherz:

    Die Düsseldorfer sollen am Besten ganz auf ihre Oper verzichten und sich mit dem Taxi nach Duisburg aufmachen, oder auch nach Köln fahren, das läge ja auch in der Nähe...


    Neuer Artikel RP


    Das kann doch nicht wahr sein??

    Am Ende büssen die Düsseldorfer Bürger noch für die Katastrophe der Kölner Oper!


    Erwin wird im Grab rotieren...


    Kann jemand den Artikel lesen?


    LG

  • Ich finde eine so teure Baumaßnahme für ein-ehrlich gesagt- Nischenkulturangebot auch übertrieben. Das Problem ist, dass unzählige Projekte mit dem Argument fehlende Finanzierung nicht realisiert werden, vor allem bezahlbares Wohnen. Die Oper ist eben keine Einrichtung, die für alle ist, sie ist nur für einen kleinen Teil der Bürgerschaft gemacht.

    Für mich macht es keinen Sinn, dass eine Oper teurer werden soll, als die Elbphilharmonie. Das muss billiger werden. Stattdessen würden die Kosten in 8 Jahren höchstwahrscheinlich die Milliardenmarke übertreffen. Für eine Oper geradezu absurd, gerade weil wir schon ein tolles Konzerthaus und Theater in der Stadt haben.

  • Dank Schmittchen hatte ich nun Gelegenheit den Artikel zu lesen.

    Als ich in Düsseldorf gelebt habe, das war 2008, war die Stadt schuldenfrei. Damals wurde, so hatte ich den Eindruck, mit Augenmaß gehandelt. Dass die Stadt heute wieder so hoch verschuldet ist, war mir nicht bekannt.

    Vor diesem Hintergrund ist ein Bauprojekt natürlich schwer zu rechtfertigen, dass eventuell bis zu einer Milliarde Euro an Baukosten verschlingen soll, wobei mir diese Beträge auch immer astronomischer vorkommen.


    Das letzte neuzeitliche Opernhaus welches in Deutschland gebaut wurde, das Aalto Theater in Essen, wurde 1988 eröffnet, zu einem Preis von 160 Millionen D-Mark. Für heutige Verhältnisse ein Schnäppchen obwohl die Baukosten schon damals für die Stadt Essen nicht tragbar waren.


    Angesichts des Kommentars von renard92 ist aber vielleicht wirklich zu fragen, ob die Zeit für die Oper als Kunstform in Deutschland tatsächlich abläuft.

    2010 wurden noch 4.5 Millionen Tickets verkauft, im Jahr 2019 waren es 2.8 Millionen.


    Dass die Oper eine Einrichtung ist die für Wenige gemacht ist, kann ich aber nicht so stehenlassen!

    Mozart, Puccini, Verdi waren keine Komponisten für Minderheiten!

    Jeder Italiener würde herzlich über eine solche Behauptung lachen.

    Und gerade auch in Deutschland kann jedermann die Oper besuchen, der das möchte, in Düsseldorf z.B. ab 10 Euro.


    Dafür kommt man nichtmal ins Kino!


    Die Deutsche Oper am Rhein war eines der wichtigsten und besten Häuser in Deutschland. Das scheint aber alles nichts mehr wert zu sein. Sehr schade!

  • ^ Ja, du hast Recht, jeder der möchte kann die Oper besuchen. Du schreibst allerdings auch, dass immer weniger Leute genau dies möchten. Da ist die Frage durchaus legitim, ob wir in Düsseldorf wirklich 1.000.000.000 € für einen Kunstzweig ausgeben sollten, der immer weniger Besucher anzieht.

    Architektonisch und auch als kulturelle Säule einer Stadt macht eine Oper für mich durchaus Sinn und sie hat auch ihre Berechtigung. Aber muss aus den Vollen geschöpft werden wo eigl. nur Leere ist?

  • Die Argumente der Gegner eines Opernneubaus kann ich durchaus nachvollziehen. Entscheidend ist aber, dass ein Verzicht ein fatales Signal für die Stadt wäre, ein solches Projekt nicht stemmen zu können. Alle anderen Top-Städte in Deutschland haben eine Oper - Düsseldorf kann es sich definitiv nicht leisten, nicht nachzuziehen, allein schon wegen der verheerenden Außenwirkung eines Verzichts.

  • Ist es denn unmöglich eine Oper zu bauen, die "nur" 300 Millionen Euro kostet? Immer noch ein massiv hoher Betrag. Die Oper wird ja definitiv mehr als die behaupteten 750 Millionen Euro kosten, wenn diese Zahl jetzt der Öffentlichkeit schmackhaft gemacht werden soll. In zehn Jahren bei der Eröffnung hätten wir dann eine Summe, die über dem Preis der Wehrhahnlinie liegen würde, allerdings viel weniger Nutzen für uns als Stadt hätte.

    Ich bin auch eher für eine Oper, aber das Kosten-Nutzen-Verhältnis läuft hier komplett aus dem Ruder.

  • 627 Millionen?

    Ja hoppala - ich sehe bei dieser Summe keinen Sinn, diese in eine Basissanierung des Bestandsbaues zu stecken - dann eher die Sache 'richtig' zu machen und Geld in die Hand zu nehmen für einen kompletten Neubau. Bei der aktuellen location ließe sich problemlos ein famoses 'dollarizing' erzielen.

    Vielleicht bliebe dann auch Geld um der T-Kom das lästige Gebäude an der KÖ samt Technik abzukaufen und an dieser prominenten Stelle zu bauen.

  • Ich kann die Idee nicht zu viel Geld in die Oper zu stecken voll und ganz verstehen. Zwar würde auch ich ein tolles Gebäude als Wahrzeichen der Stadt oder der Region sehen, aber seien wir mal ehrlich eine Oper ist schon ein Gebäude für die oberen 2% der Bevölkerung bezahlt von der Masse. abgesehen von ein paar Schüler und Studenten ist die Menge an Menschen die in die Oper gehen doch eine sehr eingeschränkte Masse an Düsseldorfern.

  • Demokratische Architektur setzt nicht zwingend eine Nutzung durch 'eine Mehrheit' voraus. Eine Oper ist kein Hauptbahnhof.

    Dieser Argumentation folgend können morgen alle Theater, Museen und Opernhäuser ("für die oberen 2% der Bevölkerung") geschlossen werden – die freiwerdenden Mittel können wir dann in Glasfaser-Infrastruktur für noch schnelleres Netflixen und TikToken investieren.


    Schöne neue Welt.

  • Ne, aber vielleicht in eine bessere Verkehrsinfrastruktur insbesondere durch weitere UBahn/Straßenbahnlinien und kürzere Taktungen (insbesondere Abends!!) sowie Anschluss Medienhafen, breite Fahrradspuren wären auch schön. Von mir aus auch noch Tiefgaragen für Gebiete wie Flingern für die Autofahrer (ist nämlich auch unmöglich da zu parken).

    Würde schon den meisten mehr bringen, hat man ja auch bei der Wehrhahnlinie gesehen was das für einen Einfluss haben kann.

  • Demokratische Architektur setzt nicht zwingend eine Nutzung durch 'eine Mehrheit' voraus. Eine Oper ist kein Hauptbahnhof.

    Ich behaupte mal, dass Theater, Museen und co. weit mehr von der Bevölkerung genutzt werden als Opernhäuser. Gleichzeitig sind Opern unfassbar teuer, die meisten Städte die eine Oper haben geben für diese mehr Geld aus als für Theater, Kinos, Bars, Clubs usw. zusammen. In Duisburg und Düsseldorf kämpfen Kulturfestivals und Kulturräume ums überleben während Intendanten Denkräume für 500.000 Euro bekommen.

    Klar feiere ich als Freund der Architektur moderne und schöne Opernhäuser, aber als Bürger ist mir völlig egal ob darin ein DJ, eine Band, ein Kindertheater oder eine Oper auftritt.

  • ... aber seien wir mal ehrlich eine Oper ist schon ein Gebäude für die oberen 2% der Bevölkerung bezahlt von der Masse. abgesehen von ein paar Schüler und Studenten...

    Womit wird diese Behauptung eigentlich gerechtfertigt??


    Wer sollen " die oberen 2 %" sein??


    Und wer ist "Die Masse der Zahler"??


    Wir wissen mittlerweile, dass sich die Masse der Nettosteuerzahler in diesem Lande lediglich auf ca. 15 Millionen Menschen beschränkt, die hauptsächlich in der Mittelschicht zu finden sind.


    Es gibt eine interessante Analyse der Opernbesucher, sogar direkt zur Düsseldorfer Oper:


    Sozialstruktur Opernbesucher


    Demnach besteht der überwiegende Teil von Besuchern und Abonnenten aus der Personengruppe der einfachen Angestellten/ einfacher Beamter und leitender Angestellter/Höherer Beamter.


    Wer diese Personengruppe als "die oberen 2 %" bezeichnet, hat ein sehr merkwürdiges Bild der Sozialstruktur in Deutschland.


    ABER: Was eben auch zutrifft ist, dass das Durchschnittsalter des Opernbesuchers bei 57 Jahren liegt.

    Wer also auf die Clubszene etc. verweist, demonstriert lediglich eine Tendenz zur Altersdiskriminierung.


    Ob die genannte Summe von 700 bis 800 Millionen Euro notwendig ist, sei dahingestellt.

    In Hamburg will man eine neue Oper für 400 Millionen Euro bauen. OK, dort gibt es einen Milliardär als Mäzen.

    Evtl. könnte man die Familie Henkel mal anfragen?


    "Die Megaperls Oper am Rhein"