Bahnhof Forsthaus

  • Wenn demnächst die RTW-Planungsgesellschaft mit dem Bau ihres neuen Haltepunktes Stadion an der Mörfelder Landstraße beginnt, hat es den Anschein, als knüpfe die RTW an ein vergessenes Stück Eisenbahngeschichte in Frankfurt an – nicht ganz, aber fast:


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    Grafik: RTW-Planungsgesellschaft mbH


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    © Stadtvermessungsamt Frankfurt am Main 2022



    Die Mainbahn von Frankfurt nach Mainz wurde in den frühen 1860er Jahren von der Hessischen-Ludwigsbahn gebaut. Der erste Abschnitt der Strecke führte in Frankfurt vom Bahnhof Goldstein, der ab 1937 Sportfeld hieß und seit 2005 Stadion heißt, ursprünglich in gerader Linie Richtung Osten zu einem Bahnhof westlich der Isenburger Schneise; von dort führte die Strecke in einem Bogen nach Norden zum Bahnhof Frankfurt-Louisa an der Main-Neckar-Eisenbahn, über die der Main-Neckar-Bahnhof an der Gallusanlage erreicht werden konnte, einer der drei alten Westbahnhöfe vor dem Bau des Hauptbahnhofs. Der kleine Bahnhof an der Isenburger Schneise lag fernab im Wald und hieß Bahnhof Niederrad.


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    © Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde, Auszug aus der Karte der Umgegend von Frankfurt, Darmstadt 1865


    1882 wurde die Mainbahn verlegt: östlich des Bahnhofs Goldstein schwenkt sie nach Norden zum Main. Kurz vor der Mainbrücke wurde der Bahnhof Frankfurt-Niederrad an der Schwanheimer Straße gebaut, über die neue Niederräder Mainbrücke führte die Mainbahn zum Main-Neckar-Bahnhof, ab 1888 in den neuen Central-Bahnhof. Nach der Streckenverlegung, also ab 1882, hieß der kleine Bahnhof im Wald „Frankfurt-Forsthaus“, die Strecke vor seiner Haustür war aber nur noch eine Verbindungsbahn zwischen Mainbahn und Main-Neckar-Bahn, zwischen F-Goldstein und F-Louisa. 1937 erhielt die Verbindungsbahn ein weiteres Gleis und einen Abzweig auf die Main-Neckar-Bahn nach Süden, Richtung Neu-Isenburg und Darmstadt.


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    © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie - 2022, Messtischblatt 5917 (Auszug) mit Genehmigung


    Bis in den Sommer 1914 wurde der Bahnhof Forsthaus regelmäßig mehrmals täglich angefahren – die Fahrzeit von und nach dem Südbahnhof betrug acht Minuten, zum Bf. Goldstein vier Minuten. Als nach dem Ersten Weltkrieg in dem spitzen Dreieck zwischen Mörfelder Landstraße und der Verbindungsbahn das Sportfeld gebaut wurde, mit Stadion, Schwimmbad, Radrennbahn und Sportplätzen, konnte man es zur Eröffnung 1925 nicht nur über den Bf. Goldstein und die neu gebaute Straßenbahnverbindung erreichen, sondern eben auch über den Bf. Forsthaus. Er war zu dieser Zeit aber nur noch Bedarfshaltestelle bei Großveranstaltungen auf dem Sportfeld, etwa der Arbeiter-Olympiade 1925 oder dem Reichsbahn-Sportfest 1935, für das 71 Sonderzüge aus dem Deutschen Reich nach Frankfurt fuhren, wovon wahrscheinlich auch einige direkt am Bf. Forsthaus hielten. Reguläre Nahverkehrszüge aus Richtung Mainz oder Mannheim hielten am Forsthaus seit 1915 nicht mehr, bis in den Sommer 1928 hinein gab es aber eine kleinbahnartige Verbindung zwischen dem Bf. Schwanheim und Forsthaus. Aus dem amtlichen Stationsverzeichnis verschwand der Bf. Forsthaus mit der Ausgabe vom 1937, seitdem gibt es eine Betriebsstelle Abzweig Forsthaus.


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    Abb.: Auszug Reichsbahn-Kursbuch Mai 1928


    Die Bahnhofsgebäude sind im Krieg zerstört und danach nicht wieder aufgebaut worden. Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurde der Haltepunkt endgültig stillgelegt, auf den Bahnhofsanlagen stehen heute das Vereinshaus und Tennisplätze des Eisenbahner-Sportvereins ESV Blau-Gold. Die ersten Sportanlagen stehen dort auf Bahngelände seit 1928, damals war der heute unabhängige Verein eine Betriebssportgruppe der Reichsbahn. Nach dem Krieg übernahmen zwei ausrangierte Eisenbahnwagen die Funktion der Damen- und Herren-Umkleide. Das heutige Vereinsheim entstand 1956/57. Die Begrenzung des großen Tennisfeldes zur Bahn hin dürfte der vormalige Bahnsteig sein.


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    © Stadtvermessungsamt Frankfurt am Main 2022, Orthofoto 2021



    Die Gleise am früheren Hausbahnsteig sind abgebaut worden, die Trasse aber im Prinzip noch vorhanden. Die RTW wird künftig über den Abzweig Forsthaus nach Neu-Isenburg fahren, also auf der gegenüber liegenden Seite des Bahndamms.

  • Wenn das Waldstadion demnächst auf 60 000 ausgebaut wird, kann man hier für Entlastung sorgen. Sehr guter Bericht.